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1.1.2 Einordnung der tourismusgeographischen Herangehensweise

Die geographische Herangehensweise ist geprägt von der Orientierung auf das Wechselspiel von menschlichem Handeln und der räumlichen Umwelt. Je nachdem welche der beiden geographischen Hauptrichtungen, die Humangeographie oder die Physischen Geographie im Mittelpunkt stehen, ist der Fokus mehr auf die Analyse der naturräumlichen Gegebenheiten oder Prozesse (Physische Geographie) oder das Handeln des Menschen im Raum (Humangeographie) ausgerichtet. Auch wenn tourismusgeographische Aspekte mit einem physisch-geographischen Analyseansatz behandelt werden (insbesondere die Umweltwirklungen von touristischen Phänomenen wie z. B. die Erosion von Skipisten oder die Analyse der klimarelevanten tourismusbedingten Emissionen), liegen die Wurzeln der tourismusgeographischen Beschäftigung stärker im Bereich der Humangeographie (bzw. der Wirtschafts- und Sozialgeographie). Das Handeln des Menschen im Raum steht damit im Mittelpunkt. Motive und Hintergründe für menschliches Handeln, deren Differenzierung aber auch Beeinflussung sind damit genauso Gegenstand der Tourismusgeographie wie die Analyse der räumlichen Effekte dieses Handeln und eine dem Nachhaltigkeitsparadigma verpflichtete Gestaltung.

Charakteristikum der tourismusgeographischen Herangehensweise ist es damit, touristische Phänomene nicht nur isoliert aus dem Blickwinkel z. B. einer betriebswirtschaftlichen Optimierung oder einer sozialpsychologischen Deutung zu sehen. Vielmehr wird eine stärker integrative, übergreifende Perspektive angestrebt, die – auch in intensivem Austausch und mit Bezug auf die anderen „Tourismuswissenschaften“ – das Phänomen Tourismus stärker holistisch versteht. Gleichzeitig versteht sich Tourismusgeographie in weiten Teilen als anwendungsorientiert und gestaltungsbezogen. Nicht nur die in theoretisch-konzeptionellen Ansätzen wissenschaftlich fundierte Analyse, sondern auch der Anspruch, zur Lösung von Herausforderungen und der Optimierung von Gestaltungsansätzen beizutragen zeichnet tourismusgeographisches Arbeiten vielfach aus.

Box 1 | Von der Fremdenverkehrsgeographie Fremdenverkehrsgeographie zur Tourismusgeographie Tourismusgeographie

Die Tourismusgeographie ist keine statische wissenschaftliche Teildisziplin. Wie alle Wissenschaften hat sie im 20. Jahrhundert eine Reihe von Paradigmenwechseln erfahren, die einerseits den übergeordneten wissenschaftlichen und politischen Kontext spiegeln und andererseits von den Wandlungen in der (Human-)Geographie beeinflusst sind. Auch wenn es bereits frühere Ansätze zur Beschreibung des „Fremdenverkehrs“ – wie das heute als Tourismus beschriebene Phänomen bis in die 1980er Jahre im deutschsprachigen Raum oftmals genannt worden ist – gegeben hat, gilt die Arbeit von POSER aus dem Jahr 1939 als für die weitere Entwicklung der konzeptionellen Ansätze prägend. In seinem Werk „Geographische Studie über den Fremdenverkehr im Riesengebirge“ stehen – in der Tradition der damaligen Geographie – die physiognomisch wahrnehmbaren Veränderungen und Überprägungen in der Kulturlandschaft im Mittelpunkt. Die Fremdenverkehrsgeographie zielte auf die Beschreibung der als Fremdenverkehrslandschaften bezeichneten Zielgebiete ab und fokussierte damit vor allem auf die räumlichen Auswirkungen.

Die Weiterentwicklung zur „Geographie der Freizeit und des FremdenverkehrsGeographie der Freizeit und des Fremdenverkehrs“ wurde in den 1960er und 1970er Jahren geprägt von der „Münchner Schule der Sozialgeographie“ (vgl. RUPPERT 1962, MAIER 1970 oder RUPPERT & MAIER 1970). Deren Zielsetzung wird von KULINAT & STEINECKE rückblickend beschrieben als: „Analyse und Erklärung von Raumstrukturen …, die im Bereich des Freizeit- und Fremdenverkehrs durch sozialräumliche Verhaltensweisen und Umweltbewertungen, durch Standortbildung und (natur‑)geographische Standortfaktoren, durch Wirkungen der Freizeit- und Standortbildung sowie durch planerische Steuerung entstanden sind“ (1984, S. 4). Damit rückt das Individuum als aktiver Faktor im Wechselspiel mit der Umwelt stärker in den Mittelpunkt und gleichzeitig wird die zielorientierte planerische Gestaltung des Raumes explizit thematisiert.

In den späten 1980er Jahren setzt sich die Bezeichnung als „Geographie der Freizeit und des Tourismus“ oder „Freizeit- und Tourismusgeographie“ durch. Die Ersetzung des Begriffes „Fremdenverkehr“ durch den des „Tourismus“ signalisiert dabei nicht nur einen simplen Begriffswechsel zu dem international gebräuchlichen Terminus, der auch in anderen Kontexten vollzogen worden ist (so hat sich der ehemalige Deutsche Fremdenverkehrsverband als Bundesverband der regionalen Tourismusorganisationen 1999 in Deutscher Tourismusverband umbenannt). Vielmehr ist damit – wie auch in anderen Bereichen der Humangeographie – der Wandel von einer stärker deskriptiven Herangehensweise an räumliche Phänomene zu einer analytisch-erklärenden Zielsetzung, bei der die handelnden Individuen und Systeme in ihrem Wechselspiel mit der Umwelt im Mittelpunkt stehen, verbunden.

In diesem Band werden, dem weiten Verständnis von Tourismus (nicht nur auf mit Übernachtungen verbundene Aktivitäten) folgend (vgl. 1.1.3), die beiden Begriffe „Freizeit- und Tourismusgeographie“ sowie „Tourismusgeographie“ synonym verwendet.

1.1.3 Einige Begriffsklärungen

An dieser Stelle soll kein umfassendes definitorisches Kompendium ersetzt werden. Diese sind in unterschiedlichen Lexika tourismuswissenschaftlicher Begriffe verfügbar (vgl. z. B. KIEFL, BACHLEITNER & KAGELMANN 2005; FUCHS, MUNDT & ZOLLONDZ 2008 oder die tourismusgeographischen Stichwörter in BRUNOTTE et al. 2001). Gleichwohl erscheint es wichtig, einige grundlegende Begrifflichkeiten, die im Zusammenhang mit dem Tourismus oftmals eine lebensweltliche Verwendung finden, für den Kontext dieser Einführung aber auch für den fachwissenschaftlichen Gebrauch in der gebotenen Kürze zu fassen.

Was ist ein Tourist?

Scheinbar trivial scheint die Frage, wer oder was ein Tourist ist, wird dieser Begriff doch im alltagssprachlichen Gebrauch von fast jedem verwendet, wobei allerdings auch unterschiedliche begriffliche Fassungen existieren. Eine der klassischen Annahmen ist, dass ein Tourist auch in seinem Zielgebiet übernachtet, d. h. nur der Übernachtungsreiseverkehr als Tourismus verstanden wird. In früheren Zeiten wurde auch versucht, über die zurückgelegte Distanz zwischen Touristen und Naherholungssuchenden zu unterscheiden, wobei manchmal – in Analogie zum Verkehrswesen – die Grenze bei 50 km gezogen wurde. In manchen Ländern der sog. Entwicklungsländer werden als Touristen nur Besucher aus dem Ausland verstanden.

Die United Nations World Tourism OrganisationUnited Nations World Tourism Organisation (UNWTOUNWTO) ist eine internationale Organisation, die sich im Auftrag der UN neben der Bereitstellung von internationalen Tourismusstatistiken auch mit international relevanten Aspekten des Tourismus (z. B. Krisenmanagement, Biodiversität) beschäftigt. Diese hat 1993 – vor allem für die Angleichung der internationalen Tourismusstatistiken einen Katalog von Begriffen unter dem Namen „Standard ‎International Classification of Tourism ActivitiesStandard ‎International Classification of Tourism Activities (SICTA)“ (SICTASICTA (Standard ‎International Classification of Tourism Activities)) beschlossen. Dort findet sich auch die inzwischen weltweit weitgehend akzeptierte Definition des Begriffes „Tourist“.

Box 2 | UNWTO-Definition des Begriffes „Tourist Tourist

„A visitor is a traveller taking a trip to a main destination outside his/her usual environment, for less than a year, for any main purpose (business, leisure or other personal purpose) other than to be employed by a resident entity in the country or place visited. These trips taken by visitors qualify as tourism trips. Tourism refers to the activity of visitors” (UNWTO 2008, S. 10).

In dieser Definition sind im Wesentlichen drei Aspekte enthalten:

1 OrtsveränderungOrtsveränderung: Ein Tourist ist eine Person, die sich im Raum von einem Ausgangspunkt zu einem Zielpunkt bewegt. Allerdings gibt es keine Mindestentfernung oder das Überschreiten von (seien es kommunalen oder nationalen) Grenzen als Voraussetzung.

2 Zeitliche BefristungZeitliche Befristung: Die Bewegung im Raum ist zeitlich befristet, dauerhafte Migrationen (sei es durch einen freiwilligen Umzug oder eine Zwangsmigration durch Flucht oder Vertreibung) zählen damit nicht als touristische Aktivität. Gleichzeitig wird keine Mindestaufenthaltsdauer, sondern nur ein Maximum von einem Jahr angegeben.

3 ZweckZweck: Die Motive für die Raumveränderung können unterschiedlicher Art sein, wobei die UNWTO neben den Hauptzwecken von freizeitmotivierten und Geschäftsreisen, die möglichen anderen Motive nicht weiter eingrenzt. Eine religiös motivierte Pilgerfahrt (egal ob zur nahegelegenen Marienkapelle oder nach Mekka) zählt damit ebenso als touristische Aktivität wie der Aufenthalt zu einem Sprachkurs im Ausland. Ausgeschlossen sind lediglich Fahrten von Berufspendlern zum Hauptort der Berufsausübung (auch wenn diese über eine nationale Grenze hinweg erfolgt).

Für die statistische Erfassung werden darüber hinaus noch ausgeklammert die Raumveränderung von Diplomaten und Angehörigen von Streitkräften, aber auch von Nomaden, Flüchtlingen und Transitreisenden.

Die Differenzierung von Touristen primär für statistische Zwecke (vgl. Abb. 2) folgt weitgehend diesen Grundvorgaben des UNWTO. So wird einerseits oftmals unterschieden zwischen freizeitorientierten Touristen und anderen Motiven (wobei hier dann vor allem der Geschäftsreiseverkehr erfasst wird, während andere Motive nur sehr begrenzt statistisch fassbar sind). Von Freizeitaktivitäten werden aus touristischer Sicht nur diejenigen erfasst, die außerhalb der eigenen Wohnung stattfinden, während häusliche Freizeitbeschäftigungen nicht berücksichtigt sind. Sowohl beim freizeitorientierten als auch beim Geschäftsreise-Tourismus werden die Besucher oftmals unterschieden in Tagestouristen und Übernachtungstouristen. Da bei einer der wichtigsten sekundärstatistischen Quellen der Tourismusforschung, der sog. „Reiseanalyse“ (vgl. FUR div. Jg.) lange nur Reisen mit mindestens 4 Übernachtungen erfasst wurden, wird oftmals auch noch zwischen Kurzurlauben (1 bis 4 Tage) und Urlauben unterschieden.

Abb. 2:

Differenzierung von Tourismus für statistische Zwecke (Quelle: eigener Entwurf)

Gleichzeitig ist in Abbildung 2 mit den grauen Pfeilen angedeutet, dass die vermeintlich klare statistische Erfassung der MotiveMotive der Realität oftmals nicht gerecht wird. Die grauen Pfeile im rechten Teil der Graphik sollen darauf hinweisen, dass auch Geschäftsreisen oder primär aus anderen, nicht freizeitbezogenen Motiven unternommene Reisen (wie z. B. Kuren, Pilgerreisen oder Sprachkursaufenthalte) zu gewissen Teilen auch freizeitorientierte Komponenten aufweisen können (genauso wie umgekehrt auch primär freizeittouristische Aufenthalte natürlich auch partiell berufliche Aspekte inkludieren können).

Für die weitere Differenzierung von Ausprägungen des Tourismus kann nach STEINGRUBE (2001) zwischen unterschiedlichen TourismusformenTourismusformen unterschieden werden. Die Festlegung von Tourismusformen „greift auf sichtbare, äußere Erscheinungen oder auf nur zum Teil sichtbare Verhaltensweisen sowie auf die nicht sichtbare Reisemotivation zurück, um die Vielfalt der touristischen Nachfrage zu gliedern“ (2001, Band 3, S. 358f.). Wie anhand der Beispiele in Tabelle 1 sichtbar wird, erweist sich die Vielfalt von unterschiedlichen Tourismusformen als offenes Konzept, bei dem je nach Betrachtungswinkel und Interessenslage Teilbereiche der konkreten touristischen Praxis ausgegliedert werden können. Dabei sind die verwendeten Kriterien „frei wählbar, nicht immer überschneidungsfrei, sie müssen nicht die Gesamtheit aller Touristen erfassen und sie müssen einander nicht ausschließen, sondern können auch miteinander kombiniert werden“ (STEINGRUBE 2001, Band 3, S. 359).


Abgrenzungskriterien Beispiele möglicher Tourismusformen
Motivation Urlaubs-, Geschäfts-, Bildungs-, Gesundheitstourismus
Jahreszeit Sommer-, Wintertourismus
regionale Herkunft Binnen-, Ausländer-, Incoming-Tourismus
soziale Gruppe Frauen-, Jugend-, Seniorentourismus
Einkommen Sozial-, Luxustourismus
Beherbergung Hotel-, Campingtourismus
Verkehrsmittel Fahrrad-, Auto-, Flugtourismus
Landschaftsform maritimer, alpiner Tourismus
Distanz Naherholung, Ferntourismus
Dauer Ausflug, Kurzurlaub, Langzeittourismus
Aktivität Ski-, Rad-, Golftourismus

Tab. 1:

Unterschiedliche Tourismusformen (Quelle: STEINGRUBE 2001, Band 3, S. 358)

Bereits bei diesen ersten Schritten der Annäherung an touristische Begrifflichkeiten wird deutlich, dass es sich um eine offene Disziplin handelt, bei der die Phänomene oftmals nicht einfach zu fassen sind. Gleichzeitig wird sichtbar, dass es ein dynamisches Feld ist, das nicht – wie z. B. das Set der chemischen Elemente – ein abgeschlossenes Konstrukt darstellt, sondern sich kontinuierlich weiterentwickelt. So werden unter dem Begriff des Dark Tourism in jüngerer Zeit entstehende Angebotsformen zusammengefasst, bei denen die „Faszination des Schreckens“ als Attraktor fungiert (QUACK & STEINECKE 2012). In den letzten Jahren sind unter dem Stichwort der „Entschleunigung“ neue Formen des sog. Slow TourismSlow Tourism entstanden (vgl. ANTZ, EILZER & EISENSTEIN 2011). Auch die Entdeckung von kulinarischen Angeboten als Element der Positionierung von Destinationen (vgl. KAGERMEIER 2011b) steht für den permanenten Innovationsprozess im Tourismusmarkt, in dem die definitorische Fassung für die wissenschaftliche Analyse oftmals der konkreten Praxis hinterherhinkt. Die Entstehung neuer Formen wird ja nicht wie z. B. in der Pharmazie von Wissenschaftlern in Labors entwickelt, sondern entsteht im Wechselspiel zwischen Anbietern und Nachfragern in der konkreten touristischen Realität. Die Rolle der Tourismuswissenschaften beschränkt sich nicht auf das analytische Nachvollziehen der konkreten touristischen Praxis. Es werden auch Grundlagen für Produktinnovationen über die Analyse von übergeordneten Trends, auf der Basis von Produkt-LebenszyklenProdukt-Lebenszyklen oder Markt- und Wettbewerbsanalysen, vorbereitet und begleitet – oftmals vom konkreten Handeln von Innovatoren auf der Angebots- und Nachfrageseite stimuliert.

Freizeit – was ist das?

Bei der Festlegung von Tourismusformen wurde bereits auf den Begriff der FreizeitFreizeit als zentrales Motiv für viele Tourismusformen Bezug genommen. Dies geschah im Bewusstsein, dass es sich auch bei diesem Begriff um einen alltagssprachlich verwendeten Ausdruck handelt, dessen genauere inhaltliche Fassung für die wissenschaftliche Verwendung ebenfalls nicht einfach ist. Alltagssprachlich wird „Freizeit“ als zumeist positiv besetzter Begriff verwendet. Als Realdefinition kann Freizeit umschrieben werden als „Zeit für Etwas“ (zum Faulenzen, Spielen, Basteln, Bummeln, Kochen, Beschäftigung mit Kindern, Ausschlafen). Dabei kann dieser subjektiv ganz unterschiedlich gefasst werden. Für den Einen kann Kochen eine gerne und freiwillig ausgeübte Freizeitbeschäftigung sein, während für jemand anderen Kochen eine unangenehme Pflicht darstellt.

FASTENMEIER, GSTALTER und LEHNIG (2001) haben bei einer bundesweiten Befragung zum subjektiven FreizeitbegriffFreizeitbegriff, subjektiver unter anderem geschlechtsspezifische Unterschiede in der Wahrnehmung dessen, was als Freizeitbeschäftigung angesehen wird, festgestellt. Zu mehreren Tätigkeiten sollten die Probanden auf einer Skala von 0 (= kein Freizeitcharakter) bis 10 (= hoher Freizeitcharakter) angeben, welchen Grad des Freizeitbezugs die entsprechenden Tätigkeiten besitzen. Die sich dabei ergebenden Mediane sind in Tabelle 2 dargestellt.


Tätigkeiten Median weiblich Median männlich
Töpfern Friseurbesuch Einkauf im Baumarkt Fahrzeug reparieren Schaufensterbummel Textilien kaufen 8 6 1 1 8 5 5 3 3 4 6 3
Skala: 0 = kein Freizeitcharakter bis 10 = hoher Freizeitcharakter

Tab. 2:

Geschlechtsspezifische Unterschiede in der Einschätzung des Freizeitbezugs von Tätigkeiten (Quelle: Fastenmeier, Gstalter & Lehnig 2001, S. 27)

Plausibel und nachvollziehbar – und sicherlich auch manche klischeehaften Vorstellungen und Stereotype bedienend – ergab sich bei dieser Untersuchung, dass z. B. ein Friseurbesuch oder ein Schaufensterbummel für weibliche Befragte einen höheren Freizeitbezug aufweist, während männliche Befragte einer Fahrzeugreparatur oder dem Baumarktbesuch einen höheren Freizeitbezug zusprechen.

In der wissenschaftlichen Fassung des Begriffes wurde lange Zeit ein sog. „negativer FreizeitbegriffFreizeitbegriff, negativer“ verwendet. Dies bedeutet, dass Freizeit als „Restgröße“ angesehen wurde, die sich ergibt, wenn von den 168 Stunden einer Woche die Arbeitszeit und täglich etwa 11 Stunden für die physiologische Regeneration (Schlafen, Körperhygiene) und hauswirtschaftliche Tätigkeiten (Kochen, Putzen und alltägliche Einkäufe) abgezogen werden. Hintergrund dieser Herangehensweise war, dass die Zunahme der „freien Zeit“ als Folge der Reduzierung von tariflich festgelegten Wochenarbeitszeiten quantitativ gefasst werden konnte.

Inzwischen wird in der Freizeit- und Tourismuswissenschaft weitgehend ein „positiver FreizeitbegriffFreizeitbegriff, positiver“ verwendet, der versucht, die Freizeit entsprechend dem lebensweltlichen Verständnis als frei verfügbare Zeit zu verstehen. Dieses Verständnis geht zurück auf OPASCHOWSKI (1990). Es vermeidet einerseits die allein auf die Arbeitszeit bezogene Sichtweise als „Restkategorie“. Andererseits wird darauf verzichtet, Freizeit intersubjektiv einheitlich festlegen zu wollen. Es wird anerkannt, dass das Freizeitverständnis von jedem Individuum subjektiv unterschiedlich verstanden werden kann.

OPASCHOWSKI differenziert die Lebenszeit in drei Bereiche, die sich durch den Grad an Wahl‑, Entscheidungs- und Handlungsfreiheit unterscheiden (vgl. Abb. 3):

1 „der frei verfügbaren, einteilbaren und selbstbestimmbaren DispositionszeitDispositionszeit (= ‚freie Zeit‘ – Hauptkennzeichen: Selbstbestimmung);

2 der verpflichtenden, bindenden und verbindlichen ObligationszeitObligationszeit (= ‚gebundene Zeit‘ – Hauptkennzeichen: Zweckbestimmung);

3 der festgelegten, fremdbestimmten und abhängigen DeterminationszeitDeterminationszeit (= ‚abhängige Zeit‘ – Hauptkennzeichen: Fremdbestimmung)“ (OPASCHOWSKI 1990, S. 86).

Abb. 3:

Unterschiedliche Freiheitsgrade bei Dispositions-, Obligations- und Determinationszeit (Quelle: eigener Entwurf in Anlehnung an OPASCHOWSKI 1990, S. 86)

Ähnlich wie bei den touristischen Motiven ist es damit das Individuum mit seiner subjektiven Perzeption, das für sich entscheidet, welchen Grad an freier Entscheidung es wahrnimmt. Damit wird auch hier in der Tourismuswissenschaft ein intersubjektiv nicht eindeutig festlegbares Begriffsverständnis akzeptiert.

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9783846354520
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