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Читать книгу: «Die Mormonen», страница 4

Busch Moritz
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Viertes Kapitel.
Die Geschichte der Niederlassung am Salzsee. – Das Land Utah. – Die Heuschreckenplage. – Heimsuchung durch das Goldfieber. – Der Krieg mit den Rothhäuten. – Die Erfolge der Mormonen in Europa. – Neujerusalem. – Der große Tempel und die Fahne aller Nationen

Seit dem Eintreffen der ersten Heerhaufen am Salzsee ist die Geschichte des Volkes Joseph Smiths eine fast ununterbrochene Kette glücklicher Ereignisse, ein stetes Wachsen und Wohlbefinden gewesen.

Ehe wir diese Geschichte aber weiter betrachten, werfen wir einen Blick auf das Land, das die Mormonen jetzt bewohnen. Dieses, von den Mitgliedern der Secte meist schlechthin »das Thal« genannt, liegt ungefähr in der Mitte zwischen der Westgrenze von Missouri und dem neuen Staate Californien. Es ist, rings von unbewohnbaren Wildnissen umgeben, gleichsam eine Oase in der Wüste. Im Westen streckt sich gegen hundertachtzig deutsche Meilen weit ein baumloses Prairieland, welches mit den riesigen Felsketten der Rocky Mountains endigt, im Osten befinden sich, zuweilen von steilen Höhenzügen durchschnitten, dürre Salzsteppen, und im Süden wie im Norden ragen wildzerrissene schroffe Gebirge. Die Mormonenansiedelungen liegen in einer Einbiegung des Beckens, dessen Grund im Norden der große Salzsee bedeckt, ungefähr in der Mitte der Rocky Mountains, einer über sechzehn Längegrade sich ausbreitenden Kette mehrerer von Norden nach Süden parallel laufender Höhenzüge, die von durchschnittlich fünf Meilen breiten Thälern von einander geschieden und hin und wieder von schroff abfallenden Schluchten, sogenannten Kanyons, in der Quere durchschnitten sind. Diese Kanyons bilden die einzigen Straßen durch das Gebirge. Die bekanntesten sind der Südpaß, welcher nach dem großen Kohlenbecken führt, durch das der Greenriver strömt, und der Paß am Bärenflusse. Letzterer wurde von den Mormonen benutzt und ist die gewöhnliche Straße der Auswanderer vom Osten nach Californien.

Das große Becken liegt mehr als viertausend Fuß über dem Meeresspiegel, zwischen den Wahsatsch- und Nevadabergen. Es trägt den Charakter einer Wüste. Nur hart am Fuße der Höhen, die sich gegen dreitausend Fuß über die Umgebung erheben, ziehen sich Streifen fruchtbaren Landes hin. In der Mitte des Bassins ist durchaus kein Wasser; denn der Schnee, der sich auf den Bergen im Winter sammelt, reicht nicht hin, um Bäche und Flüsse auf die Dauer zu nähren. Das Becken hat ungefähr hundert deutsche Meilen Durchmesser, und im Nordosten desselben ist es, wo die Mormonen sich angesiedelt haben. Hier boten verschiedene Flüsse Gelegenheit, den von Natur nur eine Meile breiten Streifen fruchtbaren Bodens durch Drainirung zu erweitern. Das Land ist in der unmittelbaren Nachbarschaft des Salzsees flach und steigt gegen Süden und Westen unmerklich mehrere Meilen an, bis die Ausläufer des Gebirgs sich hereindrängen. Es ist hier durchweg sandig und nirgends für die Zwecke des Ackerbaues zu verwenden. Im Norden zieht sich nur ein schmaler Streifen brauchbaren Landes zwischen dem See und dem Gebirge hin. Im Osten ist die Gelegenheit zum Anbau etwas besser. Im Süden endlich strecken sich über der unfruchtbaren Wüste, getrennt durch das Oquirrh Gebirge und geschieden von der Sandebene darunter durch den Kamm des Traverse Mountain, die schönen Thäler des Jordan und des Tuilla. Die Sohle derselben ist von zahlreichen Bächen durchströmt und fortwährend mit fettem Grase bedeckt. An den Bergwänden dagegen wächst nur das sogenannte Bunchgras und auch dieses nur in den warmen Monaten des Jahres. Es besämt sich im Sommer, keimt während der herbstlichen Regenzeit und wächst im Winter unter dem Schnee. Wenn sich im Frühling die Schneelinie nach den Gipfeln zurückzieht, folgen ihr die Heerden und die Antilopen, um das nahrhafte Futter abzuweiden, bis der Schnee (etwa um die Tag- und Nachtgleiche) wieder zu fallen beginnt. Regnet es in den Thälern, so schneit es auf den Bergen, und während der Winterszeit liegt der Schnee in den Schluchten oft mehrere hundert Fuß hoch. Das Weideland auf dem Grunde der Thäler eignet sich aber auch vortrefflich zum Ackerbau. Die Kartoffel gedeiht außerordentlich gut, und die Zuckerrübe erreicht eine unglaubliche Größe. Rechnet man nun, daß der Acre unter den Pflug genommenes Land zweitausend Pfund Weizenmehl giebt, so kann man annehmen, daß die Quadratmeile ungefähr viertausend Menschen ernähren kann, wobei die eine Hälfte als Weideland abgezogen ist und das Bedürfniß an Fleisch deckt. Eine so große Zahl von Bewohnern wird sich indeß schwerlich jemals hier zusammenfinden. Doch kann das Territorium auf alle Fälle eine Million Menschen ernähren. Bedenkt man dazu, daß dasselbe sich nach Süden über den Strand des großen Beckens in eine Gegend erstreckt, wo die Baumwollenstaude und das Zuckerrohr gedeiht, daß es allenthalben eine Fülle von Eisenstein und unerschöpfliche Steinkohlenlager in seinem Schooße birgt, daß es die trefflichsten Weiden zur Schafzucht hat, und daß sich aller Orten Wasserkraft zur Anlegung von Fabriken findet, so ist kein Zweifel, daß sich hier ein reicher und mächtiger Staat entwickeln kann.

In Central-Utah liegen drei Salzseen, von denen der größte so stark mit Salz geschwängert ist, daß die in seinem Wasser Badenden nur bis an die Schultern einsinken. Die Ufer seiner Buchten sind im Sommer mit den Gerippen der Insecten und Fische bestreut, welche sich aus den Flüssen in ihn hinunter wagen; denn kein lebendes Wesen dauert in seiner Fluth aus. Die Salzsieder behaupten, daß sie aus drei Maß Wasser zwei Maß Salz gewinnen. Der See ist achtzehn deutsche Meilen lang und umschließt mehrere sehr anmuthige Eilande, von denen das größte von Bergen durchzogen ist, die an zweitausend Fuß Höhe haben. Wahrscheinlich bedeckte der See einst den ganzen Boden des Kessels, und ein Naturereigniß vulkanischer Art, welches das Land terrassenartig emporhob, beschränkte das Wasser auf seine jetzigen Grenzen. Rings um den See entspringen zahlreiche warme Quellen, die sich in Pfuhle und Teiche sammeln. Hier tummeln sich unzählbare Schwärme von Wasservögeln, die, da in der Umgebung kein Schnee liegen bleibt, auch den Winter über hier verweilen. An einigen Stellen befinden sich Quellen von verschiedener Temperatur dicht bei einander, einige so heiß, daß man die Hand nicht ohne Schmerz hineinstecken kann, andere eiskalt, einige salzig, andere mit starkem Schwefel- oder Stahlgehalt, während noch andere die Umwohnenden mit dem herrlichsten Trinkwasser versehen.

Die Berge und Thäler haben Ueberfluß an Wild, Bären, Panthern, Antilopen, Hirschen und Hasen. In den rasch strömenden Flüssen der Kanyons schwimmen die köstlichsten Forellen, in den langsamer fließenden Gewässern der Ebene wimmelt es von Hechten und anderen guten Fischen. In dem Röhrichte der Salzmarschen nisten zahllose Enten und Gänse, und von den Inseln der Seen holen die Hirtenbuben ganze Kähne voll Eier, welche die Möven, die Pelikane, die Reiher und die Kraniche dort legen.

Ein schwerempfundener Mangel ist der an Holz. In der Ebene wächst nur das strauchartige Cottonwood und auch dieses lediglich am Ufer der Flüsse. In den Bergen trifft man auf kleine Wälder von Fichten und Cedern, mitunter auch auf Zwergahorne und Eichen; aber Mancher hat zur Beschaffung des nöthigen Bau- und Feuerholzes Reisen von zehn bis zwölf Meilen zu unternehmen. Die offeneren Striche des Landes sind den Feuern ausgesetzt, welche die Indianer anzünden, um die Grillen zu tödten und zu braten, die sie im Sommer sammeln, um sie im Winter zu verspeisen. Die Mormonen haben ihnen dieses Verfahren, wo sie konnten, gewehrt, und so steht zu hoffen, daß die Ebenen, welche jetzt blos mit Gras bewachsen sind, allmälig auch Büsche und Wälder tragen werden.

Die Luft des Thales ist sehr gesund, und »so rein, daß das Athemholen geradezu ein Vergnügen ist.« In der Wüste kommen namentlich im Sommer häufige Luftspiegelungen vor, welche einen einfachen Spazierstock in einen thurmhohen Balken, einzelne Wanderer in ganze Heere verwandeln und auf die kahle Steppe Terrassen herrlicher Gärten hinzaubern. Die Moskitos sind blos in der Nähe der Salzsümpfe beschwerlich, in der Nähe der Schluchten vertreibt sie der kalte Zug, der fortwährend von Thal zu Thale streicht und die Sommerhitze in erquickendster Weise mäßigt.

Damit haben wir eine Skizze der Natur des zukünftigen Staates Deseret gegeben. »Deseret heißt neuägyptisch: die Honigbiene,« und das Verfahren der Mormonen bei der Gründung von Dörfern und Städten in diesem Lande ist von der Art gewesen, daß es diesen Namen durchaus rechtfertigte. In fünf Tagen war ein gewaltiges Stück Wiesenboden umgepflügt und mit Kartoffeln bepflanzt und der Bach eingedämmt, der mit Hilfe von Gräben das Feld bewässern sollte. Drei Wochen später hatte sich ein starkes Fort, bestehend aus Blockhäusern, die mit Pallissaden versehen waren, erhoben, und im folgenden Jahre stand auf der Stelle, wo die Kundschafter am 24. Juli »hier lasset uns Hütten bauen!« gerufen, eine Stadt, welche über 6000 Einwohner hatte.

Wie aller Anfang schwer ist, so auch hier. Der Winter von 1847 zu 1848 allerdings war so mild, daß er den Ansiedlern gestattete, ihre Feldarbeiten fortzusetzen, aber die Lebensmittel, die man mitgebracht hatte, waren fast alle aufgezehrt, und um nicht zu verhungern, aß man die Häute der geschlachteten Thiere und grub mit den Ureinwohnern des Landes nach Wurzeln.

Eine noch schrecklichere Heimsuchung kam über das Volk Gottes im nächsten Frühlinge. Als die unter so traurigen Umständen bestellte Saat aufging und zu den schönsten Hoffnungen berechtigend fett und kräftig emporwuchs, stiegen von den Timpanogabergen Heere gefräßiger Heuschrecken, um sie zu vertilgen. Es war ein gräßlich gestaltetes Thier: flügellos, plumpleibig, schwarzfarbig, mit einem dicken Kopfe und ungeheuren Augen, einer »gräulichen Riesenwanze gleich«, wie ein Mormone aus Liverpool sich ausdrückte, stieg es auf drathartigen Beinen in das Thal herab, und Strich auf Strich des jugendlichen Korns verschwand unter den Zähnen dieser Saatmörder wie mit der Sichel abgemäht. Umsonst umgaben die unglücklichen Farmer ihre Felder mit Wassergräben. Umsonst versuchten ganze Familien das schwarze Heer mit Zweigen und Bränden zurückzuschlagen. Die Thiere schwammen über das Wasser, umgingen die Vertheidiger ihres Besitzthums und richteten unermeßlichen Schaden an. Vergeblich wurde das Zerstörte an einigen Stellen drei- und viermal durch neues Aussäen und Pflanzen ersetzt.

Es blieb nichts übrig, als die Kraft des Gebets. Man versuchte es mit ihr, und siehe da, der große Jehova that ein Wunder. In zahllosen Schwärmen kamen von den Inseln des Salzsees weiße Vögel mit rothen Schnäbeln und Füßen den Bekämpfern des schwarzen Gog und Magog zu Hilfe, und schneller als die Heuschrecken das Korn, verzehrten die Möven die Heuschrecken. Vom grauenden Morgen tafelten sie bis zum sinkenden Abend. War der Magen gefüllt, so entleerten sie ihn wie einst Vitellius durch Vomiren, und kehrten gleich diesem rüstigen Esser zu der Arbeit des Verschlingens zurück, bis der Tisch, den die Natur so reichlich gedeckt hatte, völlig abgeräumt war.

Dieses Wunder, welches den größten Theil der Ernte rettete, wiederholte sich seitdem alle Jahre, und es wird deshalb erlaubt sein, es für ein natürliches Ereigniß zu halten, welches schon vor der Ankunft des neuen Israel in dieser Gegend alljährlich stattfand. Die von diesen Bundesgenossen beschützten Felder aber gaben einen so reichlichen Ertrag, daß die Auswanderer, welche im nächsten Jahre vom Golde Californiens angezogen, in Masse durch Deseret passirten, ihr Korn hier billiger kauften, als in dem Fort Laramie, welches der Civilisation um vierhundert Meilen näher liegt.

Jenes californische Gold aber brachte über die junge Colonie eine Prüfung, die sehr leicht mit ihrem Untergange hätte endigen können. Die Mormonen, die unter General Kearney den Feldzug gegen Mexiko mitgemacht hatten, waren gerade zu der Zeit und selbst in der Gegend, wo man die ersten Körner des kostbaren gelben Staubes fand, entlassen worden, und es wird sogar behauptet, daß die Arbeiter Sutters, welche diese folgenschwere Entdeckung machten, abgedankte Soldaten des Mormonenbataillons gewesen seien. Mag dem sein wie ihm wolle, viele Mitglieder der Secte hatten Gelegenheit gehabt, in Californien fleißig Gold zu graben, und als sie nun beladen mit dem Ergebnisse ihrer Arbeit zu ihren armgebliebenen Brüdern in den Bergen kamen und ihnen die Schätze zeigten, die keine hundertfunfzig Meilen vom Thale des Salzsees mit bloßen Händen aufzulesen waren, müßte es wunderlich zugegangen sein, wenn das »gelbe Fieber,« das in ganz Amerika wüthete, nicht auch hier die Gemüther ergriffen und zum Abzuge nach Ophir gedrängt hätte. Dies geschah in der That. Allein die Führer waren zu klug und zu einflußreich, um die Begier zur That merken zu lassen. Sie warnten in einer Proclamation vor einem sofortigen Aufbruche nach den Diggings, welcher einer Auflösung der ganzen Gemeinschaft gleichgekommen sein würde, und siehe da, ihre Ansprache wirkte, so stark auch die Versuchung und so wenig klar auch dem Auge des gemeinen Mannes die Gefahr war, welche sich hinter der Lockspeise barg. Nur einige Hundert gingen, und diesen ertheilte man den freundschaftlichen Rath, sich auf Nimmerwiederkehr zu verabschieden. Später aber gebot der Mormonengott durch den Mund seines Propheten Young den Heiligen, von Zeit zu Zeit auf einige Monate Trupps nach den Minen zu senden, von wo sie mit reicher Beute zurückkehrten.

Mit ihren Nachbarn, den Utahs und anderen Stämmen des Gebirgs, vertragen sich die Mormonen gegenwärtig ziemlich gut. Anfangs indeß war dem nicht so. Der Punkt, wo sie sich zuerst ansiedelten, liegt auf den »Kriegsgründen« der Schlangengräber und der Utah-Indianer, also auf neutralem oder Niemand gehörigem Boden. Als die Mormonen sich aber nach Süden und Norden ausbreiteten, kamen sie auf Stellen, welche die Indianer als ihr Eigenthum betrachten, wo sie allein fischen und jagen zu dürfen glauben. Sie klagten, daß man ihnen ihre Winterlagerplätze wegnähme und ihnen das Wild verscheuche. Die Schoschones drohten mit einem Angriffe, überlegten sich's aber eines Bessern und hielten Frieden. Nicht so die Utahs. Im Winter 1849 begannen sie allerlei Neckereien, erschossen mehrere Stücke Vieh, welche den Mormonen gehörten, und rühmten sich dessen, drangen in einzeln gelegene Farmhäuser, um die Frauen zu erschrecken und Lebensmittel zu rauben und zwangen endlich die Colonisten, sich in das Fort des Utahthales zurückzuziehen. Im Hauptquartiere der Secte versuchte man zuerst gütliche Mittel, und als diese bei den Rothhäuten nicht anschlugen, wurde der Krieg beschlossen.

Zu der waffenfähigen Mannschaft des Utahthales stießen zwei Compagnien der Legion von Zion, und sofort wurden die Indianer angegriffen. Sie hatten sich in den ausgetrockneten Canälen des Timpanogaflusses aufgestellt, wo sie von den Cottonwoodbüschen und Weidenstümpfen, die dort wuchsen, gedeckt waren. Nichtsdestoweniger wurden sie nach einem dreitägigen Scharmützel, bei welchem die Angreifer sich des Abends immer in das Fort zurückzogen, durch die Büchsen und die Kanone, welche die Mormonen bei sich hatten, aus ihrem Verstecke verjagt. Die Mormonen hatten dabei nur einen Todten und mehrere Verwundete. Die Rothhäute dagegen verloren, da gerade die Masern unter ihnen grassirten, während ihres Rückzugs nach den kalten Schluchten des höhern Berglandes sehr viele Leute und unter andern auch den »Alten Riesenhirsch«, einen Häuptling, der lange Zeit der Schrecken des Utahthales gewesen war. Ein Theil der Geschlagenen wurde den Tafelberg hinaufgetrieben. Man vermochte sie aber durch Zureden, herabzukommen und sich zu ergeben. Man bewachte sie die Nacht über und befahl ihnen am Morgen die Waffen niederzulegen. Sie weigerten sich dessen, und stießen Drohungen aus. Da gaben die Mormonen Feuer auf sie, und beinahe alle wurden getödtet. Der Rest versuchte, nachdem er die Vorpostenkette durchbrochen, sich über die Eisdecke des Sees zu retten. Sie wurden jedoch von Reitern verfolgt und sämmtlich niedergemacht.

Im nächsten Jahre erhielten die Utahs eine abermalige Züchtigung und ihr Häuptling, Patsowits mit Namen, wurde gefangen genommen und aufgeknüpft. Dieses summarische Verfahren aber hat einen solchen Eindruck auf sie gemacht, daß sie sich seitdem ruhig verhielten. Sie hatten im Ganzen etwa vierzig Todte, und die Kriegsbande des alten »Stick in the head,« eines berühmten Häuptlings, war so geschwächt, daß er sich um Frieden zu bitten genöthigt sah. Eine große Menge Gefangene wurden gemacht, meist Frauen und Kinder. Man brachte sie unter den Kanonen des Forts Utah in Zelten unter, bis sie unter die Familien im Thale vertheilt werden konnten. Man reichte ihnen reichliche Lebensmittel, und es war eine Freude, sie, die Halbverhungerten, schmausen zu sehen. Der Versuch aber, sie in die Familien aufzunehmen und sie dort an ein civilisirtes Leben zu gewöhnen, schlug gänzlich fehl; denn sobald der Sommer kam, verließen sie die Farmen und flohen in die schneeige Heimat im Gebirge zurück.

Nach dem Buche Mormon und der Lehre Smiths sind die Indianer Nachkommen der Lamaniten und ein zwar von Gott abgefallnes und entartetes, aber der Barmherzigkeit des Himmels noch nicht entrücktes Geschlecht, das einst durch die Apostel der wahren Kirche bekehrt und dann in sein Erbe wieder eingesetzt werden wird. In Betracht dessen ist es allerdings seltsam, daß die Mormonen, deren Mission es wäre, die Rothhäute durch das Schwert des Geistes zu bezwingen, sich so rasch genöthigt glaubten, sie mit leiblichen Waffen zu unterjochen. Aber trotzdem bleiben sie dabei, daß diese Leute einst die Weissagung des Propheten erfüllen werden, nach welcher »ein Volk in Einem Tage geboren« und die Indianer durch Gottes Gnade in eine Nation von schönem Aeußeren und weißer Hautfarbe verwandelt werden sollen.

Und in der That, ein kleiner Anfang zwar nicht der Häutung, aber der Bekehrung ist gemacht. Derjenige von den Häuptlingen der Utahs, welcher gegenwärtig das stärkste Kriegsgefolge um sich versammelt und in Folge dessen auf alle übrigen Stammesglieder den meisten Einfluß übt, ist ein Freund der Mormonen, und ein Halbbruder von ihm, Namens Walker, der sich durch fleißige Pferdediebstähle in Mexiko Vermögen und Ansehen unter seinem Volke erworben hat, ist sogar durch die Taufe ein Heiliger vom jüngsten Tage geworden. Er ist ein schmucker, kräftiger Bursche, ein vollendeter Reiter, ein trefflicher Schütz und ein ungemein guter Kenner von Pferdefleisch. Eine Menge junger Rothhäute erkennen ihn als Befehlshaber an, und sie sind ihm sogar gefolgt, als er sich entschloß, dem Herumschweifen und Rauben zu entsagen und sich in der Niederlassung von San Pete als Ackerbauer und Viehzüchter anzusiedeln. Die Mormonen betrachten ihn als Trophäe oder Erstlingsfrucht der überzeugenden Kraft ihrer Religion und thun ihm alle erdenkbare Ehre an. Allein ehe sie sich's versehen, kann er in seine alten Sünden zurückverfallen und die Absicht seiner Freunde, ihn zum Oberhaupte des ganzes Stammes zu machen, auf immer vereiteln.

Inzwischen gründeten die Mormonen fortwährend neue Colonien. Die erste derselben blieb indeß der Hauptsitz. Sie liegt am rechten Ufer eines schönen klaren Stromes, den die Führer der Secte, die nicht ganz ohne Ursache in ihrer Geschichte allenthalben Wiederholungen der Ereignisse und Verhältnisse im Leben des Volkes Israel zu sehen meinten, den westlichen Jordan genannt haben, und durch den sich ein Süßwassersee, von den Mormonen See Tiberias getauft, in den etwa hundert Fuß tiefer gelegenen großen Salzsee ergießt. Man nannte diese Hauptniederlassung, die zunächst nur ein Fort, umgeben von einem Zeltlager war, sich aber schnell in eine Stadt von Blockhütten und kleinen Ziegelhäusern verwandelte, Neujerusalem. Wie rasch und unverdrossen die Ansiedler arbeiteten, zeigt der Umstand, daß jenes Fort, welches ein Viereck bildete, dessen Seiten zusammen 7788 Fuß lang waren, nur sechs Monate zu seiner Vollendung bedurfte, und daß man in derselben Zeit 6000 Aecker Land umpflügte, besäete und mit einer dreizehn englische Meilen langen Fence einzäunte. Dies geschah im Jahre 1847, in welchem zugleich fünf Säge- und Mahlmühlen angelegt, mehrere Straßen gebahnt und weite Strecken der Umgebung untersucht wurden. 1849 nahmen die Mormonen das im Vorigen erwähnte Utahthal, sowie die Thäler von Tuilla und San Pete in Besitz, sendeten zahlreiche Missionaire nach Frankreich, Dänemark, Schweden und Italien und wurden durch bedeutende Zuzüge aus den Staaten im Osten und aus Großbritannien verstärkt. 1850 wurde eine Universität gestiftet, vier Schulen eröffnet, mehrere Städte gegründet, Farmen im Thale des Kleinen Salzsees angelegt, zwei Eisenbergwerke in Bearbeitung genommen, ein großes Rathhaus und zwei Magazine zur Aufnahme der eingelieferten Zehnten vollendet und die Berieselung des Landes über weite Strecken fortgesetzt.

Sehr bald nach Ueberwindung der ersten Schwierigkeiten in Bezug auf die Colonisirung wurde zur Regelung des Verhältnisses der Gemeinschaft zu den Vereinigten Staaten geschritten. Man entwarf unter dem Vorsitze der Priester eine Territorialverfassung, zog dieselbe zurück und vereinigte sich hierauf zu einer andern, in welcher der in der Bildung begriffene Staat Deseret genannt, unter den Grenzen desselben ein Strich von der Küste des Stillen Oceans beansprucht, das Halten von Sclaven innerhalb des darin bezeichneten Gebiets untersagt, sonst aber nichts von den Constitutionen der übrigen Glieder der Union Abweichendes aufgestellt war. Die Centralregierung in Washington, der dieser Entwurf zur Kenntnißnahme und Beschlußfassung eingesendet wurde, sah sich nicht gemüßigt, die Wünsche der Mormonen in ihrer vollen Ausdehnung zu bewilligen. Sie ignorirte den neuägyptischen Namen Deseret, indem sie den indianischen Utah wahrscheinlich wohlklingender fand, und glaubte den Antragstellern die von ihnen zur Verbindung mit dem Meere und zu ihrer völligen Unabhängigkeit von anderen Staaten geforderte Küstenstrecke vorenthalten zu müssen. In der Bill, welche als Antwort auf jenen Vorschlag der Bewohner von Deseret 1850 im Congresse durchging, heißt es, daß das neue Territorium »im Westen vom Staate Californien, im Norden vom Gebiete Oregon und im Osten und Süden von der Wasserscheide begrenzt sein solle, welche die Flüsse, die in das große Becken (des Salzsees) strömen, von denen trennen, die in den Rio Colorado und in den mexikanischen Golf fließen.« Durch denselben Congreßbeschluß wurde eine Territorialregierung für das Gebiet eingesetzt, und im October 1850 ernannte der Präsident Fillmore die betreffenden Beamten, sieben an der Zahl, von denen außer Brigham Young, der zum Gouverneur bestimmt war, noch Drei aus der Mitte der Mormonen selbst genommen waren.

Mit dieser vorläufigen Ordnung der Dinge war man in Deseret zwar nicht zufrieden, indeß fügte man sich dem Unvermeidlichen und bezeugte dies dadurch, daß man den Congreß, wie die Verfassung dies vorschreibt, durch Delegaten beschickte und die im Jahre 1851 anlangenden nichtmormonischen Territorialbeamten höflich aufnahm. Bald jedoch brachen Zwistigkeiten zwischen diesen und den Führern der Secte aus. Der Oberrichter Brandebury und der Richter Brochus fanden nichts zu thun, indem die Mormonen sich zur Schlichtung ihrer Rechtsstreitigkeiten an ihre Bischöfe wendeten, welche oft anders entschieden, als es das gewöhnliche Recht verlangte. Young verwendete die Einnahmen des Territoriums, nach der Berechtigung, die ihm durch sein Amt als geistliches Oberhaupt verliehen war, zu andern Zwecken, als wozu ihn sein Amt als Gouverneur verpflichtete. Wiederholentlich wurde den Herren aus dem Osten zu verstehen gegeben, daß man sich nur der Nothwendigkeit füge, wenn man sich den Beschlüssen in Washington unterwerfe; wiederholentlich ließ man ihnen merken, daß sie als »Heiden« in der Gemeinschaft der von Gott regierten Kirche, die zugleich der wahre Staat sei, nur geduldet und überhaupt überflüssig seien. Sie sahen dies ein und kehrten nach Hause zurück, worauf ihre Stellen vorläufig durch Mitglieder der Secte besetzt wurden.

Damit war der Zwiespalt zwischen der Priesterherrschaft in Deseret und der Regierung in Washington offenkundig geworden. Young indeß wußte einen Bruch noch zu vermeiden. Um aber derartige Conflicte für die Zukunft unmöglich zu machen, und so rasch als thunlich die möglichste Selbstständigkeit für die wachsende Theokratie herbeizuführen, setzte man alle Hebel in Bewegung, um die über die ganze Erde zerstreuten Gläubigen zur Einwanderung in das Gebiet zu gewinnen und dadurch die Zahl der Bewohner desselben bis zu der Höhe zu steigern, welche die Constitution der Vereinigten Staaten vorschreibt, wenn ein Territorium den Charakter und Namen eines Staates annehmen will. Dringende Aufrufe ergingen von Seiten des Apostelcollegiums an die Heiligen in aller Welt, sich der religiösen Pflicht des Hinzugs nach dem Neuen Zion im Westen ferner nicht zu entziehen. Bedeutende Summen wurden verwendet, um den Aermeren die Erfüllung dieser Obliegenheit durch Vorschüsse zu erleichtern. In Liverpool wurde das schon seit längerer Zeit bestehende Auswanderungsbureau, dem einer der Apostel präsidirte, zu erweitern und zu kräftigerer Wirksamkeit zu befähigen gesucht. Endlich wurden allenthalben auf der Straße durch die Vereinigten Staaten und durch die westliche Wüste Stationen mit Bevollmächtigten zur Unterstützung und Beförderung der Pilger errichtet.

Der Erfolg entsprach den Erwartungen. Schaarenweise gehorchten die Gläubigen in England, Schottland und Wales dem Rufe ihrer Oberpriester in Amerika. Schiff auf Schiff mit zukünftigen Bürgern von Deseret verließ die Rhede von Liverpool, und Karawane auf Karawane dieser gehorsamen Söhne der Kirche überstieg die Felsengebirge, um sich den Brüdern im Thale der Verheißung anzuschließen.

Um den Abgang der Auswanderer in der Heimat zu ersetzen und fortwährend neue Zuzugsquellen zu eröffnen, wurde die Bekehrung der europäischen Heiden noch eifriger betrieben, als seither. Ueberall suchten die Missionaire Brigham Youngs sich festzusetzen und Proselyten zu machen, und wenn ihnen dies nicht überall gelang, so liegt die Schuld nicht an ihrem Mangel an Eifer und Geschick. Sie pilgerten nach Frankreich, nach Norwegen, nach Rußland, selbst nach Italien, wo die Revolution ihnen Thor und Riegel geöffnet. Sie erschienen in Palästina, um die Juden zu belehren, daß der Messias und sein Reich nahe sei. Sie riethen auf den Märkten von Kairo und Alexandria, auf den Plätzen von Calcutta und Bombay der Welt zur Flucht vor dem Zorne Gottes. Sie wußten sich selbst das Reich der Mitte zu öffnen. Sie thaten alles Dieses, ohne zu Anfange etwas von den betreffenden Sprachen zu verstehen, ohne die Verhältnisse zu kennen, und ohne diesen doppelten Mangel durch einen wohlgefüllten Beutel ausgleichen zu können.

Die Missionaire der Mormonen wenden sich bei ihren Zuhörern ebensowohl an die Begier nach Reichthum als an die Sehnsucht nach himmlischen Gütern, stellen ihnen neben Befriedigung ihrer religiösen Bedürfnisse auch irdisches Wohlbefinden in Aussicht. Unverdrossen und unabgeschreckt durch schroffe Abweisung, durch Spott und Hohn, wandern sie von Ort zu Ort, sprechen in einzelnen Häusern ein, knüpfen mit Leuten auf der Straße ein Gespräch an, arbeiten bisweilen als Handwerker in einer Werkstätte und bringen auf diese Art das, was ihnen auf dem Herzen liegt, an den Mann. So ungebildet sie meist sind, besitzen doch fast alle eine große Uebung in sophistischen Fragstellungen und Schlüssen, und eine nicht geringere Kenntniß der Bibel. Wer ihnen zugiebt, daß die letztere Norm der Wahrheit sei, wird unausbleiblich in ihrem Netze gefangen und kann sich nur durch gewaltsamen Durchbruch befreien. Gewöhnlich beginnen sie ihren Anlauf zur Eroberung der Herzen mit der Frage, ob die christliche Urkirche nicht gewisse Gnadengaben gehabt habe, welche das heutige Christenthum nicht mehr besitze, dann setzen sie auseinander, wie die Heiligen vom jüngsten Tage mit allen diesen Gaben als Heilung durch Handauflegen, Weissagung, Teufelaustreibung, Reden in Zungen u. s. w. von Neuem beschenkt worden, und nachdem damit Grund gelegt ist, entwickeln sie die am Wenigsten auffälligen Lehren der Secte, beweisen sie mit einer Fülle von Sprüchen vorzüglich aus den alttestamentlichen Propheten und der Offenbarung Johannis, und nehmen für ihr amerikanisches Zion sämmtliche Verheißungen in Anspruch. Ist der Zuhörer kein Mann von Vermögen, so erfährt er, daß an ihn wie an alle Menschen der Ruf ergangen ist, sich nach Zion in den Bergen zu begeben, wo Milch und Honig fließen und wo das schönste Land um einen Spottpreis zu haben ist, der noch überdies nicht sogleich bezahlt zu werden braucht und durch Arbeit abverdient werden kann. Hat der Mann das Reisegeld nicht, so bedarf es nur einer Erklärung zum Beitritt, und es wird ihm aus dem »Ewigen Wohlthätigkeits-Fonds« vorgestreckt. So sind Hunderte und Tausende verlockt worden. Die Lehre, daß drüben im heiligen Lande jedes Weib einen Mann hat, jede Magdalena durch die Taufe rein gewaschen wird, sichert den Beifall des schönen Geschlechts. Mit Leuten von überlegener Bildung hüten sich die Propheten und Apostel zu sprechen. Werden sie dazu genöthigt, und wird ihnen dann die Abgeschmacktheit ihrer Behauptungen nachgewiesen, so klagen sie über gelehrte Sophisten, die den Geist Gottes nicht haben und ihn darum auch nicht begreifen, und schweigen, wenn sie nicht mehr zu antworten wissen.

Häufig wird gleich mit einem Wunder begonnen. So in Wales, wo 1845 aus einem Weibe zwei sehr starke und freche Teufel ausgetrieben und dabei zahlreiche Seelen gewonnen wurden. Und ebenso fing der Apostel Forsden in Schweden im Jahre 1851 seine Wirksamkeit damit an, daß er seinen Begleiter, der natürlich gleichfalls Mormone war, durch Handauflegung vom Fieber heilte. Die Sache machte Aufsehen und zog viele Leichtgläubige nach dem Hause, wo das Wunder geschehen war. Diesen erzählte Forsden in seiner einfachen Weise die Geschichte von dem großen Propheten und Märtyrer im Westen und die Wiederverleihung der übernatürlichen Gaben des Urchristenthums an seine Kirche. Die Bauern glaubten ihm zum Theil. Andere verbreiteten wenigstens die Kunde von dem neuen Evangelium aus Amerika. Forsden predigte nun an den Straßenecken. Die Behörde ließ ihn verhaften und ertheilte ihm einen Verweis. Dies aber war es gerade, was er gewollt. Es verhalf ihm zu einem wohlfeilen Märtyrerthum. Er wiederholte seine öffentlichen Vorträge und wurde abermals verhaftet, mit einer Geldstrafe belegt und ernstlich ermahnt, von solchen Ketzereien abzustehen. Er entgegnete demüthig und gelassen, daß er nichts als Jesum Christum, den Gekreuzigten gepredigt habe, und daß er, da Gott ihm dies geheißen, nicht davon ablassen, sondern Gott mehr gehorchen werde als den Menschen. Den Zuhörern erklärte er, daß ihn weder Gefängniß noch Tod abschrecken werde, den Pflichten, die der Herr ihm auferlegt habe, nachzukommen – eine Redensart, die er sehr wohl brauchen konnte, da man heutzutage Niemand mehr des Glaubens halber hinrichtet, die aber gleichwohl Eindruck auf unüberlegsame Menschen machte. Man steckte ihn auf ein paar Tage ein. Aus dem Gefängnisse entlassen, pries er den Herrn auf der Straße mit Wort und Gesang, daß er ihn gewürdigt, zu leiden um sein heiliges Wort. Man wußte ihn nicht anders los zu werden, als dadurch, daß man ihn in einen Wagen setzte, nach dem Sunde brachte und nach Dänemark hinüberspedirte. Der Samen des Unkrauts aber, den er gesäet, blieb haften, und noch jetzt verbreiten mehrere durch ihn Bekehrte als Apostel die Lehre Joseph Smiths in Schweden.

Возрастное ограничение:
12+
Дата выхода на Литрес:
05 июля 2017
Объем:
190 стр. 1 иллюстрация
Правообладатель:
Public Domain

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