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Читать книгу: «Wissenschaftliches Arbeiten im Wirtschaftsstudium», страница 2

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Moralische Ansprüche

„Wir dürfen die moralischen Ansprüche auf gar keinen Fall verletzen, sonst gibt es sofort eine 5,0“, betonte Nora. „Die Trennung der Eigenleistung von der Fremdleistung können wir dadurch sicherstellen, dass wir alle Aspekte, die wir in unserer Arbeit aus anderen Quellen übernommen haben, entsprechend mit Literaturangaben belegen. Wenn wir das nicht tun, ist es ein Plagiat und damit ist die 5,0 berechtigt, da wir geistiges Eigentum geklaut und es als Eigenleistung dargestellt haben. Alles, was wir selbst erarbeitet haben, ist Eigenleistung und wird nicht mit Literatur belegt, da es ja hierzu noch nichts gibt. Das ist relativ einfach, oder?“, stellte Nora fest. „Na ja, so einfach ist das wiederum auch nicht“, entgegnete Kevin. „Was ist, wenn ich eine tolle Idee habe und irgendwo schon mal jemand diese Idee in einem Buch beschrieben hat? Nehmen wir mal an, ich habe dieses Buch wirklich niemals in der Hand gehabt. Der Gutachter meiner Arbeit kennt es aber oder er ist zufällig drauf gestoßen. Jetzt denkt er, dass ich das abgeschrieben habe. Kann er mich dafür bestrafen?“ „Ja, das kann er. Das muss er sogar! Deshalb müssen wir doch die wissenschaftlichen Kriterien erfüllen und vor der eigentlichen Schreibarbeit, die wissenschaftliche Literatur recherchieren. Du hättest diese Idee des anderen Autors finden müssen, wenn du richtig gesucht hättest“, stellte Nora fest. „Stimmt, ich erinnere mich. Zufälle bei der Literaturrecherche sollen wir vermeiden“, sagte Kevin nachdenklich. „Aber heißt das, dass ich Literatur auch dann noch suchen muss, wenn ich zu einem Thema bzw. zu einem Aspekt schon sehr viel weiß, z.B. aus früheren Vorlesungen, aus meinen Erfahrungen durch Praktika oder von Erzählungen meines Vaters, der immerhin ein erfolgreicher Manager ist und vieles selbst erlebt und erfahren hat?“, bohrte Kevin weiter.


„Ja, genau so ist es! Du musst immer die Literatur zu deinem Thema suchen, damit du belegen kannst, wer in der Wissenschaft zu deinem Thema was geschrieben hat. Das ist der beste Schutz vor dem Vorwurf des Plagiierens. Übrigens sind deine eigenen Erfahrungen bzw. die Erfahrungen deines Vaters subjektiv und haben in einer Abschlussarbeit sowieso nichts verloren.“

„Erinnerst du dich noch?“, fragt Nora. „Du hast recht“, antwortete Kevin.

„Mit der Nicht-Manipulierbarkeit der Person ist gemeint, dass der Bearbeiter sich nicht durch einen Auftraggeber der Studie bzw. einer Forschungsarbeit beeinflussen lassen darf. Damit soll also eine Gefährdung durch Auftragsforschung ausgeschlossen werden“, sagte Nora. „Aha, wenn ich also eine Studie zum Thema Gesundheitsbelastung durch Mobiltelefone durchführen würde und der Auftraggeber wäre z.B. ein Hersteller von Mobiltelefonen, der während meiner Forschung dafür sorgen würde, dass es mir so richtig gut geht, dann wäre ich gefährdet,“ sagte Kevin. „Du meinst wohl bestechlich“, unterbrach ihn Annkathrin. „Ja, genau. Dann hat man mich manipuliert und ich erfülle die moralischen Ansprüche an die Wissenschaftlichkeit nicht“, beendete Kevin seinen Gedankengang. „Korrekt“, erwiderte Nora. David lehnte sich entspannt zurück und sagte: „Leute, das kann uns nicht passieren. Im Rahmen einer Abschlussarbeit im Studium ist die Gefahr sehr gering, dass jemand auf die Idee kommt uns zu manipulieren.“ „Sag das nicht. Das muss nicht im großen Stil erfolgen. Ich habe von einem schlimmen Fall gehört, dass ein sehr guter Student für eine Firma eine Abschlussarbeit schrieb. Während der Bearbeitungszeit hat der Student auch für die Firma gearbeitet. Der Abteilungsleiter des Unternehmens, der dem Studenten als Ansprechpartner genannt wurde, hatte aber eigene Interessen und beeinflusste ihn die ganze Zeit. Er stellte ihm nur bestimmte Informationen zur Verfügung, ließ ihn nur mit bestimmten Personen im Unternehmen sprechen etc. Mit dem Ergebnis, dass in die Abschlussarbeit eine einseitige Meinung geflossen ist. Die Arbeit wurde an der Hochschule mit einer 5,0 bewertet und der Student war total überrascht. Erst bei der Besprechung der Note hat er festgestellt, dass er viele Aspekte nicht beachtet hat und eigentlich manipuliert worden ist“, erzählte Nora. „Ist ja der Hammer! Tja, ich schätze, das heißt, dass wir niemandem trauen dürfen und ständig kritisch sein müssen“, stellte Annkathrin fest.

Technische Ansprüche

David schaute nachdenklich und runzelte die Stirn: „Ich habe schon öfter gehört, dass viele Arbeiten von Studierenden angeblich methodisch schlecht gemacht sind. Das hat doch nichts mit Plagiaten oder Manipulierbarkeit der Person zu tun, oder?“ Nora nickte: „Stimmt, das hat was mit den sogenannten technischen Ansprüchen, also der Art und Weise der Literaturrecherche, Datenerhebung und Auswertung zu tun. Es gibt drei wichtige Kriterien, die eine Aussage über die Qualität einer Arbeit ermöglichen. Das sind die sogenannten Gütekriterien: Objektivität, Reliabilität und Validität. Ihr müsst diese drei Kriterien unbedingt beachten, wenn ihr eine gute Note haben wollt. Ich werde Euch diese Kriterien jetzt kurz vorstellen.“

Objektivität

„Die wissenschaftliche Objektivität ist das Kriterium, das am einfachsten zu verstehen ist“, führte Nora weiter aus. „Eine wissenschaftliche Arbeit ist dann objektiv, wenn die Aussagen und das erzielte Ergebnis unabhängig von der Person sind, die die wissenschaftliche Arbeit anfertigt. Unsere eigene Meinung, unsere Wünsche, Vorstellungen und unsere eigenen Erfahrungen dürfen bei der wissenschaftlichen Arbeit keine Rolle spielen. Sie dürfen nicht in die Argumentation einfließen. Gleichzeitig muss unsere Argumentation vollständig sein. Wenn wir Aspekte, die uns nicht in die Argumentation passen, einfach weglassen, dann sind wir nicht objektiv.“

Kevin hakte noch einmal nach: „Okay, das habe ich verstanden. Die Literaturrecherche, Auswertung, Interpretation und Argumentation erfolgen ohne Beeinflussung durch involvierte Personen. Alle Aussagen sind unvoreingenommen und basieren auf nachprüfbaren Fakten bzw. mathematischen Berechnungen, die von Dritten überprüft werden können. Aber was heißt das konkret?“ „Ich habe verstanden, dass Literaturrecherche, Auswertung, Interpretation und die Argumentation in unseren Arbeiten ohne Beeinflussung durch andere beteiligte Personen erfolgen müssen.“ Annkathrin erläuterte weiter: „Vielleicht hilft ein Beispiel: Erinnert Euch mal an die Schule. Bei Klausuren in Mathe konnte man sofort sehen, wie eine Note zustande kam. Das war nachprüfbar und erschien uns objektiv. Aber bei Aufsätzen haben wir oft gerätselt und die Objektivität bezweifelt – wir kannten die Regeln und Maßstäbe nicht, nach denen wir bewertet wurden.“ „Ja, stimmt,“ meinte Nora, „hier habe ich übrigens noch ein paar Beispiele aus dem Buch.“ Sie legte ein Blatt auf den Tisch.


Thema: Auswirkungen der Globalisierung auf den Arbeitsmarkt.
Nicht objektiv: Bei der Literaturauswahl werden gezielt nur Studien ausgewählt, die zu einem persönlich gewünschten Ergebnis passen, z.B. werden ausschließlich positive Auswirkungen und Vorteile der Globalisierung beschrieben. Objektiv: Bei der Literaturauswahl werden alle Studien ausgewertet, die zum Thema durchgeführt worden sind. Alle wichtigen Vor- und Nachteile der Globalisierung werden dargestellt.
Thema: Attraktivität von Personen in der Werbung.
Nicht objektiv: Für ein Experiment werden Testimonials ausgewählt, die der Forscher optisch ansprechend findet und persönlich als attraktiv beurteilt. Objektiv: Zur Beurteilung der Attraktivität werden Kriterien festgelegt, z. B. Symmetrie von Gesichtern. Bei der Auswahl werden den Kriterien entsprechende Gesichter ausgewählt.
Thema: Effektivität von Wirtschaftsförderungsmaßnahmen in Kleinstädten.
Nicht objektiv: Zu diesem Thema wird ein Interview mit einem Bürgermeister durchgeführt. Objektiv: Zu diesem Thema wird ein standardisierter Fragebogen erstellt, der einer Vielzahl von Personen vorgelegt wird. Für die Durchführung, Auswertung und Interpretation gibt es konkrete Vorgaben.

Tab. 2: Beispiele zur Objektivität

Nach einer kurzen Denkpause schaute Kevin alle traurig an und sagte: „Leute, das bedeutet, dass ich meine Abschlussarbeit auf gar keinen Fall meiner Freundin zum Korrekturlesen geben darf.“ „Wieso nicht?“, unterbrach ihn David. „Na ja, weil unsere persönliche Beziehung eine sehr große Rolle spielen wird. Sie wird mich nicht verletzen wollen und deshalb wahrscheinlich auch kein ehrliches Urteil abgeben, auch wenn ich Mist geschrieben habe“, antwortete Kevin.

„Das sehe ich anders“, meinte Nora. “A friend tells you when you have dirt on your nose! So formuliert es meine englische Freundin immer, und ich finde, das stimmt. Freunde wissen, dass Du ehrliche Kritik brauchst, um eine gute Note zu bekommen. Und wir müssen uns beim wissenschaftlichen Arbeiten daran gewöhnen, einander gerecht und objektiv zu kritisieren – und auch Kritik einzustecken. Sonst können wir später auch nie in einem Team arbeiten.“ David grinste. „Irgendwie kann ich Kevin aber auch verstehen. Mir fallen da einige Leute ein, die mir nicht die Wahrheit sagen würden.“ „Okay, dann bittet solche Freunde einfach nur, auf Tipp- und Rechtschreibfehler zu achten. Für diese Korrekturen brauchen wir ja auch jemanden. Und andere, denen ihr mehr zutraut, lesen dann fachlich/sachlich Korrektur. Wir zum Beispiel gegenseitig. Aber nun wieder zurück zum eigentlichen Thema. Ich sehe, ihr habt die Objektivität verstanden. Kommen wir zum zweiten Kriterium“, meinte Nora.

Reliabilität

„Reliabilität lässt sich am besten mit Zuverlässigkeit umschreiben“, fuhr Nora fort. „Die Reliabilität verlangt von einer Methode, dass sie zuverlässig immer wieder zum gleichen Ergebnis führt, d. h. bei einer Wiederholung unter identischen Bedingungen muss man zu einem identischen Ergebnis gelangen“. David unterbrach Nora sofort: „Auch auf die Gefahr hin, dass ich nerve. Ich weise noch mal darauf hin, dass ich keine Experimente mache, sondern eine Literaturarbeit schreibe. Die Sache mit der Reliabilität kann ich mir dann doch sparen, oder?“ „Nein, das kannst du nicht“, antwortete Nora. „Auch bei einer Literaturarbeit müssen deine Aussagen zuverlässig und verlässlich sein, d. h. wenn jeder von uns heute Abend eine eigene Hausarbeit zu dem gleichen Thema und der gleichen Forschungsfrage mit der gleichen Methodik schreiben würden, dann müssten wir alle zu einem identischen Ergebnis kommen. Wenn das nicht gelingt, dann sind unsere Arbeiten nicht reliabel, d. h. man kann sich also auf unsere Ergebnisse nicht verlassen.“ „Hä?“, unterbrach David schon wieder. „Du spinnst! Das kann gar nicht klappen. Jeder von uns würde doch anders vorgehen. Nora würde die Literatur recherchieren, David würde eine theoretische Arbeit dazu schreiben, Annkathrin würde mit einem Onlinefragebogen die Studierenden unserer Hochschule befragen und ich mache ein paar Interviews mit den Studierenden, die ich heute Nacht auf dem Weg nach Hause zufällig auf der Straße treffe. Dann kommen wir doch niemals zum gleichen Ergebnis.“ Nora antwortete ruhig: „Das stimmt, David! Aber Du hast gerade vier unterschiedliche Methoden beschrieben. Das sind keine identischen Bedingungen. Nehmen wir an, wir würden tatsächlich in der nächsten Zeit über dieses Thema eine reine Literaturarbeit schreiben und hierzu empirische Studien auswerten, die sich mit Problemen von Studierenden bei der Anfertigung einer wissenschaftlichen Arbeit beschäftigt haben. Dann müsste doch jeder von uns die wichtigen empirischen Untersuchungen, die es hierzu bisher gab, finden und in seiner Arbeit vollständig und objektiv auswerten. Dann kämen wir alle zum gleichen Zeitpunkt zum gleichen Ergebnis“, schlussfolgerte Nora.

David fragte nach: „Und wenn ich drei sehr wichtige empirische Studien zu dem Thema einfach nicht finde – was ist dann?“ „Dann hast du methodisch nicht korrekt gearbeitet. Du musst alle wesentlichen empirischen Studien, die es zu diesem Thema zum Zeitpunkt der Abgabe der wissenschaftlichen Arbeit gibt, aufführen, sonst bist Du nicht reliabel“, schaltete sich Annkathrin ein. „Und wenn ich bewusst ein paar Studien nicht berücksichtige? Aus welchem Grund auch immer …“, fragte David weiter. „Dann bist Du nicht objektiv und damit automatisch nicht reliabel“, antwortete Nora.

Kevin schaltete sich in die Diskussion ein: „Okay Leute, nehmen wir mal an, wir machen tatsächlich alle unabhängig voneinander eine Befragung unter Studierenden unserer Hochschule. Da wird doch jeder von uns anders fragen und wahrscheinlich auch andere Antworten erhalten, dann kommen wir auch nicht zum gleichen Ergebnis.“ „Bei Befragungen kommen häufiger Probleme mit der Zuverlässigkeit vor“, antwortete Nora. „Ort und Zeit der Befragung beeinflussen die Reliabilität. Wir müssten die Studierenden zum gleichen Zeitpunkt in einem bestimmten Semester befragen, damit wir reliabel sind. Auch die Fragen sollten standardisiert sein, damit alle Personen die gleichen Fragen gestellt bekommen, und bei der Auswertung müssen die statistischen Verfahren dafür sorgen, dass eine andere Person die erhobenen Daten auf identische Weise auswerten kann. Alle diese Informationen müssen natürlich in der wissenschaftlichen Arbeit aufgeführt sein, damit jeder nachvollziehen kann, wie wir vorgegangen sind. Das ist das Kriterium der Reliabilität.“

Kevin dachte nun laut nach: „Ja, das leuchtet mir ein. Wenn ich jedem von Euch die Frage stelle ‚Fühlst Du dich für die Anfertigung einer Abschlussarbeit gut vorbereitet?‘, dann bekomme ich von Euch vermutlich drei völlig unterschiedliche Antworten, z. B. ‚ein bisschen‘, ‚etwas‘, ‚ganz Okay‘ oder ‚so la la‘. Damit kann bei der Auswertung niemand etwas anfangen“, stellte Kevin fest. „So ist es, denn jede Person interpretiert ‚ganz Okay‘ anders. Deshalb ist diese Vorgehensweise nicht reliabel. Das wird schon viel zuverlässiger, wenn ich die Antworten standardisiert vorgebe und das auch noch schriftlich festhalte, damit jeder die Datenerhebung, den Untersuchungsgegenstand, den Verlauf der Befragung und die Auswertung nachvollziehen und auch nachprüfen kann.“ „Genau, schaut her – ich habe mir dazu einige Beispiele herausgeschrieben“, antwortete Nora und legte währenddessen ein weiteres Blatt mit Beispielen auf den Tisch.


Thema: Erfolgsfaktoren von wissenschaftlichen Arbeiten – ein Literaturüberblick
Nicht reliabel: Reliabel:
Die wissenschaftlichen Studien werden in der Arbeit nicht dargestellt. In der Arbeit wird ein Überblick über alle wichtigen empirischen Studien zum Thema gegeben.
Die Literaturangaben sind unvollständig, so dass eine Überprüfung durch Dritte nicht möglich wird. Alle Angaben zu den Literaturquellen sind vorhanden.
Thema: Kriterien für ideale Notebooks zum Studieren – eine Studierendenbefragung
Nicht reliabel: Reliabel:
Die Fragen an die Studierenden werden in der Arbeit nicht dargestellt. Ein Interviewleitfaden wird entwickelt und in der Arbeit dargestellt.
Jede Person bekommt andere Fragen gestellt. Alle Personen bekommen die gleichen Fragen gestellt.
Die Größe eines Notebooks wird mit einer Waage gemessen. Die Größe eines Notebooks wird mit einem Maßband oder Zollstock gemessen.
In der Arbeit wird nicht beschrieben, wann, wo und wie die Studierenden befragt wurden. Zeit und Ort der Befragung sowie Details zu den Interviewpartnern werden ausführlich beschrieben.
Vorgehensweise bei der Auswertungsmethode wird nicht beschrieben. Auswertungsmethode wird exakt beschrieben. Die Auswertung wurde so weit wie möglich standardisiert.

Tab. 3: Beispiele zur Reliabilität

Nora fasste nun zusammen: „Das Kriterium der Reliabilität gibt an, inwieweit eine Methode oder ein Instrument, z. B. ein Fragebogen, bei wiederholter Anwendung dieselben Ergebnisse liefert. Dabei kann die Reliabilität auch bei der Auswertung und Interpretation der Ergebnisse zum Problem werden, indem zwei Personen die gleiche Aussage unterschiedlich bewerten.“ David grübelte etwas und fügte hinzu „Ich gebe zu, Einschätzungen so zuverlässig zu messen, dass dritte Personen zu gleichen Ergebnissen kommen, ist nicht einfach. Aber es geht auch einfacher. Wenn wir z. B. die Länge des Tisches hier messen, dann wird jeder von uns ein Maßband nehmen und 2,20 Meter messen. Egal wer diese Messung wann und wo vornimmt. Dieser Tisch wird zu jeder Tageszeit und an jedem Ort eine Länge von 2,20 Metern haben.“ „Genau, deshalb ist diese Messung reliabel, weil jeder diese Messung wiederholen kann und zum gleichen Ergebnis kommen wird!“, sagte Nora. „Wärst Du auf die Idee gekommen, die Länge der Tischkanten schätzen zu lassen, wäre das nicht reliabel“, betonte Nora. „So einfach ist es nicht immer. Stell Dir vor, Du möchtest Zufriedenheit, Glücksempfinden oder Motivation messen. Da musst Du dir bezüglich der Messmethodik echt gute Gedanken machen, womit wir beim dritten Kriterium wären“, fuhr Nora fort.

Validität

„Die Validität sagt etwas darüber aus, wie gut die gewählte Methode geeignet ist, eine Forschungsfrage zu beantworten bzw. ein bestimmtes Merkmal zu messen. In Bezug auf eine Forschungsfrage fragt man sich also, ob die gewählte Methode bzw. das Instrument wirklich das misst, was gemessen werden soll“, sagte Nora. „Aspekte der Kundenloyalität kann ich nicht unkritisch mit Hilfe irgendeiner Theorie der Kundenbindung ergründen. Das ist selbstverständlich. Aber ich möchte noch mal auf schwierigere Sachen, z. B. die Messung von etwas, was man nicht direkt beobachten kann, zurückkommen. Die Herausforderung bei der Sicherstellung der Validität besteht darin, dass man manche Dinge einfach nicht direkt beobachten und messen kann. Wenn ich zum Beispiel wissen will, ob Studierende motiviert sind, muss ich Annahmen darüber treffen, woran ich die Motivation festmache. Der Rückschluss von Beobachtungen auf die Motivation muss valide sein, d. h. ich muss sicherstellen, dass das was ich überprüfe, auch tatsächlich das ist, was ich überprüfen möchte.“ Kevin unterbrach sie: „Also mit einfachen Worten: Ich muss ständig prüfen, ob meine Literatur, meine Definitionen, meine Methoden und das, was ich schreibe, exakt zum Thema passen.“ Nora antwortete: „Genauso ist es. Das ist mit ‚Validität‘ gemeint. Schau, hier sind wieder ein paar Beispiele.“


Thema: Auswirkungen der Servicequalität auf die Kundenloyalität
Nicht valide: Valide:
In den Grundlagen wird Kundenbindung statt Kundenloyalität definiert. Kundenloyalität wird exakt definiert und von ähnlichen Begriffen (z. B. Kundenbindung) klar abgegrenzt.
In den Grundlagen werden theoretische Ansätze zur Erklärung der Servicequalität beschrieben. In den Grundlagen werden theoretische Ansätze zur Erklärung der Determinanten der Kundenloyalität beschrieben.
Thema: Rechtschreibkenntnisse von Studierenden mit Migrationshintergrund
Nicht valide: Valide:
Bei der Befragung wird die Zeichensetzung überprüft. Bei der Befragung werden Rechtschreibkenntnisse überprüft.
Alle Studierenden werden befragt. Ausschließlich Studierende mit Migrationshintergrund werden befragt.
Thema: Probleme beim wissenschaftlichen Arbeiten – eine Studierendenbefragung
Nicht valide: Valide:
Bei der Datenerhebung werden Freunde und Bekannte befragt. Bei der Datenerhebung wird eine repräsentative Auswahl unter den Studierenden durchgeführt.
Es werden willkürliche Aspekte erhoben und irrelevante Fragen gestellt. Es werden nur Aspekte erhoben, die zur Fragestellung passen.

Tab. 4: Beispiele zur Validität

Annkathrin las sich die Beispiele langsam durch und hatte einen Aha-Moment: „Aha, das heißt, dass zwecks Bestimmung der Länge eines Tisches das Maßband ein reliables Instrument ist. Wenn das Ziel meiner Forschung aber die Untersuchung der Stabilität des Tisches ist, dann muss ich mir Gedanken darüber machen, ob hierfür überhaupt die Länge des Tisches oder andere Merkmale, z. B. die Anzahl an Tischbeinen beobachtet werden muss.“ „Korrekt!“, stimmte Nora zu.


Validität sollte man nicht nur auf das Thema beziehen, sondern auch auf einzelne Abschnitte der Arbeit. Wenn ein Gliederungspunkt einer Arbeit z.B. Definition und Ziele heißt, dann dürft ihr im Textteil zu diesem Gliederungspunkt nur die Begriffserläuterung und die Ziele beschreiben. Wer im gleichen Kapitel zusätzlich schon Vorteile, Nachteile, Anwendungsbereiche etc. erläutert, dessen Ausführungen sind in diesem Abschnitt nicht valide“, stellte Nora fest.

„Sicherheitshalber habt ihr hier noch eine Zusammenfassung.“

Merke!

» Die Objektivität bezieht sich darauf, wer die wissenschaftliche Arbeit schreibt. Hier ist die Objektivität der durchführenden Person im Fokus.

» Die Reliabilität prüft, wie die wissenschaftliche Arbeit durchgeführt wurde. Hier steht die Zuverlässigkeit der Methode im Vordergrund.

» Die Validität prüft, was überhaupt untersucht wird. Hier wird betrachtet, was die gewählte Methode überhaupt messen kann.

Die drei technischen Ansprüche bedingen sich gegenseitig. Ohne Objektivität gibt es keine Reliabilität und ohne Reliabilität kann es keine Validität geben.

Die vier Freunde lehnten sich entspannt zurück und dachten eine Weile nach. Schließlich unterbrach David die Stille: „Die technischen Ansprüche an die Wissenschaftlichkeit habe ich jetzt verstanden, aber ich habe die Sorge, dass ich das alles während des Schreibens meiner eigenen Arbeit wieder vergesse.“ „Geht mir auch so“, meinte Annkathrin. „In unserem Kurs wurde dazu eine Checkliste aus einem Buch empfohlen – die habe ich mal für uns alle kopiert.“ Sie gab jedem ein Blatt. David guckte darauf und meinte: „Super! Solche Checklisten sollten wir zu jedem Thema haben – dann kann nichts schief gehen!“

Checkliste!

Technische Ansprüche an die Wissenschaftlichkeit

Objektivität: Bezieht sich darauf, wer eine wissenschaftliche Arbeit schreibt. Eine Arbeit ist objektiv, wenn keine ungewollten Einflüsse durch involvierte Personen entstehen.

» Persönliche Empfindungen und Interessen sind in meine Arbeit nicht eingeflossen.

» Bei der Durchführung und Auswertung meiner Arbeit, habe ich standardisierte Regeln und Kriterien angewendet.

» Zwischenmenschlicher Kontakt mit den Befragten/Beobachteten wurde bestmöglich vermieden.

» Bei Interviews und Befragungen habe ich auf Suggestivfragen und persönliche Beeinflussung verzichtet.

Reliabilität: Bezieht sich darauf, wie eine wissenschaftliche Arbeit durchgeführt wurde. Eine Arbeit ist reliabel, wenn sie bei wiederholter Durchführung unter gleichen Bedingungen gleiche Ergebnisse liefert.

»Eine umfassende Literaturrecherche habe ich durchgeführt.

»Alle wesentlichen Aspekte sind in der Arbeit berücksichtigt.

»Alle Personen erhalten den gleichen Fragebogen.

»Fragestellungen sind idealerweise standardisiert.

»Durchführung der Befragung wird exakt beschrieben.

»Stichprobe wird exakt beschrieben.

»Bei der Auswertung werden statistische Verfahren angewendet.

»Ort und Zeitpunkt der Befragung werden bekannt gegeben.

Validität: Bezieht sich darauf, was untersucht wurde. Eine Vorgehensweise ist valide, wenn sie tatsächlich das behandelt, was behandelt werden muss.

»Die Begriffe des Themas werden exakt definiert und von ähnlichen Begriffen klar abgegrenzt.

»Die gewählten Theorien und Aspekte sind zur Beantwortung der Forschungsfrage geeignet.

»Es werden nur Aspekte dargestellt, die zum Thema bzw. zur Forschungsfrage passen und somit relevant sind.

»Bei Befragungen ist die Datenerhebung anonym.

»Bei der Datenerhebung findet eine repräsentative Auswahl statt.

»Die gewählte Messmethode ist für die Untersuchung eines speziellen Zusammenhanges geeignet.

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9783846355497
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