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Die Rechtsansprüche der Belgier, Holländer und Luxemburger

Erstere forderten mehrere Häuser als Entschädigung für die während des Krieges zerstörte Universitätsbibliothek von Löwen. Eine gründliche Studie verfaßte der Direktor des Holländischen Instituts für Geschichtsforschung in Rom, Gisbert Brom, Verlag Löscher (Regensberg), Rom 1909. Jahre hindurch wurde dieser Streit weitergeschleppt, der die deutsche Nationalstiftung in ihrem Dasein bedrohte. Die zweite wichtige Frage war die Zusammensetzung des Verwaltungsrates der Stiftung, in dem bis 1918 immer auch ein Vertreter der kaiserlichen österreichischen Vatikanbotschaft war. Nicht minder wichtig als dritte Frage war jene der Staatsangehörigkeit des jeweiligen Rektors, beziehungsweise des Vorschlagsrechtes einer Kandidatenliste durch die Bischofskonferenzen Österreichs oder auch Deutschlands, ferner als vierte Frage die Neuordnung der Seelsorge der deutschsprachigen Katholiken in Rom. Bereits Papst Benedikt XV. hatte für die Neuordnung der Anima eine Kommission eingesetzt, die aus je einem Vertreter der vier stiftungsberechtigten Nationen und dem Rektor der Anima bestand; Sekretär war der frühere Uditore der Wiener Nuntiatur Monsignore Rossi-Stockalper. Es zeigte sich aber bald, daß die Ansprüche der drei erstgenannten Staaten leichter zu ordnen waren als jene des Vertreters der deutschen Vatikanbotschaft, dem es in erster Linie um seine Mitgliedschaft im Verwaltungsrat und um die Parität von Reichsdeutschen und Österreichern in der Besetzung des Rektorats zu tun war. Dabei konnte als Aktivposten österreichischerseits betont werden, daß die österreichischen Bundeskanzler Schober, Seipel und Dollfuß nach 1918 wiederholt mit bestem Erfolg bei der italienischen Regierung und auch beim Duce vermittelt hatten, um die Befreiung der Anima von der enormen Kriegsentschädigung als „Beni nemici stranieri27)“ durchzusetzen (es handelte sich im Jahre 1921 um eine Summe von 1 Million Lire). Dank dieser hochherzigen Vermittlung, die über ausdrücklichen Wunsch des Kardinalstaatssekretärs Gasparri erfolgte, der dafür auch den Konsistorialadvokaten Patriarca einschaltete, wurde damals das Stiftungskapital von der höchsten zuständigen italienischen Finanzbehörde als esente27a) von dieser außerordentlichen Kriegssteuer erklärt, während sonst die Anima als „Feindesbesitz“ dazu verpflichtet gewesen wäre. Übrigens hat auch das italienische Konkordat, der Lateranvertrag des Jahres 1929 die Rechtsstellung von ausländischen Stiftungen im Kriegsfalle nicht genügend geklärt. In meiner Denkschrift „Su i diritti dei Neerlandesi“, Rom 192328) konnte ich auf Grund der sorgfältigen Vorarbeiten [Liber domorum „Animae“29), auctor Josephus Lohninger] wissenschaftlich genau die Herkunft der einzelnen Häuser und in erster Linie die Wünsche und Ansprüche der drei genannten Staaten als berechtigt nachweisen. Auf Vermittlung des Kardinalprotektors Merry del Val erfolgte bald darauf eine schriftliche Vereinbarung mit den Bischofskonferenzen von Mecheln und Utrecht, daß künftighin von der Anima jährlich ein Beitrag zum Unterhalt eines flamländischen Geistlichen im belgischen Kolleg gezahlt wird und daß ferner ein Holländer als Kaplan einen Freiposten in der Anima zur Verfügung haben kann. Für Luxemburg blieb die Gewohnheit der Zuerkennung eines Freipostens im Turnus mit reichsdeutschen und österreichischen Bistümern weiter erhalten. An den genannten vier Fragen waren begreiflicherweise auch Reichsdeutsche besonders interessiert. Da der Vatikan, wohl unter dem Eindruck der unsicheren politischen Verhältnisse Mitteleuropas, die Ausarbeitung eines neuen apostolischen Breves für die Anima hinausschob, waren nicht wenige staatspolitische Intrigen die Folge, obwohl eine rechtzeitige Verständigung zwischen den drei berufenen Bischofskonferenzen (Wien, Freising, Fulda) mindestens zu einer Parität beider Gebiete geführt hätte, was der Gerechtigkeit und in erster Linie dem Ursprung der Animastiftung entsprach. Seitdem die österreichischen Vatikanbotschafter Lebzeltern und Lützow die Anima von der Italienisierung befreit und eine deutsche Seelsorge dortselbst begründet hatten, war die Animakirche der selbstverständliche Mittelpunkt der Katholiken deutscher Sprache in Rom geworden*). Vollkommen klar war es, daß der Rektor des Priesterkollegs als solcher auch Rektor der Kirche und damit der erste rechtlich berufene Seelsorger war, wenn nicht seitens des Kardinalvikars (can. 480, par. 3) die beiden Ämter voneinander getrennt wurden, was die tatsächliche Auflösung jeder Disziplin des Hauses bedeutet hätte. Ebenso klar war es, daß die Anima keine eigentliche Pfarrkirche war, sondern nur eine außerordentliche Hilfsseelsorge darstellte, nachdem Nationalpfarren nur mit Zustimmung des Papstes gegründet werden können (can. 216). Die Reibungen und Schwierigkeiten in der deutschen Seelsorge in Rom gehen viele Jahrzehnte zurück und haben in den Jahren 1900 ff. begonnen, als die Frage der Ernennung eines eigenen Kardinalprotektors für die deutsche Auslandsseelsorge in Italien bei der Fuldaer Bischofskonferenz behandelt wurde. Die in meinen Händen befindlichen zahlreichen Briefe des damaligen österreichischen Vatikanbotschaftsrates Montel, die er darüber mit dem verdienten Rektor Antonio de Waal vom deutschen Campo Santo wechselte, zeigen die Problematik dieser und ähnlicher Protektorate, deren Bedeutung mehr vom diplomatischen Geschick der betreffenden Persönlichkeit als vom Text der meistens aalglatt formulierten Ernennungsbreven des päpstlichen Staatssekretärs abhängt. Übermäßige Begeisterung löste ein solches neues Protektorat auch bei den Bischöfen Italiens nicht aus, am wenigsten in Florenz, die dank der unklaren Textierung des Breves für den ersten Kardinalprotektor, Fürstbischof Kopp (Breslau), Eingriffe in ihre natürlichen Rechte als Ordinarli loci und eine Nebenregierung von außen befürchteten. Überdies sahen sie in nationalen Abspaltungen von der normalen Seelsorge eine Gefährdung des universellen katholischen Gedankens. Tatsächlich fehlte es nicht an üblen Erfahrungen in Sizilien mit den orientalischen Kirchenbehörden. Auch die Gründung einer Zentralstelle in Rom für die gesamte deutschsprachige Seelsorge in Italien war von nicht minder großer Bedeutung. So schreibt De Waal (1903) an den Vermittler dieser delikaten Angelegenheit, Montel:

„Und nun etwas eingehender auf mein großes Anliegen wegen der Seelsorge unserer deutschen Kolonien in Italien. Es muß durchaus eine Zentralstelle in Rom geschaffen werden, welche für das Ganze und das Einzelne sorgt, den Pfarrern ihre Anstellung gibt, über die zur Verfügung stehenden Gelder je nach Bedürfnis verfügt, neue Geldquellen findet, Unordnungen schlichtet und bessert, jährliche Rechenschaftsberichte einfordert usw., und ich möchte wünschen, daß diese Zentralstelle dauernd an den Campo Santo geknüpft würde. Denn der Rector vom Campo Santo ist durch die materielle Verwaltung seines Hauses nicht derart in Anspruch genommen, daß er neben der Förderung der Studien und den anderen Obliegenheiten nicht auch Zeit fände, sich der deutschen Mission in Italien anzunehmen. Ich möchte Ihrem freundlichen Erwägen den Gedanken unterbreiten, ob es nicht gut wäre, den jedesmaligen Erzbischof von Köln zum Protector und obersten Chef des Werkes zu machen, schon darum, weil aus der Kölner Kirchenprovinz die meisten materiellen Mittel fließen und auch am leichtesten Priester zu erhalten sind, welche sich der Mission widmen wollen. Der Rector des Campo Santo wäre dann der Delegat des Kölner Erzbischofs und hätte demselben alljährlich einen Bericht vorzulegen, der dann auch in Fulda dem Episkopat unterbreitet werden könnte. Bei einer gewissen Freiheit der Hände hätte in allen wichtigen Fragen der Delegat sich an seinen Chef zu wenden. Eine solche Institution kann aber nur durch eine Verfügung des Heiligen Stuhles in Kraft treten, durch welche zugleich den Bischöfen in Italien bekanntgegeben wird, daß der Rector vom Campo Santo in päpstlichem Auftrag handelt, wenn er sich an sie wendet.“ Ferner schreibt De Waal (1903) an den Vermittler dieser delikaten Angelegenheit, Botschaftsrat Montel: „In dem Buch der Rückerinnerung steht auf jedem Blatt Ihr Name, denn Sie sind stets mit Rat und Tat zur Seite gestanden.“

Schon von Anfang an stand aber der Wiener Kardinal Erzbischof Gruscha den Bestrebungen einer deutschen Seelsorge in Verbindung mit der Anima kühl und fast ablehnend gegenüber, um so mehr als im Ernennungsdekret nur die Rede war vom „Protector catholicorum Germanicorum“ (also Reichsdeutscher) und das Protektorat auch einem reichsdeutschen Kardinal übergeben wurde (zuerst Kopp, dann die Kölner Erzbischöfe). 1904 erfolgte die Ernennung des ersten Kardinalprotektors in der Person des Breslauer Fürstbischofs Kopp. Es war der Erfolg der von De Waal an vier Bischofskonferenzen unterbreiteten Denkschrift. Der Wortlaut war folgender: (in deutscher Übersetzung):

„Aus dem Staatssekretariat vom 2. November 1904. Papst Pius X. hat in gütiger Erhörung der Bitten der preußischen Bischöfe, die zu einer erhöhten und wirksameren Seelsorge für die aufenthaltsoder reisehalber in Italien weilenden Katholiken Deutschlands darum nachsuchten, daß eben diesen Katholiken durch päpstliche Machtvollkommenheit ein Protektor gegeben würde, zu solchem Amt Eminenz Kardinal Georg Kopp, Bischof von Breslau, erwählt. Da aber derselbe nicht leicht aus seiner Diözese die geistige Fürsorge für seine Mitbürger in Italien leiten kann, so hat der Heilige Vater des weiteren gewährt, ihm zu gestatten, auf einen Priester mit Wohnsitz in Rom und der Benennung eines Kommissars Teile seines Amtes zu übertragen. Von dieser päpstlichen Ermächtigung Gebrauch machend, hat daher Kardinal Kopp das Amt eines Kommissars dem Rektor des Deutschen Priesterkollegs in der Ewigen Stadt Antonio de Waal übergeben, und der Heilige Vater hat diese Wahl bestätigt. Hiervon mögen alle Kenntnis erhalten, für die es aus irgendeinem Grunde von Interesse sein kann. Kardinal Merry del Val.“

Unrichtig beraten von der deutschen Vatikanbotschaft, suchte Kardinal Joseph Schulte nach dem Ersten Weltkrieg in der Anima eine deutsche Nationalpfarrei im Sinne des can. 216, par. 4, durchzusetzen, und zwar so, daß der Rektor der Kirche völlig ausgeschaltet und ein von Köln ernannter Priester die Seelsorgeverrichtungen als eine Art Pfarrer oder Curatus (nach norddeutschem Sprachgebrauch eine selbständige Seelsorge) durchzuführen hatte. Dabei war Kardinal Schulte beeinflußt vom Beispiel der Errichtung polnischer Nationalpfarreien in der Diözese Danzig, die Papst Pius XI. auf ständiges Drängen des polnischen und französischen Vatikanbotschafters genehmigt hatte. Die geschichtliche Entwicklung hat aber in kurzer Zeit diese letztere Einführung als einen tief bedauerlichen kirchlichen Mißgriff erkennen lassen. Sie war kein Segen, sondern wurde der Beginn einer nationalen Spaltung innerhalb Danzigs, durch eine vom Ausland (Warschau) ständig geförderte Radikalisierung des polnischen Bevölkerungselementes unter dem Deckmantel der Religion. Gegen diese Bestrebungen des Kölner Kardinals verfaßte ich 1924 eine eigene Denkschrift*) zur Verteidigung des geschichtlichen und kirchenrechtlichen Standpunktes der Anima, auch um die Unmöglichkeit von zwei Kardinalprotektoraten im gleichen Hause besonders hervorzuheben. Das zweite Kapitel hatte den Titel: „Die Stellung der Anima zum Protektorate der Assistenza religiosa dei cattolici tedeschi residenti in Italia30). Welche Rechte kommen dem jeweiligen Kardinalprotektor der Assistenza religiosa hinsichtlich der Anima und ihrer Seelsorge zu?“ Geschichtlich hat sich dieses Protektorat so entwickelt, daß mit den in verschiedenen Häusern der Grauen Schwestern nach und nach infolge Anstellung eigener Hausgeistlicher auch Seelsorgestationen für die dort befindlichen deutschen Kolonien geschaffen wurden. Kardinal Kopp, der Protektor der Grauen Schwestern, ernannte diese Hausgeistlichen in den Häusern der Grauen Schwestern in Italien, die den Titel „Rektoren“ führten, und übte so ein gewisses Protektorat über diese deutschen Seelsorgestellen in Italien aus. Am 22. November 1904 wurde Kardinal Kopp vom Papst zum „Protector catholicorum Germanicae nationis in Italia degentium31)“ ernannt, um diese neu erstandenen religiösen Sammelpunkte der deutschen Katholiken Italiens neu zu organisieren und ihre religiösen Aufgaben zu regeln. Bald darauf erfolgte durch einen Erlaß des Kardinals Kopp vom 8. Jänner 1905 die Bestellung des damaligen Superiors der Grauen Schwestern in Italien, De Waal, zu seinem Stellvertreter (Kommissär) für die Überwachung dieser Seelsorgestellen. Weder im päpstlichen Schreiben an Kardinal Kopp noch auch im Ernennungsdekret an De Waal ist von einer Einbeziehung Roms die Rede. Die Bestellungsurkunde für De Waal ist so gehalten, daß sie nur für die Seelsorgestellen außerhalb Roms gelten kann. Da der sonst hochverdiente De Waal aus nicht genügender Beachtung des Kirchenrechtes wiederholt seine Befugnisse überschritt, nahm auch der damalige Rektor der Anima, Lohninger, an der Konferenz der deutschen Seelsorger Italiens nicht teil (14. bis 17. September 1908). Er lehnte die Einladung zu dieser Konferenz mit der Begründung ab, daß die Anima bereits einen Protektor habe und in Seelsorgeangelegenheiten dem Kardinalvikar von Rom unterstellt sei. Es sei nicht Gepflogenheit, römische Institute, die bereits einen Kardinalprotektor in Rom haben, noch einem zweiten Protektorate außerhalb Roms zu unterstellen.

Verschiedene Mißhelligkeiten zwischen Seelsorgern der deutschen Gemeinden Italiens in den Häusern der Grauen Schwestern, besonders die Eingriffe De Waals in fremde Rechtskreise, führten dazu, daß Kardinal Kopp das Protektorat der deutschen Seelsorge Italiens zurücklegte und gleichzeitig ihn von der Stelle eines Kommissärs dieser deutschen Seelsorge enthob. Nun wurde Kardinal-Erzbischof von Köln, Fleischer, vom Papste zum Protektor ernannt, da dieses Protektorat nicht an eine bestimmte Diözese gebunden war. Dieser gab der deutschen Seelsorge in Italien eine feste Organisation und verband, überzeugt von der besonderen Stellung der Anima, um allen Streitigkeiten ein Ende zu machen und weitere Übergriffe auszuschalten, das Kommissariat mit der Anima, als der ersten deutschen Kirche Roms und dem Zentrum des katholischen Lebens der Deutschen in Italien*).

Schlußergebnis:

Das rechtliche Verhältnis der Anima zum Protektorate der Assistenza religiosa ist auf Grund der Geschichte folgendes:

1. Beide stehen ohne rechtliche Beziehung nebeneinander, da die Anima in geistlichen Dingen auf Grund der päpstlichen Bullen unmittelbar dem Kardinalvikar von Rom unterstellt ist. In Rom ist der Rektor der Anima innerhalb der Kirche und des Hospizes auf Grund des Breves vom Jahre 1859 und außerhalb derselben auf Grund einer langjährigen Gewohnheit primärer deutscher Seelsorger, der dem Kardinalprotektor der Anima und dem Kardinalvikar unmittelbar unterstellt ist, ohne gleich den übrigen Rektoren der deutschen Gemeinden Italiens dem Protektorate der Assistenza religiosa rechtlich zu unterstehen. Das gleiche gilt für die ausschließlich für die Seelsorge an der Anima bestimmten Kapläne.

2. Wenn auch auf Grund der Geschichte dem „Protettorato della Assistenza religiosa32)“ gegenüber der Anima keine Rechte zukommen, so erscheint im Interesse einer einheitlichen Gestaltung der Seelsorge in ganz Italien ein Zusammenhang durchaus wünschenswert, und zwar in dem Sinne, daß der Rektor der Anima auf Grund der Berichte der Seelsorgekapläne an den jeweiligen Kardinalprotektor der Assistenza religiosa für die Bischofskonferenz von Fulda einen Jahresbericht über die religiösen Verhältnisse der deutschen Kolonie in Rom übermittelt*). Jedenfalls dürfte niemals, wenn der Kommissär für die deutsche Seelsorge in Italien eine andere Persönlichkeit wäre als der Rektor der Anima, ersterer irgendwelche Ingerenz auf die von der Anima zu leistende Seelsorge ausüben. Eine diesbezügliche Unterordnung der Anima wäre eine Rechtsverletzung und Verleugnung der ganzen Geschichte der Anima.

Als eine kirchenrechtlich lauwarm verfaßte Gegenschrift des Kardinals Schulte, die an alle deutschen Bischöfe geschickt wurde, trotzdem nicht von dieser Absicht einer Nationalpfarrei abrückte, ohne meine starken Gegengründe wesentlich zu widerlegen, trug ich die ganze Sache, die eine Gefährdung darstellte, in einer Sonderaudienz Papst Pius XL vor, nachdem bereits früher Kardinalvikar Pompili die für alle Fälle schon ausgearbeiteten Statuten mit den Worten verurteilt hatte: „Un Curato tedesco non c’è a Roma33).“ Nach seiner mir gegenüber ausgesprochenen Auffassung schaffe ein solches Protektorat kein neues Recht, denn es gibt keine parallel laufende oder konkurrierende hierarchische Jurisdiktion. Es ist nur eine moralische und finanzielle Hilfe, praktisch überhaupt nur möglich, wenn der Ortsbischof dafür Verständnis hat und seine Zustimmung gibt. Die Antwort des Papstes war noch entschiedener: „Solange Wir hier sind, werden Wir niemals die Errichtung von Nationalpfarreien in Rom gestatten.“ Entmutigt von nicht wenigen Intrigen, die in dieser Sache von Geistlichen gesponnen wurden, wohl hauptsächlich, um die Tätigkeit eines Österreichers an der Deutschen Nationalstiftung unmöglich zu machen, schrieb ich an Kardinal Erzbischof Piffl nach Wien: „Ich will enttäuscht lieber meine Tätigkeit als einfacher Hochschullehrer in Graz fortsetzen, aber ich komme nicht mehr als derselbe zurück, denn die unfairen Formen dieses Kampfes haben meinen Idealismus und meine hohe Auffassung vom Priestertum als Träger von Wahrhaftigkeit und Gerechtigkeit geschwächt.“ Nur seinen ermunternden Worten folgend, habe ich damals standgehalten. Ich habe in diesem unrühmlichen Kampfe, in dem sich auch groß- und kleindeutsche politische Auffassungen gegenüberstanden, die schwierige Lage von Geistlichen beobachtet, die als kirchenrechtliche Beiräte bei ausländischen diplomatischen Vertretungen beim Vatikan angestellt sind. Es sind moralische Zwittergestalten, da sie durch ihren Beruf zuerst der Kirche gehören, andererseits aber oft genug mit ihrem Staat in Widerstreit geraten müssen. Erst im Jahre 1930 wurde die bereits von Kardinal Fischer empfohlene Lösung neuerdings angewandt, indem der Rektor der Anima zum Kommissär des Kardinalprotektors der deutschen Auslandsseelsorge in Italien (Schulte, Köln) ernannt wurde. Diese Ordnung wurde auch im Frühjahr 1946 und im April 1948 mündlich und schriftlich vom Vorsitzenden der Fuldaer Bischofskonferenz (Kardinal Frings, Köln) beibehalten („Vertretung der deutschsprachigen Seelsorge Italiens bei den zuständigen kirchlichen und staatlichen Behörden“). Indem ich den Kölner Kardinal Schulte von der reichsdeutschen auf eine gesamtdeutsche Seelsorge umstimmen konnte (1930), verminderten sich Reibungsflächen und überflüssige Schwierigkeiten. Vorzügliche Hilfe haben mir in den folgenden Jahren die Generalsekretäre des Reichsverbandes katholischer Auslandsdeutscher (Scherter, Büttner) geleistet, durch deren Weitblick und diplomatisches Geschick eine große Tätigkeit entfaltet werden konnte, die hauptsächlich die deutschsprachigen katholischen Gemeinden in Mailand, Florenz, Neapel, Palermo, San Remo, Genua und Triest betraf. Das Ergebnis meiner langjährigen Erfahrungen waren zwei Denkschriften, die im Interesse der Geschichte im folgenden inhaltlich wiedergegeben seien (17. Jänner 1946):

Vorschläge für eine Neuordnung

Es kann darüber kein Zweifel bestehen, daß nach dem Zweiten Weltkrieg mit seinen für das gesamte Deutschtum katastrophalen Folgen im Ausland die Neuordnung der Auslandsseelsorge für die Katholiken deutscher Sprache eine dringende Notwendigkeit geworden ist. Diese betrifft nicht bloß die Frage des Protektorates, das mit dem Tode von Kardinal Schulte erloschen ist, sondern mit Beispiel die zielbewußte Ausbildung eines den neuen und überaus schwierigen Aufgaben der Auslandsseelsorge in jeder Weise gewachsenen Klerus, die finanzielle Sicherstellung, ferner die vollständige Entpolitisierung dieses Werkes.

Der augenblickliche Zustand aller Auslandsgemeinden ist trostlos. Von den vielen Unternehmungen ist nur ein Trümmerfeld übriggeblieben. Tatsächlich funktioniert ganz nur mehr die Seelsorge in Rom, wo auch trotz des Einmarsches der Alliierten im Juni 1944 der Gemeindegottesdienst niemals unterbrochen worden ist, sondern die Funktionen regelmäßig wie früher gehalten werden, teilweise unter gutem Besuch seitens der Gemeindemitglieder. In den anderen Städten Italiens, Mailand, Venedig und Florenz, ist alles auf ein Minimum reduziert. Genua, Palermo sind aufgelöst, Triest arbeitet so ungefähr weiter, in Neapel ist dasselbe Bild. Soweit die Auslandsgemeinden nicht bereits aufgelöst wurden, sind sie gespalten, jedenfalls durch den allgemeinen Deutschenhaß für längere Zeit auf kulturellem Gebiet zur Untätigkeit verurteilt.

Die Lage derselben wird dadurch um so delikater, weil unter den Deutschschweizern und Österreichern leider Gottes unter dem Einfluß der Alliierten eine große Zurückhaltung herrscht gegenüber allem, was mit Deutschland etwas zu tun hat. Bei letzteren ist die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, daß vielleicht katholische Kreise, die Deutschtum mit Nazismus (!) verwechseln, auch auf dem Gebiete der Seelsorge eigene Wege im Ausland gehen wollen, was manchen Absichten der Alliierten entsprechen und deshalb ihre Förderung finden würde. Ich habe seit meiner Bestellung zum Kommissär im Jahre 1930 immer mit allem Nachdruck den in Italien tätigen deutschen Seelsorgern nahegelegt, nicht von einer deutschen Seelsorge zu sprechen, sondern nur von einer solchen der deutschsprachigen Katholiken, weil das Wort deutsch, besonders in Italien, fast nur im Sinne von reichsdeutsch ausgelegt wird, wodurch das ganze Werk eine wesentliche Einschränkung oder einseitige Richtung erfahren müßte.

Die wichtigste Schlußfolgerung aus den politischen Veränderungen des Zweiten Weltkrieges ist, daß die Auslandsseelsorge ganz und ausschließlich als ein rein kirchliches Werk unter die ausschließliche Autorität des Episkopates gebracht werden muß, um jeder Mißdeutung, als sei es eine Art „klerikaler“ Pangermanismus, zu begegnen. Letzteres würde in allen Ländern jede segensreiche Arbeit schon im vorhinein lähmen und dieselbe ungezählten Intrigen aussetzen. Es ist deshalb ein Vorteil, daß in der Unklarheit eines politisch zerrissenen Deutschland der Reichsverband der katholischen Auslandsdeutschen, dessen viele und große Verdienste niemand bestreiten kann, untergegangen ist.

Nach einer Tätigkeit von fast 25 Jahren im Ausland und nach über 15 Jahren Kommissariat für die deutschsprachigen Katholiken Italiens unterbreite ich deshalb den Hochwürdigsten Herren Bischöfen von Deutschland und Österreich die folgenden nur aus der Erfahrung gereiften Vorschläge mit der Bitte, dieselben auf der nächsten Bischofskonferenz zu überprüfen, um eventuell dem Heiligen Stuhl konkrete Anträge stellen zu können für eine Neuorganisation der Auslandsseelsorge. Diese muß allen Katholiken deutscher Sprache, welcher Staatsangehörigkeit sie auch sind, eine religiöse Betreuung ferne von ihrer Heimat sichern. Sie muß über allen politischen und parteilichen Veränderungen stehen, indem sie nur das Heil der unsterblichen Seelen, die Förderung der Liebe zur heiligen Kirche und zur Heimat und die karitative Arbeit als höchste Ziele vor Augen hat.

1. Finanzielle Sicherstellung

Beim Bonifatiuswerk, dessen Verlegung in eine größere Stadt Mitteldeutschlands aus praktischen Gründen zu empfehlen wäre, wird eine Sektion Auslandsmission errichtet, deren Aufgabe die Gründung und Erhaltung von Bonifatiusgemeinden für die Seelsorge deutschsprachiger Katholiken im Ausland ist. Sie untersteht zwei von den Bischofskonferenzen Deutschlands und Österreichs bestimmten Ordinarien, die auch bei den Bischofskonferenzen die offiziellen Referenten für die Auslandsseelsorge sind. Die finanzielle Sicherstellung der Auslandsseelsorger erfolgt durch die freiwilligen Beiträge der Kirchen in Deutschland und Österreich anläßlich des jährlichen Bonifatiussonntages, ferner durch einen Jahresbeitrag jeder einzelnen Diözese als solcher. Da die im Ausland lebenden Katholiken deutscher Sprache in ihrer Mehrheit wohl für längere Zeit wirtschaftlich nicht in der Lage sind, einen Priester zu erhalten, ist der Beitrag des Bonifatiuswerkes die einzige praktische Möglichkeit, den rein kirchlichen Charakter der Auslandsseelsorge zu wahren und anderseits, sobald wieder normale Valutenüberweisungen möglich sind, den Seelsorger unabhängig zu machen von manchen Verhältnissen, die man heute auf vielen Gebieten nicht vorausahnen kann. Mit jeder deutschen Auslandsgemeinde müßte ferner ein Karitassekretariat verbunden werden, das mit den Zentralen in Freiburg und Wien arbeitet.

2. Das Protektorat

Das Protektorat über die Auslandsseelsorge übernehmen die Bischofskonferenzen Deutschlands und Österreichs, die dasselbe ausüben durch die beiden von ihnen gewählten Bischöfe, die auch die Sektion „Auslandsmission des Bonifatiuswerkes“ unter sich haben.

3. Ausbildung der Auslandspriester

Schon mit Rücksicht auf die delikate Lage des Deutschtums in den folgenden Jahren müßte die Auswahl der Priester nicht auf eine einzelne Diözese beschränkt bleiben, sondern sich auf alle erstrecken, Nord und Süd, einschließlich Österreich. Zweifellos werden die österreichischen Gemeinden als erste im Ausland ihre Organisation beginnen. Von entscheidender Bedeutung ist deshalb auch die Heranziehung und Vorbereitung solcher Priester für ihre sehr schwierige Aufgabe im Ausland. Es kann nicht dem Zufall überlassen werden, ob sich jemand freiwillig meldet, und ebenso kann niemand dazu befohlen werden, wenn er nicht zuvor eine gute pastorale Anweisung erhalten hat.

Aus diesen Erwägungen sollte das mit großem Weitblick vom verstorbenen Bischof Franz Geyer in Banz errichtete Werk besonders gefördert werden als Zentralinstitut für die Heranbildung dieser Auslandsseelsorger*). Ein solches Werk kann aber besonders unter den heutigen schwierigen Verhältnissen des Deutschtums nur in Rom eine wahre Zukunft haben. Hier wird der Blick der jungen Priester erweitert. Sie haben die Möglichkeit, mit Mitbrüdern jener Länder in persönliche Verbindung zu treten, in die sie später geschickt werden. Sie können Sprachen lernen, um im Ausland dem betreffenden Klerus in der Seelsorge sich freiwillig (aushilfsweise) zur Verfügung zu stellen. Überdies wird es unendlich leichter sein, in den nächsten Jahrzehnten von Rom solche Priester hinauszuschicken als von Deutschland oder Österreich. Durch die Verbindung mit der Sektion Emigrazione in der Konsistorialkongregation würde das ganze Institut auch seine kanonistische Sicherstellung und Förderung durch den Heiligen Stuhl erhalten, wie auch die italienische Auslandsseelsorge in reichem Maße dieses Wohlwollen empfindet. Die Ernennung der Seelsorger sollte am vorteilhaftesten durch die Konsistorialkongregation erfolgen, was die kirchenrechtliche Stellung dieser Seelsorger bedeutend stärken würde. Sollte dies nicht zu erreichen sein, dann wäre der Superior dieser religiösen Vereinigung zuständig im Einvernehmen mit den beiden genannten Bischöfen und dem Bonifatiuswerk.

Dieses Institut könnte provisorisch mit der Anima oder dem Campo Santo Teutonico verbunden werden, bis in Rom ein geeignetes Haus aus dem Erlös der in Banz verkauften Liegenschaften gekauft werden kann. Sobald sich die Verhältnisse ein wenig bessern, dürfte auf Vermittlung des Heiligen Stuhles eine solche Transaktion bei den alliierten Behörden angeregt werden können.

Die von Bischof Geyer gegründete Gesellschaft von Auslandsseelsorgern müßte neue Satzungen erhalten oder wenigstens eine gewisse Umformung im Sinne einer freien religiösen Vereinigung von Weltpriestern des Istituto secolare (can. 685 ff.), die sich durch ein Votum simplex für eine bestimmte Reihe von Jahren zur Arbeit in der Auslandsseelsorge verpflichten. Die Satzungen der Scalabrini dürften manche Anregungen geben, die aber dem deutschen Wesen entsprechend abgeändert werden müßten. Während des Romaufenthaltes müßte diesen Priestern oder Theologen ein genaues Studienprogramm vorgeschrieben werden, wobei der Besuch der Propagandahochschule besonders zu empfehlen wäre mit Rücksicht auf die dem Missionscharakter angepaßten Vorlesungen aus Pastoral.

Der junge Priester, der sich heute für eine so überaus schwierige Mission meldet, muß ein feines psychologisches Sicheinfühlen in die Mentalität anderer Nationen lernen, wenn er einer Welt von Gegnern des Deutschtums überhaupt gewachsen sein will. Ich würde vorschlagen, daß die betreffenden Priester dieses nach Rom verlegten Instituts sich dem Kardinalvikariat für die seelsorgliche Arbeit in der Bannmeile (sehr verwahrloste Bezirke wie Torrmarancia, Quadraro) an Sonn- und Feiertagen freiwillig zur Verfügung stellen, was hier den besten Eindruck machen würde. Mehrere junge nordamerikanische Priester, die in der Anima studierten, haben in diesen römischen Stadtvierteln wirklich apostolisch mehrere Jahre hindurch als freiwillige unbezahlte Seelsorgehelfer gewirkt. Wenn dieses Institut Theologen aufnimmt, müßten dieselben eventuell auf den Titulus missionum oder mensae communis34) (can. 981, par. 2; 982, par. 2) geweiht werden, weil sie sich auch für immer der Auslandsseelsorge verpflichten.

Die Auslandsseelsorge für die Katholiken deutscher Sprache hat in den nächsten Jahrzehnten gewaltige Schwierigkeiten zu überwinden, um das Zerstreute zu sammeln und verlorene Seelen zurückzugewinnen, nachdem jahrelang die Kirche die einzig mögliche Organisation für die Deutschen im Ausland sein wird. Sie hat aber auch eine andere wertvolle Aufgabe, durch Klugheit, wahrhaft apostolische Gesinnung und großen Seeleneifer mitzuwirken, um das harte Urteil des Auslandes über die sogenannte durch nichts zu beweisende „Kollektivschuld aller Deutschen“ ohne Unterschied zu mildern. Das apostolische Breve des Jahres 1961 hat manche Fragen geordnet, nicht alle glücklich.

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9783990810583
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