Читать книгу: «Hot kisses and a gun», страница 2

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Niemand außer Charlie.

Natürlich war es ihr gegenüber nicht fair. Sie hätte sein Vertrauen verdient, nachdem sie sich schon so lange gut schlug. Für ihn würde sie allerdings niemals ganz gesund sein. Wenn er die Augen schloss, sah er sie wieder in ihrer schlechtesten Version ihrer selbst vor sich. In seinem Kopf verwandelte sie sich in die zitternde, verängstigte Frau, die für den nächsten Schuss alles aufs Spiel gesetzt hätte. Er hatte damals nicht genug auf sie achtgegeben, aber dieser Fehler würde ihm nicht noch einmal passieren.

Sie versuchte, sich von ihm freizumachen, um die Diskussion fortzusetzen, doch er war nicht in der Lage, sie loszulassen. Er schlang seine Arme noch ein wenig fester um sie.

»Du erdrückst mich, Ramón«, sagte sie gepresst. »Bitte, ich verstehe, weshalb du das Bedürfnis hast, mich vor der Welt zu beschützen, aber du schnürst mir die Luft ab.«

»Tut mir leid. Ich klammere mich gerne an die Vorstellung, dass ich alles unter Kontrolle habe, wenn ich über jeden Aspekt deines Lebens informiert bin.«

Alondra klopfte ihm auf den Rücken. »Nein, im Ernst, Ramón. Du erdrückst mich. Ich kriege keine Luft. Mir wird schon ganz schwindelig.«

Erschrocken ließ er sie los und trat zurück. »Und wieder etwas, das mir leid tut.«

»Du musst aufhören, dich ständig einzumischen. Ich weiß zu schätzen, dass du mir bei jedem Besuch Geld zusteckst, doch dadurch fühle ich mich schlecht. Mein Job ernährt mich, und du kannst unmöglich so viel verdienen. Wenn ich mich nicht irre, ist dein letzter Film vor ein paar Wochen abgedreht worden. Hast du etwas Neues am Start?«

»Ich habe mehrere Eisen im Feuer. Inzwischen gibt es Regisseure, die gezielt nach mir fragen. Ich habe mir einen Ruf erarbeitet.« Auch wenn er nicht sicher war, ob er sich darauf zu viel einbilden durfte. Immerhin würde er es in Hollywood aufgrund seines Outings niemals zu Ruhm bringen. »Tatsächlich werde ich mir aussuchen können, an welchem Projekt ich mich beteiligen will.«

»Das freut mich sehr für dich. Erzähl mir mehr davon.« Sie ging um den Tresen herum und holte zwei Tassen hervor. »Wenn du versprichst, mich nicht mehr zu löchern, bekommst du dafür sogar einen Kaffee von mir.«

Er lachte auf. »Wie könnte ich diese charmante Einladung ablehnen?«

»Wirst du dich jemals ändern?«, fragte sie leise.

»Worauf spielst du an?«

»Wie du dich ausdrückst! Immer so vornehm. Du hattest immer schon diesen Hang zu Theatralik.« Sie machte sich an der Kaffeemaschine zu schaffen. »Ich kann mich noch gut erinnern, wie oft ich dich vor den Nachbarkindern wegen deiner Vorliebe für klassische Musik verteidigen musste. Obwohl du nicht größer als ein Küchentisch warst, hast du mit deinem Faible für Klassik und Jazz alle anderen Kinder verunsichert. Ein Glück, dass du Kontrabass in dieser Band spielen konntest, in der du Gleichgesinnte gefunden hast.«

»Ein Glück, ja.« Er erstickte beinahe an den Worten.

Alondra seufzte leise. »Wie talentiert zu warst! Ich habe dir furchtbar gerne zugehört. Schade, dass du die Musik ganz aufgegeben hast. Nicht, dass ich der Meinung wäre, du würdest nicht auch als Schauspieler hervorragende Leistung bringen. Trotzdem hattest du hinter deinem Kontrabass immer einen verzückten Ausdruck in den Augen, den ich seitdem nicht mehr bei dir gesehen habe.«

Weil sein Musikinstrument für ihn die Unschuld verloren hatte. Seit zehn Jahren konnte er Musik nicht mehr auf die gleiche Art genießen wie zuvor. »Die Schauspielerei ist mein Leben. Ich kann mit Filmen viel mehr Menschen erreichen, als es mir als Musiker möglich wäre.«

»Solange du glücklich bist! Egal, was du mit deinem Leben noch anfangen willst, gleichgültig, welche Träume du noch verwirklichen möchtest, ich bin immer an deiner Seite.«

Er nickte und fühlte sich seltsam beklommen. Tatsächlich hatte sie ihn bei jedem Teil seines Lebens ermutigt. Hoffentlich gab er ihr das gleiche Gefühl von Sicherheit. Sie wusste nicht, wie weit er gehen würde, um sie zu beschützen. Sie ahnte nicht, was er alles bereits getan hatte. Sollte sie es jemals erfahren, würde sich ihr Blick auf ihn für immer ändern. Dann würde sie ihm das nicht so leicht verzeihen, obwohl er nur ihr zuliebe so gehandelt hatte, wie es notwendig gewesen war.

Endlich war der Kaffee durchgelaufen. Seine Schwester füllte zwei Tassen und stellte Milch und Zucker vor ihn, was er aber beides ablehnte.

Alondra kam zu ihm und drückte ihn auf einen Hocker vor dem Tresen, bevor sie neben ihm Platz nahm. »Erzählst du mir von deinen heißen Eisen? Kannst du mir etwas zu deinem möglichen neuen Projekt verraten?«

»Mein Agent hat heute Morgen angerufen. Einer der Filme, bei denen ich vorgesprochen habe, wurde genehmigt. Der Produzent will mich noch einmal sehen, bevor wir mit dem Dreh beginnen. Aber ich habe eine feste Zusage.«

»Du wirkst nicht glücklich«, stellte sie fest. »Freust du dich denn nicht auf dieses Projekt?«

»Es wird hohe Wellen schlagen, wenn der Regisseur seinen Willen durchsetzt. Soviel ist sicher. Der Filmdreh wird bestimmt amüsant. Doch es gibt nicht nur gute Neuigkeiten. Für die Rolle in einem anderen Film wurde ich leider nicht angenommen.«

»Es tut mir leid, dass du dich enttäuscht fühlst. Vielleicht ändern die zuständigen Leute ja noch ihre Meinung.« Sie legte ihm eine Hand auf den Unterarm. Ihre Wärme drang durch den Stoff seines Hemdes.

Benommen starrte er auf ihre Hand, versuchte, seine Gefühle zu sortieren. Er war so auf seine Sorge um sie konzentriert gewesen, dass er sich noch keine Zeit genommen hatte, die Information zu verdauen. »Das denke ich nicht. Ich hätte die andere Rolle gerne übernommen. Sie ist nicht sonderlich groß. Ein Serienmörder hätte mich bloß zu einem seiner Opfer gemacht. Vermutlich wäre man unter all dem Blut nicht in der Lage gewesen, mein Gesicht deutlich zu erkennen. Trotzdem habe ich gehofft, dass die Rolle mir die Tür zu großen Produktionen öffnen könnte.«

Er stockte. Damit sollte er seine Schwester nicht belasten. Es galt, Alondra von den Schwierigkeiten seines Lebens fernzuhalten. Er durfte sich ohnehin nicht beschweren. Bei Independent Produktionen war er gefragt. Es gab für ihn genug zu tun. Er verdiente gutes Geld und hatte einige Fans. Regelmäßig konnte er sich auf der Leinwand betrachten. Auch wenn er bislang noch keine Nominierung für einen Preis erhalten hatte, würde das irgendwann der nächste Schritt sein. Alles, was er brauchte, war Geduld.

Geduld, zu der er fähig war, wie er früher schon bewiesen hatte. Geduld, zu der er sich zwingen würde, auch wenn es ihm schwerfiel.

Um seine Schwester zu beruhigen, hob er seine Mundwinkel zu einem Lächeln. »Das andere Projekt wird viel spannender werden. Ich darf eine Hauptrolle übernehmen und werde einen Cowboy spielen. Einen schwulen Cowboy in einer Zeit, in der man als homosexueller Mann nicht zu seiner Liebe stehen durfte. Der Regisseur scheint eine humorvolle Note einfließen lassen zu wollen. Ich hoffe, er macht keine Komödie daraus.«

»Ein schwuler Cowboy?« Alondra beugte sich neugierig näher. »Wenn seine sexuelle Orientierung von Wichtigkeit ist, handelt es sich wohl um einen Liebesfilm.«

»Ja, man wird mich wieder leicht bekleidet und einen anderen Kerl küssend auf der Leinwand bewundern können.« Er versuchte, sich seine mangelnde Begeisterung nicht anmerken zu lassen.

»Wie toll! Einige meiner Freundinnen schwärmen von dir. Du weißt, dass ich dir gegenüber nicht neutral sein kann. Für mich bist du immer großartig.«

»Ist es nicht seltsam, dass ich als schwuler Mann hauptsächlich weibliche Fans habe?«, fragte er. »Sie müssen doch wissen, dass sie mich niemals kriegen würden.«

Seine Schwester lachte. »Überhaupt nicht. Wir Frauen stehen auf gut gebaute Körper. Wenn wir auf der Leinwand gleich zwei attraktive Exemplare bestaunen können, setzt unser Verstand einfach alle Logik außer Kraft.«

Kapitel 3

Marcus sah sich nervös um. Len quatschte ihn voll. Irgendetwas über die göttliche Denise und ein Make-up Malheur, das ihn momentan so gar nicht interessierte. Die Villa, vor der sie gehalten hatten, war riesig und weckte einen ungesunden Neid. Manche Menschen besaßen alles, während andere nichts hatten. Manchmal nicht einmal ein Dach über dem Kopf oder etwas zu essen auf dem Teller. Er versuchte das Gefühl – und die Erinnerung – abzuschütteln, aber so einfach war es in der Regel nicht.

Sie stiegen Seite an Seite die glänzenden Marmorstufen empor, wo Len anklopfte, ohne das geringste Anzeichen zu machen, dass er von der Umgebung ähnlich beeindruckt war wie Marcus.

»Wenn du mich fragst!« Len stieß ihn an und grinste mit dieser Note an Spott, die er gewöhnlich an seinem Freund schätzte.

»Wenn du meinst«, murmelte er abgelenkt, als die Tür aufschwang. Ein Mann in strengem Anzug sah an seiner großen Hakennase entlang an ihm herab, bevor er Len ähnlich verächtlich musterte.

»Ja, bitte?«

Len grinste. »Len Myers.« Seine Hand schwang zu ihm. »Marcus Lovett. Wir haben einen Termin mit Mr Demme.«

Die buschigen Brauen hoben sich in dem hageren, faltigen Gesicht. »Einen Moment.« Die Tür schloss sich und Len drehte ihr gutgelaunt den Rücken zu.

»Das wird sicher lustig.«

»Demme?«, griff Marcus auf. Seine Stimme schwankte vor Aufregung. »Doch nicht dem Regisseur von …«

»Riding the Bull«, übernahm Len begeistert. »Ich dachte, wir machen gleich Nägel mit Köpfen.«

Und er war absolut nicht vorbereitet. Das Blut floss ihm nun erst recht aus dem Gesicht und eine Eisenkette legte sich um seine Brust. Hätte er damit rechnen müssen?

»Du siehst aus, als wäre dir ein Geist begegnet. Doch nicht schon wieder Lampenfieber, oder?« Len stieß ihn an und lachte. »Komm schon. Es ist ein schnelles Beschnuppern, Mr Demme weiß doch, dass du das Skript nicht kennst und noch nicht wirklich vorsprechen kannst.«

»Ich bin absolut nicht vorbereitet«, zischte Marcus, wobei er sich eilig umsah. »Ich weiß kaum etwas über Demmes andere Arbeiten, ich habe keine Ahnung, worum es bei dem Projekt eigentlich geht und …« Er unterbrach sich, als die Tür in Lens Rücken wieder geöffnet wurde, und hob den Blick. Es war nicht der alte Kauz von zuvor, sondern eine jüngere, fülligere Gestalt. Interessant waren seine Augenbrauen, die über der Nasenwurzel bis hin zur Mitte der Augen voll und tiefschwarz waren und sich dann lichteten. Es machte seinen Blick intensiver, machte ihn zu einem Adlerblick: intensiv und gefährlich, auch wenn die Lider bereits hingen. Das Alter war nun mal unbarmherzig.

»Sie wollen zu mir?« Sein Blick huschte ebenso kritisch über Marcus und seinen Freund wie zuvor jener des anderen Mannes.

Len drehte sich und streckte die Hand aus, noch bevor er einen Schritt auf den Herrn des Hauses zumachte. »Mr Demme, Len Myers, ich bin Make-up-Artist für Ihre neue Produktion.« Er griff nach der Hand des Regisseurs, die dieser nicht ausgestreckt hatte, und schüttelte sie fest. »Ich habe einen begnadeten Schauspieler dabei, der sich für die Rolle des Everett Steele interessiert.«

Demme runzelte die Stirn.

Marcus stöhnte innerlich. Auf die Rolle brauchte er nun wohl nicht mehr zu setzen. Trotzdem streckte er die Hand aus, um den Regisseur zu begrüßen. »Guten Tag, ich bin Marcus Lovett. Es tut mir leid, wenn wir Sie überfallen haben. Len sprach von einem Termin.«

»Mr Lovett, guten Tag. Tatsächlich habe ich Vorschläge zum Make-up erwartet und keine zur Besetzung.« Er zog die Hand zurück und sah zwischen ihnen hin und her. »Also gut, kommen Sie herein.« Er behielt den Vortritt und führte sie so durch das Haus und durch die Terrassentür wieder hinaus. Vor ihnen lag eine gepflasterte Ebene, die von einem Geländer begrenzt wurde. Dahinter schimmerte Wasser im morgendlichen Sonnenschein. Ein Pool.

»Setzen wir uns.« Mr Demme deutete auf Rattanmöbel und machte sich bereits auf den Weg, um sich auf einen bequem aussehenden Sessel zu setzen. Er seufzte dabei. »Also, Mr Lovett, richtig? Kenne ich Sie?«

Marcus stockte beim Hinsetzen und kam eher unelegant auf den Sitzkissen auf. Er räusperte sich. »Ich habe einige kleinere Rollen gespielt.« Er zählte die letzten fünf auf. »Wenn ich gewusst hätte, wohin Len mich bringt, hätte ich mein Portfolio dabei.«

»Hm.« Demme runzelte die Stirn und musterte ihn erneut. »Wir haben die Rolle des Everett Steele bereits einige Male umbesetzt.«

»Ja, davon hörte ich.« Er konnte sein Grinsen nicht beibehalten. »Es ist kontrovers, zumindest, wenn man meinem Agenten Glauben schenken möchte.«

Demme rieb die Hände aneinander, ohne seinen Blick von ihm zu nehmen. »Darf ich fragen, wer Sie vertritt?«

»Don Derringer.« Das war kein Geheimnis.

Demme schnaubte. »Don.« Und verdrehte die Augen. »Es wundert mich, dass er Ihnen von dem Projekt erzählte. Er war deutlich mit seiner Ablehnung. Ich hatte Hal Davidoff für die Rolle im Kopf, seit ich das Drehbuch gelesen hatte.«

Einen blonden Adonis. Marcus schluckte unangenehm berührt, schließlich war er von seinem Aussehen her das genaue Gegenteil zu seinem Kollegen Hal. »Mr Derringer war tatsächlich deutlich. Er weigerte sich, ein Vorsprechen für die Rolle für mich zu arrangieren.«

»Aha.« Die Augen seines Gegenübers verengten sich. »Und doch sind Sie hier.«

Marcus nickte. »Obwohl ich nicht viel über das Projekt weiß, fasziniert es mich«, räumte er ein. Er räusperte sich erneut. Er hatte das Gefühl, zu weit zu gehen, wie ein Schleimer zu wirken und jeden Moment entlarvt zu werden. Demme betrachtete ihn weiterhin eingehend. »Cowboys, wer liebt nicht einen guten Western?«, setzte er nach, um die Situation aufzulockern, und fühlte sich dabei noch dämlicher. Er machte sich hier noch alles kaputt! »Und dann dieses außergewöhnliche Thema.«

Demmes Brauen wanderten in die Höhe.

»Homosexualität. Brandaktuell und doch …« Wie sollte er es bezeichnen, ohne wie ein Idiot zu wirken? »Verrucht?«

»So?«

Marcus rutschte auf seinem Rattansessel herum. Verdammt, er hätte besser Mr Demme den Anfang machen lassen sollen. »Randgruppen zu thematisieren ist mutig.«

»Aber dumm, schließlich zieht es kein Massenpublikum in die Lichtspielhäuser.« Demme schlug ein Bein über und faltete die Hände vor dem Bauch. »Also, warum wollen Sie bei so etwas dabei sein? Sind Sie schwul?«

Marcus klappte der Mund zu. War das etwa Voraussetzung? Konnte er punkten, indem er nun dreist log und sich als etwas outete, was er schlicht und ergreifend nicht war?

Len lachte schallend. »Nein. Er ist der Hahn ihm Hühnerstall, wo immer er hingeht, und genießt es.«

Marcus warf ihm einen ärgerlichen Blick zu, aber da seine Gesinnung schon herausposaunt war, konnte er dem auch nicht mehr widersprechen. »Tatsächlich kenne ich mich mit der Materie nicht aus. Hätte ich einen Termin für ein Vorsprechen bekommen, hätte ich mich zuvor schlaugemacht. So bleibt mir nur, meine eingeschränkte Weltsicht einzugestehen.«

»Hm. Wie gedenken Sie sich schlauzumachen?«

Marcus stockte. Das war eine gute Frage, schließlich kannte er niemanden, der … nun, auf das eigene Geschlecht fixiert wäre. Er warf Len einen Blick zu, der deutlich um Hilfe bat, aber der Freund zuckte auch nur die Achseln. »Bars«, murmelte er schnell. »Einschlägige Lokalitäten. Es sollte nicht schwer sein, herauszufinden, wo sich … Männer treffen, die Männer … lieben.« Das wurde nun wirklich schwierig.

»Hm«, machte der Regisseur.

Demme brachte ihn mit diesem Brummen noch einmal um den Verstand und sein durchdringender Blick war sicher auch nicht behilflich dabei, Ruhe zu bewahren. »Haben Sie einen hilfreichen Vorschlag?« War es ein Eingeständnis seines Scheiterns, wenn er um Hilfe bat? Nun war es ohnehin zu spät. Demme brummte und legte den Kopf zur Seite.

»Vielleicht.«

Sie starrten einander an, dann seufzte Demme. »Ich möchte aufrichtig mit Ihnen sein, Mr Lovett. Sie sind optisch nicht das, was ich mir unter Everett Steele vorstelle.«

»Oh, Sie sollten ihn nackt sehen«, mischte Len sich ein und rutschte dabei auf seinem Stuhl nach vorn. »Glauben Sie mir, Mr Demme, die Frauen werden scharenweise die Kinos stürmen.« Er lachte gackernd. »Geben Sie ihm doch die Chance, sich zu beweisen.«

Demme durchbohrte seinen Freund mit seinem scharfen Blick. »Unterstellen Sie der Damenwelt da nicht etwas, Mr Myers? Ein ansprechender Körper wird sicher keine Frau …«

»Nanu.« Die Unterbrechung kam unerwartet und in Form einer kurvenreichen Schönheit: Denise. Demme setzte sich grade auf und zog den Bauch ein.

»Denise, meine Liebe, du kennst Mr Myers und Mr Lovett bereits?«

Denise ignorierte Len, der auf die Füße gesprungen war und ihr die Hand hinhielt, wobei er sie bereits daran erinnerte, dass er ihr Maskenbildner bei ihrem Horrorstreifen war. Ihre kornblumenblauen Augen lagen auf Marcus. Er rappelte sich langsam auf und reichte ihr die Hand.

»Miss …?«

»Holland«, gurrte sie. »Denise.« Ihr Blick wurde schwül, als sich ihre Lider senkten und ihr Lächeln diese wissende Note bekam. »Lov-ett. Ist der Name Programm?«

Marcus kopierte ihre Haltung und drückte ihre Finger sanft, während er sie an die Lippen zog. »Miss Holland, ich bin ein begeisterter Fan von Ihnen und … natürlich.«

Sie lachte gurrend auf. »Wie wäre es, wenn Sie mir im Pool Gesellschaft leisten?« Sie zog ihre Hand zurück, um an ihrem fließenden Kleid zu zupfen, das sich augenblicklich von ihrer Gestalt löste und zu einer Pfütze zu ihren Füßen wurde.

»Zu gern, aber ich bin nicht zum Planschen da.« Er zwinkerte ihr zu. Ihr knapper Bikini ließ keine Fragen offen. Kein Wunder, dass sie den Take am Vortag einige Male wiederholen musste, er hätte sie auch den ganzen Tag in sexy Badebekleidung herumlaufen lassen, wenn er der Regisseur des Horrorstreifens gewesen wäre.

»Denise, Mr Lovett spricht für die Rolle des Everett Steele vor«, mischte Mr Demme sich belustigt ein. »Würdest du zuschauen wollen, wie Mr Lovett einen anderen Mann küsst? Auszieht? Mit ihm schläft?«

Denise Augen wurden groß und ihr Blick glitt an ihm herab. Marcus brauchte einen Moment, um die Informationen aufzunehmen, und wäre dann beinahe auf seinem Stuhl zusammengesunken. Auch so musste er sich das bitte was verkneifen.

»Walker ist die Besetzung für den anderen Part, nicht wahr?« Ihr Mundwinkel hob sich belustigt und ein Glitzern ließ ihre Augen funkeln. »Oh ja, Onkel Jon, ich würde es mit angehaltenem Atem verfolgen.«

»Hm.«

»Aber …« Denise Grinsen wurde spöttisch. »Noch weiß ich gar nicht, ob er nicht nur heiße Luft unter seinem Shirt versteckt. Bevor du ihm die Rolle anbietest, solltest du dich von … seinen Qualitäten überzeugen.« Sie trat auf ihn zu und griff nach seinem Shirt auf Höhe seines Bauches. Sie war verteufelt direkt!

»Das habe ich vor, Denise.«

»Ziehen Sie sich aus, Mr Lovett«, forderte sie, ohne auf ihren Onkel einzugehen. »Lassen Sie uns sehen …« Sie zog an seinem Shirt und lüftete es, sodass man zumindest einen schnellen Blick auf seinen Sixpack werfen konnte, bevor sie den festen Griff um den Stoff verlor und es wieder herabfiel.

»Denise, geh in den Pool und lass mich mit Mr Lovett allein. Mr Myers kann dir gerne noch einen Moment Gesellschaft leisten.«

Len trat auf die Schauspielerin zu, die ihn wenig begeistert musterte. »Mr Lovett wäre mir lieber.« Sie bückte sich nach ihrem Kleid, um es aufzuheben, wobei Marcus einen Blick in ihr Dekolleté werfen konnte. Sie hatte eine umwerfende Figur und es juckte ihn fast in den Fingern, ihr weiches Fleisch zu berühren. Allerdings war es sicher keine gute Idee, die Nichte des Regisseurs zu betatschen, bei dem er um einen Job bettelte. Er räusperte sich also und wendete den Blick ab. Seine Gedanken musste er jedoch auf das vorherige Thema lenken, um Denise völlig aus dem Kopf zu bekommen. In der Rolle musste er nicht nur einen Mann küssen, sondern noch weitere, deutlich sexuelle Tätigkeiten mimen?

Denise berührte ihn, als sie an ihm vorbeiging, und warf ihm noch so einen Schlafzimmerblick zu, der nun aber seine Wirkung verfehlte. Er war zu nervös und, ja geschockt von der Aussicht, was er zu tun gezwungen wäre, sollte er diese Rolle bekommen. Froh, sich wieder setzen zu können, lenkte er den Blick auf seine leicht bebenden Finger. Er verschränkte sie und spielte mit ihnen, um seine Nervosität einzudämmen.

»Können Sie reiten?«, fragte Mr Demme und riss ihn damit aus seinen Grübeleien.

»Ja«, sagte er eilig, obwohl es eine bodenlose Lüge war.

»Haben Sie Erfahrung mit dem Bullenreiten?«

Marcus stockte, als er die Frage ebenfalls bejahen wollte. Wäre es glaubhaft?

»Nein. Aber das lässt sich ändern.«

Demme nickte bedächtig. »Haben Sie schon einmal einen Mann geküsst? Natürlich vor der Kamera?«

Er schüttelte den Kopf, nicht sicher, ob er eine Antwort deutlich formuliert bekäme. Das war echt der Punkt, der ihm die größte Sorge bereitete. Das Pferd und der Bulle konnten ihn abwerfen. Na und? Dann stieg er einfach wieder auf! Aber so ein Kuss?

»Ich küsse jedoch leidenschaftlich gern und viel.« Gut, jetzt hörte er sich wie ein Vollidiot an. Demme lachte schallend.

»Na, wenn es hilft!«

Das würde sich dann zeigen. Marcus schlug nun auch das Bein über und lehnte sich zurück. Er wollte damit seine Unruhe vertreiben, denn bei einem Vorsprechen galt es, Sicherheit zu demonstrieren.

»Sie kommen aus dem Süden?«

»Ja.«

»Man hört es Ihnen nicht an.« Demme veränderte seine Sitzposition, die Marcus gleich aufgriff.

»Es ist nicht angeraten, ständig seine Herkunft herauszuschreien. Wenn man Erfolg will, legt man seinen Akzent lieber ab«, sagte er im breiten Dialekt seiner Heimat. Texas.

»Und wenn wir einen englischen Akzent brauchen?«

Für einen Cowboy?

Marcus zuckte die Achseln. »Ich frage mich, was ein Engländer im mittleren Westen zu suchen hat, Sir. Mögen Sie mich aufklären?« Dieses Mal bediente er sich der britischen Akzentuierung und erntete ein Lachen.

»Schade, dass Sie blondiert sicherlich lächerlich wirken.« Demme musterte seinen Schopf. »Hören Sie zu. Ich finde Sie sympathisch und wir sind tatsächlich etwas unterbesetzt. Ich kann Ihnen nicht versprechen, dass wir Ihnen die Rolle des Everett Steele anbieten werden, aber uns fehlen auch noch einige andere Besetzungen. Kommen Sie doch morgen ins Studio und wir casten Sie vernünftig. Letztlich habe ich nur ein Veto-Recht und vergebe die Rollen nicht eigenhändig. Wenn Sie es also durch alle Instanzen schaffen, werde ich mit einem dunkelhaarigen Steele leben müssen.« Er zuckte die Achseln und erhob sich, um Marcus die Hand entgegenzustrecken. Er kam schnell selbst auf die Füße und schüttelte sie enthusiastisch. Das klang vielversprechend und besser, als es seiner Meinung nach zu erwarten gewesen war. Jetzt blieb die Frage, wie er bis zum nächsten Tag mehr über Homosexualität erfahren sollte.

»Myers!«, rief Demme. »Sie gehen!« Er nickte Marcus zu. »Zwölf Uhr. Seien Sie pünktlich.«

»Das werde ich sein. Vielen Dank für die Einladung.« Er sah ihm nach und wurde von einem kalten Schauer überrascht. Denise kicherte und warf sich ihm dann an die Brust.

»Sind Sie etwa schreckhaft?«, fragte sie, während sie sich an ihn drängte und sein Shirt durchnässte. Marcus legte die Hände auf ihre kühle, feuchte Haut und schob sie sacht von sich.

»Kein bisschen. Leider müssen wir nun gehen, Miss Holland. Es war mir eine Freude …«

»Oh nein!«, unterbrach sie ihn. »Bleiben Sie noch. Der Pool ist herrlich erfrischend und ich werde mich schrecklich langweilen, wenn Sie mich allein lassen.«

»Das ist bedauerlich, nur habe ich leider noch schrecklich viel zu tun.« Marcus schob wieder, da sie sich erneut an ihn drängte und ihn ihren magischen Körper fühlen ließ. Wenn er nicht dringend über Homosexualität recherchieren müsste, wäre ihre Einladung genau das Richtige, um sich von seiner Nervosität abzulenken. »Leider«, raunte er daher. Er beugte sich vor, um ihr ins Ohr zu sprechen. »Ein anderes Mal wird mich aber nichts davon abhalten, deine Einladung auszukosten.«

Sie schnurrte wie eine zufriedene Katze. »Schön«, murmelte sie. »Wie wäre es, wenn wir uns gleich einen Zeitpunkt dafür aussuchen? Heute Nacht? Stagerooms VIP-Lounge.«

»Wie überaus verlockend.«

Sie war es dieses Mal, die sich von ihm löste, zwinkerte ihm zu und ging dann langsam Richtung Treppe, die zum Pool hinabführte. Ihre Hüften wiegten und ihr ganzer Körper versprach haltlose Leidenschaft. Das wurde definitiv eine heiße Nacht.

»Ich bin jetzt offiziell neidisch«, machte Len sich bemerkbar. Er stand direkt neben Marcus und sah der Schauspielerin ebenfalls hinterher. »Wie schaffst du das nur?«

»Mir wäre es lieber, ich hätte Mr Demme im Sturm von mir eingenommen und nicht seine Nichte.«

Len schnaubte verdrossen. »Klar. Du würdest lieber Demme flachlegen als Denise.« Er verdrehte die Augen. »Mann, sie hat dich förmlich verschlungen.«

»Na komm. Du wirst mir helfen müssen, damit ich die Rolle tatsächlich bekomme.« Er legte den Arm um die Schulter seines Freundes und schob ihn zum Haus. »Kennst du irgendjemand, der homosexuell ist?«

Len erstarrte. »Warum fragst du mich das?«

»Ich dachte … du lernst allerhand Leute kennen, da muss doch auch mal ein Schwuler bei sein.« Er ratterte selbst bereits durch seinen Bekanntenkreis, aber dort gab es nur Normalos. »Oder hast du schon mal von einem Ort gehört, an dem sich …«

»Glaubst du, die würde ich nicht sorgsam meiden?«

Marcus stockte, wodurch er die Berührung zu seinem Freund verlor, und ließ die Arme fallen. »Wie bitte meinst du das?«

Len verengte die Augen. »Weißt du eigentlich, wie schamlos die einen Mann anmachen? Vor denen ist man einfach nicht sicher.«

»Vor den Homosexuellen?« Marcus blieb verwirrt. »Du hast Vorbehalte? Warum zum Teufel arbeitest du dann an einer Produktion mit, bei der du …« Nicht zwangsläufig mit Homosexuellen zu tun hast. Gut, das war natürlich nicht unbedingt ein Problem. Man musste schließlich nicht hundertprozentig hinter dem Produkt stehen, für das man arbeitete. »Entschuldige. Ich wollte dir nicht zu nahe treten. Vergessen wir das einfach. Ich finde schon heraus, wie ich am besten einen Schwulen spielen soll.« Auch ohne die Hilfe seines Freundes. Der zuckte die Achseln.

»Dauergeil und scharf auf jeden Mann im Umkreis. Das ist sicher ein Kinderspiel für dich. Projiziere deine Promiskuität einfach auf das männliche Geschlecht und du bist der Vorzeigeschwule des Landes.«

Marcus klappte den Mund zu und folgte seinem Freund langsam durch das Haus des Regisseurs. Tief in ihm kämpfte etwas. Frust und Ärger. Es gab keinen Grund, Lens Einstellung infrage zu stellen oder ihn auf seine Engstirnigkeit hinzuweisen. Warum auch?

Vielleicht hatte er recht, Marcus wusste es nicht besser. Aber es klang einfach so verdammt abwertend, dass es ihm den Magen umstülpte.

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9783960894735
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