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§ 5 Lieferung und sonstige Leistung

Inhaltsverzeichnis

A. Lieferung

B. Sonstige Leistung

C. Grenzfälle zwischen Lieferung und sonstiger Leistung

D. Geschäftsveräußerung im Ganzen (GiG)

E. Mehrpersonenverhältnisse

§ 5 Lieferung und sonstige Leistung › A. Lieferung

A. Lieferung

§ 5 Lieferung und sonstige Leistung › A. Lieferung › I. Einleitung

I. Einleitung

234

Nach § 3 Abs. 1 UStG sind Lieferungen eines Unternehmers diejenigen „Leistungen, durch die er oder in seinem Auftrag ein Dritter den Abnehmer oder in dessen Auftrag einen Dritten befähigt, im eigenen Namen über einen Gegenstand zu verfügen (Verschaffung der Verfügungsmacht)“. Ähnlich formuliert das Gemeinschaftsrecht: Danach gilt als Lieferung von Gegenständen „die Übertragung der Befähigung, wie ein Eigentümer über einen körperlichen Gegenstand zu verfügen“ (Art. 14 Abs. 1 MwStSystRL).

235

Gegenstände i. S. d. Liefertatbestandes (§ 3 Abs. 1 UStG) sind zunächst körperliche Gegenstände, also bewegliche und unbewegliche Sachen (§ 90 BGB) und Tiere (§ 90a BGB).[1] Lieferfähiger Gegenstand ist weiter eine Sachgesamtheit, also die Zusammenfassung mehrerer selbstständiger Gegenstände zu einem einheitlichen Ganzen, das wirtschaftlich als ein anderes Verkehrsgut angesehen wird als die Summe der einzelnen Gegenstände.[2] Lieferfähige Gegenstände i. S. d. Umsatzsteuerrechts sind schließlich solche Wirtschaftsgüter, die im Wirtschaftsverkehr wie körperliche Sachen behandelt werden, z. B. Elektrizität und Wärme (s. ausdrücklich Art. 15 Abs. 1 MwStSystRL).

236

Rechte sind dagegen keine Gegenstände, die im Rahmen einer Lieferung übertragen werden können. Die Übertragung von Rechten, z. B. von Ansprüchen gegen Dritte, Patenten und Marken, stellt vielmehr eine sonstige Leistung dar (arg. § 3a Abs. 4 S. 2 Nr 1 UStG).[3] Auch die Übertragung von Gesellschaftsanteilen (Anteilen an Personen- oder Kapitalgesellschaften) ist nicht als Lieferung zu beurteilen, sondern als (häufig nicht steuerbare oder steuerfreie) sonstige Leistung.[4] Dies gilt auch bei verbrieften Anteilen (etwa Aktien, die in Einzel- oder Sammelurkunden verbrieft sind), obwohl hier die Mitgliedschaft durch Übertragung der Urkunde nach sachen- und wertpapierrechtlichen Grundsätzen[5] übertragen wird. Sonstige Leistung (nicht Lieferung) ist auch die Übertragung von Wertpapieren anderer Art.[6]

237

Bei der Übertragung von Miteigentumsanteilen bejaht der BFH seit einer Änderung der Rechtsprechung im Jahr 2016 (mit der h.M. im Schrifttum) eine Lieferung; zuvor war der BFH von einer sonstigen Leistung ausgegangen.[7]

238

Die Verschaffung der Verfügungsmacht an Gegenständen geschieht in der Regel durch Übertragung des zivilrechtlichen Eigentums, bei beweglichen Sachen also nach §§ 929 ff BGB und bei Immobilien nach §§ 873, 925 BGB. Beim Verkauf einer Sache ist der Abschluss des Kaufvertrages (§ 433 BGB) – des schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäftes – also noch nicht steuerbar. Steuerbar ist vielmehr erst das Verfügungsgeschäft, durch das der Verkäufer seine Pflichten aus dem Kaufvertrag erfüllt.

239

Regelmäßig liegt die Verschaffung der Verfügungsmacht danach darin, dass zivilrechtliches Eigentum übertragen wird. Abweichungen können sich allerdings ergeben, weil eine wirtschaftliche Betrachtungsweise gilt (s. bereits Rn 188 f). Eine Lieferung im Sinne der Umsatzsteuer geht danach regelmäßig mit dem zivilrechtlichen Eigentumsübergang einher, ist damit aber nicht zwingend verknüpft. Dafür spricht neben § 39 Abs. 2 Nr 1 AO die Formulierung des Richtlinienrechts, wonach es ausreicht, dass der Erwerber in die Lage versetzt wird, „wie ein Eigentümer über einen körperlichen Gegenstand zu verfügen“ (Art. 14 Abs. 1 MwStSystRL).[8]

240

Aufgrund der wirtschaftlichen Betrachtungsweise kann eine umsatzsteuerrechtliche Lieferung schon zu einem früheren Zeitpunkt zu bejahen sein als der zivilrechtliche Eigentumsübergang.


Übereignung von Immobilien: Das Eigentum an Immobilien geht zivilrechtlich nicht vor Eintragung des neuen Eigentümers im Grundbuch über (§ 873 Abs. 1 BGB). Nach den Bestimmungen des Kaufvertrages gehen Nutzen und Lasten dagegen regelmäßig schon zu einem früheren Zeitpunkt (meist unmittelbar nach Zahlung des Kaufpreises) über. Eine umsatzsteuerrechtliche Lieferung liegt bereits in diesem früheren Zeitpunkt vor. Zu beachten ist, dass eine Umsatzsteuerpflicht beim Grundstücksverkauf häufig ausscheidet, weil entweder der Veräußerer nicht als Unternehmer handelt oder die Steuerbefreiung für Grundstücksumsätze nach § 4 Nr 9 lit. a) UStG greift (s. dazu noch Rn 496 f).

241

Aufgrund der wirtschaftlichen Betrachtungsweise (s. dazu bereits Rn 188 f) liegt eine umsatzsteuerrechtliche Lieferung im Einzelfall auch ganz ohne zivilrechtlichen Eigentumsübergang vor:


Hehlerei und ähnliche Sachverhalte: Wer eine Sache verliert oder wem etwas gestohlen wird, der liefert nicht an den Finder oder Dieb. Verfügungsmacht wird in diesen Fällen nicht „verschafft“ (§ 3 Abs. 1 UStG), sondern genommen. Eine steuerbare Leistung ist dagegen zu bejahen, wenn der Finder oder Dieb (oder ein Hehler) die Sache an einen Dritten veräußert. Der Steuerbarkeit steht nicht entgegen, dass zivilrechtlich nach § 935 BGB ein (gutgläubiger) Erwerb des Eigentums zu verneinen ist.
Lieferkommission: Bei der Lieferkommission (§ 3 Abs. 3 UStG) erwirbt der Kommissionär vom Kommittenten regemäßig kein Eigentum. Dennoch ist umsatzsteuerrechtlich eine Lieferung (auch) zwischen diesen Unternehmern zu bejahen, s. u. Rn 243 f.
Leasing: Das Leasing ist eine der Miete ähnliche Gebrauchsüberlassung, bei der (jedenfalls zunächst) der Leasingnehmer kein Eigentum am Leasinggegenstand erwirbt. Dennoch kann – abhängig von der Ausgestaltung des Leasingvertrages – im Einzelfall umsatzsteuerrechtlich eine Lieferung zu bejahen sein. Ist dies nicht der Fall, liegt eine sonstige Leistung vor (zur Abgrenzung s. u. Rn 270 ff).

242

Umgekehrt kann eine umsatzsteuerrechtliche Lieferung im Einzelfall trotz Übergangs des zivilrechtlichen Eigentums ausscheiden:



§ 5 Lieferung und sonstige Leistung › A. Lieferung › II. Lieferkommission

II. Lieferkommission

243

Beim Kommissionsgeschäft (§§ 383 ff HGB) kommt es zivilrechtlich in der Regel nicht zu einer Veräußerung des Kommissionsgutes durch den Kommittenten an den Kommissionär.[17] Zivilrechtlich ist die Kommission lediglich eine spezielle Geschäftsbesorgung. Umsatzsteuerrechtlich liegt daher eine sonstige Leistung nahe, und zwar eine Leistung des Kommissionärs an den Kommittenten. Nach der ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung in § 3 Abs. 3 UStG ist jedoch eine Lieferung des Kommittenten an den Kommissionär zu bejahen. Damit kommt es zu einer Doppellieferung:


Der Kommittent liefert an den Kommissionär
Der Kommissionär liefert an seinen Abnehmer.
Die erste Lieferung findet regelmäßig erst in dem Zeitpunkt statt, in dem auch die zweite Lieferung stattfindet; die Lieferzeitpunkte fallen also regelmäßig zusammen (s. Rn 245 f).
Eine sonstige Leistung wird nicht ausgeführt.

244

Beispiel:

Die Lederfeld GmbH produziert Hemden, die Herr Schenkenberg als Kommissionär an den Einzelhandel vertreibt. Das Tätigwerden als Kommissionär bedeutet nach § 383 Abs. 1 HGB, dass Herr Schenkenberg gegenüber den Einzelhändlern nicht als Vertreter (§§ 164 ff BGB) der Lederfeld GmbH auftritt, sondern im eigenen Namen. Herr Schenkenberg, nicht die GmbH, tritt also unter den Kaufverträgen mit den Einzelhändlern als Verkäufer auf. Zivilrechtlich erbringt hier Herr Schenkenberg als Kommissionär eine Geschäftsbesorgung an die Lederfeld GmbH als Kommittentin. Herr Schenkenberg erwirbt kein Eigentum an den Hemden (auch kein „Durchgangserwerb“). Umsatzsteuerrechtlich sind aber nach § 3 Abs. 3 UStG ausschließlich zwei Lieferungen zu bejahen, nämlich eine Lieferung der Lederfeld GmbH an Herrn Schenkenberg und eine Lieferung Herrn Schenkenbergs an den jeweiligen Einzelhändler. Eine sonstige Leistung wird nicht erbracht. Zur Bemessungsgrundlage: Unterstellt, Herr Schenkenberg ist verpflichtet, den von ihm erzielten Bruttoerlös abzüglich 10 % Provision an die Lederfeld GmbH abzuführen. Wenn er dann Ware für € 119 000 (brutto) verkauft, ergibt sich folgende Berechnung: Schenkenberg muss an die Lederfeld GmbH 90 % von € 119 000, also € 107 100, zahlen. Dieser Betrag (abzüglich der enthaltenen USt) ist Bemessungsgrundlage für die Lieferung der Lederfeld GmbH an Herrn Schenkenberg. Die Bemessungsgrundlage beträgt damit € 90 000, die USt € 17 100. In nämlicher Höhe ist Herr Schenkenberg zum Vorsteuerabzug berechtigt. Herr Schenkenberg schuldet für die Lieferung an seine Abnehmer USt i. H. v. (€ 119 000/1,19 * 19 % =) € 19 000. Damit ergibt sich für ihn (unter Berücksichtigung der Vorsteuer) eine Zahllast von (€ 19 000 ./. € 17 100 =) € 1900.

245

Zum Zeitpunkt der Lieferungen im Falle einer Lieferkommission: Regelmäßig ist eine Lieferung des Kommittenten an den Kommissionär im Sinne der Umsatzsteuer erst dann anzunehmen, wenn auch der Kommissionär an seinen Abnehmer liefert. Der Lieferzeitpunkt für beide Lieferungen ist also regelmäßig derselbe. Zwar erhält der Kommissionär den Besitz an der Ware zumeist deutlich vor der Weiterveräußerung. Diese Besitzverschaffung ist aber noch keine Lieferung i. S. d. Umsatzsteuerrechts, weil dadurch wirtschaftliche Substanz – und damit Verfügungsmacht i. S. v. § 3 Abs. 1 UStG – noch nicht auf den Kommissionär übergeht.[18]

246

Lediglich im Ausnahmefall einer grenzüberschreitenden innergemeinschaftlichen Kommission fallen die beiden Lieferzeitpunkte auseinander. Eine Lieferung vom Kommittenten an den Kommissionär ist hier aus Vereinfachungsgründen bereits in dem Zeitpunkt zu bejahen, in dem die Ware bei der Übergabe an den Kommissionär vom einen in den anderen Mitgliedstaat gelangt. Gleichzeitig ist demnach der innergemeinschaftliche Erwerb beim Kommissionär der Besteuerung zu unterwerfen.[19]

247

Beispiel 1:

Unternehmer Uhle übergibt am 1. April in Hamburg Ware an den Kommissionär Kjell. Kjell transportiert die Ware am 3. April in sein Lager in Bremen. Am 5. April findet er einen Abnehmer in Oldenburg, an den er die Ware ausliefert. Der umsatzsteuerrechtliche Zeitpunkt beider Lieferungen ist der 5. April (Inlandssachverhalt).

248

Beispiel 2 (Abwandlung):

Kjell ist in Dänemark ansässig. Dorthin verbringt er am 3. April die Ware und dort verkauft er sie am 5. April. Bejahte man auch hier eine Lieferung des Uhle an Kjell erst am 5. April, ergäbe sich für Uhle am 3. April nach deutschem Umsatzsteuerrecht ein (steuerbefreites) innergemeinschaftliches Verbringen. Vor allem müsste Uhle dann aber in Dänemark einen innergemeinschaftlichen Erwerb (entsprechend § 1a Abs. 2 deutsches UStG) und eine Lieferung an Kjell versteuern. Den damit verbundenen Verfahrensaufwand (das Verfahren würde dänischem Umsatzsteuerrecht unterliegen und in dänischer Sprache geführt werden), erspart die Finanzverwaltung dem Uhle. Nach der Vereinfachungsregelung[20] kann eine Lieferung des Uhle an Kjell bereits beim Grenzübertritt nach Dänemark bejaht werden. Dann hat Kjell den innergemeinschaftlichen Erwerb in Dänemark zu deklarieren und dort den Vorsteuerabzug vorzunehmen. Das fällt ihm – als dänischem Unternehmer – leichter als es Uhle fallen würde.

§ 5 Lieferung und sonstige Leistung › A. Lieferung › III. Gehaltslieferung

III. Gehaltslieferung

249

Die Gehaltslieferung betrifft den Fall, dass ein Lieferer einem Abnehmer Gegenstände zur Bearbeitung oder Verarbeitung überlässt, und dass bei der Bearbeitung oder Verarbeitung Nebenerzeugnisse oder Abfälle entstehen, die der Abnehmer an den Lieferer zurückgibt. § 3 Abs. 5 UStG regelt, dass sich hier die Lieferung auf den Gehalt des Gegenstands beschränkt, der beim Abnehmer verbleibt.

250

Beispiel:

Ein Landwirt liefert Zuckerrüben an eine Zuckerfabrik. Die Rübenschnitzel erhält er nach Verarbeitung zur Nutzung als Viehfutter zurück. Hier ist nach § 3 Abs. 5 UStG ausschließlich von einer Lieferung des extrahierten Zuckers durch den Landwirt an die Zuckerfabrik auszugehen. Verfehlt wäre es, einen Tausch mit Baraufgabe (Tausch von Zuckerrüben gegen Rübenschnitzel und Geld) anzunehmen.

§ 5 Lieferung und sonstige Leistung › A. Lieferung › IV. Innergemeinschaftliches Verbringen

IV. Innergemeinschaftliches Verbringen

251

§ 3 Abs. 1a S. 1 UStG regelt den speziellen Umsatzsteuertatbestand des innergemeinschaftlichen Verbringens („IGV“). Danach gilt als Lieferung gegen Entgelt „das Verbringen eines Gegenstands des Unternehmens aus dem Inland in das übrige Gemeinschaftsgebiet durch einen Unternehmer zu seiner Verfügung, ausgenommen zu einer nur vorübergehenden Verwendung…“. Die Fiktion („gilt“) erklärt sich daraus, dass es tatsächlich an einer Leistung i. S. d. Umsatzsteuerrechts fehlt, weil mit dem verbringenden Unternehmer nur eine Person an dem Vorgang beteiligt ist („Innenumsatz“, s. bereits Rn 181).

252

Zum Verständnis des IGV ist es wichtig, einen Überblick über weitere Regelungen des Mehrwertsteuerrechts zu haben, die damit in engem Zusammenhang stehen. Dabei ist zu beachten, dass die relevanten Vorschriften durch das Unionsrecht harmonisiert sind, in anderen Mitgliedstaaten also im Wesentlichen inhaltsgleich gelten.


Zunächst ist im Ausgangsmitgliedstaat die in § 3 Abs. 1a sowie § 4 Nr 1 lit. a) i. V. m. § 6a Abs. 2 UStG geregelte Steuerbefreiung zu beachten. Das IGV ist danach nicht nur hinsichtlich der Steuerbarkeit einer Lieferung (IGL) gleichgestellt; vielmehr findet auch die für eine IGL geltende Steuerbefreiung auch auf das IGV Anwendung (s. im Einzelnen Rn 487 ff). Das IGV ist danach im Ausgangsmitgliedstaat zwar steuerbar, aber regelmäßig steuerbefreit.
Im Bestimmungsmitgliedstaat ist das IGV unter den Voraussetzungen des § 1a Abs. 2 UStG (bzw. der entsprechenden Vorschriften des ausländischen Rechts) einem innergemeinschaftlichen Erwerb (IGE) gleichgestellt und damit steuerbar. Nach § 1a Abs. 2 UStG gilt als IGE gegen Entgelt das Verbringen eines Gegenstands des Unternehmens aus dem übrigen Gemeinschaftsgebiet in das Inland durch einen Unternehmer zu seiner Verfügung, ausgenommen zu einer nur vorübergehenden Verwendung.
Ebenfalls im Bestimmungsmitgliedstaat kann der verbringende Unternehmer regelmäßig die durch den IGE ausgelöste Mehrwertsteuer als Vorsteuer nach § 15 Abs. 1 S. 1 Nr 3 UStG abziehen (Vorsteuerabzug). Im Einzelfall ist der Vorsteuerabzug ausgeschlossen, so etwa i. d. R. bei beabsichtigter Verwendung zur Ausführung steuerfreier Ausgangsumsätze (§ 15 Abs. 2 S. 1 Nr 1 UStG).

253

In der Zusammenschau verwirklichen die Vorschriften zum IGV/IGE das Bestimmungslandprinzip, das das EU-Mehrwertsteuerrecht prägt (s. bereits Rn 60 f). Das Verbringen ist im Ausgangsmitgliedstaat steuerbar, aber regelmäßig steuerfrei. Zugleich ist es im Bestimmungsmitgliedstaat steuerpflichtig, die Steuerlast wird aber regelmäßig durch den Vorsteuerabzug des verbringenden Unternehmers neutralisiert. Im Ergebnis gelangen die verbrachten Gegenstände damit unbelastet von Mehrwertsteuer über die innergemeinschaftliche Grenze. Eine Belastung mit Mehrwertsteuer tritt erst ein, wenn im Bestimmungsmitgliedstaat an einen „Endverbraucher“ geliefert wird.

254

Ein Verbringen ist innergemeinschaftlich, wenn der Gegenstand auf Veranlassung des Unternehmers vom Ausgangsmitgliedstaat in den Bestimmungsmitgliedstaat gelangt.[21] Der Gegenstand muss zudem im Ausgangsmitgliedstaat bereits dem Unternehmen zugeordnet gewesen sein und sich bei Beendigung der Beförderung oder Versendung im Bestimmungsmitgliedstaat weiterhin in der Verfügungsmacht des Unternehmers befinden.[22]

255

Weitere Voraussetzung ist, dass der Gegenstand zu einer nicht nur vorübergehenden Verwendung durch den Unternehmer in den Bestimmungsmitgliedstaat gelangt. Mit dem negativen Tatbestandsmerkmal der „nicht nur vorübergehenden Verwendung“ in § 3 Abs. 1a UStG soll Richtlinienrecht umgesetzt werden. Art. 17 Abs. 2 MwStSystRL enthält indes nicht das genannte oder ein ähnliches Ausschlusskriterium. Vielmehr findet sich dort in einem detaillierten Katalog eine abschließende Aufzählung von Umsätzen, die nicht den Tatbestand einer „Verbringung in einen anderen Mitgliedstaat“ erfüllen. Dem wird die knappe deutsche Regelung, die schlicht jede „nur vorübergehende Verwendung“ aus dem Tatbestand ausklammert, offensichtlich nicht gerecht. Der BFH formuliert, das deutsche Recht setze die Richtlinie „zumindest begrifflich nicht zutreffend um“.[23]

256

Finanzverwaltung und Rechtsprechung legen die „nur vorübergehende Verwendung“ daher „unter Beachtung von Artikel 17 … MwStSystRL aus“.[24] Sie lösen sich dabei von einem durch den Wortlaut „vorübergehend“ an sich gebotenen zeitabhängigen Verständnis der Regelung und orientieren sich an dem detaillierten Ausnahmenkatalog in Art. 17 Abs. 2 MwStSystRL.[25] Ob die Finanzverwaltung Art. 17 Abs. 2 MwStSystRL dabei tatsächlich zutreffend auslegt, ist im Lichte einer neueren Entscheidung des EuGH zweifelhaft.[26]

257

Beispiel 1:

Ein französischer Unternehmer bringt eine Maschine aus seinem Unternehmen in Frankreich in seinen Zweigbetrieb nach Deutschland, um sie dort auf Dauer einzusetzen. Der deutsche Zweigbetrieb kauft in Deutschland Heizöl und bringt es in die französische Zentrale, um damit das Bürogebäude zu beheizen.

Lösung: Der Unternehmer bewirkt mit dem Verbringen der Maschine nach § 1a Abs. 2 UStG einen innergemeinschaftlichen Erwerb in Deutschland. Das Verbringen des Heizöls ist in Deutschland einer (steuerfreien) innergemeinschaftlichen Lieferung gleichgestellt (§ 3 Abs. 1a i. V. m. § 6a Abs. 2 UStG).[27]

Beispiel 2:

Ein deutscher Bauunternehmer errichtet in Frankreich ein Hotel. Er verbringt zu diesem Zweck Baumaterial und einen Baukran an die Baustelle. Der Baukran gelangt nach Fertigstellung des Hotels nach Deutschland zurück.

Lösung: Ein IGV ist zu verneinen, weil eine nur vorübergehende Verwendung durch den Unternehmer im Bestimmungsmitgliedstaat beabsichtigt ist. Das liegt für den Baukran, der nach Deutschland zurückgebracht wird, auf der Hand. Auch bezüglich der Baumaterialien, die letztlich in Frankreich verbleiben, ist ein IGV aber zu verneinen. Nach der Finanzverwaltung, die den Begriff der „vorübergehenden Verwendung“ richtlinienkonform auslegt, ist eine solche zu bejahen (und ein IGV damit zu verneinen), wenn der Unternehmer den Gegenstand bei einer Werklieferung verwendet, die im Bestimmungsmitgliedstaat steuerbar ist.[28]

258

Bemessungsgrundlage ist beim IGV der Einkaufspreis zuzüglich der Nebenkosten für den Gegenstand oder mangels eines Einkaufspreises der Betrag der Selbstkosten, jeweils zum Zeitpunkt des Umsatzes und ohne Umsatzsteuer (§ 10 Abs. 4 S. 1 Nr 1 UStG).

§ 5 Lieferung und sonstige Leistung › A. Lieferung › V. Unentgeltliche Wertabgaben (§ 3 Abs. 1b UStG)

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9783811466012
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