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Kurzer Exkurs: Kunst im Nationalsozialismus

Stellvertretend für die verschiedenen kulturellen Bereiche, welche im Nationalsozialismus durch den Staat reglementiert und kontrolliert wurden, soll hier die Kunst genannt werden. Unterschieden wurde von der 'Reichskammer der Bildenden Künste der Reichskulturkammer', mit Adolf Ziegler (1892 - 1959) als Präsidenten, zwischen der 'entarteten Kunst', d. h. Kunst, die nicht der nationalsozialistischen Kunstauffassung entsprach und der deutschen nationalsozialistischen Kunst. Zu der erstgenannten und damit verbotenen Kunst gehörten unter anderem Künstler des Impressionismus, Expressionismus, Dadaismus und des Surrealismus. Hitler erklärte seine Abscheu gegenüber diesen Kunstrichtungen damit, dass sie nichts „mit unserem deutschen Volke […] zu tun [haben]. Alle diese Schlagworte wie: „'inneres Erleben', 'eine starke Gesinnung', 'kraftvolles Wollen', 'zukunftsträchtige Empfindung', 'heroische Haltung', 'bedeutsames Einfühlen', 'erlebte Zeitordnung', 'ursprüngliche Primitivität' usw., alle diese dummen, verlogenen Ausreden, Phrasen und Schwätzerein werden keine Entschuldigung oder gar Empfehlung für an sich wertlose, weil einfach ungekonnte Erzeugnisse mehr abgeben […], die heutige neue Zeit arbeitet an einem neuen Menschentyp […] ein leuchtend schöner Menschentyp […]“198. Wie in diesem Zitat erkennbar wird, sieht Hitler die Werke aus genannten Epochen nicht als Kunstobjekte, sondern als wertlos, ja 'abartig' an. Hinzukommend kritisierte er die schaffenden Künstler, da sie in seinen Augen nicht den „leuchtend schönen Menschentyp“ repräsentierten, diesen darüber hinaus nicht in ihren Kunstwerken darstellten. Nur Kunstwerke, welche die deutsche Lebensform in all ihren Facetten darstellte und portraitierte, waren erlaubt und erwünscht. Ausgehend davon wurde jegliche abweichende Form abgelehnt, wie der Abteilungsleiter in der Reichsjugendführung und Propagandist Helmut Stellrecht in einem Zitat folgendermaßen darlegte: „Sie [gemeint ist die Kunst] ist Einkehr in sich selbst, Bekenntnis zur Welt des eigenen Volkes. Sie muss eine fremde Welt ablehnen, und wenn sie einen noch so hohen künstlerischen Ausdruck gefunden hätte.“199

Darüber hinaus verband Hitler die 'entartete Kunst', wie auch ihre Künstler, mit den Begriffen des 'Judentums', sowie des 'Bolschewismus' aber auch der 'Anarchie' und grenzte sie dadurch nicht nur von den deutschen, arischen Menschen ab, er machte sie darüber hinaus offiziell zu Feinden der deutschen Ideologie und dadurch zu Feinden des 'Dritten Reiches'.

Hitlers Strategie, um sich von der 'entarteten Kunst' abzugrenzen, sah wie folgt aus: „Wir werden von jetzt ab einen unerbittlichen Säuberungskrieg führen gegen die letzten Elemente der Kulturzersetzung […]. […] Diese vorgeschichtlichen prähistorischen Kunststeinzeitler mögen unseretwegen in ihre Höhlen ihrer Ahnen zurückkehren, um dort ihre primitiven internationalen Kritzeleien anzubringen […].“200 Aus seinen Worten spricht eine Antipathie, die einem Hass gleichkommt, der bewusst oder auch unbewusst daher rühren könnte, dass Hitler in seiner Jugend dreimal an der Kunstakademie von Wien abgelehnt wurde.

Die erwähnten Punkte führten dazu, dass viele Künstler, darunter Paul Klee (1879 - 1940) sowie Emil Nolde (1867 - 1956) durch Adolf Ziegler ein Berufsverbot erhielten. Einige Künstler versuchten daraufhin zu emigrieren oder malten im Verborgenen weiter.

Um auch die Bevölkerung hinsichtlich der 'entarteten Kunst' zu indoktrinieren und zu beeinflussen, wurde in München im Juli 1937 eine Ausstellung unter gleichem Namen eröffnet. In den folgenden drei Monaten wanderte die Ausstellung, welche insgesamt mehr als 2.000.000 Besucher verzeichnete, durch deutsche wie auch österreichische Städte, um möglichst viele Menschen zu erreichen. Die Beweggründe zum Besuch waren sicherlich unterschiedlicher Art. Viele der Besucher mochten sich der nationalsozialistischen Meinung und Propaganda angeschlossen haben, es gab jedoch sicherlich auch eine nicht minder große Zahl von Menschen, die sich als Kunstinteressierte die Gelegenheit nicht entgehen lassen wollten, viele bekannte Werke noch einmal gemeinsam in einer Ausstellung zu sehen.

Die Ausstellung versuchte nicht nur die betreffenden Kunstwerke, sondern auch verschiedene kunsthistorische Epochen als 'entartet' darzustellen und zu präsentieren. Auch die schaffenden Künstler wurden herabgewürdigt und diffamiert. Dabei ging Hitler so weit, als dass er in seiner Eröffnungsrede sogar indirekt den Vorschlag zu Sterilisation und Euthanasie der betreffenden Künstler publik machte, indem er sagte: „Entweder diese sogenannten 'Künstler' sehen die Dinge wirklich so und glauben daher an das, was sie darstellen, dann wäre nur zu untersuchen, ob ihre Augenfehler nur auf mechanische Weise oder durch Vererbung zustande gekommen sind. In einem Fall bedauerlich für diese Unglücklichen, im zweiten wichtig für das Reichsinnenministerium, das sich dann mit der Frage zu beschäftigen hätte, wenigstens eine weitere Vererbung derartiger grauenhafter Sehstörungen zu unterbinden.“201

Die Art der Präsentation diverser Kunstwerke sollte erneut die These einer 'entarteten Kunst' unterstützen, indem die Kunstwerke mit verurteilenden Begleittexten dargestellt wurden, schief aufgehängt oder auf dem Boden präsentiert.

5.6 Feste und Feierlichkeiten

Feste und Feierlichkeiten waren fester Bestandteil im kulturellen Jahresablauf von HJ und BDM. Auch sie standen unter dem Leitbild der NS-Ideologie.202 Laut Kinz konnten durch sie „Verpflichtungen, Bekenntnisse, politisches und völkisches Erlebnis, aber auch Geselligkeit und Frohsinn im Leben der Gemeinschaft verankert werden.“203 Die meisten Feiern sollten die Menschen emotional erfassen und ihnen die Wichtigkeit des Aufbaus und Erhalts des Vaterlandes sowie die Rolle des Einzelnen innerhalb der Gemeinschaft vor Augen führen. So gab es beispielsweise den Tag der Machtergreifung (30.1), den Geburtstag des Führers (20.4.), den Muttertag (am 2. Mai-Sonntag, ab 1934 am 3. Maisonntag), den Feiertag der Deutschen Arbeit (1.5), das Fest der Jugend zur Sommersonnenwende und den Heldengedenktag. Hinzu kamen das Erntedankfest im Herbst sowie das Fest zum Gedenken an die Gefallenen der NS-Bewegung am 9.11.204

In der Vermittlung kultureller Identitäten spielte der musikalische Bereich eine wesentliche Rolle, eigneten sich doch Lieder und Musikstücke hervorragend dazu, auf emotionale Weise nationalsozialistisches Gesinnungsgut zu vermitteln. Die Wichtigkeit des Liedes sowie des Singens und die damit verbundene propagandistische Möglichkeit der Indoktrination kleiner, aber auch größter Gruppen, kann an folgendem Zitat nachempfunden werden: „Im Lied, im Singen findet der junge Mensch Einkehr in das Empfinden der Gemeinschaft. In dem Gefühl, das ihn dabei trägt, verliert er das außerhalb der Gemeinschaft liegende Individuelle, schwingt er ein in ihr Denken und verliert sich in eine herrliche Einheit.“205

In der Staatsjugendorganisation wurde das Lied als Mittel der Beeinflussung bei fast jeder Gelegenheit eingesetzt, so bei Festen und Feierlichkeiten, beim Sport und zu den wöchentlichen Heimabenden.


Abb. 13: Feste und Feierlichkeiten


Abb. 14: HJ-Zug in Wintersdorf 1938

Die gesungenen Lieder können in drei unterschiedliche Genres eingeteilt werden: das politische Lied, das Kampflied sowie das alte und neue Volkslied. Besonders den glorifizierenden Kampf- und Marschliedern als „Erbe der Kampfzeit“206 wurde eine hohe Bedeutung beigemessen, sollten sie doch den Hitlerjungen auf den Krieg einstimmen. Besonders stimulierend wirkten hierbei Rhythmus und Melodie dieser Lieder, die zum Mitsingen und Marschieren anregten und damit die Gemeinschaft der Singenden stärkte. Der Inhalt der Lieder war geprägt von Themen wie Tod, Sieg und Untergang.207 Als Beispiele können das von Baldur von Schirach verfasste und in der Staatsjugendorganisation häufig gesungene Lied 'Vorwärts, vorwärts' angeführt werden, wie auch das Lied 'Es zittern die morschen Knochen'208 des wohl bekanntesten Lieddichters der HJ Hans Baumann. Letzteres enthielt die berüchtigten Liedzeile: „Heute gehört uns Deutschland, und morgen die ganze Welt“. Obgleich Baumann um 1936 das 'gehört' in 'hört' umänderte, gilt das Stück bis heute als Paradebeispiel chauvinistisch-hegemonistischen Liedguts der NS-Zeit.



Abb. 15: Lied: Vorwärts, Vorwärts


Abb. 16: Lied: Es zittern die morschen Knochen

Eng verwandt mit dem Kampflied war das politische Lied, durch welches den jungen Menschen eine einheitlich politische Haltung vermittelt wurde. Besonders häufig beinhalteten diese Lieder Wörter, welche die ideologische Weltanschauung und den Krieg heroisierten, so unter anderem Volk, Vaterland, Führer, Glaube, Fahne. Das Wort Fahne spielte eine gewichtige Rolle und wurde, fast wie ein Religionsersatz, über das eigene Leben gestellt, ablesbar etwa im Refrain des Liedes 'Vorwärts, vorwärts' in dem es heißt: „Ja die Fahne ist mehr als der Tod!“. Wichtige Beispiele dieses Liedgenres sind weiterhin die Lieder von Horst Wessel 'Die Fahne hoch', oder 'Ein junges Volk steht auf, zum Sturm bereit'.209

Auch alte und neue Volkslieder, darunter Gemeinschafts- und Hausmusik sowie deutsche Meisterwerke wurden an die Jugend herangetragen, in denen sich erneut häufig die Begriffe „Vaterland, Volk, Führer“ wiederfanden. Sie hatten die Aufgabe, die Jugend „zur Ehrfurcht vor dem schöpferischen Genius unseres Volkes zu erziehen.“210, so unter anderem in dem Lied 'Die Morgenfrüh ist unsere Zeit'. Hinzu kamen neue Volkslieder, welche während des Nationalsozialismus geschrieben wurden. Sie thematisierten meist das propagierte Jugendleben dieser Zeit.

Auch Liedgut aus der Zeit der Jugendbewegung wurde übernommen, jedoch nur Lieder, die sich im Sinne der nationalsozialistischen Ideologie nutzen ließen. Ansonsten wurden bündische Lieder verboten, beispielsweise im 'Verordnungsblatt der Reichsjugendführung II/​25 – HJ. Stabschef' vom 01. 12. 1934, dass neben sowjetrussischen Stücken wie 'Eisbrechermannschaft' auch solche wie 'Heijo, der Fahrtwind weht' vom Nerother Wandervogel aufführte. Gleichzeitig wurde den HJ-Dienststellen der Bezug von Liederbüchern aus dem noch bestehenden bündischen Verlag Günther Wolff in Plauen untersagt. Nach einer Durchsuchung des Verlags im Jahr 1938 durch die Gestapo wurde der Verlag zwangsgeschlossen, da weiterhin im Geheimen aus dessen Lagerbeständen bezogen wurde.211

Jazzmusik spielte, obwohl offiziell als entartet verboten, auch in der Zeit des Nationalsozialismus für viele Jugendliche eine wesentliche Rolle. Ihre swingende Rhythmik, die sich leicht in die allgemeinen Hörgewohnheiten der Menschen einlagerte, fand vor allem durch US-amerikanische Filme Verbreitung, deren amerikanische Titel in unverfängliche deutsche übersetzt wurden.


Abb. 17: Lied: Es dröhnen Trommeln durch das Land

So fanden sie ihren Weg auch ins Radio oder wurden auf Tanzveranstaltungen gespielt, wie bei der Swing-Jugend212 erkennbar wird.

Zu den wichtigsten und einflussreichsten Liedkomponenten gehörte, unter anderem der bereits erwähnte Hans Baumann. Erst 1933 trat er, vom katholischen Schülerbund kommend, der HJ bei und wurde schnell zum berühmtesten HJ-Lieddichter. Er fertigte für alle Bereiche Gebrauchsmusik an, darunter Tageszeitenlieder, Marschlieder, Weihnachtslieder, Vaterlands-, Ostlands- und Soldatenlieder.

An dieser Stelle können noch Werner Altdorf als Verfasser kämpferischer Lieder, Heinrich Spitta für feierliche Gesänge und Georg Blumensatt, verantwortlich für Marschstücke, aufgeführt werden.

5.7 Fahrten und Lager

Eine weitere freizeitpolitische Aktivität von HJ und BDM waren die Fahrten und Sommerlager für die Jungen und Mädchen. Sie existierten als ein zentrales Element der NS-Erziehung, denn „nirgendwo sonst ließen sich die Lebensbedingungen so konsequent arrangieren und kontrollieren, wie es dem Ideal der HJ-Erziehung entsprach.“213 Fernab von Elternhaus und Schule war es den Nationalsozialisten möglich, für ein bis zwei Wochen den gesamten Tagesablauf der Jungen und Mädchen zu gestalten, um durch Spiele und Übungen zu festigen und zu verinnerlichen, was in der weltanschaulichen Schulung der wöchentlichen Heimabende gelernt wurde. Neben der weltanschaulichen Schulung und der kulturellen Arbeit spielte die Naturerfahrung in den Lagern eine große Rolle, denn „erst der naturverbundene Mensch besitzt eine sichere, unserer Weltanschauung entsprechende Haltung, erst er kann als Soldat in der Wehrmacht alle Vorteile, die das Gelände ihm bietet, sich zu eigen machen […].“214

Das Lagerleben mit seinen Ritualen, der Musik und den Gesängen, den Feier- und Weihestunden war prädestiniert, die Jugend weltanschaulich zu schulen. Es wurde beispielsweise bewusst die Lagerfeuerromantik genutzt, um ideologisch auf die Kinder einzuwirken. Diese Inszenierungen ließen ein Gemeinschafts- und Zugehörigkeitsgefühl entstehen, welches im Nationalsozialismus von großer Bedeutung war.215

Obergebietsführer Karl Cerff hat im Vorwort des Buches 'Zucht Freude Glaube – Handbuch für die kulturelle Arbeit im Lager' geschrieben: „Immer mehr hat sich das Lager zu einer Erziehungsstätte unserer Gemeinschaft entwickelt, die wie selten sonst in unserem alltäglichen Leben uns von allen Seiten her anpackt und formt.“216

Der Tagesablauf in den Lagern war vollständig strukturiert und durchgeplant und ließ den Kindern selten Raum zu Entfaltung ihrer individuellen Ideen, Bedürfnisse und Fähigkeiten. So begann jeder Tag mit dem Frühsport, gefolgt von einem Fahnenappell und weiterer Aktivitäten wie beispielsweise Liederstunden, Spielrunden und Sportübungen. Beendet wurde der Tag mit dem Flaggeneinzug.


Abb. 18: Sommerlager der HJ


Abb. 19: Sommerlager der Jugend

5.8 Körperliche Ertüchtigung/​Sport

Die Wichtigkeit der körperlichen Ertüchtigung im Nationalsozialismus wurde bereits dargestellt. Hitlers Äußerung über das „Heranzüchten kerngesunder Körper“217 kann in diesem Zusammenhang gesehen werden. Auch sie galt als eines der wichtigsten Erziehungsmittel, da in ihr erneut die Erziehungsziele umgesetzt wurden. „Die Tat, die Handlung, das Erlebnis waren verlangt, nicht Diskussion und geistige Gespräche.“218

Generell wurde zwischen dem Sport der Jungen und Mädchen unterschieden. Die körperliche Ertüchtigung der Jungen umfasste „Übungen ohne und mit Gerät, wie Leichtathletik […], Spiele, Kampfspiele, Bodenturnen, Freiübungen, Boxen, Schwimmen, Ski- und Eislauf; bei den Mädeln: Gymnastik, Mädeltänze, Spiele […], Kampfspiele, Hindernisturnen, Bodenturnen, Leichtathletik, Schwimmen, Ski- und Eislauf.“219


Abb. 20: Leichtathletik der HJ

Während die Zielsetzung der männlichen Jugend in der „Gesundheit, Kraft und körperlichen Leistungsfähigkeit“220 lag, auch um die Voraussetzungen für eine zukünftige Wehrtüchtigkeit zu schaffen, so war es bei den Mädchen die „Gesundheit, Anmut und Schönheit“221 sowie die Förderung der Persönlichkeit und der Charakterstärke. Gerade bei den Mädchen stellte der Sport eine Attraktivität des BDM dar, durften sie doch erstmals an Sport in der Natur teilnehmen und erhielten dazu die Möglichkeit, exklusivere Sportarten auszuprobieren.222

Die Jungen sollten sich im Sport mit ihren Kameraden messen und dadurch „stärker und vollkommener“223 werden. Der „kämpferische Gedanke“224 war stets vorhanden und zeigte sich auch in der Menge der vielfältigen Wettkämpfe, wie beispielsweise „Bann- und Gebietssportwettkämpfe, Winterkampfspiele, Frühjahrsgeländelauf, Führerzehnkampf“225. Auch paramilitärische Elemente fanden Eingang in den Sportbereich der Jungen.

Belohnt wurde der sportliche Erfolg mit Leistungsabzeichen, die einen großen Anreiz darstellten, aber auch Leistungsdruck aufbauten. Ab 1934 mussten alle Mitglieder eines Sportvereines in die HJ oder den BDM eintreten. Als am 1. Dezember 1936 das 'Gesetz über die Hitlerjugend' verabschiedet wurde und die RJF die Verantwortung für alle Bereiche des Jugendlebens erhielt, fielen auch die Sportvereine in den Wirkungsbereich der Gesamt-HJ. Außerhalb der Jugendorganisation gab es von nun an keine eigenständigen Sportorganisationen mehr.226

Innerhalb des 'Dritten Reiches' beauftragte die Reichsjugendführung zwei unterschiedliche Ämter mit der Verantwortung für den Sportbereich. So war das Amt für Leibesübungen für die „gesamten freiwilligen und pflichtmäßigen Leibesübungen außerhalb der Schule“227 zuständig, das Amt für körperliche Ertüchtigung übernahm den Bereich der Wehrerziehung und alle Aufgaben, die auf den „späteren Dienst in der Wehrmacht“228 vorbereiteten. Darunter fiel die Grundschulung, sowie Leibesübungen und die „gesamte sportliche Mobilmachung der Jugend“229 mit ihrer geistigen, körperlichen und charakterlichen Vorbereitung.


Abb. 21: Lauf der HJ


Abb. 22: Boxen

5.9 Die Funktion der Medien

Die Propagandaarbeit innerhalb der Gesamt-HJ war ein unentbehrliches Mittel zur Aufklärung. Das Presse- und Propagandaamt, welches für diese Zwecke eingerichtet wurde, hatte neben besagter Aufklärung das Ziel, die weltanschauliche Schulung zu unterstützen sowie die „Werbung der Hitler-Jugend auf allen Gebieten durchzuführen.“230

Zeitschriften und Veröffentlichungen

Ab 1933 entwickelte die Gesamt-HJ eine Monopolstellung für Zeitschriften und Bücher aus dem Kinder- und Jugendbereich, da außerhalb dieser Verlage keine Publikationen mehr veröffentlich werden durften. Es entstand ein umfangreiches Zeitungs- und Zeitschriftenwesen, das monatlich Zeitschriften für die einzelnen Sektionen herausgab. Die Jungen erhielten die Zeitschrift 'Hitlerjugend', später umbenannt in 'Junge Welt', die Zeitschrift 'Das Deutsche Mädel' richtete sich an die Mädchen aus dem BDM. Darüber hinaus gab es Monatsschriften für das Jungvolk ('Der Pimpf') und die Jungmädel ('Jungmädel').231 Bei der Zeitschrift 'Wille und Macht' handelte es sich um das „Monatsheft für die Führerschaft, zugleich das geistig anspruchsvollste Organ der HJ.“232 Hinzu kamen weitere sachgebundene Magazine, u. a. für die Landjugend und die Sozialarbeit der Gesamt-HJ.

Das Presse- und Propagandaamt veröffentlichte dazu periodisch „Kalender[…], Schulungsmaterialien, erzählende[s] Schrifttum, Ausbildungsschriften u. ä.; die Schülerzeitschriften und die Jugendbeilagen und Jugendbeiträge der Tageszeitungen“233.

Film

Wie die Zeitschriften und Bücher unterstand die Filmarbeit dem Presse- und Propagandaamt, wenn es sich dabei um Werbefilme, oder auch „Dokumentationen über den HJ-Dienst“ handelte. Der Film, vorwiegend in Kinos gezeigt, spielte aus propagandistischer Sicht eine große Rolle, „denn er kann den jungen Menschen packen und begeistern, er ist ein hervorragendes Aufklärungs- und Schulungsmittel, er kann Vorbild und erhebende Schau bedeuten.“234

Bekannte Propagandafilme dieser Zeit waren der BDM-Film 'Glaube und Schönheit' sowie die Reportage 'Der Marsch zum Führer'. Darüber hinaus gab es weitere Filme, die den Dienstbetrieb, oder auch die Sondereinheiten der HJ dokumentierten. Gelegentlich inszenierte die Gesamt-HJ auch politisch motivierte Spielfilme, welche „zeitnah Themen darstellen“235 sollten, ohne sich auf Motive aus der Vergangenheit zu konzentrieren. Zu den stark ideologisierten Filmen gehörte beispielsweise der Film 'Hitlerjunge Quex', welcher die Kampfzeit der HJ verherrlichte.236 Die Staatsjugendorganisation selbst entwickelte ein eigenes Prädikat, um die Filme zu beurteilen. Das Prädikat 'Jugendwert' stand für einen ideologisch wertvollen Film.

Doch wurde die Produktion von speziellen Jugendfilmen aus vermutlichen machtpolitischen Kontroversen zwischen Joseph Goebbels (1897 - 1945) und Baldur von Schirach recht niedrig gehalten. In einer Sonderausgabe von 'Junges Deutschland', 1944, von der NSDAP unter 'Jugend und Film' veröffentlicht, steht: „In 15 Jahren kamen in Deutschland nur 12 Spielfilme für die Jugend heraus!“237:

'Reifende Jugend', 1933,

'Hitlerjunge Quex', 1933,

'General Stift und seine Bande', zweiteilig, 1937,

'Drops wird Flieger', 1938,

'Kopf hoch, Johannes', 1941,

'Jakko“, 1941,

„Kadetten', 1939, (aufgeführt 1941),

'Himmelhunde', 1942,

'Hände hoch', 1942,

'Junge Adler', 1944.238

Gegebenenfalls kann der immer noch im TV zu sehende gekonnt aufbereitete Film mit Heinz Rühmann 'Quax, der Bruchpilot', 1941 als Film für die Jugend gewertet werden.

Darüber hinaus wurden in den meisten Einheiten der HJ und des BDM Bildgeräte eingeführt, um mit Hilfe von Bildern, Vorträge zu veranschaulichen.239


Abb. 23: Filmplakat Hitlerjunge Quex

Rundfunk

Der Rundfunk stellte ebenfalls ein wirkungsvolles Medium zur Massenbeeinflussung dar. Bisher war ein Radio nahezu unerschwinglich. Im August 1933 wurde auf der 10. Funkausstellung in Berlin der Volksempfänger VE 301 vorgestellt, wobei die Typennummer auf den 30. Januar, dem Tag der Machtergreifung hinwies. Statt bisher 300 und mehr Reichsmark, kostete dieses Radio nur 76 Reichsmark, die auch in Monatsraten abbezahlt werden konnten.240 Besondere Bedeutung fand das Radio für die „einheitliche[…] Ausrichtung der Jugenderziehung und Jugendarbeit“241. Es gab eine Reihe an HJ- und BDM-Sendungen die wöchentlich ausgestrahlt und darüber hinaus von Mitgliedern der Staatsjugendorganisation mit gestaltet wurden. Dazu zählte beispielsweise die 'Stunde der jungen Nation' oder auch 'Rundfunk-Morgenfeiern der HJ'. Erstere Sendung bestand einerseits aus vielen musikalischen Beiträgen, andererseits aus politischen Diskussionen. Die Sendung sollte ein wichtiges Mittel zur Massenindoktrination während der wöchentlichen Heimabende werden. Das Konzept der Massenbeeinflussung ging jedoch nicht wie geplant auf, da nicht jedes HJ- und BDM-Heim über ein Radiogerät verfügte, darüber hinaus der Empfang besonders in ländlichen Gegenden schlecht war.

Neben diesen Programmen wurden auch Hörspiele, Instrumentalmusik und dichterische Lesungen gesendet sowie Vorträge und Reportagen im Dienste der HJ-Propaganda.242

Für die Mädchen gab es spezielle 'Mädelstunden'. Diese umfassten beispielsweise „Bücher- und Werkstunden, die Sport- und Landmädelsendungen, […] [und] die monatliche Singstunde“243.

Hinter der Ausstrahlung dieses breit gefächerten Repertoires stand letztendlich auch der Versuch, Jugendliche zu erreichen, die noch nicht in die HJ oder den BDM eingetreten waren. Letzteres zählte auch zu den Zielsetzungen jener Sendungen, die über die Grenzen des 'Dritten Reiches' ausgestrahlt wurden, wie beispielsweise die Weltringsendung 'Jugend singt über die Grenzen'.244 Die Radiosendungen wurden zugleich genutzt, um bei Massenveranstaltungen möglichst viele Jungen und Mädchen gleichzeitig mit einem Thema vertraut werden zu lassen.

Neben den oben genannten Programmen unterstand auch der Schulfunk der Reichsjugendführung.245

Der Redner im Dienste der Aufklärung

Damit die Ideen und Vorstellungen der NSDAP enthusiastisch an das Volk vermittelt werden konnten, wurden rhetorisch versierte Redner gebraucht. Zu diesem Zweck wählte man die talentiertesten Nachwuchsredner aus den Reihen der HJ aus und gewährte ihnen eine umfassende Ausbildung. Jene verlangte „ein gründliches politisches Allgemeinwissen, eine umfassende Kenntnis des nationalen Schrifttums, eine stetige Unterrichtung durch Presse und Rundfunk und die strengste Arbeit an sich selbst.“246 Die Jugendlichen sollten in die Lage versetzt werden, eine Rede nach rhetorischen Grundsätzen zu halten, wozu gestische und mimische Fertigkeiten eintrainiert wurden. Ihre Stimmen sollten, orientiert an Hitler und Goebbels, einen suggestiven Charakter annehmen, um die Zuhörer damit emotional zu ergreifen. Speziell das 'rollende R' aus dem Sprachduktus ihrer Vorbilder wurde geübt und prägnanter Bestandteil einer jeden Rede. Der überhöhte Ton jener Stimmen wirkte bis in den Rundfunk und den Alltag nach dem 'Dritten Reich' hinein. Die derart geschulten Jugendlichen fanden ihre Aufgabenbereiche als „Bannredner, Gebietsredner und Reichsfachredner“247.

„Zu jedem wichtigen politischen Ereignis gab das Propagandaministerium 'Sprachregelungen' für die Berichterstattung heraus.“248

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Дата выхода на Литрес:
22 декабря 2023
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422 стр. 71 иллюстрация
ISBN:
9783954885916
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