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Читать книгу: «Das Geschlechtsleben in der Deutschen Vergangenheit», страница 14

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Liebeszauber und Zauberliebe

Der Aberglauben, nach Bodenstedt der Glauben ohne Aber, hat alle Wandlungen und Fortschritte der Kultur zu überstehen vermocht. In seinen Uranfängen so alt wie die Menschheit und älter als die Religion, aus deren Vorläufer er zu ihrem unzertrennlichen Begleiter wurde, spukt er noch heute mit ebenso ungeschwächter Kraft, wenn auch mancher allzu krasser Auswüchse beraubt, wie er es vormals gethan, wo er alle Handlungen der Menschheit beeinflussend, selbst die hellsten Köpfe in seinem unheilvollen Banne hielt.

Wenn Goethe einmal den Aberglauben die Poesie des Lebens nannte, so hat er, als er diesen geistvollen Ausspruch that, jene Wahnbilder des Aberglaubens vergessen, denen das Mittelalter jene zu Abertausenden aufflammenden Scheiterhaufen errichtete, die unzähligen Unschuldigen oder in unglückseliger Verblendung verfallenen zum grauenvollen Grabe wurden, darum auch setzte er der erstgenannten Sentenz seine Definition des Aberglaubens entgegen, die alles umfasst, was sich über diese Wahngebilde nur sagen lasst. »Der Aberglauben lässt sich Zauberstricken vergleichen, die sich immer stärker zusammenziehen, je mehr man sich gegen sie sträubt. Die hellste Zeit ist nicht vor ihm sicher: trifft er aber ein dunkles Jahrhundert, so strebt des armen Menschen umwölkter Sinn alsbald nach dem Unmöglichen, nach Einwirkung ins Geisterreich, in die Ferne, in die Zukunft; es bildet sich eine wundersame reiche Welt, von einem trüben Dunstkreise umgeben. Auf ganzen Jahrhunderten lasten solche Übel und werden immer dichter und dichter; die Einbildungskraft brütet über einer wüsten Sinnlichkeit. Die Vernunft scheint zu ihrem göttlichen Ursprunge gleich Asträa zurückgekehrt zu sein, und der Verstand verzweifelt, da ihm nicht gelingt, seine Rechte durchzusetzen.« Wenn Brunnenhofer das Feld des Aberglaubens in vier Gebiete einteilt: das naive, das komische, das tragikomische und das tragische242, so ziehe ich die einfache Zweiteilung in gefährlichen und ungefährlichen Aberglauben vor. Wenn, um Beispiele aus der Gegenwart zu nehmen, jemand an die Unglückszahl Dreizehn glaubt, so ist dies dem Gläubigen und seinen Nebenmenschen in keiner Weise unheildrohend; wenn aber, wie dies leider nur zu häufig der Fall ist, jemand noch Stein und Bein auf das Beschreien und den bösen Blick schwört, so kann dies dem, angeblich mit dem bösen Blick Behafteten gar leicht gefährlich werden, wie viele Gerichtsverhandlungen aus ultramontanen Gegenden zur Genüge darthun. Hingegen wird ein ursprünglich naiver Aberglauben, denn naiv ist eben anfänglich jeder Aberglauben, sehr leicht auf seiner abschüssigen Bahn, die alle vier Stationen Brunnenhofers berührt, zu einem tragischen. Und so ging es fast jedem Aberglauben des Mittelalters, wenn ein Nebenmensch mit diesem Afterglauben in Verbindung gebracht wurde, was vorzugsweise dann der Fall war, wenn der Aberglauben eines seiner beiden Hauptfelder betraf: jemandem zu schaden, oder ihn sich geneigt zu machen, oder, mit anderen Worten, wenn er dem Hass oder der Liebe Dienste leisten sollte. Da die Liebe in ihrer Entstehung und ihrer Wirkung etwas Zauberhaftes an sich hat, so war für alle jene Epochen, die blindlings an den Zaubereinfluss auf Leib und Seele schworen, die Annahme eines Liebeszaubers ziemlich naheliegend. Bei den meisten Völkern des Altertums ist demnach auch der Glauben an zauberische Mittel verbreitet, durch die man Liebe erwecken kann.

Das babylonische Mädchen, das am Kreuzweg des Mannes harrte, dem sie sich zu Ehren der Göttin Mylitta hingeben musste, räucherte mit Liebe schaffender Kleie243; die Römer erzeugten Philtra aus Hippomanes, Teilen des Vogels Jynx, des Wendehals, und anderen mehr oder weniger ekelhaften animalischen Ingredienzien, in deren genauer Zusammensetzung besonders die thessalischen Weiber sehr erfahren waren.

Aus dem skandinavischen Norden kamen jene Runenstäbe nach dem stammesverwandten Germanien, in die der zauberkundige Liebhaber geheimnisvolle Zeichen eingekerbt, um durch sie das Herz der spröden Geliebten sich zuzuwenden. Doch auch Tränke zu brauen verstanden jene Weiber, die abseits von den anderen Gaugenossen im Waldesdüster ihr Dasein verträumten, mit Odins geheiligtem Tiere, dem Raben, als einzigen Gefährten. Mit Zaubersprüchen, Liedern und Runen wussten sie die Gemische aus Kräutern und Tierbestandteilen zu segnen und wirksam zu machen.244 Man küsste die Geliebte, denn im Kusse lag ein allmächtiger Zauber245, ehedem wie heute, und wer dieser Macht nicht traute, verbarg beim Kusse ein Zauberkraut im Munde.246

Im Verlaufe des Mittelalters bildete sich die Bereitung von Liebesmitteln zu einer Geheimwissenschaft aus, die den leitenden Grundsatz aufstellte, dass man auf zweierlei Wege, durch Arcana und auf sympathetische Weise, Liebe erwecken könne.

Die Medikamente bestanden vornehmlich aus den abscheulichsten Teilen von Tieren, Testikeln des Wolfes oder des Hasen, beziehungsweise, wenn einer Frau Gegenliebe octroyiert werden sollte, den Geschlechtsteilen einer Wölfin oder Häsin, nebst Tierhaaren und Exkrementen. Doch alle diese Mittel, auch wenn sie noch so ekelhafte Gliedmassen verwendeten, sind lieblich zu nennen im Gegensatze zu den meistverwendeten Medikamenten der Liebestränke, die vom Menschen selbst genommen wurden. Zu den harmlosesten Dingen dieser Art zählt noch die vielgebrauchte Frauenmilch. Eine lustige Geschichte über den Zauber durch Frauenmilch entnimmt Harsdörfer247 dem Diarium des Andreas Ratisponensis, das sie, als im Jahre 1424 passiert, vermerkt: »In der obern Pfalz hat sich wie landkundig zugetragen, dass ein Pfaff sich in eine ehrliche Bürgersfrau verliebt, und da sie in dem Kindbett gelegen, von ihrer Magd, der er etliche Dukaten geschenkt, etlich Tropfen von der Frauenmilch begehrt. Die gab ihm aber Geissenmilch. Was er damit gethan, ist unbewusst, das aber hat er erfahren, dass ihm die Geiss in die Kirch bis vor den Altar und bis auf den Predigtstuhl nachgelaufen, was die Frau zweifelsohne hätte thun müssen, so er ihre Milch zuwegen gebracht. Er konnte des Tiers nicht ledig werden, bis er es kaufte und schlachten liess.«

Eine tiefe Gläubigkeit an die Wirksamkeit dieses Liebesmittels drückte sich in Harsdörfers Vortrag aus, und ebensowenig wie dieses geistvolle Mitglied der »Fruchtbringenden Gesellschaft«, hegt irgend ein anderer seiner Zeitgenossen zu Ausgang des 17. Jahrhunderts irgend einen Zweifel an Liebestränken und Liebesbissen, über deren ekelhafteste Zuthaten ich einen anderen berichten lassen will. Chr. von Hellwig, der unter dem Pseudonym Valentin Kräutermann ein von Borniertheiten strotzendes Buch von Heilmitteln herausgab248, von dem Scheible in Stuttgart einen Neudruck veranstaltete, schreibt: »Zu magischen und teuflischen Liebesmitteln gebrauchen Zauberer und Zauberinnen teils allerhand Worte, Zeichen, Murmelungen, Wachsbilder u. dergl., teils brauchen sie die abgeschnittenen Nägel, ein Stückchen Tuch von der Kleidung oder sonst etwas von der Person, welches sie vergraben, es sei nun unter die Thüre oder eine andere Schwelle. Huren und dergleichen Gesindel, erwählen zwar auch natürliche Dinge aus allen drei Naturreichen; sie bedienen sich ihrer monatlichen Blume, des Mannes Samen, Nachgeburten, Milch, Schweiss, Urin, Speichel, Haar, Nägel, Nabelschnur, Gehirn von einer Quappe oder Aalraupen, welch letztere hierin vor ein Spezificum gehalten wird die Liebe zu erwecken.« Das Register hat ein Loch, denn Kräutermann hat eine Ingredienz vergessen – den Kot der Liebsten.249

Um Liebe auf sympathetische Weise zu erwecken, gab es in jeder Landschaft Deutschlands andere Mittel, deren Aufzeichnung einen viele hundert Seiten starken tragikomischen Beitrag zur Geschichte der menschlichen Narrheit bilden würde.

In der Frühzeit zeichneten sich neben den alten Weibern, die ihre vermeintliche Wunderkraft meist auf dem Scheiterhaufen büssten, die fahrenden Schüler als Zauberer aus.

 
»Mit wunderlichen sachen
Ler ich sie denne machen
Von wachs einen kobold
Wil sie, daz er ir werde hold
Und teuf es in den brunnen
Und leg in an die sunnen
Und heiz widereins (rückwärts)
Umb die kuchen gan.«250
 

Sie lehrten auch für Geld und gute Worte jene sinnlosen Gebräuche, die sich zum Teil noch heute erhalten haben, von denen ich einige wenige als Beispiele für die Denkweise unserer Vorfahren hierhersetzen will. Berthold v. Regensburg sagt von den Bauern »Pfî, wiltû einen man alsô mit zouberîe gewinnen! … Sô nimt din her ein toufet ein wahs, din ein holz, din ein tôtenbein, allez daz sie dâ mite bezouber. Dâ zoubert din mit den Kriutern, din mit dem heiligen Krismen, din mit dem heiligen gotes lîchnamen.«251

»Dass dich eine lieben muss.« »Nimm drei Federn vom Hahnenschwanz, druck sie dreimal in die Hand. Probatum.« Oder: »Nehme eine Turteltaubenzung ins Maul (!), rede mit ihr lieblich, küsse sie darnach auf den Munde« – natürlich sie, die Angebetete, nicht die Turteltaubenzung – »so hat sie dich so lieb, dass sie dich nicht mehr lassen kann.«252

»Rezept zum Liebespulver. Nimm eine Hostie, die jedoch nicht geweiht sein darf, schreibe auf sie einige Worte mit Blut aus dem Ringfinger und lasse alsdann von einem Priester fünf Messen darüber lesen. Dann teile die Hostie in zwei gleiche Teile, deren einen nimm selbst, den anderen gebe der Person ein, deren Liebe du gewinnen willst.«

»Nimm von deinem Blut an einem Freitag im Frühling, lass es mit den beiden Testikeln eines Hasen und der Leber einer Taube in einem nicht zu warmen Ofen in einem kleinen Topf trocknen, machs zu feinem Pulver und lass die Person, von der du geliebt sein willst, davon geniessen, ungefähr einer halben Drachme schwer. Wenns aufs erstemal nicht wirkt, so wiederhole es bis zu dreimal und du wirst geliebt werden.«

»Die weisse Lilienwurzel, unter gewissen Zeichen gesammelt, und bei sich getragen, grosse Liebe und Freundschaft (sic) zwischen Personen beiderlei Geschlechtes erwecken und erhalten soll.«253 Sapienti sat!

Noch eines Sympathiemittels muss, um nicht unvollständig zu sein, wenn auch widerstrebend, gedacht werden. »Ein fleissiger Studiosus Medizinae, mein ehemaliger guter Freund, ward offt von des Nachbars Tochter gelockt, aber er hatte Eckel daran. Einst schlieff er bey ihrem Bruder in ihres Vatters Hause, und ward gantz umgekehrt, doch aber kam er nicht zu ihr. Nur des Nachts, mehrenteils um 12 Uhr, stund er leise uff, lieff vor des Mägdleins Hauss, küssete die Thür dreymahl und gieng wieder von dannen. Wie es seine Schlaffgesellen merkten, verwiesen sie ihm die Thorheit, doch konnten sie ihn nicht davon abhalten. Einst wollte er sein Kleid vom Schneider umwenden lassen, da fand man in den Hosen einen linnenen Beutel und in demselben einen Hasenschwantz, krausse Haare, vielleicht von einem ungenannten Ort der Dirne abgeschnitten und diese Buchstaben S. T. T. I. A. M., welche einige so verdolmetschen: Satanus te trahat in amorem mei.254 Sobald aber das Säcklein mit Schwantzhaaren und allem verbrandt war, hatte der Geck auch Ruhe.«255

Einen interessanten Beitrag zum Glauben an die Kraft dieser Weiberhaare findet sich in der Biographie der Magdalena Sibylla von Neitschütz, die ihren Geliebten, Johann Georg IV. von Sachsen, auf diese Weise an sich gekettet haben sollte256.

Solange die weltliche Obrigkeit gegen derartige Zaubereien noch nichts einzuwenden hatte, ging es noch; aus Predigten und Konzilsbeschlüssen machte man sich blutwenig, denn kirchliche Strafen waren eben nur Ehrenstrafen, die sich schliesslich überstehen liessen, wenn sie auch hart genug trafen. So ordnete ein Pariser Pönitentiale an: »Wer Blut oder seinen virile um der Liebe oder einer anderen Sache wegen einem Mann oder einer Frau zu trinken giebt, soll drei Jahre büssen«257, oder wenn, wie aus einem Fastnachtsspiele hervorgeht258, alle diejenigen von der Kommunion ausgeschlossen blieben, die »zu essen geben oder in annder weiss machen, das leut schullen an einander liep oder feinter werden, und was solicher sach sein«, so konnte sich der Übelthäter immerhin noch, sei es durch Geldopfer oder eine andere vom Geistlichen auferlegte Busse, wieder reinwaschen. Anders stand dies aber in einer Zeit, wo der Hexenwahn die Gemüter ergriffen hatte, Laien und Pfaffen beiderlei Konfessionen in unersättlichem Blutdurste alles, was den Namen Weib führte, in unerhörtester Weise besudelten und »ad majorem Dei gloriam« zu Tode schleiften, nachdem sie vorher auf das schamloseste die Körper und die Gemüter der auf der Folter gefügig gemachten Opfer gebrochen; wo ein scheinheiliger Rechtslehrer, Benedikt Carpzow, sich in einem Atem und unter demselben Augenaufschlag rühmen konnte, dreiundfünfzigmal die ganze Bibel durchgelesen und zwanzigtausend Todesurteile gefällt zu haben, die zumeist arme Weiber, denen das Hirngespinst des grossen Leipziger Schurken nie ausgeführte Verbrechen angedichtet hatte, zur Einäscherung, im besten Falle zur Hinrichtung durch das Schwert verdammte, da war schon der Gedanke an ein Liebesmittel eine Anwartschaft auf den Tod, da er auf unzweifelhaften Verkehr mit dem Teufel hinwies. Mit ebenso stupender wie stupider Gelehrsamkeit hatte sich der jedes Gefühles bare Carpzow und mit ihm der ganze Schwarm Gottesgelahrter und Richter ein System zurechtgebaut, aus dem das erotische Moment in einer Teufelsfratze allenthalben hervorgrinste. »So sehr war durch den Einfluss des Teufelsglaubens die altgermanische Frauenverehrung, welche im Weibe ›etwas Heiliges‹ gesehen hatte, getrübt worden, dass unsere Altvorderen etliche Jahrhunderte hindurch es für möglich, ja für wirklich hielten, deutsche Mädchen und Frauen gäben Sitte und Scham, alles Hohe und Heilige, was der Mensch besitzen kann, für die widerliche Umarmung eines scheusslichen Bockes hin. Es dürfte doch schwer sein, auf dem ganzen Gebiete menschlicher Narrheit etwas aufzufinden, was an blödsinniger Gemeinheit dieser christlich-theologischen Phantasie nur halbwegs gleichkäme.«259

Vergessen war die abgöttische Verehrung, die man dem Weibe in der Jungfrau Maria dargebracht, vergessen die Achtung, die man der Mutter, der Hausfrau gezollt, das Weib war nur das unreine Gefäss, durch das, nach theologischer Weisheit, »die Sünde« überhaupt in die Welt gekommen, das daher teuflischen Einflüssen um so leichter zugänglich sein musste.

Da nun »die Teufel, die nicht zu zählen sind«, die Welt durchstreifen, um Menschen zu verführen und jeden zu ergattern, »die um ein sehr lange Zeit daher, über fünftausend Jahre, durch stete Uebung überaus klug und erfahren sind worden«260, so wandten sie sich zuerst an die Frauen, um sie körperlich und seelisch zu verführen und sie zu Werkzeugen zu machen, durch die ihnen weitere Opfer zugeführt wurden.

Das Hauptmittel, die Weiber zu Hexen zu machen, bestand für den Teufel in der Buhlschaft. Um mit den Hexen geschlechtlich zu verkehren, besucht er sie in allerlei Verkleidungen in ihren Wohnungen. Bald tritt er als schwarz gekleideter Herr, bald als Mann mit Federhut, gelben Strümpfen und einem Esels- oder Pferdefuss, bald wieder als langer, schwarzer Mann mit Hörnern auf261, oder er naht sich ihnen unter der Maske eines Junkers, Jägers, Reiters und unter den Namen Junker Hans, Voland, Hämmerlein, Federhanns, Schönhans, Peterlein, Federlein, Papperlen, Klaus, Grässle, Grünhütel oder ähnlichen.262 Manchesmal aber suchte sich der Junker Hans auch ganz ausgefallene Örter zum Buhlen aus. Am 6. März 1604 wurde in Lauchstädt eine Zauberin, die Haferkastin nebst einer anderen Hexe verbrannt, die bekannt haben sollte, vom Teufel auf die Spitze des Roten Turmes zu Halle geführt worden zu sein, wo er ihr gedroht habe, sie hinunter zu stürzen, wenn sie ihm ihr gegebenes Versprechen nicht halte. Darauf sei sie ihm zu Willen gewesen und habe fünfmal mit ihm auf der Turmspitze Unzucht getrieben. Etwas Derartiges konnten Menschen, die sich ihrer fünf gesunden Sinne rühmten, für bare Münze nehmen!

Über die Art des geschlechtlichen Verkehrs ergehen sich die Werke Carpzows und das »aus frommem Wahnsinn und fanatischer Grausamkeit« bestehende Schandbuch des Ketzerrichters und Theologie-Professors Jakob Sprenger, der im Jahre 1489 mit Approbation der Kölner theologischen Fakultät gedruckte »Malleus maleficarum«, zu deutsch der Hexenhammer, in einer Breite, deren Unflätereien lebhaft an Liguoris Moraltheorie erinnern. »Der Autor schreibt wie ein Kerl, der etliche bordels ausgehuret hat«, sagt bereits Hauber von Sprenger.263 Es sträubt sich meine gewiss nicht prüde Feder, diese mit behaglicher Ruhe vorgetragenen Schweinereien eines im Cölibate lebenden hochwürdigen Herrn auch nur andeutungsweise wiederzugeben.264

Aus den düsteren Gewölben, deren Kreuzbogen vom Gewinsel und Stöhnen der armen, gefolterten Kinder und Frauen widerhallten, drang viel, zu viel an die Öffentlichkeit, um nicht die Phantasie hysterischer und vom allgemeinen Wahne ergriffener Weiber derart zu erhitzen, dass sie alles das, was sie gehört, auch schliesslich selbst erlebt zu haben glaubten und sich im Wahnsinne Verbrechen bezichtigten, die sie kaum geträumt haben können. Sie geben unumwunden zu, was ihnen die Richter in den Mund legen, oder gestehen es, ausgeschmückt mit eigenen Zuthaten unter den Martern der oft menschlicher als die Richter fühlenden Henker. Fühllos wie die Quadern der Folterkammern wohnten diese Richter jahraus, jahrein jenen Greuelscenen bei, bis die Gewohnheit jegliches Gefühl in ihnen abstumpfen musste. Wenn die deutschen Richter auch nicht in den Zwischenakten eines Hexenprozesses Laute spielten und Inkulpantinnen tanzen liessen, ehe sie sie an den Holzstoss ablieferten, wie dies ein französischer Kollege that265, so fanden sich doch auch in deutschen Gauen nichtswürdige Hallunken genug unter ihnen. Wenn sich unter der Regierung des Bischofs Heinrich Julius von Halberstadt-Braunschweig im 17. Jahrhundert anlässlich einer rebellischen Bewegung der Braunschweiger Bürger gegen den geistlichen Herrn folgendes zutragen konnte, wird es bei den Prozessen gegen die Unholdinnen keinesfalls besser, eher noch schlimmer hergegangen sein, wofür viele Gründe sprechen. In dem besagten Prozesse heisst es von den in der Marterkammer anwesenden Gerichtspersonen: »Sie trunken einander fleissig zu, dass sie auch so toll und voll wurden, dass sie einesteils eingeschlafen … Etwan in die dritte Woche kamen sie wieder, und als sie nun in solcher Trunkenheit ihr gefasstes Müthlein ziemlichermassen ausgeschüttet, seyn sie für diesmal davongegangen … Zum dritten male bin ich abermal in die peinliche Kammer gebracht u. s. w. und Hans Saub war so trunken und voll, dass er beim Tisch einschlief, und wann er hörte, dass ich etwas härter sprach, so wachte er auf und weisete mit den Fingern, sagend: Meister Peter, hinan, hinan mit dem Schelm und Stadtverräther und wenn er solches gesagt, schlief er wieder ein vor Trunkenheit. Ingleichen soffen die andern tapfer auch herum Wein und Bier, und wurden aus Trunkenheit und sonsten so verbittert, dass nicht zu sagen …«266 Das Martern und Foltern der Angeklagten war im Mittelalter ein derart unzertrennlicher Bestandteil des Gerichtsverfahrens, dass der Richter den Gedanken, ein Geständnis anders als durch die Folter zu erlangen, einfach nicht fassen konnte. Und bei den Unholdinnen erst, die nichts zu gestehen hatten, waren die Folterwerkzeuge unentbehrlich, denn ohne sie hätte es eben keine Hexenprozesse gegeben.

Bei Weibern, die sich dem Satan zu eigen gegeben, wäre Milde des Richters ein Verbrechen gewesen, das ihn vielleicht selbst in eine zweideutige Stellung gebracht hätte, darum suchte jeder einzelne genau nach der Schablone zu handeln. Lag es auch in seinem Belieben, die schauerliche Wirkung der Tortur zu erhöhen oder zu mildern, so brauchte er seine Macht doch kaum jemals zu Gunsten einer Hexe, ebensowenig wie er sich daran kehrte, die heuchlerische Vorschrift des Hexenhammers zu befolgen, bei der Tortur kein Blut zu vergiessen. Er war unumschränkter Herr in der Folterkammer und gebrauchte seine Macht oder missbrauchte sie, ganz wie es ihm beliebte. Hatte er jemanden freilassen müssen, weil seine Unschuld denn doch zu klar lag, so liess er eben den unschuldig Gepeinigten Urfehde schwören, sich niemals an ihm und den Seinen zu rächen. Bei einer Hexe war aber diese Gefahr für den Inquisitor nicht zu befürchten, denn kaum eine dieser Unthat bezichtigte Weibsperson entrann jemals dem Arm »der Gerechtigkeit«.

Schon vorm Beginn des Prozesses brach man die Seelenkraft der Angeklagten, die schliesslich so mürbe werden musste, dass sie sich schuldig bekannte, um durch den Tod von weiteren Quälereien befreit zu werden.

Ehe man die Hexe dem Richter vorführte, zog man sie splitternackt aus und untersuchte ihren Körper, ob sie nicht Zaubermittel bei sich führte, mit denen sie dem Richter Schaden zufügen könnte. Obwohl der Hexenhammer vorschrieb, diese Untersuchung von ehrsamen Frauen vornehmen zu lassen, so scherte sich in der Praxis kein Richter darum, sondern überliess die Wehrlose den Henkersknechten, die diese günstige Gelegenheit nicht vorübergehen liessen, sich tierisch an jungen Hexen, selbst unmündigen Kindern zu vergreifen und dem Teufel die Schuld zuzuschieben. Der wütende Hexenrichter Remigius, der sich in seiner »Daemonolatria« rühmt, binnen fünfzehn Jahren (1580-1595) in Lothringen achthundert Hexen eingeäschert zu haben, erzählt von einem seiner Opfer, Katharina genannt, sie wäre, obgleich noch ein unmannbares Kind, im Kerker wiederholt derart vom Teufel genotzüchtigt worden, dass man sie halbtot aufgefunden habe.267 Wem hätten auch die Geschändeten die ihnen angethane Schmach klagen sollen, dem Richter? Der wusste doch, dass alles, was die Hexe sprach, Lüge und Blendwerk der Hölle sei, oder ihren Beichtvätern, »gleichviel ob katholisch oder protestantisch, die die gefangenen Hexen in den Kerkern aufsuchten und, anstatt ihnen Trost und Mut zuzusprechen und durch das Gebet für ihren Martergang zu stärken, sie mit allen möglichen Kreuz- und Querfragen in Fallen zu locken suchten; ihnen das Gewissen beängstigten; sie zu falschem Geständnisse zwangen? Diese gemeine, niederträchtige Pfaffenbrut war gefährlicher als die Henkersknechte und Inquisitoren resp. Richter. Denn selbstverständlich hing sich ein bis zu Tod geängstigtes Weib mit aller Gewalt an den Seelensorger; suchte bei ihm Trost und folgte seinem Rate. Musste ein solch armes Wesen nicht von Sinnen kommen, wenn sie sogar von dem Manne, den sie als heilig und fromm verehrte, als Hexe betrachtet wurde? Und wie er ihr ins Gewissen redete! Wie er, wenn sie bekennen würde, ihr von Heil und Rettung, von Gnade und Barmherzigkeit vorpredigte! Jede verfängliche Aussage, die ein so verzweifeltes Weib fallen liess, nahm der Beichtvater zu Protokoll. Hatte er genug aus der Unglücklichen herausgepresst, so gab er dem Richter genauen Bericht. So kam es, dass der Richter bereits das ganze Untersuchungsprotokoll, die ganze Beweisaufnahme in den Händen hatte, ehe er überhaupt die Hexe verhört hatte. Er hatte somit leichte Arbeit, indem das Verhör seinerseits nur kurze Zeit in Anspruch nahm, das übrige that die Folter.«268

Doch noch eine zweite Entwürdigung hatte die Hexe vor dem Richter durchzumachen. Man schor ihr jedes Haar am Körper ab, um eines jener Teufelsmale, Stigma, zu entdecken, mit dem der Satan alle Weiber kennzeichnete, die er als Buhlerinnen gebraucht. Fand man einen Leberfleck, ein Muttermal oder eine Warze, so stach der Henker mit einer Nadel darein, um seine Empfindlichkeit zu prüfen. Schmerzte der Stich nicht, dann war die Teufelsliebe erwiesen, im anderen Falle hatte der Teufel der Hexe das Mal empfindlich gelassen, um die Richter zu täuschen. Fehlte ein solches Mal gänzlich, so hatte es der Teufel verwischt. Gestand nun die Hexe, eingeschüchtert durch die Aussicht auf die Tortur, oder getäuscht von lügenhaften Vorspiegelungen des Beichtvaters oder des Richters, dann war sie verloren. Leugnete sie, dann unterwarf man sie der peinlichen Frage, die mit der amtlichen Formel begann: »Du sollst so dünn gefoltert werden, dass die Sonne durch dich scheint!« Diese Drohung war keine leere, und die Feder sträubt sich, all das Entsetzliche niederzuschreiben, was man nun mit den armen, schwachen Weibern vornahm. Mädchen im zartesten Kindesalter, sieben-, acht-, zehn- und zwölfjährige Mädchen269, schwangere Frauen270, sechzig-, selbst achtzigjährige Greisinnen, sie alle verliessen verbrannt, zerrissen, mit gebrochenen Gliedern, aus hundert Wunden blutend die Folterkammern.

Alle Bande des Blutes löste der unglückselige Wahn. Wolf Rossmann, ein Bauer zu Amorbach, gab seine eigene Mutter als Hexe an.271 Vielleicht um sich ihrer zu entledigen, wie es Männer mit ihren Frauen thaten, Brüder mit Schwestern, denen sie das Erbe missgönnten, selbst Väter mit ihren Töchtern.

Und der ewig wiederkehrende Punkt bei allen Hexenprozessen ist geschlechtlicher Natur, in allen den vielen Protokollen, die auf uns gekommen sind, kehrt er, wenn nicht als Teufelsbuhlschaft allein, so in irgend einer anderen Form neben dieser wieder. Ein solches Protokoll, herausgerissen aus hundert beinahe gleichen, möge hier stehen. Es stammt aus dem Jahre 1572 aus der Umgebung von Trier und wird von Dr. Hennen mitgeteilt. Eine gewisse Eva, eine überführte Kindesmörderin aus dem Dorfe Kenn ist beschuldigt, mit dem Höllenfürsten Umgang gehabt zu haben. Sie besässe die Kunst zu hexen und hätte einen Knecht auf dem »grünen Haus« verzaubert, dass er in Liebe zu ihr entbrennen sollte. Die Angeklagte antwortete, dass sie die Zauberkunst nicht verstände. Sie hätte nur dem Zymmerhansen, dem Knecht, einen Ring gegeben; dieser hätte ihr versprochen, sie einst zu ehelichen. Das war das kurze Verhör. Die Folter wurde vorläufig nicht angewendet. Die Angeklagte wurde hierauf ins Gefängnis abgeführt.

An demselben Nachmittage wurde sie nochmals dem Amtmann, Schultheissen und zwei Schöffen vorgeführt. Sie verharrte auf ihrer Aussage, dass sie nichts von Zauberei verstünde. Nun wurde sie den Henkersknechten übergeben, die sie auf die Folter spannten.

Das unsinnigste Zeug brachte sie infolge der wahnsinnigen Schmerzen vor. Sie zog andere mit ins Unglück, einen Mann und drei Frauen, da sie, um nur sobald als möglich von den Folterqualen befreit zu werden, andere angab, von denen sie die Hexerei gelernt haben wollte. Von der einen behauptete sie, dass diese ihres (Evas) Mannes Mannbarkeit durch Zauberei genommen habe; von einer zweiten Frau sagte sie, dass diese ihr das Zaubermittel, wie man einen Mann an sich fesseln könnte, gelernt hätte, indem man nämlich einige Tropfen Blutes in einer Birne dem Betreffenden zu essen gäbe. Dies hätte sie nun auch mit dem Zymmerhansen so gemacht.

Die Folter wurde noch verschärft. Da rief Eva vor Schmerz aus, man sollte sie nur loslassen, sie wollte die Wahrheit eingestehen. Sie könnte zaubern.

Als man mit Foltern nachliess, gestand sie, dass sie von jener Frau, der sie die Entmannung ihres (Evas) Mannes zuschrieb, das Zaubern gelernt hätte. Sie teilte nun dem Amtmanne mit, wie sie durch die betreffende Frau, die Barbara hiess, mit dem Teufel zusammengekommen wäre; wie sie Gott abgeschworen und den Teufel verehrt hätte mit den Worten: »Ich sage Gott ab und dem Teufel zu und soll sein Eigen sein.«

Ferner gestand sie ein, mit dem Teufel etlichemal zu schaffen gehabt zu haben, Vieh und Menschen bezaubert, Unwetter heraufbeschworen zu haben. Die von ihr Bezichtigten erlagen gleichfalls unter der Anklage.272

Der Raub der Mannheit, dessen Eva die eine Hexe beschuldigte, wurde durch »das Nestelknüpfen« erreicht, vermittelst Schürzung eines zauberischen Knotens an einer der Hosennesteln eines Ehemannes, diesen zeugungsunfähig zu machen, doch gab es auch noch viele andere, mehr oder weniger blödsinnige Mittel, gegen die man sich aber auf gleich sinnreiche Weise schützen konnte, so nach der »gestriegelten Rockenphilosophie«, wenn der Bräutigam, bevor er in die Kirche zur Trauung geht, das Bierfass anzapft und den Zapfen während der Trauung bei sich trägt und andere ähnliche mehr, von denen Scheibles Sammelwerke »Das Kloster« und »Das Schaltjahr« eine reiche Blütenlese geben.

242.Dr. Herm. Brunnenhofer, Culturwandel und Völkerverkehr, S. 103 ff.
243.Baruch 6, 42. 43.
244.Weinhold a. a. O. I. 236.
245.Grimm, Mythologie, 1055.
246.Nithart von Reuenthal, Lieder, 17. 30.
247.»Schauplatz lust- und lehrreicher Geschichten«, 1653.
248.Der curieuse Zauberarzt, wie man alle Artzneyen verfertigen auch per sympathiam, et antipathiam, transplantationem, amuleta et magiam naturalem od. vermeynte Hexerey die vornehmsten Kranckheiten curiren könne. Frankfurt a. M. 1725.
249.Paullinus a. a. O. I. S. 344.
250.»Von einem fahrenden Schüler.« Altdeutsche Wälder, II. 55.
251.Predigten, II. 70. 25 bei Schultz, H. L., S. 650.
252.Scheibles Schaltjahr, II. 45.
253.Anleitung zu den curiösen Wissenschaften. Frankfurt 1717.
254.Der Teufel ziehe dich in meine Liebe.
255.Paullinus a. a. O. I. 344 ff.
256.F. Bülau, Geheime Geschichten und rätselhafte Menschen, 2. Auflage, III. Band (1863). Die Gräfin von Rochlitz, S. 1 ff.
257.Arved Straten, Blutmord, Blutzauber, Aberglauben, Siegen 1901.
258.Keller, S. 1463.
259.Scherr, G. d. d. F., II. 139.
260.Luthers Tischreden oder Colloquia, Vom Teufel und seinen Werken, (Anno 39 den 15. Januarii).
261.Curt Müller, Hexenaberglaube und Hexenprozesse in Deutschland (Reclam), S. 26.
262.Scherr, Frauenwelt, II. 149, und Müller a. a. O., Urteilssprüche Leipziger Schöffen, 139 ff.
263.Bibliotheka magica, 1741, I., 26 ff.
264.Wer den Mut hat, den stinkenden Sumpf des Hexenhammers zu durchwaten, der sei auf Graf von Hoensbroechs »Das Papstthum in seiner sozialkulturellen Wirksamkeit« hingewiesen (Leipzig 1900), dessen I. Band eine ziemlich vollständige Übersetzung des Malleus maleficarum enthält.
265.Roloff, Leben und Wirken des Teufels, Histor. Taschenbuch, 5. Folge, 2. Jahrg., S. 165.
266.F. Heinemann, Richter und Rechtspflege in der deutschen Vergangenheit, S. 64.
267.Scherr, Kulturgeschichte, S. 387.
268.C. Müller a. a. O. S. 90.
269.Scherr, Gesch. d. d. Frauenwelt, II. 161.
270.Scherr, Kulturgeschichte, S. 640 ff.
271.Zeitschrift für d. Kulturgesch., 1859 S. 427.
272.Müller a. a. O. S. 109 ff.
Возрастное ограничение:
12+
Дата выхода на Литрес:
04 августа 2017
Объем:
260 стр. 1 иллюстрация
Правообладатель:
Public Domain

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