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II. Willentliches Verhalten

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Eine Leistung setzt ein willentliches Verhalten des Leistenden voraus. Ein Diebstahl begründet somit keine Leistung des Bestohlenen. Ebenso ist in einer Sachbeschädigung keine Leistung des Geschädigten zu sehen (weshalb der „echte Schadensersatz“ nicht steuerbar ist, s. noch Rn 203 ff). Nur ausnahmsweise ist eine Steuerbarkeit auch ohne willentliches Verhalten des Leistenden zu bejahen: Nach § 1 Abs. 1 Nr 1 S. 2 UStG entfällt die Steuerbarkeit nicht, „wenn der Umsatz auf Grund gesetzlicher oder behördlicher Anordnung ausgeführt wird oder nach gesetzlicher Vorschrift als ausgeführt gilt“. Danach ist z. B. ein Umsatz steuerbar, der im Wege der Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Unternehmers bewirkt wird. In diesem Fall ist übrigens ausschließlich eine Lieferung des Vollstreckungsschuldners an den Erwerber zu bejahen; das Bundesland, dessen Gericht die Zwangsvollstreckung durchführt, ist weder Empfänger noch Leistender einer Lieferung.[4]

§ 4 Leistung gegen Entgelt (Leistungsaustausch) › A. Leistung › III. Individueller Vorteil

III. Individueller Vorteil

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Eine Leistung setzt voraus, dass ein Leistender einem identifizierbaren Leistungsempfänger einen individuellen Vorteil verschafft, also einen Vorteil, der zu einem Verbrauch i. S. d. Mehrwertsteuerrechts führt. Ein alleiniger Vorteil zugunsten der Allgemeinheit genügt nicht. Ist ein Vorteil zugunsten eines individuellen Leistungsempfängers zu bejahen, steht es der Annahme einer Leistung aber nicht entgegen, wenn der Leistende auch ein eigenes Interesse an der Leistung hat oder auch ein öffentliches Interesse an der Leistung besteht.[5] Die Frage, ob ein individueller Vorteil entgolten wird oder nicht, ist vor allem wichtig für die Abgrenzung zwischen „echten Zuschüssen“, die nicht im Rahmen eines Leistungsaustausches gezahlt werden, und „unechten Zuschüssen“, die eine umsatzsteuerbare Leistung des Zuschussempfängers entgelten (s. noch Rn 216 ff).

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Beispiele:

Ein Getränkehändler wirbt auf Plakaten für seine Produkte. Die Werbung kommt zugleich einer Brauerei zugute, deren Bier der Getränkehändler vertreibt. Die Brauerei gewährt dem Händler daher aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung einen Zuschuss zur Finanzierung der Werbung. Der Händler erbringt an die Brauerei eine Leistung i. S. d. Umsatzsteuerrechts, obwohl die Werbemaßnahmen primär seinem eigenem Interesse dienen. Für die Annahme einer Leistung genügt, dass auch einem Dritten – hier der Brauerei – ein individueller Vorteil verschafft wird. Der von der Brauerei gewährte Zuschuss ist Entgelt i. S. v. § 1 Abs. 1 Nr 1 UStG sowie § 10 Abs. 1 UStG.

§ 4 Leistung gegen Entgelt (Leistungsaustausch) › A. Leistung › IV. Verbrauchbarer Vorteil

IV. Verbrauchbarer Vorteil

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Eine Leistung setzt voraus, dass der Empfänger einen Vorteil erhält, der zu einem Verbrauch i. S. d. Mehrwertsteuerrechts führt. Die Zahlung von Geld fällt nicht darunter, weil sie dem Empfänger nicht unmittelbar einen verbrauchbaren Vorteil verschafft, sondern ihn lediglich in die Lage versetzt, sich einen solchen Vorteil zu verschaffen.[6] Als Beispiel erbringt beim Vollzug eines Kaufvertrages nur der Verkäufer eine der Umsatzsteuer unterliegende Leistung an den Käufer; der Käufer leistet durch Zahlung des Kaufpreises dagegen nicht an den Verkäufer. Auch die befreiende Übernahme von Verbindlichkeiten, die ganz oder teilweise an die Stelle eines Barkaufpreises treten kann, erfüllt den Leistungstatbestand nicht.[7]

§ 4 Leistung gegen Entgelt (Leistungsaustausch) › A. Leistung › V. Wirksamkeitsmängel

V. Wirksamkeitsmängel

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Das Umsatzsteuerrecht knüpft daran an, dass eine Leistung tatsächlich bewirkt wird. Daher steht es der Besteuerung nicht entgegen, wenn einer Leistung ein zivilrechtlich unwirksames Rechtsgeschäft zugrunde liegt oder die Leistungshandlung selbst zivilrechtlich unwirksam ist (s. auch § 41 AO: wirtschaftliche Betrachtungsweise im Steuerrecht). Auch wenn die Leistung selbst gesetzeswidrig (z. B. strafbar) ist oder gegen die guten Sitten verstößt, steht dies der Steuerbarkeit nicht entgegen.

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Beispiel 1:

Ein Sechsjähriger kauft Kaugummi. Der Vertrag ist nach §§ 104 f BGB (Geschäftsunfähigkeit) unwirksam. Dennoch unterliegt der Verkauf der Umsatzsteuer.

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Beispiel 2:

Ein Dieb verkauft gestohlene Smartphones an einen Hehler. Der Kaufvertrag ist nach § 134 BGB (Verstoß gegen gesetzliches Verbot) nichtig; der Hehler erwirbt nach §§ 929 ff BGB auch kein Eigentum. Dennoch ist eine steuerbare Lieferung des Diebes an den Hehler zu bejahen.

§ 4 Leistung gegen Entgelt (Leistungsaustausch) › B. Handeln gegen Entgelt/Leistungsaustausch

B. Handeln gegen Entgelt/Leistungsaustausch

§ 4 Leistung gegen Entgelt (Leistungsaustausch) › B. Handeln gegen Entgelt/Leistungsaustausch › I. Einleitung

I. Einleitung

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Lieferungen und sonstige Leistungen sind nach § 1 Abs. 1 Nr 1 UStG nur steuerbar, wenn sie „gegen Entgelt“ erfolgen. Es muss ein Leistungsaustausch vorliegen. Einseitige, also ohne Gegenleistung erbrachte Leistungen, sind dagegen grundsätzlich nicht steuerbar. Danach unterliegen insbesondere Schenkungen, (echter) Schadensersatz und Beistellungen nicht der Umsatzsteuer (s. zu Einzelfällen des Leistungsaustauschs noch Rn 198 ff). Nur in den Fällen des § 3 Abs. 1b und Abs. 9a UStG sind unentgeltliche Wertabgaben entgeltlichen Leistungen gleichgestellt und damit steuerbar.

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Das Entgelt spielt im Umsatzsteuerrecht eine doppelte Rolle. Entgeltlichkeit ist zunächst Voraussetzung für die Steuerbarkeit nach § 1 Abs. 1 Nr 1 UStG (s. o.). Daneben ist das Entgelt im Regelfall Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer (§ 10 Abs. 1 S. 1, 2 UStG, s. Rn 527 ff).

§ 4 Leistung gegen Entgelt (Leistungsaustausch) › B. Handeln gegen Entgelt/Leistungsaustausch › II. Entgelt

II. Entgelt

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Ein Entgelt kann zunächst in einer Zahlung von Geld (Bar- oder Giralgeld) bestehen. Daneben kommen sonstige geldwerte Leistungen in Betracht.


Nach § 3 Abs. 12 S. 1 UStG liegt ein Tausch vor, wenn das Entgelt für eine Lieferung in einer Lieferung besteht.
Nach § 3 Abs. 12 S. 2 UStG handelt es sich um einen tauschähnlichen Umsatz, wenn das Entgelt für eine sonstige Leistung in einer Lieferung oder sonstigen Leistung besteht.

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Beispiele:

Ein Computerhändler tauscht mit einem Juwelier ein Notebook gegen eine Rolex. Es liegt ein umsatzsteuerbarer Tausch vor (§ 3 Abs. 12 S. 1 UStG), beide Unternehmer erbringen jeweils eine steuerbare Lieferung. Lässt Steuerberater Steeb sich von seinem Jugendfreund Ante, der Arzt geworden ist, „kostenlos“ behandeln, und berät Steeb dafür Holte ebenfalls „kostenlos“ in Steuersachen, handelt es sich um steuerbare tauschähnliche Umsätze (§ 3 Abs. 12 S. 2 UStG). Antes Umsatz ist als ärztliche Heilbehandlung gemäß § 4 Nr 14 lit. a) UStG steuerfrei. Beteiligen sich schließlich zwei Banken als Kommanditisten an einer KG, die an die Banken Dienstleistungen im Kreditgeschäft erbringt, und stellen die Banken der KG das für deren Tätigkeiten nötige Personal (Personalgestellung), sind Entgelte im umsatzsteuerrechtlichen Sinne nicht nur die Zahlungen, die die Banken an die KG leisten. Vielmehr liegt im Hinblick auf die Personalgestellung ein „tauschähnlicher Umsatz mit Baraufgabe“ vor, der Wert der Personalgestellung erhöht also die Bemessungsgrundlage für die USt.[8] Zur Bemessungsgrundlage bei Tauschumsätzen s. im Einzelnen § 10 Abs. 2 S. 2, 3 UStG und dazu Rn 547 ff.

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Zwar enthält das Unionsrecht keine § 3 Abs. 12 UStG (Tausch/tauschähnlicher Umsatz) entsprechende Bestimmung. Die Einbeziehung auch von Tauschvorgängen und tauschähnlichen Umsätzen in die Steuerbarkeit entspricht nach der Rechtsprechung dennoch dem Unionsrecht.[9]

§ 4 Leistung gegen Entgelt (Leistungsaustausch) › B. Handeln gegen Entgelt/Leistungsaustausch › III. Unmittelbarer Zusammenhang

III. Unmittelbarer Zusammenhang

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Für die Annahme eines Leistungsaustauschs müssen Leistung und Gegenleistung in einem wechselseitigen Zusammenhang stehen.[10] Dieser Zusammenhang ist zunächst zu bejahen bei Leistungen, zu deren Ausführung sich die Vertragsparteien in einem gegenseitigen Vertrag – etwa einem Kauf-, Werk- oder Mietvertrag – verpflichtet haben.[11] Dieser „Normalfall“ eines vertraglichen Austauschverhältnisses (Synallagma), der Prüfung und Praxis dominiert, bereitet keine Schwierigkeiten. Leistung und Gegenleistung müssen aber nicht zwingend durch ein vertragliches Austauschverhältnis verknüpft sein. Eine frühere Entscheidung, nach der zwischen den wechselseitigen Leistungen ein „innerer (synallagmatischer) Zusammenhang“ bestehen müsse,[12] hat der BFH inzwischen ausdrücklich aufgegeben.[13] Im Anschluss an die Rechtsprechung des EuGH bejaht der BFH heute eine Leistung gegen Entgelt, „wenn zwischen dem Unternehmer und dem Leistungsempfänger ein Rechtsverhältnis besteht, das einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen Leistung und Entgelt begründet, so dass das Entgelt als Gegenwert für die Leistung anzusehen ist“.[14]

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Beispiele:

Der EuGH verneint die Steuerbarkeit der Einnahmen von Straßenmusikern.[15] Spricht ein „Abmahnverein“ eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung aus, liegt dagegen nach dem BFH ein steuerbarer Umsatz vor. Der Verein handele als Geschäftsführer ohne Auftrag und habe nach § 683 BGB einen Anspruch auf Aufwendungsersatz. Dieser Ersatz sei Entgelt im umsatzsteuerrechtlichen Sinne. Eine „Zielgerichtetheit des Handelns“ in dem Sinne, dass die Abmahnung „um des Aufwendungsersatzes willen“ erfolge, sei dafür nicht nötig.[16] Vielmehr genüge ein Rechtsverhältnis zwischen den Beteiligten und ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen einer erbrachten Leistung und dem dafür erhaltenen Gegenwert.

§ 4 Leistung gegen Entgelt (Leistungsaustausch) › C. Einzelfälle zum Leistungsaustausch

C. Einzelfälle zum Leistungsaustausch

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Im Folgenden werden praxisrelevante Fälle behandelt, in denen sich die Frage stellt, ob ein Leistungsaustausch vorliegt. In den Fällen fehlenden Leistungsaustausches fehlt es meist schon an der Erbringung einer Leistung, seltener an einer Gegenleistung.

§ 4 Leistung gegen Entgelt (Leistungsaustausch) › C. Einzelfälle zum Leistungsaustausch › I. Entgeltzahlung

I. Entgeltzahlung

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Die bloße Entrichtung eines Entgelts, insbesondere durch Barzahlung oder Überweisung, ist keine Leistung i. S. d. Umsatzsteuerrechts (s. bereits Rn 187).[17]

§ 4 Leistung gegen Entgelt (Leistungsaustausch) › C. Einzelfälle zum Leistungsaustausch › II. Rückgängigmachung/Rücklieferung

II. Rückgängigmachung/Rücklieferung

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Die Rückgabe eines gelieferten Gegenstandes durch den Käufer kann entweder den zugrunde liegenden Leistungsaustausch rückgängig machen (Rückgängigmachung) oder aber auf einem weiteren steuerbaren Leistungsaustausch in umgekehrter Richtung beruhen (sog. Rücklieferung).[18]


Rückgängigmachung: Ein Leistungsaustausch ist zu verneinen, wenn das einer Lieferung zugrunde liegende Schuldverhältnis rückabgewickelt wird (hier ist auch von „Rückgabe“) die Rede. Dies ist etwa der Fall, wenn der Käufer einer Sache wegen eines Mangels den Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt (§ 437 Nr 2 BGB) oder der Käufer von einem vertraglichen Rücktrittsrecht Gebrauch macht. In diesen Fällen ist ein steuerbarer Umsatz im Ergebnis zu verneinen.
Rücklieferung: Eine Rücklieferung lässt den in der ersten Lieferung liegenden steuerbaren Umsatz dagegen unberührt: Neben die erste Lieferung tritt mit der Rücklieferung zudem ein weiterer Umsatz, der steuerbar ist, wenn die allgemeinen Voraussetzungen dafür vorliegen (insbesondere also der Käufer – ebenfalls – Unternehmer ist).

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Beispiel 1:

Eine Computerhändlerin verkauft im Mai 01 ein Notebook an einen Studenten (Nichtunternehmer). Erklärt der Student im Juni 01 wegen eines Mangels des Notebooks den Rücktritt, verbleibt es zwar für den Monat Mai bei einer steuerbaren Lieferung der Händlerin an den Studenten. Für den Voranmeldungszeitraum der Rückgängigmachung (Juni) hat die Händlerin aber eine Berichtigung nach § 17 Abs. 2 Nr 3 i. V. m. Abs. 1 S. 1, 7 UStG vorzunehmen (s. zu § 17 UStG noch Rn 556 ff). Sie bekommt danach im Juni die im Mai entrichtete Umsatzsteuer vom Finanzamt zurück.

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Beispiel 2:

Anders verhält es sich, wenn die Lieferung im Mai mangelfrei war, die Händlerin aber im September 01 das verkaufte Notebook (ohne Verpflichtung dazu) zurücknimmt, weil der Student ihr im Gegenzug ein doppelt so leistungsstarkes und teures anderes Gerät abnimmt und die Kaufpreisdifferenz zwischen den beiden Geräten als Zuzahlung leistet. In diesem Fall bleibt der ursprüngliche Umsatz aus dem Mai unberührt. Die Rücklieferung ist nicht steuerbar, weil der Student nicht als Unternehmer handelt. Die Lieferung des neuen Notebooks im September ist ein weiterer von der Händlerin zu versteuernder Umsatz. Weil die Händlerin als Gegenleistung das gebrauchte Notebook und eine Zuzahlung in bar erhält, liegt umsatzsteuerrechtlich ein Tausch mit Baraufgabe vor. Bemessungsgrundlage für die Leistung der Händlerin ist daher nach § 10 Abs. 2 S. 2 UStG der Wert des zurückgegeben (nun bereits gebrauchten) Computers zuzüglich der in bar zu leistenden Zuzahlung (abzüglich der in der Summe dieser Beträge enthaltenen USt).[19]

§ 4 Leistung gegen Entgelt (Leistungsaustausch) › C. Einzelfälle zum Leistungsaustausch › III. Schadensersatz

III. Schadensersatz

203

Schadensersatzzahlungen sind grundsätzlich nicht steuerbar, weil es an einem Leistungsaustausch fehlt: Der Geschädigte erhält den Schadensersatz nicht als Gegenleistung für eine Leistung, die er erbracht hat, sondern für unfreiwillige Vermögenseinbußen.[20] Fälle, in denen eine Schadensersatzleistung nicht steuerbar ist, werden im Umsatzsteuerrecht als „echter Schadensersatz“ bezeichnet. Echter Schadensersatz liegt insbesondere vor, wenn in Fällen einer unerlaubten Handlung (§§ 823 ff BGB) der Schädiger an den Geschädigten Schadensersatz im Wege der Naturalrestitution (§ 249 Abs. 1 BGB) oder durch Geldersatz (§ 249 Abs. 2 BGB) leistet.

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Von „unechtem Schadensersatz“ ist dagegen die Rede, wenn eine Leistung, die zivilrechtlich Schadensersatz ist, ausnahmsweise als Entgelt für eine vom Geschädigten an den Schädiger erbrachte Leistung anzusehen ist.[21] Dies ist etwa beim Schadensersatz statt der Leistung (§§ 280 Abs. 3, 281, 282, 283 BGB) im Einzelfall – nicht immer – zu bejahen.

205

Ein im Rahmen eines Austauschverhältnisses geleisteter Schadensersatz kann im Einzelfall als Minderung des Entgelts zu einer Berichtigung der Umsatzsteuer nach § 17 UStG führen.[22]

206

Beispiel 1:

S beteiligt sich an einer Demonstration, die völlig eskaliert. S zündet (von der Polizei auf Video dokumentiert) ein Taxi an, das dem selbstständigen Taxi-Unternehmer G gehört. Der Schadensersatz, den S dem G (u. a.) nach § 823 Abs. 1 BGB schuldet, ist nicht steuerbar, weil kein Leistungsaustausch vorliegt (keine Gegenleistung des Geschädigten). Dies gilt für den Ersatz des Sachschadens, aber auch für einen Verdienstausfall, den S dem G als entgangenen Gewinn nach § 252 BGB zu erstatten hat. Zwar ersetzt hier die Zahlung des Schädigers Einnahmen, die bei G sonst der Umsatzsteuer unterlägen. Aber es besteht kein Zusammenhang mit erbrachten Leistungen, sondern gerade mit nicht erbrachten Leistungen. Ein zu besteuernder Verbrauch ist zu verneinen.

207

Beispiel 2:

Betreibt G neben dem Taxi-Unternehmen eine Kfz-Werkstatt und beauftragt S den G selbst mit der Reparatur gegen Zahlung der üblichen Vergütung durch S, ist eine steuerbare Leistung des G an S zu bejahen.[23] Der Fall ist nicht anders zu behandeln als eine von S bei einem anderen Unternehmer in Auftrag gegebene Reparatur.

208

Beispiel 3:

Wenn ein Kunde des G eine Fahrt zum Flughafen ohne Begründung fünf Minuten vor der Abfahrt „absagt“, kann G den Kunden zivilrechtlich auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung (§§ 280 Abs. 3, 281 Abs. 2 BGB) in Anspruch nehmen. Weil der Schadensersatz in diesem Fall kein Entgelt für eine von G erbrachte Leistung ist, handelt es sich um – nicht steuerbaren – echten Schadensersatz.

209

Beispiel 4:

Anders ist dagegen folgender Fall des Schadensersatzes statt der Leistung zu beurteilen: G tauscht mit Autohändler A Autos. Im Austausch gegen drei alte Mercedes-Benz soll A dem G einen neuen Toyota Prius (Hybridfahrzeug) liefern. Während G die drei Gebrauchtfahrzeuge pflichtgemäß liefert, liefert A den Prius nicht. G verlangt deshalb nach Fristsetzung Schadensersatz wegen Nichterfüllung, berechnet nach der Surrogationstheorie: A soll die drei Gebrauchtwagen behalten und an G Schadensersatz in Höhe des vollen Wertes der ausgebliebenen Gegenleistung (also des Prius) zahlen. In diesem Fall ist der Schadensersatz umsatzsteuerrechtlich das Entgelt für die Lieferung der Gebrauchtwagen. Die Zahlung ist als unechter Schadensersatz steuerbar.

210

Gerät der Schuldner einer Geldleistung in Verzug, muss er dem Gläubiger nach § 288 Abs. 1, 2 BGB Zinsen zahlen (Verzugszinsen). Nach § 353 S. 1 HGB sind Kaufleute sogar berechtigt, für Forderungen aus beiderseitigen Handelsgeschäften vom Tag der Fälligkeit an Zinsen zu fordern (Fälligkeitszinsen). Der Schuldner zahlt die Zinsen jeweils nicht als Gegenleistung für eine Leistung des Gläubigers, sondern wegen der verspäteten eigenen Leistung. Wie beim echten Schadensersatz sind steuerbare Leistungen zu verneinen.[24] Dasselbe gilt für den Ersatz außerprozessualer Anwaltskosten sowie Gerichtskosten.[25]

211

Umsatzsteuerfragen können Rückwirkungen auf das Zivilrecht haben. So umfasst ein Anspruch auf Schadensersatz wegen der Beschädigung eines Kfz (z. B. aus § 823 Abs. 1 BGB) auch die USt, die der Geschädigte seiner Werkstatt als Teil des Werklohns für die Reparatur schuldet. Dies gilt allerdings nicht, soweit der Geschädigte im Hinblick auf diese Umsatzsteuer zum Vorsteuerabzug berechtigt ist (§ 15 UStG), weil ihm insoweit kein Schaden entsteht. Kein Anspruch auf Umsatzsteuer besteht auch dann, wenn der Geschädigte den Schaden tatsächlich nicht reparieren lässt, sondern den Geldersatz schlicht behält (abstrakte Schadensberechnung): Nach § 249 Abs. 2 S. 2 BGB schließt der Schadensersatz in Geld wegen Beschädigung einer Sache die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.

§ 4 Leistung gegen Entgelt (Leistungsaustausch) › C. Einzelfälle zum Leistungsaustausch › IV. Vertragsstrafe

IV. Vertragsstrafe

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Eine Vertragsstrafe, die wegen Nichterfüllung oder wegen nicht gehöriger Erfüllung geleistet wird (§§ 340, 341 BGB), hat meist Schadensersatzcharakter und ist in diesen Fällen kein zu versteuerndes Entgelt.[26] Lediglich im Einzelfall kann eine Vertragsstrafe Entgelt im Sinne der Umsatzsteuer für eine vom Gläubiger der Vertragsstrafe erbrachte steuerbare Leistung sein (so, wenn bei Tauschumsätzen oder tauschähnlichen Umsätzen unter Unternehmern eine Vertragspartei eine geschuldete Sach- oder Dienstleistung nicht erbringt und deshalb eine Vertragsstrafe in Geld leistet).[27]

213

Zahlt der leistende Unternehmer die Vertragsstrafe an den Leistungsempfänger, etwa wegen verspäteter oder qualitativ schlechter Leistung, sollte darin eine Minderung des Entgelts, also der Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer, liegen.[28] Rechtsprechung und Finanzverwaltung sehen dies aber anders, da die Vertragsstrafe auf einem eigenen Rechtsgrund beruhe und nicht als modifizierte Erfüllung der Hauptverbindlichkeit wirke.[29]

§ 4 Leistung gegen Entgelt (Leistungsaustausch) › C. Einzelfälle zum Leistungsaustausch › V. Beistellung

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9783811466012
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