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2.2 Informationeller Status von Referenten

Der informationelle Status, den Referenten von Konstituenten für die Gesprächsteilnehmer in einer bestimmten Kommunikationssituation aufweisen, hat in der Regel Auswirkungen auf morphologischer, prosodischer1 und zum Teil auch syntaktischer2 Ebene von Äußerungen. Geht ein Sprecher etwa davon aus, dass ein gewisser Referent3 für den Hörer in einer Gesprächssituation salient – d.h. leicht wahrnehmbar – ist, wird er sich im Zuge seiner Äußerung mit großer Wahrscheinlichkeit dazu entscheiden, ihn wie in Satz (1) mit einem definiten Artikel zu kodieren. (cf. Musan 2010, 1)


(1) dt. Ich habe gestern den Strumpf gestopft. (Musan 2010, 1)

Erwähnt ein Sprecher einen im Diskursuniversum des Hörers (noch) nicht gegebenen, d.h. neuen Referenten, verfügt er über verschiedene Möglichkeiten diesen einzuführen. Im Deutschen kann er eine präsentative Struktur in Verbindung mit einem definiten Artikel verwenden (2), den Referenten durch einen indefiniten Artikel einführen (3) oder auf eine explizite Einführung verzichten und den Referenten damit stillschweigend, oft aufgrund von allgemeinem Weltwissen, präsupponieren. Wie der letzte Satz der Sequenz (4) zeigt, ist auch in diesem Fall die Einführung des Referenten (hier: von Schule) mit dem definiten Artikel möglich.4 (cf. Musan 2010, 4–6)


(2) dt. Das ist die Mini.
(3) dt. Auf Burg Eulenstein haust ein kleines Gespenst.
(4) dt. Die Mini ist ein sehr großes Mädchen. Früher hat sie sich für ihre „Überlänge“ geniert. Aber seit sie in die Schule geht, ist das anders. (Musan 2010, 6)

Ist ein Referent in den Diskurs eingeführt worden, ist in der Folge ein Rückbezug auf ihn möglich. (cf. Musan 2010, 7) In vielen Sprachen kann es als Normalfall angesehen werden, dass eine Einheit zunächst durch eine lexikalische Nominalphrase eingeführt und anschließend – je nach Sprache – durch anaphorische Pronomen oder Nullpronomen fortgeführt wird. Wird der Referent jedoch über einen gewissen Zeitraum hinweg nicht mehr erwähnt, hat dies zur Konsequenz, dass er nicht mehr im Bewusstsein der Kommunikationspartner ist, weshalb eine neuerliche Bewusstmachung oft wieder eine volle Nominalphrase als semantisch reichere Form erfordert.5 (cf. Downing 1995, 12)

Um im Zuge von informationsstrukturellen Analysen neue Einheiten im Satz zu identifizieren, wird häufig auf den Fragetest zurückgegriffen.6 Diesem liegt die Annahme zugrunde, dass W-Fragesätze jene Elemente erfragen, die in den jeweils adäquaten Antworten eindeutig als neue Information auftreten.7 (cf. Musan 2010, 18) Da Sprecher auf eine Frage jedoch nicht immer nur in einem Satz oder mit einer einzelnen Konstituente wie in (5), sondern auch in mehreren zusammenhängenden Sätzen wie in (6) antworten8, wurde mit dem Quaestio-Modell ein Ansatz vorgeschlagen, der davon ausgeht, dass ein solcher Text nicht nur tatsächlich realisierte, sondern auch implizite Fragen beantwortet.9 (cf. Musan 2010, 80–81)


(5) en. (Which car came from the left?) – A BMW 730 (came from the left).
(6) en. (Which car came from the left?) – From my position, I could not see it very well. Everything went so fast. But it was a big car, a limousine; blue, dark blue. One of my neighbours had such a car. I guess it must be very expensive, one of these old-fashioned fossils … (Stutterheim/Klein 2002, 69)

Um zuverlässige informationsstrukturelle Analysen zu gewährleisten, ist es unabdingbar, die häufig verwendeten, auf den ersten Blick jedoch sehr vagen Adjektive alt sowie neu zu präzisieren. Für Chafe (1974), der immer wieder die Bedeutung des Bewusstseins der Gesprächspartner für die Analyse der Informationsstruktur unterstreicht, ist Information dann alt (oder auch gegeben), wenn der Sprecher annehmen kann, dass sie zum Zeitpunkt der Äußerung im Bewusstsein des Hörers vorhanden ist. Ist das Gegenteil der Fall, d.h. ist die Information nach Annahme des Sprechers zum Zeitpunkt der Äußerung (noch) nicht im Bewusstsein des Hörers, ist die Information neu (oder nicht gegeben). (cf. Chafe 1974, 111–112) In der Konsequenz bedeutet dies, dass der Fragetest zur Eruierung von neuer Information ungeeignet ist, da problemlos auch explizit geäußerte und damit als gegeben einzustufende Elemente wie in (7) erfragt werden können.


(7) en. (Which car came from the left, the BMW or the Mercedes?) – The Mercedes (came from the left).

In einem späteren Beitrag ergänzt Chafe (1987) seine diskrete Einteilung um eine weitere Kategorie. Der Autor differenziert nun drei Aktivierungszustände von Elementen im menschlichen Bewusstsein, einen aktiven, halbaktiven und einen inaktiven Zustand:

An active concept is one that is currently lit up, a concept in a person’s focus of consciousness. A semi-active concept is one that is in a person’s peripheral consciousness, a concept of which a person has a background awareness, but which is not being directly focused on. An inactive concept is one that is currently in a person’s long-term memory, neither focally nor peripherally active. (Chafe 1987, 25)

Als typisches Beispiel für aktive Elemente nennt Chafe die Personalpronomen der ersten und zweiten Person, die durch den Kontext selbst, d.h. in der konkreten Äußerungssituation, bereits ihren Status als gegeben erlangen. Auch jene Konzepte, auf die ein Sprecher nach einer erstmaligen sprachlichen Realisierung wieder – etwa in pronominaler Form – referiert, gehören für ihn in diese Kategorie.10 (cf. Chafe 1987, 26)

Der Status von semi-aktiven Elementen ist für Chafe folgendermaßen zu erklären. Einerseits können diese Konzepte zu einem früheren Zeitpunkt bereits aktiv gewesen sein, diesen Status aber verloren haben, da Konzepte grundsätzlich nicht lange im Bewusstsein aktiv bleiben. Anstatt jedoch sofort inaktiv zu werden, bleiben sie über einen gewissen Zeitraum halbaktiv. Andererseits kann es sich um Elemente handeln, die, so Chafe (1987, 29), Teil eines „set of expectations associated with a schema“ sind. Wird ein Schema evoziert, treten manche oder alle Erwartungen, die das Schema betreffen, in das semi-aktive Bewusstsein des Sprechers, wo sie zugänglicher sind als inaktive Elemente. Als Beispiel nennt Chafe das Schema class, durch dessen Nennung Elemente wie students, instructor, classroom, teaching assistants etc. halbaktiviert werden. (cf. Chafe 1987, 29) In Anlehnung an Chafe ergänzt Lambrecht (1994, 99) weitere semi-aktive Elemente. So zählen für ihn auch jene Entitäten zu dieser Kategorie, die in der textexternen Welt der Gesprächspartner präsent und dadurch leicht zugänglich sind, wie etwa Gegenstände im Raum, in dem die Äußerung realisiert wird.

Werden inaktive Elemente aktiviert, kann von neuer Information gesprochen werden. Aus kognitiver Sicht hält Chafe (1987) diesen Prozess für relativ anspruchsvoll. Er erfordere unmittelbar vor der Äußerung seitens des Sprechers dementsprechend eine gewisse Zeit, was sich, so Chafe, in Form einer Pause manifestiert. Der Autor geht noch einen Schritt weiter und formuliert die Hypothese, dass ein Sprecher pro realisierter Intonationseinheit nur ein zuvor inaktives Element aktivieren kann. Diese Beschränkung bezeichnet er als one new concept at a time constraint.11 (cf. Chafe 1987, 31–32) Dass Sprecher als prototypisch geltende Sätze wie (8) realisieren, in denen alle Konstituenten neue Information kodieren, ist in der Tat deutlich seltener der Fall als man generell versucht ist anzunehmen. Vielmehr ist die Tendenz festzustellen, dass neue und nicht neue Information in Sätzen kombiniert wird.12 (cf. Downing 1995, 12)


(8) en. A farmer kills a duckling. (Downing 1995, 12)

Der Grund dafür liegt sehr wahrscheinlich in der mentalen Verarbeitung des Menschen, der größere Mengen an neuer Information nicht auf einmal bewältigen kann. (cf. Downing 1995, 13) Dem schließt sich auch Molnár (1991, 4) an:

Dadurch, dass die Hinzufügung von neuen Wissenselementen schrittweise auf dem Weg über etwas Bekanntes, bereits Etabliertes erfolgt, wird die Aufnahmefähigkeit des Adressaten nicht überstrapaziert, und der Zusammenbruch der Kommunikation wird vermieden.

Chafe (1976, 28) spricht in diesem Zusammenhang von packaging, um hervorzuheben, dass sich Sprecher eigens – und zwar im ersten Schritt – mit dem „Wie“ einer Mitteilung befassen müssen, bevor sie sich der Mitteilung selbst, also der Inhaltsseite, widmen können. Im Idealfall sind laut Chafe die Elemente der Äußerung für den Sprecher unmittelbar vor der Realisierung der entsprechenden Intonationseinheiten aktiviert. Gleichzeitig hat der Sprecher auch eingeschätzt, welche Konzepte für den Hörer bereits aktiviert sind. Das Resultat dieses Prozesses kann in der konkreten Realisierung der Äußerung beobachtet werden. (cf. Chafe 1987, 26)

Wie Wehr (2000, 247) zu Recht kritisch anmerkt, vernachlässigt Chafe in seinen früheren Beiträgen die Möglichkeit, dass ein Sprecher im Zuge einer Äußerung auch Konzepte versprachlichen kann, die für den Hörer nicht nur auf der Bewusstseins-, sondern auch auf der Wissensebene neu sind. Um den Unterschied zwischen dieser beiden Ebenen zu illustrieren, kann Beispielsatz (9) herangezogen werden. In diesem Satz ist der Referent von Larry beiden Gesprächspartnern insofern vertraut, als sie von der Existenz dieser (spezifischen) Person wissen und daher in der Lage sind, den konkreten, individuellen Referenten der Konstituente zu identifizieren. Im Bewusstsein des Hörers aktiviert wird der Referent jedoch erst durch die Realisierung im Diskurs. (cf. Chafe 1994, 72)


(9) en. I talked to Larry last night. (Chafe 1994, 72)

Während Konzepte durch ihre Versprachlichung im Diskurs also ein Teil des temporären Registers von Sprechern werden, ist Wehr zufolge zusätzlich ein permanentes Register von Sprechern anzunehmen, das einerseits Weltwissen umfasst, wie etwa die Konzepte „die Sonne“, „Ludwig der XIV.“ oder „Wale“, andererseits aber auch Konzepte, die den unmittelbaren Lebensbereich der jeweiligen Personen betreffen („die Katze“, „Fritz“, etc.). Diese müsse ein Sprecher nicht explizit in den Diskurs einführen, da er davon ausgehen kann, dass der Gesprächspartner sie jederzeit präsent hat.13 (cf. Wehr 1984, 6–8) Nach der Terminologie von Ewert-Kling (2011, 81) sind diese Elemente identifizierbar [+IDENT], im Gegensatz zu nicht identifizierbaren Konzepten [-IDENT]. Prince (1992) spricht in diesem Zusammenhang von hearer-old bzw. hearer-new entities, um sich auf das Wissen zu beziehen, und von discourse-old bzw. discourse-new entities auf der Ebene des Bewusstseins. Während discourse-old hearer-old zur Folge habe („since hearers are expected to remember what they have been told“; Prince 1992, 303), können discourse-new entities entweder hearer-old oder hearer-new sein. (cf. ibid) Dem schließt sich auch Ewert-Kling an, die sich mit der Kategorie [±NEU] auf die (Nicht-)Nennung von Konzepten im Diskurs bezieht. Für sie sind die Kombinationen [+IDENT] und [±NEU] sowie [-IDENT] und [+NEU] möglich. „La combinaison des paramètres [-IDENT] et [-NOUV] est, par contre, impossible, car une entité mentionnée dans le discours précédent est toujours identifiable.“14 (Ewert-Kling 2011, 81)

Ein Ansatz, der für die Klassifikation von Information sowohl die Ebene des Bewusstseins als auch die des Wissens berücksichtigt, ist jener von Prince (1981). In ihrem (vielzitierten) Modell differenziert die Autorin drei Arten von Gegebenheit. Erstere nennt sie predictability bzw. recoverability. Hier geht der Sprecher im Zuge seiner Äußerung davon aus, dass der Hörer vorhersagen kann (oder vorhersagen hätte können), dass ein konkretes sprachliches Element innerhalb eines Satzes in einer bestimmten Position auftauchen wird. (cf. Prince 1981, 226) In Beispiel (10) betrifft dies das deiktische Subjektpronomen you, das der Hörer kontextuell erschließen kann und das vom Sprecher nicht realisiert werden muss.


(10) en. Ø Wanna fight? (Prince 1981, 232)

Die zweite Art von Gegebenheit, die der (ursprünglichen) Unterscheidung von Chafe in given und new entspricht, nennt Prince saliency. In diesem Fall nimmt der Sprecher an, dass der Hörer bei der Realisierung einer Konstituente eine konkrete Entität in seinem Bewusstsein hat, wie etwa beim Personalpronomen he, das in (11) auf eine sich im Umfeld der Gesprächspartner befindende Person verweist. (cf. Prince 1981, 228)


(11) en. (A to B as C walks by, in view and out of earshot) He’s going to Austria. (Prince 1981, 232)

Die dritte Form von Gegebenheit, jene des shared knowledge, bezieht sich auf das Wissen von Sprechern. Auf dieser Ebene geht der Sprecher davon aus, dass der Hörer etwas weiß, annimmt oder inferieren kann, aber nicht notwendigerweise auch gerade daran denkt. In Satz (12), der von einer Person produziert wird, die ihre Präsenz ankündigt, betrifft dies das Personalpronomen I, anhand dessen der Hörer auf die Identität des Sprechers schließen kann. (cf. Prince 1981, 230)


(12) en. Hi, I’m home. (Prince 1981, 232)

Prince verweist in ihrem Beitrag darauf, dass sowohl der Terminus shared knowledge als auch jener der Gegebenheit insofern problematisch sind, als es sich dabei im Grunde genommen – wie von Chafe beschrieben – lediglich um seitens des Sprechers angenommenes oder vermutetes Wissen (bzw. Gegebenheit) handelt. Als präzisere Alternative schlägt die Autorin daher den Begriff der assumed familiarity vor.15 (cf. Prince 1981, 232–233) Die drei Arten der Gegebenheit hängen für Prince nun taxonomisch zusammen:

If a speaker assumes that the hearer can predict that some particular item or items will occur in some particular position within a sentence, then the speaker must assume that it is appropriate that the hearer have some particular thing in his/her consciousness. And, if the speaker assumes that the hearer has some particular thing in his/her consciousness, then the speaker must assume that the hearer has some assumption or can draw some inference. (Prince 1981, 231)

Basierend auf den drei genannten Arten von Gegebenheit unterteilt Prince den Informationsstatus von sprachlichen Elementen16 in neu, inferierbar und evoziert. (cf. Prince 1981, 235–236) Neue Elemente differenziert die Autorin in zwei Subtypen. (Brand-)new sind für Prince informationelle Einheiten, die der Hörer neu konstruieren muss. Ein Beispiel dafür ist die initiale Nominalphrase in Satz (13). Die von ihr als unused bezeichneten Einheiten hingegen sind beim Hörer bereits vorhanden und müssen daher nur, wie etwa der Eigenname Noam Chomsky in Satz (14), in das Diskursmodell transferiert werden. (cf. Prince 1981, 235)


(13) en. A guy I work with says he knows your sister.
(14) en. Noam Chomsky went to Penn. (Prince 1981, 233)

Elemente, die brand-new sind, können ihrerseits differenziert werden. Bei anchored information wie jener in (13) ist im Gegensatz zu unanchored information die betreffende (lexikalische) Nominalphrase mit einem anderen Diskurselement – hier I – verknüpft. Dabei darf der „Anker“ selbst in der Regel nicht brand-new sein, was die eingeschränkte Akzeptabilität von Strukturen wie (15) erklärt. (cf. Prince 1981, 236)


(15) en. ?A guy a woman works with. (Prince 1981, 233)

Den komplexesten Typ von Diskurseinheiten stellen Prince zufolge die inferierbaren Elemente dar. Die Autorin spricht von Inferierbarkeit, wenn der Sprecher annimmt, dass der Hörer ein Element über logisches oder plausibles Denken, ausgehend von bereits evozierten oder anderen inferierbaren Diskurseinheiten, ableiten kann.17 In der Äußerung (16) betrifft dies die Nominalphrase the driver, die aufgrund der zuvor realisierten Konstituente a bus für den Hörer inferierbar ist. (cf. Prince 1981, 236)


(16) en. I got on a bus yesterday and the driver was drunk. (Prince 1981, 233)

Eine Untergruppe bilden die containing inferrables, bei denen das Element, von dem aus ein anderes inferiert wird, selbst einer inferierbaren Konstituente entspricht. Ein Beispiel dafür ist die Nominalphrase one of these eggs in (17), deren Referent für den Hörer ausgehend von den (situationell) inferierbaren Eiern (these eggs), d.h. anhand einer Teil-Ganzes-Beziehung, abgeleitet werden kann. (cf. Prince 1981, 236)


(17) en. Hey, one of these eggs is broken! (Prince 1981, 233)

Evozierte Elemente schließlich können durch eine Vorerwähnung im Diskurs ihren Status beim Hörer erlangen. Diese Art der Evokation nennt Prince textually evoked. Ist eine Entität für den Hörer aufgrund einer konkreten Situation salient, spricht Prince von situationally evoked. In (18) ist he textuell evoziert, in (19) ist you situationell evoziert. (cf. Prince 1981, 236)


(18) en. A guy I work with says he knows your sister.
(19) en. Pardon, would you have change of a quarter? (Prince 1981, 232)

Abbildung 1 gibt einen Überblick über die zentralen Begriffe des Modells von Prince:


Abb. 1: Assumed familiarity (Prince 1981, 245)

Ausgehend von den vorgenommenen Differenzierungen erstellt Prince folgende familiarity scale zur Beschreibung der Grade an „(Un-)Vertrautheit“ von Elementen:


Abb. 2: Familiarity scale18 (Prince 1981, 245)

Vergleicht man das Modell von Prince mit jenem von Chafe, fällt auf, dass zwei der grundlegenden Kategorisierungen großteils übereinstimmen. So entsprechen Chafes aktive Elemente grosso modo den evozierten nach Prince und die halbaktivierten den inferierbaren Elementen. Insgesamt kann das Modell von Prince als differenzierter gesehen werden, vor allem insofern, als es durch die Subklassifikation von neuer Information in brand-new und unused neben der Bewusstseinsebene auch die Wissensebene von Sprechern berücksichtigt, was bei Chafes Kategorie der inaktiven Elemente nicht der Fall ist. Auch gegenüber der binären Differenzierung der Ebenen von Ewert-Kling [±NEU/±IDENT] bietet das Modell von Prince den Vorteil, dass die einzelnen Arten von Gegebenheit jeweils eigene Kategorien (mit entsprechenden Bezeichnungen) bilden, während die Kategorie [±IDENT] bei Ewert-Kling doch recht heterogene Arten von Gegebenheit und Identifizierbarkeit subsumiert.19

Einen im Vergleich zu den Modellen von Chafe und Prince alternativen bottom-up-Zugang wählen Gundel et al. (1993). Sie knüpfen den kognitiven Status von nominalen Elementen bei Sprechern direkt an die einzelnen Verweisausdrücke des Englischen. In ihrer givenness hierarchy, die hier in Abbildung 3 wiedergegeben wird, nehmen die Autoren insgesamt sechs kognitive Status an.


Abb. 3: Givenness hierarchy (Gundel et al. 1993, 275)

Der Grundgedanke in diesem Modell ist folgender: Verwendet ein Sprecher eine bestimmte Verweisform zusammen mit einem nominalen Element, signalisiert er damit dem Hörer, dass er annimmt, dass bei ihm der jeweils zugrundeliegende kognitive Status für den Referenten vorliegt. (cf. Gundel et al. 1993, 275) Produziert ein Sprecher des Englischen etwa eine Nominalphrase mit einem unbestimmten Artikel wie in (20), impliziert dies seine Annahme, dass der Hörer über die Vorstellung eines Typus der jeweiligen Entität verfügt. Die Autoren nennen diese erste Kategorie type identifiable. (cf. Gundel et al. 1993, 276)


(20) en. I couldn’t sleep last night. A dog (next door) kept me awake. (Gundel et al. 1993, 276)

Will ein Sprecher auf eine spezifische Entität hinweisen, wird er eine Verweisform wählen, durch die der Hörer in der Lage ist, auf diese zu schließen. Das kann im umgangssprachlichen Englisch durch this + Nomen erfolgen. (cf. Gundel et al. 1993, 276)


(21) en. I couldn’t sleep last night. This dog (next door) kept me awake. (Gundel et al. 1993, 277)

Bei uniquely identifiable elements ist der Hörer alleine durch das Nomen in der Lage den vom Sprecher intendierten Referenten zu identifizieren. Hier kann ein Sprecher des Englischen etwa den bestimmten Artikel the verwenden. (cf. Gundel et al. 1993, 277)


(22) en. I couldn’t sleep last night. The dog (next door) kept me awake. (Gundel et al. 1993, 277)

Familiar elements kann der Hörer identifizieren, da sie entweder in seinem Langzeitgedächtnis oder – durch Vorerwähnung im Diskurs – in seinem Kurzzeitgedächtnis sind. Nimmt ein Sprecher dies beim Hörer an, kann er im Englischen den Demonstrativbegleiter that realisieren. (cf. Gundel et al. 1993, 278)


(23) en. I couldn’t sleep last night. That dog (next door) kept me awake. (Gundel et al. 1993, 278)

Bei activated elements ist der Referent im aktuellen Kurzzeitgedächtnis präsent. Ein entsprechendes Verweiselement ist unter anderem das Demonstrativpronomen that. (cf. Gundel et al. 1993, 278)


(24) en. I couldn’t sleep last night. That kept me awake. (Gundel et al. 1993, 278)

Einheiten, die in focus sind, befinden sich nicht nur im Kurzzeitgedächtnis des Hörers, auf sie konzentriert sich darüber hinaus dessen momentane Aufmerksamkeit.20 Passende Verweisformen sind Nullpronomen sowie prosodisch nicht prominente Pronomen.21 (cf. Gundel et al. 1993, 279)

Nach einem Vergleich ihres Modells mit jenem von Prince kommen Gundel et al. zu dem Ergebnis, dass manche Status einander entsprechen, während andere sich nur teilweise decken. (cf. Gundel et al. 1993, 280–281) Darüber hinaus ist bei der givenness hierarchy zu beachten, dass – wie durch den Begriff Hierarchie bereits angedeutet wird – jeder Status die jeweils niedrigeren Status miteinschließt, sodass ein Element, das als in focus zu klassifizieren ist, automatisch auch activated, familiar, uniquely identifiable, referential und type identifiable ist. (cf. Gundel et al. 1993, 276) Damit impliziert das Modell, dass eine bestimmte Verweisform grundsätzlich immer mit den anderen Formen, die bei niedrigeren kognitiven Status realisiert werden können, austauschbar ist, wodurch die genaue Distribution der expression forms hinsichtlich der konkreten kognitiven Status von Referenten nicht näher erklärt werden kann. (cf. Gundel et al. 1993, 294) Um dieses Problem zu lösen, greifen die Autoren auf die zwei Submaximen der Quantität von Grice (1975, 45) zurück:

 Q1: Make your contribution as informative as required (for the current purposes of the exchange).

 Q2: Do not make your contribution more informative than is required.

Anhand der Grice’schen Submaximen kann nach Gundel et al. die Wahl der jeweiligen Verweisformen erläutert werden. So impliziert etwa die Realisierung eines unbestimmten Artikels nach Q1, dass der Hörer den Referenten nicht eindeutig identifizieren kann. (cf. Gundel et al. 1993, 296) Die Tatsache, dass nach einer Analyse der Autoren 85 % der vollen Nominalphrasen, deren Referenten zumindest familiar waren, sowohl im Englischen als auch im Spanischen mit dem bestimmten Artikel eingeführt wurden, obwohl auch ein Demonstrativbegleiter als die „stärkere“ Form möglich gewesen wäre, könne durch Q2 erklärt werden.22 (cf. Gundel et al. 1993, 299–300)

Die Autoren listen in ihrem Beitrag die Korrelationen zwischen kognitivem Status und Verweisform auch für weitere Sprachen auf. Anders als für das Englische nehmen sie beim Spanischen nicht sechs, sondern nur fünf Status an, da in dieser Sprache die Kategorien referential und type identifiable ihnen zufolge zusammenfallen. (cf. Gundel et al. 1993, 283–284) Die Referenten von Nullpronomen sind im Spanischen für die Autoren in focus, jene von overten Pronomen (sowohl Personal- als auch Demonstrativpronomen) zumindest activated. Die Referenten jener Substantive, die mit den Determinierern ese/esa kombiniert werden, sind zumindest familiar, jene mit den bestimmten Artikeln el/la zumindest uniquely identifiable und schließlich jene mit den unbestimmten Artikeln un/una zumindest type identifiable. (cf. Gundel et al. 1993, 292) Die Tabelle 1 bietet einen Überblick über die Korrelationen.23


in focus activated familiar uniquely identifiable referential type identifiable
Englisch it HE, this, that, this N that N the N this N a N
Spanisch Ø, él ÉL, éste, ése, aquél, este N ese N, aquel N el N Ø N, un N

Tab. 1: Givenness hierarchy für das Englische und Spanische (Gundel et al. 1993, 284)

Einen vor allem aus terminologischer Sicht alternativen Zugang zur Dimension des Informationsstatus von Referenten wählt Krifka (2007). Er geht, in Anlehnung an Stalnaker (1974), von einer gemeinsamen Basis zwischen Sprecher und Hörer, dem common ground (CG), aus, der im Laufe einer Kommunikation ständig modifiziert wird. (cf. Krifka 2007, 15–16) Givenness zeigt Krifka zufolge an, ob – und wenn ja bis zu welchem Grad – die Denotation eines Ausdrucks im CG präsent ist oder nicht. Auch für ihn lässt die Verwendung bestimmter Formen Rückschlüsse auf den Informationsstatus der Referenten zu. Üblicherweise geben Klitika und (Personal- und Demonstrativ-)Pronomen an, dass die Denotation im unmittelbaren CG gegeben ist, definite Artikel können auch anzeigen, ob eine Denotation im generellen CG gegeben ist.24 Unbestimmte Artikel hingegen weisen auf eine Nicht-Gegebenheit des Referenten hin. Dabei ist – wie auch von Gundel et al. (1993) postuliert wurde – die grundsätzliche Tendenz feststellbar, einfachere anaphorische Ausdrücke zu wählen, um sich auf salientere Denotate zu beziehen. (cf. Krifka 2007, 37–38) Neben dem Einsatz von anaphorischen Elementen verfügen Sprecher über weitere Möglichkeiten givenness anzuzeigen. Gegebenes kann deakzentuiert (25) oder ausgelassen (26) werden. Auch syntaktische Mittel stehen dem Sprecher – vor allem in Sprachen mit freier Wortstellung – zur Verfügung. Aber auch im Englischen wird etwa in ditransitiven Konstruktionen wie jenen in (27) das gegebene Objekt in der Regel vor dem neuen realisiert.25 (cf. Krifka 2007, 38–39)


(25) en. Ten years after John inherited an old farm, he SOLD [the shed]geg.
(26) en. Bill went to Greenland, and Mary did _ too.
(27) en. Bill showed the boy a girl. / *Bill showed a boy the girl. / Bill showed the girl to a boy. (Krifka 2007, 38)

Den common ground differenziert Krifka weiter in CG content und CG management. Unter den CG content fällt für den Autor alles, was im Laufe des Diskurses explizit oder implizit eingeführt wurde sowie ein „set of propositions that is presumed to be mutually accepted“ (Krifka 2007, 16–17). Der Autor schlägt nun vor jene Aspekte, die Auswirkungen auf den Wahrheitsgehalt einer Aussage haben, dem CG content zuzuordnen. Die pragmatischen Aspekte, die kommunikativen Interessen und Ziele der Sprecher hingegen subsumiert Krifka unter dem CG management. Auf dieser Ebene gehe es vor allem um die Frage, wie sich der CG im Laufe eines Gesprächs weiterentwickeln soll. (cf. Krifka 2007, 17)

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9783823301684
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