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Читать книгу: «Ein Junggeselle wird bekehrt», страница 2

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Nachdem sie sich von ihrem Knicks erhoben hatte, sagte, Letty impulsiv: »Oh bitte, wenn Sie eine Anstandsdame für uns suchen, finden Sie nur keine alte und mürrische, die an allem, was ich tue, etwas auszusetzen hat! Die Damen in Bedfordshire sehen in solch mißbilligender Weise auf mich herunter.«

Der Marquis konnte sich den Grund lebhaft vorstellen, aber er bemerkte, daß sein Sekretär ihn fragend anschaute, und beeilte sich zu erklären: »Das ist es, was meine Cousinen suchen, Dugdale: als erstes ein möbliertes Haus und als zweites jemanden, der sie beide in die Gesellschaft einführt. Darüber hinaus können sie für das erste sehr wenig Geld aufbringen und für das zweite praktisch so gut wie nichts.«

Er spürte, daß Alexia ihn vorwurfsvoll ansah. Doch dann wurde er von Mr. Dugdales Erstaunen darüber abgelenkt, daß er sich mit etwas befassen sollte, das so gar nicht zu seinem üblichen Aufgabengebiet gehörte.

»Eine möblierte Unterkunft dürfte nicht schwierig zu finden sein«, sagte der Sekretär nach einer Weile. »Aber eine Anstandsdame — ich habe keine Ahnung, wo ich eine suchen sollte, Mylord.«

»Ich habe es noch nie erlebt, daß Sie bei einer Sache, um die ich Sie gebeten habe, versagt hätten«, antwortete der Marquis. »In der Tat glaube ich, Sie brüsten sich damit, niemals auf der Verliererseite zu stehen. Dies ist eine Herausforderung. Sie werden dabei über sich selbst hinauswachsen.«

Mr. Dugdale legte eine Hand an seine Stirn und machte ein verwirrtes Gesicht. Gleichzeitig blitzten seine Augen, als ob er verstand, daß der Marquis ihn absichtlich dazu anstachelte, eine Lösung für dieses Problem zu finden. Er wandte sich an Alexia.

»Wie bald werden Sie alles benötigen, Miss Minton?« fragte er.

»Jetzt, auf der Stelle«, antwortete Alexia. »Wie ich schon sagte, ich mag das Hotel nicht, in dem wir die letzte Nacht verbracht haben, und es ist sehr teuer, viel teurer, als ich es erwartet hatte.«

»Sie und Ihre Schwester wohnen doch sicher nicht allein in einem Hotel?« fragte Mr. Dugdale betroffen.

Alexia lächelte ihn an.

»Seine Lordschaft glaubt auch, ich sei sehr töricht, aber so dumm bin ich nun wieder nicht. Nein, unsere Gouvernante ist bei uns und auch mein Bruder.«

»Wie alt ist er?« fragte Mr. Dugdale.

In seiner Stimme schwang eine gewisse Erleichterung mit.

»Peter ist sieben.«

Wieder sah Mr. Dugdale den Marquis hilflos an.

Dann, als er das Lächeln auf den Lippen seines Arbeitgebers sah, murmelte er: »Ich kann mir nicht denken, Mylord, daß im Augenblick . . .«

Der Marquis unterbrach ihn.

»Was ist denn mit dieser Verwandten, die mir ständig in den Ohren liegt?« fragte er. »Vielleicht wäre sie mir gern gefällig, in der Hoffnung auf spätere Vorteile.«

Sein Gesicht hatte wieder jenen typischen zynischen Ausdruck angenommen.

Mr. Dugdale lächelte erleichtert.

»Sie meinen die ehrenwerte Mrs. Featherstone«, sagte er. »Eine ausgezeichnete Idee, Mylord! Sie wird diese Aufgabe mit Freuden übernehmen.«

»Ich schlage vor, Sie setzen sich mit ihr in Verbindung, Dugdale. Und ein möbliertes Haus für die nächsten zwei Monate zu finden, dürfte wohl kein Problem darstellen.«

»Ich hoffe, Ihr Optimismus ist gerechtfertigt, Mylord.«

»Bei Ihren Fähigkeiten ist er das gewiß«, erwiderte der Marquis.

Die Blicke der beiden Männer trafen sich, und jeder wußte, was der andere dachte.

Dann, als ob er die Bürde, die ihm auferlegt worden war, zu tragen bereit sei, sagte Mr. Dugdale laut: »Ich schlage vor, Mylord, ich führe die beiden Damen in mein Arbeitszimmer, wo wir alle nötigen Details besprechen können. Ich glaube, Seine Lordschaft haben eine Verabredung.«

»Vielen Dank, Dugdale!« antwortete der Marquis.

Er streckte Letty seine Hand entgegen.

»Vertrauen Sie Mr. Dugdale! Er wird alles Nötige veranlassen. Ich hoffe, daß Sie eine sehr glückliche Zeit in London verleben und eine gefeierte Dame in der Stadt sein werden.«

»Das wäre sehr aufregend«, erwiderte Letty lächelnd. »Aber Alexia sagt, ich solle nicht zu viel erwarten.«

»Das ist sehr klug von Alexia«, meinte der Marquis. »Ich glaube jedoch, ihre Skepsis ist unbegründet.«

Dann streckte er seine Hand Alexia hin und bemerkte, daß sie dankbar zu ihm aufsah. Er fühlte sich plötzlich wie ein Ritter, der ein junges Fräulein aus einer großen Gefahr gerettet hatte.

»Danke schön ... ich danke Ihnen!« Sie legte ihre Hand in seine. »Wie kann ich Ihnen jemals zeigen, wie dankbar ich Ihnen für Ihre Freundlichkeit und ihr Verständnis bin?«

»Ich hoffe nur, daß alles so wird, wie Sie es sich wünschen«, erwiderte der Marquis. »Und ich bin sicher, Ihre Schwester wird die Stadt im Sturm erobern.« '

»Sie dachten gewiß, ich würde übertreiben«, lächelte Alexia, »aber ich hatte recht, nicht wahr?«

»Recht hatten Sie in der Tat!« antwortete der Marquis. »Sie beide sind Mintons, auf die die ganze Familie stolz sein kann.«

Bei diesem Kompliment färbten sich Alexias Wangen rot, und für einen Moment senkte sie verlegen ihren Blick.

Dann sagte sie mit einem kleinen Lächeln: »Vielen Dank, daß Sie mich einschließen, aber es ist Letty, die zählt.«

Sie knickste und folgte Mr. Dugdale und Letty, die schon bei der Tür wartete.

Als sie sie erreicht hatte, drehte sie sich noch einmal um, und dem Marquis schien es, als sei der Sonnenschein in ihren Augen gefangen.

Noch einmal sagte sie: »Danke ... ich danke Ihnen so sehr!«

Dann schloß sich die Tür hinter ihnen.

2

Der Marquis traf den Regenten in einer seiner aufgeregten Stimmungen an.

»Ich bin froh, daß Sie hier sind, Chilton!« sagte er. »Ich brauche Ihre Hilfe — in einer schwierigen Angelegenheit.«

Die Stimmung des Marquis sank, da er sicher war, die »schwierige Angelegenheit« beträfe das Fest, das der Regent unmittelbar nach der Vereidigungszeremonie seiner Regentschaft im Carlton House geben wollte.

Solange die Ärzte seines Vaters in Windsor jedoch weiterhin andeuteten, daß das Gemüt Seiner Majestät noch immer durch gestörte Funktionen erregt sei, waren Feierlichkeiten anläßlich seiner Machtübernahme verfrüht.

Zweimal hatte der Regent ein Datum für sein Fest festgelegt, und beide Male mußte er es wegen der schlechten Nachrichten aus Windsor verschieben.

»Was soll ich tun, Chilton?« fragte er, während er verzweifelt auf eine Einladung sah, die er in der Hand hielt.

»Ich sagte bereits zu Seiner Königlichen Hoheit«, warf Lady Hertford ein, »daß es beim dritten Mal bestimmt klappen wird, und wenn er nun ein Datum festlegt, werden wir gewiß in der Lage sein, einen zweifellos sehr glücklichen Anlaß zu feiern.«

Der Marquis sah Lady Hertford an und dachte einmal mehr, daß ihre auffallende Erscheinung ihren recht bescheidenen Verstand kaschierte.

Sehr reich, wunderschön gekleidet, steif, stattlich und zweifellos gutaussehend, war es nicht schwer vorstellbar, wie sie imstande war, den Regenten fast bis an die Grenze des Wahnsinns zu erregen.

Der Marquis vermutete, es müsse etwas im Charakter des Regenten geben, das ihn seit frühester Jugend dazu getrieben hatte, sich von Frauen dominieren zu lassen, die viel älter waren als er selbst.

Was auch immer der Grund dafür sein mochte, es gab keinen Zweifel daran, daß er von Lady Hertford hoffnungslos betört worden war. Mehr als einmal hatte er dem Marquis anvertraut, er sei der glücklichste Mann auf der Welt, da er sie zur Freundin habe.

Der Marquis wußte, daß der Regent sie jeden Morgen, wenn sie in London war, besuchte und ihr jeden Morgen schrieb, wenn sie nicht in London weilte.

»Du liebe Güte, seit mehr als vierzehn Jahren ist sie Großmutter!« hatte einer der Höflinge in beißendem Spott gesagt, während ein anderer meinte, sie sei abstoßend und völlig geschmacklos.

Aber einer der Gründe für ihren immer stärker werdenden Einfluß auf den Regenten war, daß sie streng auf ihre Tugend achtete, so vermutete der Marquis zumindest.

Nur wenige dachten genauso, am wenigsten die Zeichner, die die königliche Liebesgeschichte auf eine skandalöse Weise darstellten.

Der Marquis war jedoch überzeugt davon, daß Lady Hertford zwar die glühende Bewunderung des Regenten genoß, aber nicht die Absicht hatte, seine Geliebte zu werden.

Trotz ihres Einflusses war es auch für Lady Hertford schwierig, den Prinzen von seinen übertrieben dramatischen Gefühlsausbrüchen abzuhalten, die häufig mit plötzlichen Krankheitsanfällen endeten.

Er hatte sie sein Leben lang gehabt. Normalerweise bekam er dann hohes Fieber, einen rasenden Puls und litt unter großer Gemütserregung, bösen Krämpfen und Entzündungsanfällen der Lungen.

Er war intelligent genug, um zu erkennen, daß sein Gemüt die Hauptursache dieser Krankheiten war.

»Verdammt, Chilton«, sagte er einmal, »es ist nicht verwunderlich, daß die vielen Dinge, die mich verärgern, mich ernsthaft krank machen!«

Da er mit zunehmendem Alter immer reizbarer wurde, ergriff der Marquis nun hastig Partei für Lady Hertford, um zu verhindern, daß er sich über das Datum seines Festes in einen Wutausbruch hineinsteigerte.

»Ich bin sicher, Sir«, meinte er beschwichtigend, »daß es keine weitere Verschiebung geben wird.«

»Wenn es doch eine geben sollte, werde ich überhaupt kein Fest mehr geben«, knurrte der Regent verdrießlich.

»Und das würde uns alle sehr unglücklich machen«, warf Lady Hertford ein.

Der Regent lächelte sie an und war augenblicklich der bewundernde Liebhaber, der er gern sein wollte.

»Ich würde nie etwas tun, und das ist ein ernsthafter Schwur meines Herzens«, sagte er, »was für Sie auch nur einen Moment der Trauer bedeuten könnte.«

»Dann machen Sie sich keine Sorgen mehr, Sir! Wählen Sie ein anderes Datum, und seien Sie versichert, daß die Götter Ihnen gnädig sein werden.«

Während sie sprach, reichte sie ihm ihre Hand und machte einen vollendeten Hofknicks, der äußerst graziös erschien, obwohl ihr Korsett sehr eng geschnürt war.

»Sie müssen mich schon verlassen?« fragte der Regent besorgt.

»Ich fürchte ja, Sir, aber heute abend werden wir uns wiedersehen.«

»Bis dahin werde ich die Minuten, nein, die Sekunden zählen!« antwortete der Regent leidenschaftlich.

Er geleitete Lady Hertford zur Tür, und der Marquis wartete im gelben Salon auf seine Rückkehr.

Als er zurückkam, sah der Regent, obwohl er beinahe fünfzig Jahre alt war, so glücklich aus wie ein kleiner Junge.

»Eine wunderbare Frau — wundervoll!« murmelte er. »Wenn ich nur mit jemandem wie ihr verheiratet sein könnte.«

Beim Gedanken an seine Frau, die er haßte, verfinsterte sich seine Miene.

»Sie wollten mich in einer dringenden Sache sprechen, Sir?« fragte der Marquis hastig, um ihn abzulenken.

»In einer für mich sehr dringenden Angelegenheit, Chilton«, antwortete der Prinzregent. »Ich möchte Ihre Meinung über einige Gemälde hören, die man mir angeboten hat, und dabei verlasse ich mich ganz auf Ihren guten Geschmack, damit ich mich nicht — wie im letzten Monat — zum Narren mache.«

Der Geschmack des Regenten war nebenbei bemerkt äußerst treffsicher, aber er wurde ständig Opfer eines Gauners.

Im vorangegangenen Monat hätte er beinahe eine beträchtliche Summe für ein Gemälde ausgegeben, das der Marquis, sobald er es gesehen hatte, als Fälschung erkannte. Andere Experten wurden hinzugezogen, und es stellte sich heraus, daß der Marquis recht hatte, was dazu führte, daß der Regent eine noch höhere Meinung vom Kunstverständnis des Marquis bekam, als er sie zuvor schon gehabt hatte.

»Ich freue mich, Sie beraten zu dürfen, Sir«, antwortete der Marquis, »wenn ich auch glaube, daß Sie nur sehr selten getäuscht werden.«

»Das würde ich auch gern glauben«, lachte der Regent, »aber keiner von uns ist unfehlbar.«

»Das ist in der Tat niemand, Sir«, stimmte der Marquis zu.

Sie wollten soeben den Raum verlassen, als der Regent sah, daß Lady Hertford neben dem Sessel, in dem sie gesessen hatte, ein Spitzentaschentuch hatte fallen lassen.

Er hob es auf und hielt es an seine Lippen.

»Isabellas«, erklärte er dem Marquis unnötigerweise. »Ich werde es an meinem Herzen tragen, denn dort ist ihr Platz.«

Der Marquis antwortete nicht, und der Regent betrachtete ihn nachdenklich.

»Ich kann nicht verstehen, Chilton, warum Sie mit all Ihren Möglichkeiten so zynisch geblieben sind und warum Sie, soviel ich weiß, niemals Ihr Herz an eine Dame verloren haben.«

»Ich glaube, daß ich, anders als Sie, Sir«, erwiderte der Marquis lächelnd, »zu selbstsüchtig bin, meine tiefsten Gefühle jemand anderem als mir selbst anzuvertrauen.«

Der Regent lachte, aber nach einer Weile sagte er ernst: »Ich denke doch, daß Sie sehr außergewöhnlich sind. Sie sind einer der attraktivsten Männer, fast jede schöne Dame wartet nur darauf, sich in Ihre Arme zu werfen, und Sie behandeln sie, wie ich gehört habe, eher herablassend.«

»Nicht immer, Sir«, antwortete der Marquis, während er an seine zahlreichen Geliebten dachte.

Als ob der Regent seine Gedanken erraten hätte, sagte er in scharfem Ton: »Sie wissen genau, worauf ich hinaus will, Chilton! Die Frauen in Ihrem Leben sind stets austauschbar, und wenn eine Sie langweilt, nehmen Sie sich eine andere, als ob sie hübsche Blumen seien, von denen man erwartet, daß sie nur für kurze Zeit blühen.«

»Sie drücken es sehr richtig aus, Sir. Ich liebe die Abwechslung.«

»Da ich Sie so sehr mag«, fuhr der Regent fort, »würde ich Sie gern einmal verliebt sehen, richtig verliebt, so wie ich es bin.«

Der Marquis unterdrückte den Wunsch zu sagen, daß er inbrünstig hoffte, ihm möge ein solch schreckliches Los erspart bleiben.

Laut meinte er: »Ich glaube, das ist Schicksal, Sir. Entweder man findet jemanden, den man unmöglich vergessen kann, oder man muß weiterhin auf der Suche bleiben.«

Für den Regenten schien dies eine sehr plausible Erklärung zu sein.

»Ganz genau, Chilton! Und während ich fand, was ich suchte, und Gott weiß, daß ich großes Glück hatte, fahren Sie damit fort zu suchen — wie ein Entdecker, der ins Unbekannte segelt.«

»Wie Sie es ausdrücken, fühle ich mich sehr abenteuerlich, Sir«, antwortete der Marquis mit einem Lächeln. »Lassen Sie uns nun sehen, ob die Signaturen auf Ihren Bildern mit übertriebenem Schwung ausgeführt sind, um die Bilder wertvoller erscheinen zu lassen.«

Dies war etwas, das, wie er wußte, ständig passierte. Die Londoner Kunsthändler waren mit jedem Trick ihres Gewerbes vertraut, wenn es darum ging, den Regenten mit ihrer Ware zu beeindrucken.

Später, nachdem er entschieden hatte, daß zwei der Bilder, die man dem Regenten angeboten hatte, ihren Preis wert waren, während es sich bei den übrigen zweifellos um Fälschungen handelte, verließ der Marquis das Carlton House in guter Laune.

Er mochte den Prinzregenten gern und er wußte, wie anstrengend die letzten Monate für ihn gewesen waren.

Der Prinz sehnte sich danach, endlich Macht zu erlangen, aber der König war in einem Moment wütend, und im nächsten Moment verfiel er in eine Phase des Schweigens.

Nach Meinung des Marquis hätten die Ärzte, die offensichtlich durch seine Krankheitssymptome verwirrt waren, Seine Majestät bereits vor langer Zeit für unfähig erklären sollen, weiterhin Regierungsgeschäfte zu übernehmen. Da sie jedoch um ihre eigene Stellung fürchteten, änderten sie ständig ihre Meinung darüber, ob sich der König erholen würde oder nicht.

Es war nur natürlich, daß die Tory-Regierung auf eine baldige Genesung des Königs hoffte, mußte sie doch befürchten, der Prinz würde sie zugunsten seiner Whig-Freunde verabschieden.

Diese Unentschlossenheit war schlecht für das Land.

Wie viele andere Angehörige des Hochadels war er ernsthaft irritiert, als im vergangenen November das Parlament gleich zweimal zusammengerufen wurde. Während Napoleons Armee auf dem europäischen Kontinent wütete, durfte ein derartiges politisches Hin und Her nicht unbegrenzt weitergehen.

Schließlich trafen am 11. Februar die Mitglieder des geheimen Staatsrates im Carlton House ein, um den Prinzen als Regenten zu vereidigen.

Es war ein sehr eindrucksvoller Moment gewesen, und nach den Schwüren, Erklärungen, Unterschriften und Gegenzeichnungen hatten sich die Staatsratsbeamten vor dem Regenten niedergekniet, um seine Hand zu küssen.

Auf diesen Moment hat er wahrlich lange genug gewartet, hatte der Marquis damals gedacht.

Er erinnerte sich daran, wie der König seinen ältesten Sohn stets frustriert hatte, indem er ihm jeden aktiven Dienst in der Armee versagte und ihm lediglich erlaubte, eine Art »Luxusprinz« zu werden.

Während er nun sein prächtiges Pferdegespann in Richtung Park Lane lenkte, fiel dem Marquis ein, daß er zum Lunch in St. James verabredet war.

Er hatte jedoch an diesem Morgen einen Brief erhalten, aus dem hervorging, daß seine Mutter, die Marquisewitwe, nach London käme.

Es überraschte ihn, daß sie die weite Reise von ihrem Haus in Surrey auf sich nehmen wollte, die sie stets so sehr ermüdete. Also vermutete er, daß es einen wichtigen Grund für ihre Entscheidung gab.

Als er zu Hause ankam und von seiner Kutsche stieg, fragte er seinen Majordomus: »Ist Ihre Ladyschaft schon eingetroffen?«

»Ihre Ladyschaft traf vor einer Stunde ein, Mylord. Sie ist oben in ihren Räumen.«

Ein Flügel des riesigen Herrenhauses in der Park Lane wurde stets für die Marquise bereitgehalten, damit sie ihn jederzeit benutzen konnte. Es war jedoch fast ein Jahr her, daß sie zum letzten Mal nach London gekommen war.

Da sie die Stadt als zu laut und zu überfüllt empfand, zog sie die ruhige Schönheit des Landes vor, wo sie viele gastfreundliche Nachbarn hatte, die ihr wenig Zeit dazu ließen, sich einsam zu fühlen.

Der Marquis hatte sie zu Weihnachten besucht und gedacht, sie sehe ein wenig gebrechlich aus. Es war daher eine Erleichterung für ihn, sie nun bei bester Gesundheit zu sehen.

In ihrer Jugend war die Marquise eine bewunderte Schönheit gewesen, nach ihrer Heirat war sie die Freude eines jeden Porträtmalers, und immer noch war sie von exquisiter Schönheit, die durch das Alter kaum getrübt wurde.

Ihr Haar war schneeweiß, und ihre Gesichtszüge waren so klassisch ebenmäßig schön, wie sie es gewesen waren, als sich der Vater des Marquis in sie verliebt hatte. Trotz des Altersunterschiedes von zwanzig Jahren waren sie äußerst glücklich gewesen.

Vielleicht war es ihr einziger Verdruß gewesen, daß sie nur ein Kind bekamen, was wohl dazu führte, daß der Marquis vom ersten Schrei an verwöhnt worden war.

Als er ihren Salon betrat, erhellte sich das Gesicht seiner Mutter.

»Chilton, mein Bester!« rief sie, während sie beide Hände ausstreckte.

Der Marquis küßte sie, bevor er sich hinunterbeugte, um ihre Wange zu küssen.

»Ich bin überrascht, dich hier zu sehen, Mama.«

»Ich wußte, du würdest das sagen.«

»Was ist geschehen, wie komme ich zu dieser Ehre? Ich plante übrigens, dich zu besuchen, sobald die Saison zu Ende ist.«

»Ich hoffen du änderst deine Pläne nicht«, antwortete die Marquise. »Aber die Königin schrieb mir einen derart verzweifelten Brief, daß ich es nicht ablehnen konnte, sie aufzusuchen, da ich weiß, daß es unmöglich für sie ist, mich zu besuchen.«

»Die Königin kann dich also aus deiner Einsamkeit herausreißen, während all meine Bitten um deinen Besuch vergeblich waren«, stellte der Marquis in neckendem Tonfall fest.

»Ich hatte nicht die Absicht, so eine lange und ermüdende Reise zu unternehmen«, entgegnete die Marquise. »Aber ich fühlte, es war meine Pflicht. Mein lieber Chilton, was kann man sonst für jemanden in Not tun, als mitfühlend und verständnisvoll zu sein?«

Sie schwieg einen Moment lang, dann fügte sie mit leiser Stimme hinzu: »Ich war schockiert, zutiefst schockiert, zu hören. Seine Majestät sei in eine Zwangsjacke gesteckt worden. Das scheint mir eine große Majestätsbeleidigung zu sein. Gewiß hätten sie eine andere Methode ersinnen können, um ihn unter Kontrolle zu bringen.«

»Das denke ich auch«, stimmte der Marquis ihr zu.

»Kein Wunder, daß die arme Königin so verzweifelt ist«, murmelte die Marquise mit ihrer sanften Stimme.

»Beabsichtigst du, bei ihr in Windsor zu wohnen?« fragte der Marquis.

»Ich glaube wirklich nicht, daß ich in der Lage bin, die unbehagliche und spannungsreiche Atmosphäre von Trübsal für viele Stunden ununterbrochen zu ertragen«, antwortete seine Mutter. »Und ich glaube, mein Bester, deine hervorragenden Pferde werden in der Lage sein, mich dort hinzubringen und mich, wenn ich gehen will, wieder zurückzubringen.«

Der Marquis lachte.

»Mama, du warst immer eine Diplomatin: Während du einerseits nachgiebig bist, hältst du dir andererseits stets ein Hintertürchen offen. Aber du hast recht, selbstverständlich hast du recht. Es wäre unerträglich, vierundzwanzig Stunden in Verzagtheit und Trübsal zu verbringen.«

»Die Königin tut mir wirklich sehr leid«, murmelte die Marquise.

Das war nur zu verständlich, überlegte der Marquis, der wußte, daß Ihre Majestät seit der vielen Jahre, als seine Mutter Königliche Kammerfrau gewesen war, immer eine enge Freundschaft zu ihr gepflegt hatte.

Er setzte sich und sagte leise: »Nun, das Unglück der Königin ist mein Gewinn. Muß ich betonen, daß ich entzückt bin, dich hier zu haben?«

»Und ich freue mich, dich zu sehen, mein Bester«, antwortete die Marquise. »Du siehst gesund aus und sehr attraktiv, genau wie dein Vater, als ich ihn zum ersten Mal gesehen habe.«

Der Marquis lächelte gerührt.

»Ich muß schon sagen, Mama, daß auch du bezaubernder denn je bist. Alle Schönheiten müssen auf ihre Lorbeeren achtgeben, jetzt, da du nach London gekommen bist.«

»Einschließlich Lady Harlow?« fragte die Marquise mit schlauem Blick.

»Ich hätte wissen sollen, daß es sogar auf dem Lande kleine Vögel gibt, die dir Klatschgeschichten ins Ohr zwitschern«, meinte der Marquis.

»Ist sie sehr hübsch?«

»Nein, nicht so schön, wie du es bist, Mama. Auch ist sie nicht so interessant.«

Die Marquise seufzte.

»Ich bin so froh. Ich war ein wenig nervös.«

»Nervös?« fragte der Marquis.

Seine Mutter zögerte einen Moment lang, dann erklärte sie: »Ich habe immer solche Angst, mein lieber Junge, du würdest von irgendeiner berechnenden Frau eingefangen. Schließlich bist du nicht nur selbst äußerst begehrenswert, sondern hättest darüber hinaus deiner Frau einiges zu bieten.«

»Meiner Frau!« platzte der Marquis heraus. »Gott bewahre, Mama, darum brauchst du dir wirklich keine Sorgen zu machen! Ich habe nicht das geringste Interesse daran, jemanden zu heiraten — am allerwenigsten Imogen Harlow!«

»Dann sei ein wenig vorsichtig!« bat die Marquise.

Der Marquis sah sie scharf an.

»Was willst du damit sagen? Sag mir die Wahrheit, Mama! Du weißt, ich liebe Ehrlichkeit, besonders von dir.«

»Ich habe gehört«, sagte die Marquise mit leiser Stimme, »daß Lady Harlow unbedingt will, daß du sie heiratest.«

»Dann muß sie in der Tat noch dümmer sein, als ich glaubte!« rief der Marquis aus. »Sie hat bereits einen Ehemann!«

»Es gibt so etwas wie Scheidungen!« antwortete die Marquise. »Tatsächlich war ich sehr irritiert durch die große Zahl von Ehescheidungen, die vor das Unterhaus gekommen sind.« Plötzlich klammerte sie ihre schlanken Finger zusammen: »Oh Chilton, versprich mir, niemals in solche Verstrickungen zu geraten oder einen derartigen Skandal in der Familie zu verursachen! Ich könnte es nicht ertragen!«

Der Marquis nahm lächelnd die Hand seiner Mutter.

»Hör zu, Mama, ich schwöre, daß ich ebenfalls nicht die Absicht habe, unseren Familiennamen oder meinen eigenen Ruf durch diese Sache zu schädigen. Wenn Imogen Harlow dir auch nur eine Minute der Sorge bereitet, so verspreche ich dir hier und jetzt, sie nicht wiederzusehen!«

»Bedeutet sie dir wirklich so wenig?«

»Um dir die Wahrheit zu sagen, Mama, begann ich gerade, sie langweilig zu finden.«

»Dann bin ich erleichtert, zutiefst erleichtert«, sagte die Marquise. »Es wird selbstverständlich vieles übertrieben, aber es gibt Gerüchte über sie, die besagen, daß sie eine willensstarke Person sei.«

»Eine Dame müßte schon sehr willensstark sein, um mich vor den Traualtar zu schleppen«, erwiderte der Marquis. »Ich habe gerade dem Regenten zugehört, wie er Lady Hertfords Vorzüge pries. Das allein würde ausreichen, einen für immer von der Liebe abzubringen.«

»Lady Hertford!« rief die Marquise erregt aus. »Ich konnte die Bewunderung für sie nie verstehen, vielmehr habe ich sie oft als eine lästige Person empfunden. Ich vermag einfach nicht zu verstehen, daß es ein Mann zulassen kann, daß man in solch schrecklicher Weise über seine Frau spricht.«

Das hatte der Marquis selbst auch schon oft gedacht.

Aber Lord Hertford, ein engagierter Tory, war ein vergnügter, leichtlebiger Mann, mäßig erfolgreich als Politiker und ebenfalls mäßig erfolgreich als Oberstallmeister.

Der Marquis nahm an, daß Lord Hertford und sein Sohn, Lord Yarmouth, die Chance auf politischen Einfluß, die die Verliebtheit des Regenten bedeuten konnte, zu schätzen wußten.

Die Marquise war mit ihren eigenen Gedanken beschäftigt.

»Ich würde es mehr als alles andere begrüßen, mein Bester«, sagte sie mm, »wenn du ein wirklich nettes Mädchen heiraten würdest, in das du aufrichtig verliebt bist.«

»Es tut mir leid, dich enttäuschen zu müssen, Mama«, antwortete der Marquis, »aber ich fürchte, das wird kaum passieren. Erstens weil ich selten wirklich ,nette‘ Mädchen treffe, und zweitens, weil es wegen irgendeiner Laune der Natur unmöglich für mich ist, mich wirklich und wahrhaftig zu verlieben.«.

»Aber mein Lieber, warum denn nicht, um alles auf der Welt?» rief seine Mutter aus. »Dein Vater war so über alle Maßen verliebt in mich und ich später auch in ihn.«

»Ich weiß, Mama, und niemand könnte sagen, ich hätte eine lieblose Kindheit erlebt oder wäre auf andere Weise enttäuscht worden. Der Punkt ist, daß ich durch dein Vorbild einen zu hohen Anspruch habe. Ich habe versucht, eine Ehefrau zu finden, die so aussieht und sich so benimmt wie du, aber offen gestanden, so eine Frau existiert einfach nicht.«

Die Marquise lächelte bei diesem Kompliment. Gleichzeitig waren ihre Augen, die auf ihrem gutaussehenden Sohn ruhten, sorgenvoll.

»Es ist mein innigster Wunsch, dich glücklich zu sehen.«

»Ich bin glücklich, Mama. Ich kann dir kaum beschreiben, welch ein ausgefülltes und interessantes Leben ich führe. Und wenn du denkst, ich brauche eine Frau, die auf mich aufpaßt, so schlag dir diesen Gedanken aus dem Kopf!«

Der Marquis lachte.

»Ich habe Dugdale, der über mir gluckt wie eine Henne über ihr Küken, und die vielen Diener, die du so gut unterwiesen hast. Dies alles würde von einer weiblichen Hand aus der Bahn geworfen werden.«

Die Marquise drohte ihm mit dem Finger.

»Du suchst lediglich nach Entschuldigungen, Chilton. Du weißt so gut wie ich, daß du früher oder später einen Erben brauchst.«

Der Marquis antwortete nicht, und sie sagte sanft: »Ich möchte, bevor ich sterbe, deinen Sohn in meinen Armen halten.«

»Das ermöglicht mir eine beträchtliche Reihe an Jahren, in denen ich meine Freiheit genießen kann«, lachte der Marquis, »da ich dir versichern kann, Mama, daß es nicht wahrscheinlich ist, daß du bald stirbst. Nicht, wenn du so gut aussiehst wie jetzt.«

»Ich möchte nicht alt sein und wie der arme König werden«, sagte die Marquise bestimmt, während sie sich an den Grund ihres Londonbesuches erinnerte.

»Das ist etwas, das niemals passieren wird!« erwiderte der Marquis mit fester Stimme. »Deshalb hör auf, dich um mich zu sorgen, Mama, sonst bekommst du noch Falten in deinem hübschen Gesicht!«

»Jetzt bin ich schon viel weniger besorgt, als ich es war, ehe ich hierherkam«, meinte seine Mutter freimütig.

»Das war sehr unnötig und kam nur daher, daß du auf Klatsch und Tratsch gehört hast«, antwortete der Marquis ernst.

Es amüsierte ihn immer, wie die Marquise, obwohl sie in der tiefsten Provinz wohnte, doch alles mitbekam, was in der gesellschaftlichen Welt passierte.

Es geschah nur selten, daß sie über seine aktuellen Liebesaffären nicht Bescheid wußte. Manchmal schien es ihm, als wisse sie eher davon als er selbst.

Er wußte jedoch, daß sie eine intensive Korrespondenz mit ihren alten Freunden führte, unter anderem mit der Königin.

Obwohl er sicher war, in seiner Affäre mit Imogen immer diskret gewesen zu sein, war seine Verbindung zu ihr seiner Mutter doch zu Ohren gekommen — und zweifellos auch Sir George Harlow in der Wildnis von Gloucestershire.

Ich werde mich sofort von ihr trennen, entschloß sich der Marquis im Stillen, und er wußte, es würde ihm nicht schwerfallen.

Er erhob sich.

»Ich hätte gern mit dir den Lunch eingenommen, Mama«, sagte er, »aber ich habe leider ein wichtiges Treffen mit zwei Staatsmännern, die dem Parlament einen Gesetzentwurf vorlegen wollen, da sie nun glauben, die Unterstützung des Regenten zu haben. Heute abend werde ich jedoch nur für dich da sein.«

»Das wäre wunderbar!« lächelte die Marquise. »Und ehrlich gesagt, ginge ich jetzt lieber zu Bett, um mich auszuruhen. Die Straßen waren zwar besser, als ich es erwartet hatte, aber ich finde das Reisen immer, selbst in der gut gefederten Kutsche, die du mir gegeben hast, äußerst ermüdend.«

»Dann geh zu Bett, Mama!« riet der Marquis. »Halte deinen Schönheitsschlaf, und ich werde mich voller Ungeduld auf unser Dinner freuen.«

Er beugte sich hinunter, um seine Mutter zu küssen, und spürte die samtige Weichheit ihrer Wange. Es war, als ob er das Blütenblatt einer Blume küßte.

Während er den Salon verließ, stellte er wieder einmal fest, daß er seine Mutter mehr liebte als jede andere Frau, die er je getroffen hatte.

Er ging die Treppe hinunter und traf auf Mr. Dugdale, der in der Halle auf ihn wartete.

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9781788670371
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