Читать книгу: «Lust auf Sex, Blut und Rache», страница 3

Шрифт:

3

Der Fahrer stoppte den schwarzen Mercedes. Der Mann, der neben ihm saß, wandte sich zu den beiden Kerlen um, die im Fond hockten.

„Seid ihr bereit?“

Die beiden nickten.

„Lass den Motor laufen, Gavin!“, zischte der Beifahrer, und der Mann am Steuer machte mit der rechten Hand ein nervöses Okay-Zeichen.

„Dann mal los!“, brummte Finley Buchanan, der Beifahrer. „Bringen wir es hinter uns.“

Er zog eine knallrote Teufelsmaske aus dem Jackett und stülpte sie sich hastig über den Kopf. Die Männer im Fond folgten seinem Beispiel.

„Viel Erfolg!“, sagte Gavin Fraser, während er versuchte, das Vibrieren seiner Nerven mit einem Grinsen zu übertünchen.

„Wird schon schiefgehen!“ Buchanan lachte.

Als er seinen Revolver zog, auf dem ein klobiger Schalldämpfer saß, lief es dem Fahrer eiskalt über den Rücken.

„Ihr werdet doch nicht wirklich ballern, oder?“, fragte er heiser.

„Nicht doch“, antwortete Buchanan. „Wir wollen die Leute mit unseren Kanonen bloß erschrecken.“

Gavin Fraser atmete erleichtert auf.

Die Männer mit den Teufelsmasken huschten davon. Gavin sah ihnen aufgeregt nach. Sein Job war es, auf ihre Rückkehr zu warten und mit ihnen dann blitzartig zu verschwinden. Sie hatten ihm diese Aufgabe übertragen, weil er mit Fahrzeugen aller Art irgendwie verwachsen war. Er fuhr bereits seit seiner Jugend Rallyerennen und verstand eine ganze Menge von seinem Fach.

Die Gangster erreichten den rückwärtigen Personaleingang vom Apex Waterloo Place Hotel. Finlay Buchanan wies mit der Pistole auf die Tür.

„Aufmachen!“, zischte er.

Lennox MacAndrew übernahm das. Sie glitten in das Hotel hinein. In der Küche klapperten die Köche mit dem Geschirr. Die Kellner trugen Tabletts aus der Küche.

Die drei Gangster mit den Teufelsmasken wieselten ungesehen durch die Gänge.

Plötzlich erklang ein entsetzter Schrei!

Finlay Buchanan, Lennox MacAndrew und Aidan Lymond wirbelten wie von der Natter gebissen herum. Zwei livrierte Kellner hatten die Verbrecher entdeckt.

Sie stürzten sich auf sie - furchtlos, zornig, entrüstet.

MacAndrew und Lymond fackelten keine Sekunde. Sie rissen ihre Revolver hoch und drückten ab.

Die beiden Kellner brachen tödlich getroffen zusammen!

„Schnell!“, zischte Finley Buchanan aufgeregt. „Weiter! Wir haben keine Zeit zu verlieren!“

Als die drei roten Teufelsfratzen im Ballsaal erschienen, fiel eine alte Dame in Ohnmacht. Die Musiker produzierten einen jämmerlichen Missakkord, ehe sie zu spielen aufhörten.

Das Lachen verstummte. Ringsherum starrten bleiche, verstörte Gesichter auf die Verbrecher, die mit ihren Waffen die Gäste in Schach hielten.

Der Oberbürgermeister wollte aufbegehren. Doch ein Freund, der es gut mit ihm meinte, hielt ihn davon ab.

Finlay Buchanan war mit vier federnden Sätzen bei Alexander Lebedev. Der Russe starrte ihn mit schreckgeweiteten Augen an. Der Gangster drückte ihm den Lauf seiner Waffe in die Seite und zischte: „Mitkommen, Alexander!“

Lebedev war vom Schreck gelähmt. Deshalb befolgte er den Befehl nicht sogleich. Da packte ihn Buchanan an der Schulter und riss ihn mit sich.

„Keiner spielt den Helden!“, rief Lennox MacAndrew mit verstellter Stimme, während er mit Aidan Lymond den Rückzug deckte. „Und keiner folgt uns, sonst stirbt der Russe.“

Buchanan zerrte den Wissenschaftler durch die Gänge des Hotels.

„Los!“, fauchte er nervös. „Los! Geh schneller, sonst mache ich dir Beine!“

MacAndrew und Lymond bildeten die gefährliche Nachhut. Keiner wagte es, sich vom Fleck zu bewegen. Die ganze geladene Gesellschaft schien mitten im Verlauf von einem Hypnotiseur zum Erstarren gebracht worden zu sein.

Als sie das Hotel verlassen hatten, begannen sie zu rennen. Da sie ihre Finger in Lebedevs Smoking gekrallt hatten, musste er mit ihnen laufen.

Sie erreichten keuchend den schwarzen Mercedes. Gavin Fraser hatte für seine Komplizen bereits die Türen geöffnet.

Sie stießen den Russen in das Fahrzeug. Kaum waren alle Beine im Wagen, da zischte das Gefährt auch schon mit durchdrehenden Reifen ab.

„Alles glattgegangen?“, fragte der Fahrer mit vibrierender Stimme.

„Schau lieber auf die Straße“, sagte Buchanan. „Für Fragen ist jetzt keine Zeit.“

Ich hatte aus der Damentoilette laute Schrei gehört und war unverzüglich zurück in den Ballsaal gestürmt. Als erstes blickte ich in blasse Gesichter. Entsetzen und Angst in allen Augen.

Und dann sah ich die drei Teufelsfratzen, die gerade den Russen aus dem Saal zerrten. Ich zog mich augenblicklich zurück, eilte in den angrenzenden Raum und schlich zur Küche. Ich fühlte mich für den gekidnappten Russen verantwortlich. Mein Auftrag lautete, Alexander Lebedev auf Schritt und Tritt zu überwachen.

Ich schnellte aus der Küche, verließ das Hotel und erreichte den geparkten Cadillac, als die Kidnapper den Russen in den Mercedes stießen und gleich darauf losfuhren.

Während die anderen Gäste sich noch in einer nicht enden wollenden Lähmung befanden, handelte ich bereits.

Ich riss die Wagentür auf und drückte mich in den Sitz. Sofort orgelte der Anlasser auf. Und gleich darauf schoss der schwerfällige Cadillac hinter dem schwarzen Gangsterwagen her.

Finley Buchanan zog die knallrote Teufelsmaske keuchend ab. Sein Haar war zerzaust. Er hatte unter dem Plastikgebilde mächtig geschwitzt.

„Lennox!“, stieß er atemlos hervor. „Aidan!“

„Ja?“, kam es von hinten.

„Stülpt ihm den schwarzen Sack über!“

Aidan Lymond langte nach hinten. Seine Finger erwischten den bereitgelegten Stoffsack. Er nahm ihn an sich, faltete ihn auseinander und zog ihn mit MacAndrews Hilfe dem verstörten Wissenschaftler über den Schädel.

Lebedev protestierte zuerst ängstlich, dann energisch. Da fauchte Buchanan: „Schön ruhig, sonst machen wir's noch böser!“

„Was habt ihr mit mir vor?“, stöhnte der Russe verzweifelt unter dem schwarzen Sack.

„Jeder Mensch muss Geld verdienen!“

Finlay Buchanan strich sich das dunkle Haar aus der Stirn. Er war Rechtsanwalt. Seine Praxis hatte noch keine goldenen Tage erlebt. Er hungerte sich so durchs Leben. Aber er verzichtete deshalb nicht darauf, hin und wieder auf großem Fuß zu leben. Das Geld dafür holte er aus den gewinnbringenden Coups, für die er jederzeit zu haben war.

Er war gebürtiger Schotte. Seine Eltern waren arme Leute gewesen, und sein Bruder war es immer noch. So besehen hatte Buchanan einen „gesellschaftlichen Aufschwung“ geschafft. Aber dieser Aufschwung war nicht hoch genug ausgefallen. Deshalb versuchte er nun ein wenig fester an seinem Karriereverlauf zu drehen.

Abgesehen von seinen etwas zu großen, abstehenden Ohren und der ein bisschen zu kurz geratenen Oberlippe war Buchanan ein attraktiver Mann. Vor allem seine elegante Kleidung hob ihn über den Alltagsdurchschnitt seiner Komplizen hinaus. Er hatte auch mehr zu reden als die drei anderen. Was er sagte, wurde gemacht.

Lennox MacAndrew wandte sich mehrmals um, während Gavin Fraser den Mercedes steuerte.

Plötzlich schrie MacAndrew auf, als hätte ihn der Russe ins Knie gebissen.

„Finley!“

„Was ist denn?“

„Wir werden verfolgt!“, keuchte MacAndrew nervös.

„Quatsch!“

„Sieh doch selbst!“

Buchanan war längst herumgefahren. Er sah das abgeblendete Scheinwerferpaar.

„Irgendein Wagen“; knurrte er.

„Würde ich auch sagen“, presste MacAndrew hervor.

„Aber?“

„Aber dieser Wagen ist seit dem Hotel hinter uns her, und da fällt es mir verflucht schwer, an einen Zufall zu glauben, Finley.“

„Bist du sicher, dass der Wagen uns schon seit dem Hotel folgt?“

„Shit! Natürlich bin ich mir sicher!“

„Dann muss etwas geschehen“, brummte Buchanan mit schmalen Augen.

„Und was?“

„Aidan!“, sagte Buchanan scharf.

„Hm?“

„Dreh das Fenster runter und bring den Verfolgerwagen zum Stehen!“

„Mit 'ner Kugel?“

„Mit 'ner Seifenblase wird's wohl kaum gelingen!“, bellte Buchanan gereizt.

Aidan Lymond kurbelte das Fenster herunter. Als er sich nach draußen beugte, verlangte Buchanan vom Fahrer, er solle rasch Gas zurücknehmen. Fraser gehorchte sofort. Der Mercedes wurde merklich langsamer. Der Verfolgerwagen holte auf. Lymond hob die Waffe, auf der immer noch der klobige Schalldämpfer saß.

„Na los!“, schrie MacAndrew nervös. „Mach doch schon, Aidan!“

Und Lymond begann zu feuern. Dicke, grelle Feuerlanzen fauchten aus dem Schalldämpfer. Die Schüsse waren nicht zu hören. Fraser zitterte bis in den Gasfuß hinunter. Dicke Schweißperlen glänzten auf seiner Stirn. Er hasste Gewalt in jeder Form. Und das da war Gewalt in höchster Potenz. Hierbei konnte ein Mensch zu Tode kommen. Und nichts fürchtete Gavin Fraser mehr als das. Er wollte an keinem Mord beteiligt sein, weder direkt noch indirekt. Kidnapping war das Äußerste, wofür er sich hergab. Doch bei Mord war bei ihm der Ofen aus.

Und nun beschoss der gewissenlose Lymond den Verfolgerwagen. Das konnte die schlimmste Katastrophe geben. Deshalb stand dem Fahrer der eiskalte Schweiß auf der Stirn.

Er hoffte für den Verfolger, dass er mit dem Leben davonkommen möge.

Als ich die orangefarbenen Mündungsblitze aufzucken sah, duckte ich mich instinktiv. Ich erkannte den Körper des Gangsters, der weit aus dem Mercedes hing. Das Licht ihrer Scheinwerfer erhellte seine rote Teufelsfratze. Er sah unheimlich aus.

Drei Schüsse blieben ohne Wirkung. Ich hatte natürlich sofort den Cadillac zurückfallen lassen, um nicht Gefahr zu laufen, von dem Kidnapper getroffen zu werden.

Doch da auch das Gangsterauto seine Geschwindigkeit vermindert hatte, blieb der Abstand ungefähr gleich. Und dann klatschte die vierte Kugel in den linken Vorderreifen des Cadillacs.

Das Fahrzeug machte sofort einen wilden Satz nach links. Ich umklammerte verbissen das Lenkrad, steuerte dagegen, während ich gleichzeitig auskuppelte, aber nicht bremste, denn bei dieser Geschwindigkeit hätte ich mich mit der mächtigen Limousine vermutlich überschlagen, wenn ich auf die Bremse getreten hätte.

Keuchend zerrte ich am Lenkrad. Der Gangsterwagen nahm wieder Fahrt auf. Ich konnte ihm nicht mehr folgen, sondern war atemlos darum bemüht, einen folgenschweren Unfall zu verhindern. Der Cadillac tänzelte mit kreischenden Pneus über die Betonpiste. Ein Glück, dass um diese Zeit kein Verkehr mehr über die Landstraße rollte. Ich brauchte die ganze Breite, um den Wagen schließlich ohne einen Kratzer zum Stehen zu bringen.

Wütend stieg ich aus.

Der Gummimantel hatte sich von der Felge gelöst. Von dem zerschossenen Reifen war so gut wie nichts mehr vorhanden.

Und von den Kidnappern konnte man dasselbe behaupten. Es war den Verbrechern geradezu spielend gelungen, sich ihres einzigen Verfolgers zu entledigen und sich mit unbekanntem Ziel ungehindert abzusetzen. Allein der Gedanke daran, dass ich das nicht verhindern konnte, machte mich rasend vor Zorn. Schlappen wie diese konnte ich auf den Tod nicht ausstehen.

Ich war mir nicht zu fein, den Reifen selbst zu wechseln. Zu warten, bis in zwei, drei Stunden mal jemand vorbeikam, schien mir nicht sinnvoll zu sein. Deshalb legte ich selbst Hand an, und ich machte die Sache zumindest genauso gut wie jeder Mechaniker. Schmutzig bis ans Kinn und ein wenig abgeschlafft von der Anstrengung ließ ich mich wieder in den Cadillac fallen.

Ich drehte auf der Landstraße um, und sauste dann zum Apex Waterloo Place Hotel zurück.

Inzwischen hatte sich die Lähmung von den Gästen gelöst. Die Stimmung hatte sich verflüchtigt wie Parfüm aus der unverschlossenen Flasche.

Irgendwer - es war nicht mal der Oberbürgermeister selbst - hatte die Polizei verständigt, die jedoch noch nicht eingetroffen war.

Ich fand den Weg in eine Damentoilette, ohne dass mir jemand begegnete. Ich wusch schnell die Spuren von mir ab, die der Reifenwechsel an mir zurückgelassen hatte. Dann ging ich zurück in die Halle.

Dort stand Donald Wilson, halb ohnmächtig vor Aufregung, ratlos, verschwitzt und verstört.

Als er mich auf sich zukommen sah, blitzte es zornig in seinen Augen. Draußen jammerten die Sirenen zweier Streifenwagen auf das Hotel zu.

Der Oberbürgermeister wies mit zitterndem Finger auf meinen festen Busen und sagte, ich solle mit ihm in ein Nebenzimmer kommen, er hätte dringend mit mir zu reden.

In dem angrenzenden Raum fiel er dann über mich her, als wollte er mich wegen des Kidnappings mit Prügel bestrafen.

„Ich hab's geahnt“, jammerte der Oberbürgermeister. „Ich hab's von Anfang an gewusst.“

Er schüttelte verzweifelt den Kopf. Sein faltiges, glattrasiertes Gesicht war schmerzlich verzerrt. Er schob die Brille auf der Nase rauf und wieder runter.

„Was haben Sie gewusst, Mister Wilson?“, fragte ich kühl.

„Dass das nicht gutgehen kann.“

„Wovon reden Sie?“

„Ich habe mich an die betreffende Stelle gewandt, um einen Leibwächter für meinen russischen Gast zu bekommen. Und was kam an? Sie, Miss Pallas, eine junge Frau! Ich will Ihnen wirklich nicht nahetreten. Sie sind ein hochgebildetes, attraktives Geschöpf. Und Lebedev hat sich gewiss sehr darüber gefreut, dass man Sie ihm an die Seite stellte statt eines Mannes. Aber ein Mann hätte - verdammt noch mal - besser auf ihn aufgepasst. Ein Mann hätte nicht zugelassen, dass man den Russen entführt.“

Ich blickte den zeternden Oberbürgermeister distanziert an.

„Was hätte ein Mann Ihrer Meinung nach dagegen unternommen, Mr. Wilson?“

„Keine Ahnung. Ich bin doch kein Geheimagent, Miss Pallas. Ich weiß nur, dass der Russe sich noch in Sicherheit befinden würde, wenn man zu seinem Schutz einen erfahrenen Mann abgestellt hätte. Stattdessen kamen Sie an, ein junges, unerfahrenes Ding, zerbrechlich, viel zu weiblich. Das musste doch schiefgehen.“

Es war nicht das erste Mal, dass ich mit dieser Art von Vorurteilen zu kämpfen hatte. Natürlich hätte ich Wort für Wort widerlegen können, das Ganze hätte vermutlich in einen handfesten Streit gemündet. Aus diesem Grund schluckte ich meinen Groll vorerst hinunter. Kein Mann hätte die Entführung vereiteln können. Jeder männliche Agent hätte dieselbe Schlappe erlitten.

Donald Wilson fuhr sich nervös über das Gesicht. Er kniff die Augen zusammen und stieß erregt hervor: „Sie sind sich doch darüber im Klaren, dass die Sache Schwierigkeiten auf internationaler Ebene nach sich ziehen wird, Miss Pallas. Ein bedeutender Wissenschaftler wie Lebedev, den die ganze Welt kennt, verehrt und schätzt, kommt nach Edinburgh und wird gekidnappt. Shit! Und so etwas muss ausgerechnet in meiner Stadt passieren.“

Der Oberbürgermeister wandte sich um und schluchzte. Ich fand diese Reaktion reichlich übertrieben.

„Ich bin politisch ruiniert, Miss Pallas.“

„Unsinn!“

Donald Wilson kreiselte wütend herum.

„Widersprechen Sie mir nicht!“, schrie er mich an.

„Sie sollten sich ein wenig zu beherrschen versuchen, Mr. Wilson“, erwiderte ich schneidend. Ich hob den Kopf mit einer stolzen Geste und schob mein Kinn trotzig vor.

„Die Presse!“, ächzte der Oberbürgermeister. „Sie wird über mich herziehen. Sie wird mich fertigmachen. Das ist Ihre Schuld, Miss Pallas. Ganz allein Ihre Schuld. Ich habe alles getan, um dem Russen den nötigen Schutz angedeihen zu lassen. Ich habe einen Bewacher für seine Person verlangt. Sie aber, Miss Pallas, haben versagt! Jawohl, versagt! Ich weiß, es ist ein hartes Wort für ein so ehrgeiziges Mädchen wie Sie, aber es entspricht den Tatsachen. Sie haben versagt!“

„Sie wiederholen sich, Mr. Wilson. Haben Sie mir sonst noch etwas zu sagen?“

„Nein, Miss Pallas, das ist alles. Ich bin ein erledigter Mann. Durch Ihr Unvermögen sind alle meine weltpolitischen Ambitionen zunichte gemacht. Ich hoffe, Sie vergessen das nicht zu erwähnen, wenn Sie Ihrer vorgesetzten Dienststelle Bericht erstatten.“

Ich holte tief Luft und sagte stolz: „Ich werde den Russen wiederfinden. Nicht für Sie, Mr. Wilson, sondern weil ich es kann!“

4

Nach den Polizisten traf die Mordkommission ein. Allen voran ging Chief Inspector Sean Robertson, ein Schwergewicht mit grimmigem Gesicht. Robertson tat seinen Polizeijob in Edinburgh seit mehr als zwanzig Jahren. Er hatte während dieser Zeit so viel Elend gesehen, dass ihn nichts mehr erschüttern konnte. Zumindest sah man ihm nie eine Erregung an. Vieles hatte er in sich hineinfressen müssen. Er schien abgebrüht bis auf die Socken zu sein. Dass er Junggeselle war, kam daher, dass er keiner Frau zumuten konnte, an seiner breiten Seite dahinzuvegetieren. Er hatte fast nie Zeit für ein Privatleben, man holte ihn zu jeder Tages- und Nachtzeit aus seiner Wohnung. Er war so gut wie unentbehrlich für die Mordkommission. Und das war das einzige, was ihn auf die Dauer zu befriedigen vermochte.

Gerade stieß er mit seiner langen Raubvogelnase nach Donald Wilson.

„Drei Männer waren es, sagten Sie, mit roten Teufelsmasken?“

„Ja, Inspector“, antwortete der Oberbürgermeister heiser. Er hatte sich von einem Kellner einen Whisky geben lassen. Aber der Alkohol war nicht in der Lage, seine Nervosität einzudämmen. Das Gegenteil war der Fall. Nun vibrierten sogar schon seine Kniescheiben.

„Ist Ihnen an den drei Männern irgendetwas aufgefallen?“, wollte der Inspector wissen. Seine Stimme hatte einen durchdringenden Bass-Charakter. Außerdem klang sie, als würde er in einem leeren Raum sprechen, hohl und hallend.

Donald Wilson zog die Brauen zusammen. „Was hätte mir an den drei Männern auffallen sollen? Sie waren - wie gesagt - maskiert.“

„Aber doch nicht bis zu den Zehen hinunter, Sir.“

„Ach so. Sie wollen, dass ich - zum Beispiel - ihre Kleidung beschreibe.“

„Zum Beispiel, ja.“

„Sie - sie waren dunkel gekleidet.“

„Alle drei?“

„Ja, Inspector.“

„Wie groß waren die Gangster?“

„So groß wie ich, alle drei.“

„Trug einer von ihnen einen Ring, ein Armband, auffällige Schuhe?“

„Nein, Inspector. Zumindest kann ich mich an derlei Dinge nicht erinnern. Sie müssen bedenken, ich war völlig aus dem Häuschen, als diese Verbrecher plötzlich auftauchten.“

Chief Inspector Robertson fragte den Bürgermeister weiter nach gewohnter Routineart aus. Inzwischen verhörten seine Kollegen die Gäste und das Personal.

Es hatte zwei Tote gegeben!

Die Leichen waren schon von der Gerichtsmedizin freigegeben worden. Der Fotograf hatte seine Bilder im Kasten. Die Opfer wurden abtransportiert. Niemand hatte die Gangster ankommen gesehen. Die einzigen Augenzeugen der Ankunft lebten nicht mehr. Die Beamten vom Spurensicherungsdienst suchten überall im Hotel herum. Robin Barnes suchte selbst im Ballsaal nach brauchbaren Spuren.

Robertson sagte: „Die Kerle werden sich bald melden.“

Wilson zuckte wie unter einem Peitschenhieb zusammen. Mit weit aufgerissenen Augen stieß er hervor: „Bei mir?“

Der Chief Inspector zuckte mit den kolossalen Schultern. „Kann ohne weiteres sein.“

„Zu welcher Kategorie von Verbrechern zählen Sie die Kidnapper?“, fragte Wilson, nachdem zwei Minuten verstrichen waren, in denen Robertson keine Frage an ihn gerichtet hatte.

Ich stand schweigsam neben dem Oberbürgermeister. Ich hörte aufmerksam zu, was die beiden Männer miteinander sprachen.

Inspector Robertson zuckte die Achseln und antwortete: „Tja, schwer zu sagen, Sir. Wenn ich meine persönliche Meinung dazu äußern soll, ich mache für diese Entführung eine politische Terroristengruppe verantwortlich. Davon gibt es mittlerweile in Europa leider zu viele.“

Ich schwieg nicht länger und sagte: „Ich bin nicht Ihrer Meinung, Inspector.“

Robertson versuchte mich mit einem eiskalten Blick zu stoppen. Doch ich hielt seinem Blick wehrhaft stand.

„So, sind Sie nicht?“

„Nein.“

„Und weshalb nicht?“

„Ich glaube, dieses Ding haben ganz gewöhnliche einheimische Verbrecher gedreht“, erwiderte ich unerschrocken. „Mir ist jedoch noch nicht klar, warum? Ich kann mir jedoch nicht vorstellen, dass es um Lösegeld geht.“

Sean Robertson wollte sich das alles nicht mehr länger anhören. Er schüttelte unwillig den Kopf und fauchte: „Sie haben zwar ein hübsches Köpfchen, Miss Pallas, aber Sie verstehen nichts von solchen Dingen.“

„Ich denke doch, Inspector.“

„Nein, Miss!“

„Ich wette, ich verstehe von diesen Dingen mehr als Sie, Inspector.“

Robertson lief rot an. „Ich muss schon sehr bitten, Miss.“

Ein Sergeant kam und unterbrach den Wutausbruch gerade noch rechtzeitig. Der Beamte sprach nur wenige Worte. Er ging gleich wieder. Und Robertson wandte sich wieder mir zu. Er hatte sich völlig unter Kontrolle. Und er nahm sich verbissen vor, sich von mir nicht noch mal aus der Reserve locken zu lassen.

Sachlich stellte er seine weiteren Fragen, die ich ebenso sachlich beantwortete. Er wollte von mir wissen, wo ich mich zum Zeitpunkt des Überfalls befunden hatte. Ich sagte es ihm. Er wollte wissen, was ich danach gemacht hatte. Ich erzählte ihm von meiner Verfolgungsfahrt, und dass es mir nicht gelungen war, schien ihn beinahe zu freuen.

„Hm“, sagte er und rieb sich nachdenklich das Doppelkinn. „Wenn Sie hinter dem Wagen hergefahren sind, sollten Sie sich das Kennzeichen gemerkt haben, Miss.“

„Das habe ich.“

„Tatsächlich?“

„GB KL64 YEB.“

Inspector Robertson rieb sich grinsend die starkknochigen Hände.

„Erfreulich!“, sagte er erregt. „Wirklich sehr erfreulich!“

Er fingerte einen Notizblock aus dem Jackett und schrieb sich die Nummer auf. Ich fand, dass das überhaupt keinen Sinn hatte.

„Jetzt sitzen die Burschen so gut wie fest“, fügte der Inspector hinzu.

Ich schaffte es nicht, diese Bemerkung unwidersprochen zu lassen.

„Sie glauben doch nicht im Ernst, dass Sie mit diesem Kennzeichen etwas anfangen können, Inspector?“

„Und w i e ich damit etwas anfangen kann.“

„Ich sehe zwei Möglichkeiten: entweder ist die Nummer gefälscht, oder der schwarze Mercedes ist gestohlen. Diese Gangster sind doch nicht so dumm, mit dem eigenen Kennzeichen …“

Inspector Robertson winkte ab. „Da sieht man's wieder. Sie haben keinen blassen Schimmer, Miss Pallas. Soweit denken doch diese einfältigen Verbrecher nicht. Sie begehen einen großen Fehler, wenn Sie diesen primitiven Ganoven den Intelligenzquotienten eines High-School-Professors zubilligen.“

Ich hatte ein mitleidiges Lächeln für den Inspector. Nicht ich beging einen Fehler, sondern Sean Robertson. Ich verzichtete aber vorläufig darauf, ihm das zu beweisen.

Бесплатный фрагмент закончился.

286,40 ₽
Возрастное ограничение:
0+
Объем:
240 стр. 1 иллюстрация
ISBN:
9783750211513
Издатель:
Правообладатель:
Bookwire
Формат скачивания:
epub, fb2, fb3, ios.epub, mobi, pdf, txt, zip

С этой книгой читают