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Gebietshoheit (Marten Breuer)

I. Definition

II. Einschränkungen kraft allgemeinen Völkerrechts

1.Immunität

2.Fremdenrecht

3.Nachbarschaftsrecht

4.Kriegerische Besetzung

III. Einschränkungen auf völkervertraglicher Grundlage

1.Pacht

2.Servituten

3.Treuhandgebiete

4.Internationale Übergangsverwaltungen

5.Supranationale Organisationen

IV. Rechtslage Deutschlands nach 1945

Lit.:

D. Blumenwitz, Der deutsche Inlandsbegriff im Lichte des Staats- und Völkerrechts, in: FS für H.-J. Schlochauer, 1981, 25; M. Kment, Grenzüberschreitendes Verwaltungshandeln, 2010; A. Verdross/B. Simma/R. Geiger, Territoriale Souveränität und Gebietshoheit, 1980.

I. Definition

Unter der Gebietshoheit versteht man die ausschließliche Herrschaftsgewalt über ein Territorium. Sie ist abzugrenzen von der territorialen → Souveränität. Beide Begriffe verhalten sich zueinander wie das zivilrechtliche Begriffspaar Eigentum und Besitz: Der territorialen Souveränität als dem „Vollrecht“ entspricht dabei das Eigentum; nur der territoriale Souverän kann über das Gebiet verfügen. Der Gebietshoheit als der faktischen Innehabung der Herrschaftsgewalt entspricht hingegen der Besitz. Haben mehrere Staaten gemeinsam die territoriale Souveränität inne, spricht man von einem Kondominium, bei gemeinsamer Ausübung der Gebietshoheit von einem Koimperium.

Im Regelfall sind territoriale Souveränität und Gebietshoheit deckungsgleich, können jedoch auch auseinanderfallen, etwa im Falle kriegerischer Besetzung (occupatio bellica) oder bei Verpachtung eines Gebiets an einen anderen → Staat. Dabei kann es sein, dass der Inhaber der territorialen Souveränität, z. B. durch einen zeitlich unbegrenzten Pachtvertrag, faktisch jegliche Einwirkungsmöglichkeiten auf ein bestimmtes Gebiet verloren hat. Auch wenn die territoriale Souveränität unter diesen Umständen auf ein nudum ius reduziert ist, bleibt das → Staatsgebiet doch völkerrechtlich dem jeweiligen Staat zugeordnet. Das wird daran deutlich, dass bei einvernehmlicher Aufhebung des Pachtvertrags die aus der territorialen Souveränität fließenden Rechte automatisch wieder aufleben. In diesem Sinne schlossen Panama und die USA 1903 zunächst einen unbefristeten Pachtvertrag über die Panama-Kanal-Zone (sog. Hay-Varilla-Vertrag), in dem den USA die volle Gebietshoheit über die Kanalzone eingeräumt wurde. 1977 wurde dieser Vertrag einvernehmlich durch den Panama Canal Treaty abgeändert, nach dem den USA nur noch einzelne Verwaltungsrechte zustanden, und zwar zeitlich begrenzt bis Ende 1999. Einer Rückübereignung des Gebiets von den USA an Panama bedurfte es weder 1977 noch 1999, vielmehr lebten Ende 1999 die Vollrechte Panamas hinsichtlich der Kanalzone ipso iure wieder auf.

Die Gebietshoheit ist grds. eine ausschließliche, d. h. der die Gebietshoheit ausübende Staat kann jede andere staatliche Hoheitsgewalt von dem betreffenden Territorium verdrängen. Kraft der Gebietshoheit unterliegen nicht nur die eigenen Staatsangehörigen, sondern auch die auf dem betreffenden Territorium befindlichen Ausländer der Hoheitsgewalt des Gebietsstaates. Zwar unterstehen die fremden Staatsangehörigen über das Prinzip der Personalhoheit in begrenztem Umfang auch der Rechtsordnung ihres Heimatstaates. Aufgrund ihrer physischen Anwesenheit sind sie jedoch dem primären Zugriff des Gebietsstaates ausgesetzt. Die grds. umfassend angelegte Gebietshoheit kennt allerdings gewisse Einschränkungen, die sich teils aus dem allgemeinen Völkerrecht (→ Völkergewohnheitsrecht), teils aus dem → Völkervertragsrecht ergeben.

II. Einschränkungen kraft allgemeinen Völkerrechts

1. Immunität

Durch das Institut der Immunität wird die grds. unbegrenzte Befugnis des Gebietsstaates zur Regelung von Sachverhalten auf dem eigenen Gebiet begrenzt. Persönliche Immunität (Immunität ratione personae) genießen dabei in erster Linie fremde Staatsoberhäupter, Außenminister sowie Diplomaten (Art. 31 WÜD; Sart. II, Nr. 325), jeweils für die Dauer ihres Amtes. Funktionale Immunität (Immunität ratione materiae) kommt ehemaligen Staatsoberhäuptern, Außenministern und Diplomaten (Art. 39 Abs. 2 WÜD) sowie darüber hinaus amtierenden oder ehemaligen Konsuln (Art. 43, 53 Abs. 4 WÜK; Sart. II, Nr. 326) zu. Nach dem Grundsatz par in parem non habet imperium genießt darüber hinaus ein ausländischer Staat selbst Immunität für hoheitliches Handeln (acta iure imperii), nicht jedoch für privatwirtschaftliche Aktivitäten (acta iure gestionis). Über diese völkergewohnheitsrechtlich geltenden Immunitätsregeln kann ein Staat selbstverständlich durch Vertrag noch hinausgehen, etwa indem er auf seinem Territorium stationierten ausländischen Truppenverbänden Immunität gewährt.

2. Fremdenrecht

Wenngleich ein Staat kraft seiner Gebietshoheit grds. auch gegenüber Ausländern Hoheitsgewalt ausüben darf, sind Fremde dem Gebietsstaat doch nicht gänzlich schutzlos ausgeliefert. Vielmehr ist der Gebietsstaat über das gewohnheitsrechtlich geltende → Fremdenrecht verpflichtet, Ausländern einen gewissen Mindeststandard zu gewährleisten. Der Umfang des fremdenrechtlichen Mindeststandards ist allerdings nicht eindeutig gesichert. Jedenfalls zählen hierzu etwa das Recht auf Anerkennung als Rechtsperson, der Schutz vor Angriffen auf Leben, Freiheit und Würde oder der Zugang zur Gerichtsbarkeit. Über diesen basalen Schutz kann ein Staat wiederum auf vertraglicher Grundlage hinausgehen, so ist etwa die Stellung der mitgliedstaatlichen Angehörigen im Rahmen der EU gegenüber dem fremdenrechtlichen Mindeststandard deutlich angehoben.

3. Nachbarschaftsrecht

Einschränkungen unterliegt ein Staat bei der Ausübung seiner Gebietshoheit ferner durch die Regeln des völkerrechtlichen Nachbarschaftsrechts. Nach den insoweit maßgeblichen Grundsätzen guter Nachbarschaft ist ein Staat vor allem verpflichtet, von seinem Territorium ausgehende grenzüberschreitende Schädigungen (z. B. Umweltbeeinträchtigungen) zu unterlassen bzw. zu unterbinden sowie gemeinsame Ressourcen ausgewogen zu nutzen.

4. Kriegerische Besetzung

Die vorstehend behandelten Einschränkungen der Gebietshoheit zeichnen sich dadurch aus, dass sie (bereits) im „Normalzustand“ gelten, wo territoriale Souveränität und Gebietshoheit in der Hand ein und desselben Staates liegen. Im Falle kriegerischer Besetzung (occupatio bellica) ist das anders, hier fallen territoriale Souveränität (des besetzten Staates) und Gebietshoheit (der Besatzungsmacht) auseinander. Gleichwohl unterliegt auch die Ausübung der Gebietshoheit durch die Besatzungsmacht gewohnheitsrechtlichen Grenzen, die in der Haager Landkriegsordnung ihren völkervertraglichen Niederschlag gefunden haben. Danach ist die Besatzungsmacht (lediglich) zur Wiederherstellung der öffentliche Ordnung und des öffentlichen Lebens berechtigt, und zwar grds. unter Beachtung der Landesgesetze (Art. 43 HLKO; Sart. II, Nr. 46). Die Ehre und die Rechte der Familie, das Leben der Bürger und das Privateigentum sowie die religiösen Überzeugungen und gottesdienstlichen Handlungen sollen geachtet werden (Art. 46 HLKO), Plünderungen sind verboten (Art. 47 HLKO). Weiter gehende Beschränkungen der Besatzungsgewalt im Verhältnis zur besetzten Bevölkerung enthält heute die IV. Genfer Konvention (Sart. II, Nr. 54).

III. Einschränkungen auf völkervertraglicher Grundlage

1. Pacht

Ebenso wie ein Staat einen Gebietsteil an einen anderen Staat abtreten kann (Zession → Gebietserwerb), kann er diesem auch lediglich die Gebietshoheit (unter Beibehaltung der territorialen Souveränität) übertragen. Teilweise differenziert die Völkerrechtslehre hier noch weiter zwischen (bloßer) Verpachtung und der sog. Verwaltungszession, wobei die Abgrenzung nicht immer ganz deutlich wird. Die Verpachtung kann auf bestimmte oder unbestimmte Zeit, sie kann entgeltlich oder unentgeltlich erfolgen. Beispiele sind neben der o.g. Verpachtung des Panama-Kanals noch die (1997 beendete) Verpachtung Hong Kongs von China an das Vereinigte Königreich oder die Verpachtung von Guantánamo Bay durch Kuba an die USA.

2. Servituten

Während sich die Verpachtung auf die Gebietshoheit insgesamt bezieht, werden durch Servituten lediglich einzelne Nutzungsrechte begründet. Eine Servitut kann positiv sein (Pflicht zur Duldung einer bestimmten Nutzung durch einen anderen Staat) oder negativ (Pflicht zur Unterlassung einer Nutzung des eigenen Territoriums, z. B. bei Entmilitarisierung). Unterschieden wird ferner zwischen Verkehrsservituten (Transitrechte über fremdes Territorium), Grenzservituten (Grenzkontrollstellen oder Eisenbahnstationen auf fremdem Territorium, Bsp.: Badischer Bahnhof in Basel), wirtschaftliche Servituten (Fischereirechte in fremden Küstengewässern, Schifffahrtsrechte auf Binnenwasserstraßen, Ausbeutungsrechte an Bodenschätzen) sowie militärische Servituten (Armee-, Flotten- oder Luftstützpunkte auf fremden Territorium).

3. Treuhandgebiete

Kap. XII und XIII der UN-Charta befassen sich mit dem internationalen Treuhandsystem, einem Nachfolgeinstitut des Mandatssystems aus der Völkerbundära. Ziel des Treuhandsystems war es, den geordneten Übergang der betroffenen Gebiete in die Unabhängigkeit zu ermöglichen. Mit der Unabhängigkeit der elf unter Treuhandverwaltung gestellten Gebiete war das Mandat des Treuhandrates erfüllt. Er hat daher mit Wirkung vom 1.11.1994 seine Arbeit eingestellt. Der 2005 von UN-Generalsekretär Kofi Annan gemachte Vorschlag zur Streichung der betreffenden Vorschriften in der UN-Charta war in der Sache unbestritten und wurde dementsprechend im sog. Ergebnisdokument des Weltgipfels von 2005 befürwortet (A/RES/60/1, Rn. 176). Die hierfür notwendige Änderung der UN-Charta ist allerdings bis heute nicht zustande gekommen.

4. Internationale Übergangsverwaltungen

An die Stelle der Übergangsverwaltung im Rahmen des Treuhandsystems treten heutzutage zunehmend Übergangsverwaltungen auf der Grundlage einer Kapitel VII-Resolution des → UN-Sicherheitsrates. Diese Entwicklung ist getragen von der Einsicht, dass durch einen Peace-building- oder Peace-enforcement-Einsatz allein nicht auf Dauer stabile innerstaatliche Verhältnisse herbeigeführt werden können. Erforderlich ist vielmehr das sog. post-conflict nation building. Besonders weitgehende Verwaltungskompetenzen haben die Vereinten Nationen im Kosovo (UNMIK) und in Ost-Timor (UNTAET) ausgeübt. Der Umfang der Kompetenzen ist dabei abhängig von der jeweiligen Ermächtigung durch den Sicherheitsrat. So ermächtigte dieser im Falle Ost-Timors UNTAET „to exercise all legislative and executive authority, including the administration of justice“ (SR-Res. 1272). Im Falle des Kosovo ergeben sich die entsprechenden Kompetenzen von UNMIK dagegen nicht direkt aus der SR-Res. 1244, sondern (erst) aus der Verordnung des Sonderbeauftragten des UN-Generalsekretärs UNMIK/REG/1999/1. Besondere Schwierigkeiten entstehen hinsichtlich der Frage, wem das jeweilige Handeln völkerrechtlich zuzurechnen ist. So wertete der → EGMR im Falle des Kosovo nicht allein das Handeln von UNMIK, sondern auch den „militärischen Arm“ der Übergangsverwaltung, den durch SR-Res. 1244 autorisierten Einsatz der → NATO, in rechtlich zweifelhafter Weise als unmittelbar und ausschließlich den → Vereinten Nationen zurechenbar; die eingelegten Menschenrechtsbeschwerden wurden daher als unzulässig ratione personae abgewiesen (Fall Behrami und Saramati, EuGRZ 2007, 522).

5. Supranationale Organisationen

Die mit der Gebietshoheit einhergehende Ausschließlichkeit der Herrschaftsgewalt über ein bestimmtes Territorium ist im Falle supranationaler Organisationen zusätzlich relativiert. Im Unterschied zu → Internationalen Organisationen klassischen Zuschnitts gilt das supranational gesetzte Recht regelmäßig unmittelbar in den Mitgliedstaaten der supranationalen Organisation, ohne dass es eines gesonderten Umsetzungsakts auf nationaler Ebene bedürfte. Die für das Völkerrecht so typische Mediatisierung des Einzelmenschen (→ Individuum) durch den Staat wird hier aufgegeben, der staatliche „Souveränitätspanzer“ durchbrochen. Stattdessen ist der Einzelmensch unmittelbarer Adressaten supranationaler Rechte wie Pflichten (vgl. EuGH, Rs. 26/62 – Van Gend en Loos).

IV. Rechtslage Deutschlands nach 1945

Die Rechtslage Deutschlands nach 1945 war über lange Zeit durch das Auseinanderfallen von territorialer Souveränität und Gebietshoheit gekennzeichnet. Mit der Berliner Erklärung vom 5.6.1945 hatten zunächst die Siegermächte die oberste Regierungsgewalt in Bezug auf Gesamtdeutschland übernommen, eine Annexion jedoch ausdrücklich ausgeschlossen. Das Deutsche Reich bestand daher als → Völkerrechtssubjekt (in den Grenzen vom 31.12.1937) fort, war jedoch mangels einer Reichsregierung handlungsunfähig (BVerfGE 36, 1 [15 f.]). Was die nachfolgende Entwicklung angeht, ist zwischen den Gebieten östlich der Oder-Neiße-Linie sowie dem Verhältnis zwischen der Bundesrepublik und der DDR zu unterscheiden.

Mit Blick auf die Gebiete östlich von Oder und Lausitzer Neiße vertrat die Republik Polen den Standpunkt, ihr sei mit dem Potsdamer Abkommen vom 2.8.1945 bereits die territoriale Souveränität über die betreffenden Gebiete verschafft worden. Nach Auffassung der Bundesrepublik Deutschland handelte es sich hingegen lediglich um eine Verwaltungszession, durch die Polen zwar die Hoheitsgewalt und damit das unbeschränkte Recht zur Verwaltung der Gebiete erlangt, die territoriale Souveränität über die Oder-Neiße-Gebiete hingegen Gesamtdeutschland vorbehalten worden war. An diesem Rechtszustand haben aus Sicht der Bundesrepublik weder der Görlitzer Vertrag zwischen der DDR und Polen vom 6.6.1950 noch der von der Bundesrepublik geschlossene Warschauer Vertrag vom 7.12.1970 etwas geändert. Beim Warschauer Vertrag handelte es sich vielmehr um eine „Konkretisierung des Gewaltverzichts“, indem von den Vertragspartnern „nur das Unterlassen von Maßnahmen geschuldet [wurde], die auf eine gewaltsame Veränderung der in den Verträgen bezeichneten Grenzen gerichtet [waren]“ (BVerfGE 40, 141 [171]). Aus bundesdeutscher Sicht blieb hinsichtlich der Oder-Neiße-Gebiete daher als Erwerbstitel nur der deutsch-polnische Grenzvertrag vom 14.11.1990. Grundbedingung für dessen Abschluss war der Fortfall der Vier-Mächte-Verantwortlichkeit in Bezug auf Deutschland als Ganzes und damit die Erlangung der vollen Souveränität Deutschlands in Konsequenz des sog. 2+4-Vertrags.

Was die Beschreibung des Verhältnisses von Bundesrepublik Deutschland und DDR angeht, wurden verschiedene juristische Modelle entwickelt (Identitätslehren [Kongruenztheorie, Kernstaatstheorie, Schrumpfstaatstheorie]; Teilordnungslehre/Dachstaatstheorie). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hatte die Errichtung der beiden deutschen Staaten nicht zur Dismembration und damit zum Untergang des Völkerrechtssubjekts Deutsches Reich geführt. Vielmehr hatten sich auf dem Territorium des fortexistierenden gesamtdeutschen Staates zwei neue Staaten gebildet, die im Verhältnis zueinander indes nicht als Ausland anzusehen waren. Die Beziehungen zur DDR wurden vielmehr als „Inter-se-Beziehungen“ charakterisiert. Während die DDR jegliche Kontinuität zum vormaligen Deutschen Reich ablehnte, war die Bundesrepublik ihrem Selbstverständnis nach mit dem Völkerrechtssubjekt Deutsches Reich identisch, angesichts der grds. auf das Bundesgebiet beschränkten Gebietshoheit jedoch nur teilidentisch (BVerfGE 36, 1 [16]; 77, 137 [154 f.]).

Die territoriale Souveränität Gesamtdeutschlands und die Gebietshoheit der Bundesrepublik Deutschland fielen daher über viele Jahrzehnte auseinander. Das hinderte die bundesdeutsche Rechtsordnung allerdings nicht daran, je nach betroffenem Rechtsgebiet unter „Inland“ (auch) das Gebiet des Deutschen Reichs in seinen Grenzen vom 31.12.1937 zu verstehen. Dieses Verständnis dominierte beispielsweise zunächst im Strafrecht (BGHSt 5, 364 f.; 8, 168 [170 f.]), wurde dort später aber aufgegeben (BGHSt 30, 1 [4]). Im Staatsangehörigkeitsrecht dominierte der nämliche Inlandsbegriff bis zur Wiedervereinigung (§ 25 Abs. 1 RuStAG a. F.).

G › Gegenmaßnahmen (Repressalien) (Burkhard Schöbener)

Gegenmaßnahmen (Repressalien) (Burkhard Schöbener)

I. Begriff

II. Zulässigkeit und Ausgestaltung

1.Rechtliche Maßgaben (allg.)

2.Berechtigter

3.Adressat

III. Grenzen (Repressalienverbot)

IV. Abgrenzung

Lit:

K. Doehring, Die Selbstdurchsetzung völkerrechtlicher Verpflichtungen, ZaöRV 47 (1987), 44; W. Friedler, Gegenmaßnahmen, BDGVR 37 (1997), 9; J.A. Frowein, Die Verpflichtung erga omnes im Völkerrecht und ihre Durchsetzung, FS für H. Mosler, 1983, 241; J. Hebenstreit, Repressalien im humanitären Völkerrecht, 2004; C. Hillgruber, The Right of Third States to Take Countermeasures, in: Tomuschat/Thouvenin (Ed.), The Fundamental Rules of the International Legal Order, 2006, 265.

I. Begriff

Die Durchsetzung des Völkerrechts erfolgt in der Regel dezentral, da es in den zwischenstaatlichen Beziehungen an einer obligatorischen zentralen Gerichtsbarkeit fehlt. So wird die Zuständigkeit des → IGH nur begründet, wenn und soweit sich die beteiligten → Staaten dessen Jurisdiktionsgewalt unterwerfen (Art. 36 IGH-Statut). Die Rechtsdurchsetzung ist deshalb – soweit auch eine → friedliche Streitbeilegung durch Inanspruchnahme diplomatischer Verfahren erfolglos bleibt – eine Angelegenheit der betroffenen Staaten selbst, die entsprechende Maßnahmen ergreifen, um gegen das völkerrechtswidrige Verhalten anderer Staaten vorzugehen (sog. Selbsthilfe). Früher als Repressalie bezeichnet, wird heute überwiegend der Begriff Gegenmaßnahme (countermeasure) verwendet für einen eigentlich völkerrechtswidrigen Akt, der jedoch als Reaktion auf das vorangegangene völkerrechtswidrige Verhalten eines anderen Staates ausnahmsweise gerechtfertigt ist. Dabei sind jedoch besondere Zulässigkeitsvoraussetzungen (unten II.) ebenso zu beachten wie die völkerrechtlichen Grenzen (unten III.) solcher Gegenmaßnahmen.

II. Zulässigkeit und Ausgestaltung

In den von der International Law Commission (ILC) ausgearbeiteten und von der → UN-Generalversammlung 2001 in einer rechtlich unverbindlichen Resolution zur Kenntnis genommenen Draft Articles on Responsibility of States for Internationally Wrongful Acts (GV-Res. 56/83) sind in den Art. 49 ff. die Voraussetzungen aufgeführt, bei deren Vorliegen die Ergreifung von Gegenmaßnahmen gerechtfertigt ist. Die Inhalte der Resolution sind zwar bislang noch nicht verbindlich in einem → völkerrechtlichen Vertrag geregelt worden. Sie entsprechen aber im Wesentlichen den rechtlichen Maßgaben des → Völkergewohnheitsrechts.

1. Rechtliche Maßgaben (allg.)

Grundvoraussetzung für eine rechtmäßige Gegenmaßnahme ist ein vorangegangenes völkerrechtswidriges Verhalten des Staates, an den die Gegenmaßnahme gerichtet ist. Dieses völkerrechtliche Delikt kann sich grundsätzlich aus jedem Teilbereich des Völkerrechts ergeben. Sofern zwischen den Streitparteien eine Verpflichtung zur Durchführung eines Streitschlichtungsverfahrens besteht, ist ein solches Verfahren zunächst in Gang zu setzen. Ferner ist der das Völkerrecht verletzende Staat aufzufordern, sein völkerrechtswidriges Verhalten zu beenden, ihm sind Verhandlungen anzubieten und er ist über den Entschluss zur Ergreifung von Gegenmaßnahmen zu informieren (Art. 52 Abs. 1). Diese Maßnahmen sollen dazu dienen, den Verletzerstaat zu einem völkerrechtsgemäßen Verhalten zu bewegen. Außerdem ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten.

Gegenmaßnahmen dürfen nicht ergriffen werden, wenn das völkerrechtswidrige Verhalten bereits beendet ist und der Verletzerstaat seinen aus dem Rechtsbruch resultierenden Verpflichtungen nachkommt (zu diesen Verpflichtungen gehört auch die Wiedergutmachung des materiellen und immateriellen Schadens, Art. 31, Art. 34 ff.), oder die Streitigkeit vor einem Gericht anhängig ist, das die Befugnis besitzt, ein für die Parteien bindendes Urteil zu fällen. Bereits ergriffene Gegenmaßnahmen müssen in diesen Fällen unverzüglich ausgesetzt werden (Art. 52 Abs. 3). Führt der das Völkerrecht verletzende Staat das Streitschlichtungsverfahren nicht nach Treu und Glauben durch, dann sind Gegenmaßnahmen jedoch wieder zulässig.

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