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Der Junge, anfangs noch fröhlich, protestierte sofort. „Lass das Mama! Ich bin doch kein Kind mehr!“

„Was?“ Kaleena war sichtlich erstaunt und schaute ihren Sohn mit großen Augen an. Dabei verlor ihr Lächeln seine Fröhlichkeit, weil sie erkennen musste, dass er Recht hatte. Eigentlich war er nie wirklich Kind gewesen, der Krieg hatte ihm eine Chance darauf verwehrt. Plötzlich fühlte sich Kaleena schwach und hilflos und hätte am liebsten losgeheult. Jovis war jetzt fast sieben Jahre alt und wandelte bereits seit seinem ersten Atemzug durch den wahrhaftigen Alptraum der grausamsten Hölle, die man sich nur vorzustellen vermochte. Ein unvergleichlich grausamer Krieg, der ihm niemals auch nur den Hauch einer Chance gegeben hatte, Kind sein zu dürfen. Plötzlich aber verspürte Kaleena eine Kraft in sich, die ihr Mut machte. Jovis war genau der Antrieb, der sie weitermachen ließ. Anstatt zu verzweifeln, versuchten sie eine Lösung zu finden, den Krieg zu beenden, ihre Feinde zu vernichten, diesen Planeten und all seine Bewohner zu erretten. Auch damit ihr Sohn am Ende doch noch Kind sein und sein Leben in dem Wissen um das Grauen eines Krieges, aber im Angesicht einer wundervollen Welt verbringen konnte. Kaleena hockte sich vor ihn, sah ihm in die Augen, die sie groß und klar anblickten und gewann ihr Lächeln zurück. „Es tut mir leid!“ sagte sie. „Ich weiß, dass du schon groß bist. Und ich bin sehr froh, dass du hier bist, um auf mich aufzupassen!“ Sie küsste ihn auf die Stirn. „Dein Vater hat großes Vertrauen in dich und ist sehr stolz auf dich!“ Sie wartete, bis der Junge, der sich durch ein paar Geräusche neben ihnen hatte ablenken lassen, sie wieder ansah. „Und ich bin es auch!“ Jovis war sichtlich erfreut über ihre Worte und lächelte, woraufhin sie ihn fest umarmte.

„Mama!“ protestierte Jovis und drückte sie von sich. „Lass das!“

Kaleena standen beinahe Tränen in den Augen, als sie sie schloss und ihren Jungen nochmals ganz fest drückte. Dann ließ sie ihn mit einem tiefen Atemzug los. „Tut mir leid!“ sagte sie. „Aber, wenn ich sehe, was für einen tollen Jungen ich habe, überkommt es mich eben manchmal!“ Sie lächelte entwaffnend. „Kannst du deiner Mutter nochmal verzeihen?“

Jovis verzog die Mundwinkel, nickte dann aber. „Klar!“ Er grinste kurz und ergriff ihre rechte Hand. „Und jetzt komm!“

Kaleena konnte kaum wieder richtig auf die Beine kommen, da zog er sie schon mit sich. Sie musste kurz auflachen und ließ es geschehen. Sie würde jetzt eine Zeitlang bei ihm bleiben, bis er etwas gefunden hatte, dass ihn mehr interessierte, als die Anwesenheit seiner Mutter. Dann würde sie Melia aufsuchen.

Das Waffenarsenal von Lobos Trupp war ziemlich beachtlich. Offensichtlich war alles, was noch brauchbar war, aus der Kamarulu hierhergeschafft worden. Und das war wirklich nicht wenig. Es gab Dutzende von Handfeuerwaffen, von der kleinen Pistole bis hin zum schweren Impulsgewehr mit Granatwerfer. Dazu jede Menge Sprenggranaten und sonstige Explosionsstoffe. Außerdem etliche Hieb- und Stichwaffen.

Lobos erklärte ihnen, dass sie die Waffen vor der Feuchtigkeit im Inneren des Schiffes in Sicherheit gebracht hatten, dass es dort jedoch noch einige größere Waffen gab, wie etwa Kanonen, Lafetten, schwere Granatwerfer, Mörser und Raketenabschussrampen, die allerdings entweder zu schwer waren, um sie hierher zu bringen oder zu groß oder eben einfach fest installiert. Deshalb hatte man sie und die Munition so gut es ging eingepackt, um sie zu schützen – für den Fall, dass man sie irgendwann noch einmal brauchen würde.

Mavis und die anderen waren beeindruckt und sehr zufrieden.

Für ihre Zwecke schnappten sie sich einige Sprenggranaten und Maschinengewehre. Captain Tibak bekam den schweren Granatwerfer, für den Fall einer Begegnung der widerlichen Art. Mavis schließlich nahm sich noch eines der Schwerter zur Hand. Es war lange her, dass er eine solche Waffe in der Hand gehalten hatte und er wog es fast ehrfürchtig hin und her. Als Noni war er – ebenso wie Vilo – meisterlich geschult im Umgang mit einem Schwert. Da jedoch niemand je damit rechnen konnte, fruchterregende Insekten zum Gegner zu haben, die mit einer solch rüden Wucht attackierten, waren Schwerter eigentlich nutzlos gegen sie. Dennoch verspürte Mavis beim Anblick der Waffe so etwas wie Wehmut und ohne noch lange darüber nachzudenken, band er sich die Scheide quer über den Rücken und schob den Stahl hinein.

Vilo beobachtete ihn dabei und als Mavis ihn ansah, verzog er zunächst die Mundwinkel, doch nickte er ihm dann einmal zu. Er selbst allerdings beließ es bei einem schweren Maschinengewehr und einem langen Messer, dass er an den Gürtel befestigte.

Einen Augenblick später waren alle startbereit und machten sich ohne weitere Verzögerungen auf den Weg.

Lobos führte sie schnell und sicher aus den Tunneln hinauf zur Oberfläche, wo sie im Laufschritt den Dschungel Richtung Westen durchquerten. Sie wussten, sie mussten sich beeilen. Wenn ihre Finte funktioniert hatte, würde hier bald ein Flugboot aus Kimuri auftauchen und dann mussten sie auch dafür sorgen, dass sie gesehen wurden. Im Dschungel war das jedoch nur schwer möglich und da sie weder riskieren durften, noch wollten, dass womöglich sogar die Gruppe in den Stollen oder die Kamarulu entdeckt wurden, beeilten sie sich, ihn zu durchqueren.

Sie hatten jedoch Glück, denn ihr Weg ging eigentlich beständig bergab und so hatten sie den Dschungel bereits nach zehn Minuten im Dauerlauf hinter sich gelassen. Dennoch mussten alle erst einmal schwer durchatmen und wieder zu Kräften kommen.

Hinter dem Dschungel sahen sie sich einer eher spärlichen Vegetation gegenüber. Nur vereinzelt wuchsen größere Bäume an den Ufern des Mioli, die aber hatten dann sehr ausladende, tellerförmige Kronen, die auch noch überraschend grün waren und durchaus Schatten gegen die drückende Hitze spenden und ein Versteck bieten konnten. Ansonsten gab es lediglich jede Menge Sumpfgras, das allerdings teilweise mannshoch wuchs. Da das Flussufer auf ihrer Seite sehr flach war, beschlossen sie ihren Weg zwischen dem Wasser und der Vegetation einzuschlagen. So konnten sie sicher sein, aus der Luft gesehen zu werden, gleichzeitig aber genügend Schutzmöglichkeiten vor feindlichen Jägern zu haben und im schlimmsten Fall Schutz vor anstürmenden Bestien im Mioli selbst zu finden.

Alles in allem nicht die schlechteste Ausgangsposition.

Mavis, Vilo, Lobos und Leira bildeten die Vorhut, fünf weitere Männer des Admirals und Captain Cosco blieben in der Mitte. Captain Tibak, Sergeant Dek und nochmals zwei von Lobos Männern bildeten die Nachhut.

„Wie lange denken sie wird es dauern, bis man uns findet?“ fragte Lobos.

Mavis zuckte die Achseln. „Ich weiß nicht. Eine halbe Stunde vielleicht!“

Der Admiral nickte mit ernster Miene. „Sie wollten mir noch ihre Geschichte erzählen!“

Mavis schaute den Admiral an und musste lächeln. „Richtig, das wollten wir!“

„Na, dann schießen sie mal los!“ Lobos schien etwas gelangweilt.

„Okay!“ meinte Vilo. „Aber wir müssen sie warnen!“

„Warnen?“ Der Admiral hob überrascht die Augenbrauen. „Weil sie so langweilig ist, dass ich Gefahr laufe einzuschlafen?“ Er lachte heiser auf.

„Nein!“ Jetzt musste auch Mavis auflachen, doch als er den Kopf schüttelte wurde er plötzlich sehr ernst. „Weil danach für sie und ihre Männer nichts mehr so sein wird, wie es war!“

VIII

„Jorik?“ Die Stimme war sanft und leise und drang nur wie durch eine dichte Nebelwand zu ihm. Es war auch das einzige, das er wahrnahm. Er spürte weder seinen Körper, noch seinen Geist. Alles war dunkel, taub und leer. „Jorik?“ Die Stimme wurde etwas lauter, blieb aber sanft. Und plötzlich spürte er auch eine Berührung. Allerdings vermochte er nicht zu sagen, wo an seinem Körper sie erfolgte. „Jorik, wach auf!“ Die Stimme wurde abermals lauter und auch ein klein wenig härter.

„Okay, lass mich mal!“ Das war eine andere Stimme. Sie klang dunkel, hart und wenig geduldig. Im nächsten Moment schon spürte er, wie etwas an ihm rüttelte.

Und es war, als würde damit seine Taubheit abgeschüttelt werden. Die Dunkelheit wich einem hellen Licht, doch anstelle der Taubheit traten vielfältige Schmerzen, die ihn komplett einzunehmen schienen und um ein Vielfaches schlimmer waren, als der Zustand zuvor.

„Nun komm schon!“ Die harte Stimme klang noch ungeduldiger und erneut wurde an ihm gerüttelt. Stechender Kopfschmerz hämmerte in seinen Schädel. Hör auf damit! schrie Jorik innerlich.

„Lass ihn!“ Das war wieder die sanfte Stimme. „Er braucht noch etwas Zeit!“

„Ich weiß, verdammt!“ Die harte Stimme klang jetzt mehr besorgt, als alles andere. „Aber das ist genau das, was wir nicht haben!“

Okay, ihr habt gewonnen! Jorik zwang sich, trotz aller Schmerzen, seine Augen zu öffnen. Er bereute es sofort, denn gleißendes Licht strömte in seinen Kopf und schien sein Gehirn wegschmelzen zu wollen. Er musste schwer stöhnen und spürte Übelkeit in sich aufsteigen. Dennoch zwang er sich, die Augen offen zu halten und drückte sich sogar aus seiner Liegeposition in die Höhe. Er spürte, wie ihn helfende Hände stützten, sodass er es einfacher hatte, doch als er aufrecht saß, musste er seinem dröhnenden Kopfschmerz Tribut zollen und erbrach sich direkt vor seine Füße. Jorik spürte ekelhaft bittere Galle in sich aufsteigen und hatte das Gefühl, als drücke etwas von innen gegen sein Gesicht und wolle es ebenfalls zu Boden werfen. Sein Magen krampfte erbärmlich und er musste fast ebenso wild husten, wie würgen. Nach einer schieren Ewigkeit hatte Jorik dann das Gefühl, er würde gleich ersticken. Sein Oberkörper zuckte in die Höhe und er musste mehrmals tief durchatmen. Widererwartend gelang es ihm dabei, seinen Kopf etwas zu beruhigen.

„Komm, setz dich nach hinten!“ Da war sie wieder, die sanfte Stimme und als er nach rechts schaute, erkannte er Idis neben sich, die ihn besorgt ansah und mit leichtem Druck nach hinten schob.

Jorik ließ es geschehen. Schweratmend, komplett kraftlos und am ganzen Körper zitternd driftete sein Oberkörper nach hinten und fand schließlich Halt an der Felswand.

„Geht’s wieder?“ Das war die raue Stimme und durch einen glasigen Schleier konnte Jorik Rimbo erkennen. Sein Gesicht blickte ernst und ungeduldig, aber nicht minder besorgt.

Jorik hatte nicht die Kraft, etwas zu erwidern und auch keine Ahnung, was.

„Hier!“ Idis reichte ihm eine Wasserflasche. „Trink das!“ Jorik sah die Flasche, seine Augen leuchteten augenblicklich, seine rechte Hand zuckte in die Höhe und er wollte ihr die Flasche aus der Hand reißen, doch sie zog sie sofort zurück. „Langsam und sinnig!“ Sie schaute ihn mahnend an.

Jorik zwang sich zur Ruhe und nickte. Als Idis sie ihm ein zweites Mal hinhielt, griff er behutsam zu und setzte sie an den Mund. Sofort aber wurde die Gier zu groß und er riss sie in die Höhe, ließ das kühle Nass in sich hineinstürzen.

„Na!“ rief Idis jedoch und als er sah, dass sie Anstalten machte, ihm die Flasche erneut wegzunehmen, senkte er sie von selbst und hielt erst einmal inne.

Nach einem langen, tiefen, leisen Rülpser schaute er sie an. „Danke!“ Und dann nahm er noch einen Schluck.

„Besser jetzt?“ fragte Rimbo und in seiner Stimme schwang Ungeduld mit.

Jorik senkte die Flasche, schluckte das Wasser langsam herunter, stöhnte dabei mit geschlossenen Augen, musste dann einmal kurz husten, schaute schließlich Rimbo an und nickte. „Besser!“

„Dann wird es Zeit, dass du uns ein paar Fragen beantwortest!“

„Fragen?“ Jorik schien verwundert. „Was für Fragen?“

„Na ja, eigentlich nur eine!“ Rimbos Blick verfinsterte sich. „Was zum Teufel hat Narrix mit dir und Esha gemacht?“

„Mit…!“ Plötzlich erstarrte Jorik. „Esha!“ Seine Gesichtszüge entgleisten. „Oh mein Gott!“ Er starrte Rimbo an, dann Idis. „Wo…? Wo ist sie?“

„Hier!“ Die Stimme kam von der anderen Seite der Zelle. Sie war dunkel und tief, sie klang besorgt und tränenerstickt. Jorik erkannte sie sofort. Sie gehörte Shamos. Ruckartig drückte er sich von der Wand ab und schaute an Idis vorbei zur anderen Seite. Sein Freund, der zerstreute Wissenschaftler mit dem zerzausten Haar, saß an die Zellenwand gelehnt und Esha, die Frau, die er liebte, lag schräg vor ihm auf dem Rücken auf dem Boden. Ihren Kopf hatte er in seinem Schoss gebettet und streichelte ihn sanft. Esha selbst schien bewusstlos, denn sie regte sich nicht und ihre Augen waren geschlossen.

Jorik spürte bei ihrem Anblick einen tiefen Stich im Herzen und innerhalb eines Lidschlages kamen seine Erinnerungen an die Misshandlungen von Narrix zurück. „Esha!“ Er sprang auf, geriet ins Taumeln, konnte sich aber an Idis und Rimbo abstützen, die reaktionsschnell ebenfalls aufgesprungen waren und lief auf die andere Seite. Neben Esha und Shamos sank er kraftlos auf die Knie. Als er das zerschundene Gesicht seiner Freundin sah und die deutlichen, zwei Finger breiten, dunkelroten Striemen um ihren Hals, schossen ihm Tränen in die Augen. Er hob seine zittrigen Hände und berührte Esha vorsichtig an der Wange. Dann sah er zu Shamos auf, in dessen Gesicht er eine Mischung aus Entsetzen, Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit erkennen konnte. Seine Augen waren rot und aufgequollen, doch jetzt schien sein Freund einfach keine Tränen mehr in sich zu haben, die er noch hätte weinen können.

„Es…!“ Jorik musste schlucken. „...tut mir leid!“ Er wartete, bis Shamos ihn ansah. „Narrix hat sie als Druckmittel gegen mich benutzt. Er hat…!“ Wieder musste er schlucken. „…ihr einen Strick um den Hals gelegt und einfach angezogen. Erst dann wollte er von mir wissen, wo Marivar ist! Natürlich wollte ich es ihm sofort sagen, aber Esha verbot es mir!“ Joriks Blick wurde bitter. „Daraufhin hat er noch einmal angezogen!“ Er schüttelte den Kopf, kämpfte gegen Tränen an. „Ich habe ihn angefleht, sie wieder runterzulassen, ihn angeschrien, aber dieses widerliche Schwein hat es auch noch genossen!“ Er schniefte und schaute wieder Shamos an. „Als er dann von ihr abgelassen hat, war sie bewusstlos. Dann hat man sie zu euch gebracht!“ Für einen Augenblick herrschte Stille im Raum. „Aber Narrix wollte, dass sich Jemand um sie kümmert!?“ Er blickte zu Idis und Rimbo und erkannte, dass auch Kendig und Malawi bei ihnen waren.

Kendigs Frau nickte dann auch. „Ja, es war ein Sanitäter bei ihr und hat sie untersucht. Sie ist nur ohnmächtig!“ Ihr Gesicht war eine bitterernste Maske. „Sie hat Glück gehabt!“

Jorik nickte mit dem Versuch eines Lächelns. „Sie war so tapfer!“ Er schaute wieder zu Shamos. „Du hast eine unglaublich mutige Frau an deiner Seite!“

„Ich…!“ Shamos traten plötzlich doch wieder Tränen in die Augen. „…weiß!“ Er schluchzte, beugte sich herab und küsste Esha sanft auf die Stirn, dann hielt er sie noch etwas fester in seinen Armen.

*

„Und das glauben sie...?“ Lobos hatte den beiden Commanders aufmerksam zugehört und schaute sie jetzt, nachdem sie geendet hatten, nacheinander an. „…wirklich?“

Mavis musste kurz grinsen, denn er konnte die Zweifel seines Gegenübers nachvollziehen. Ihre Geschichte war mehr als fantastisch und barg eher die Wahrscheinlichkeit, dass die Erzähler den Verstand verloren hatten, als dass sie wahr wäre. „Ja, das tue ich!“ erwiderte er dennoch mit fester Stimme und geradem Blick. Welche andere Wahl hätte ich denn auch sonst noch? fügte er im Stillen hinzu.

„Ich glaube auch daran!“ sagte Cosco und nickte zusätzlich.

„Ich übrigens auch!“ rief Tibak von hinten.

„Dito!“ fügte Dek hinzu.

Und Leira brummte ebenfalls zustimmend.

Alle vier schauten den Admiral und seine Männer geradeheraus und forsch an, als würden sie Widerspruch erhoffen, um sich streiten zu können.

„Es gibt immerhin einige Fakten!“ meinte Vilo und blieb stehen. Da klar war, dass alle und nicht nur Lobos ihre Geschichte gehört hatten, was auch besser war, wollte er, dass alle es mitbekamen.

„Richtig!“ erwiderte Cosco. „Der Planet wird untergehen! Das ist Fakt!“ Er verzog die Mundwinkel. „Das spürt mittlerweile wohl auch der Letzte!“ Er sah in die Runde und alle nickten.

„Der sinkende Wasserstand des Mioli ist auch ein Resultat davon!“ meinte Vilo.

„Also wird es in diesem Krieg unter normalen Umständen keinen Sieger geben!“ sagte Lobos mehr zu sich selbst, als zu den anderen und nickte nachdenklich.

„Genau deshalb hatte Shamos sich auf diese Legende eingelassen!“ fügte Mavis an. „Und er fand die uralten Schriften, die ihn zu dem Amulett führten, das die verborgenen Verstecke der Formel und des Kristalls preisgaben!“

„Und dann sind sie auf getrennten Wegen auf die Suche gegangen!?“ meinte einer von Lobos Männern.

Tibak nickte. „Und ich schwöre bei Gott, dass ich bis zum letzten Moment an den Erfolg unserer Mission gezweifelt habe! Aber soll ich euch etwas sagen?“ Er blickte in die Runde. „Da war er, dieser Kristall. Genau wie beschrieben. Gleißend hell und wunderschön!“ Er lächelte bei dem Gedanken daran, verlor es jedoch sofort wieder. „Wenn auch im wahrhaftigen Schlund der Hölle!“

„Okay!“ Lobos nickte. „Und dann habt ihr diesen Kristall an euch genommen und hierher mitgebracht!?“

„Kann man so sagen, ja!“ meinte Dek.

Lobos sah den Sergeanten einen Augenblick an, dann nickte er. „Richtig! Da war was mit diesem Jungen!“

„Chalek!“ erwiderte Mavis.

„Chalek! Richtig! Er hat was mit dem Kristall gemacht?“

„Er hat ihn…!“ Cosco suchte nach Worten. „...aufgesogen, irgendwie in sich aufgenommen!“

Lobos und seine Männer schauten ihn etwas irritiert an.

„Hören sie!“ hob Mavis an. „Da ist sicherlich jede Menge Magie und so ein Zeugs dabei gewesen, ich weiß nicht. Ich...!“ Er schaute seine Freunde an. „Wir sind uns alle, denke ich, noch nicht völlig sicher, welche Rolle der Junge bei der ganzen Sache spielt…spielen soll...spielen wird! Aber ich bin mir sicher, die Formel wird das ans Licht bringen!“

„Die Formel?“ Lobos schien überrascht. „Richtig, die Formel, die ihre Freunde aus der Eiswüste Poremiens mitgebracht haben, bevor Narrix und seine Männer sie gefangengenommen haben!“

Der Admiral sah die beiden Commanders an, doch die wirkten gerade etwas verlegen.

„Im Prinzip schon!“ sagte Vilo salomonisch.

„Und warum nur im Prinzip?“

„Weil…!“ Mavis hielt inne und atmete einmal tief durch. „…wir zwar wissen, dass sie die Formel gefunden haben, nicht aber, was mit ihr bei oder nach dem Überfall von Narrix passiert ist!“

Lobos schürzte die Lippen. „Das heißt also, sie könnte ebenso gut auch verlorengegangen oder vernichtet worden sein!“

Mavis machte plötzlich ein ziemlich säuerliches Gesicht und brummte. „So, wie sie das sagen, klingt das jetzt echt beschissen!“

„Und es ist vollkommen voreilig!“ rief Vilo mit fester Stimme. „Jeder wusste um die Wichtigkeit der Formel und das jederzeit mit einem Angriff – wenn auch eigentlich von anderer Seite - gerechnet werden musste!“ Er schaute Cosco an, der ihm zunickte. „Ich bin mir sicher, sie haben alles getan, um die Formel zu schützen!“ Jetzt nickte er zur Selbstbestätigung. „Und Narrix, dieser miese Wichser, hat doch absolut keinen Plan, worum es hier wirklich geht! Also werden wir genau das tun, was wir vorhatten: Wir besorgen uns ein Flugboot, fliegen nach Kimuri, hauen Jorik und die anderen da raus und dann werden wir ja wissen, was mit der Formel ist!“

Besorgen hört sich gut an!“ Als alle Tibak mit großen Augen ansahen, musste der Captain breit grinsen. „Und wir können…!“ Er deutete mit der rechten Hand nach Süd-Süd-West, wo sich ein kleiner, schwarzer Punkt über dem Horizont näherte. „…gleich damit anfangen!“

*

Mavis?“ Rimbo schaute Jorik mit großen Augen an.

Und als sein Gegenüber nickte, fügte Kendig hinzu. „Verdammt!“

Jorik atmete einmal tief durch und sein Blick war sehr traurig. „Es ist noch schlimmer!“

Malawi fixierte ihn mit ernstem Blick an. „Was soll das heißen?“

„Sein Kommunikator muss defekt gewesen sein, denn ich konnte ihn hören, obwohl er nicht zu mir, sondern zu Marivar sprach!“

„Was?“ Das war Rimbo. „Oh verdammt!“ Man sah ihm an, dass er am liebsten irgendwo reingeschlagen hätte.

Wieder nickte Jorik. „Er hat sie kontaktiert, um ihr zu sagen, dass sie den Angriff des Flugboots überlebt hatten. Zwar wurde die Kitaja zerstört, doch sie alle blieben unverletzt!“

„Dem Himmel sei Dank!“ meinte Idis.

Jorik aber schüttelte den Kopf. „Mavis sagte, sie würden versuchen, nach Kimuri zu gelangen, um uns alle zu befreien!“

„Das dürfte ohne Flugboot aber ziemlich lange dauern!“ Malawi schaute ihren Mann an. „Zu lange für uns!“

„Nein, Moment!“ Rimbo wedelte mit dem Zeigefinger. „Moment mal!“ Er wirkte sehr nachdenklich. „Wenn Narrix weiß, wo Mavis und die anderen sind und noch dazu, welchen Weg sie jetzt einschlagen, dann…!“ Er stoppte ab, hob seinen Kopf und in seinem Blick lag bittere Erkenntnis.

„Shit!“ Kendig nickte mit säuerlicher Miene. „Du hast Recht!“

„Dann sind sie…!“ meinte Malawi.

„…auf einem verfluchten Präsentierteller!“ endete Idis und ihre Stimme klang sehr hoffnungslos.

„Jorik?“ Das war Shamos, der bislang still geblieben war, aber natürlich alles mitgehört hatte.

„Ja?“ Sein Freund sah ihn mit einem traurigen Lächeln an.

„Ich glaube, ich werde Narrix töten!“

Alle erstarrten in ihren Bewegungen und schauten den Wissenschaftler mit großen Augen an. Seine Worte, ihr Klang, der Anblick seines von unzähligen Tränen aufgedunsenen Gesichts, seine Augen, aus denen schon wieder Tränen herabrannen, ihr Funkeln, vor allem aber die hoffnungslose Klarheit in seinem Blick, brachte ihnen allen eine eiskalte Gänsehaut, die über ihre Körper kroch.

*

Der Pilot ist gut, dachte Mavis. Er kommt direkt aus Richtung der untergehenden Sonne, fliegt dicht über Grund und nicht zu schnell, sodass die Triebwerke für ihre Leistung nur sehr wenig Lärm machen. Für einen kurzen Moment fragte er sich ernsthaft, ob es nicht Narrix persönlich war, der das Flugboot befehligte, doch das wäre wohl zu schön gewesen.

Wenn sie den Himmel nicht beständig nach Bewegung abgesucht hätten, wäre es gut möglich gewesen, dass sie es tatsächlich übersehen hätten. Doch einem erfahrenen Fuchs wie Tibak entging es natürlich nicht.

Ihr Verhaltensmuster, das sie jetzt an den Tag legen würden, hatten sie zuvor verabredet: Mavis, Vilo, Cosco, Tibak und Dek hielten sich weiterhin am Ufer des Mioli, eine Armlänge von dichtem Buschwerk entfernt. Es sollte so aussehen, als würden sie den Weg nach Westen schnell hinter sich bringen wollen, ohne auf eine notwendige Deckung verzichten zu müssen, wenn der Feind anrückte. Das heranrauschende Flugboot sahen sie natürlich nicht, dafür aber waren sie gut - jedoch nicht zu gut - zu erkennen. Ebenso natürlich konnte die Maschine ihre Existenz mit dem Überflug nicht mehr geheim halten. Mavis und die anderen taten daher mächtig überrascht und verschwanden dann nervös im Buschwerk. Dies konnte ihnen für Angreifer am Boden wirklich guten Sichtschutz bieten, nicht aber bei einer gleichzeitigen Beobachtung aus der Luft.

Ziel war es, das das Flugboot landete, ein für fünf Personen ausreichender Trupp den Bodenangriff übernahm und auf sie zustürmte, während sich das Flugboot wieder in die Lüfte erhob, um den Männern am Boden ihre Position durchzugeben. So in die Zange genommen, würden sie nicht lange durchhalten – zumal sie auch kaum noch eigene Waffen und Munition hatten – und der Trupp konnte sie überwältigen.

Um sie aber an Bord zu holen und nach Kimuri zu bringen, musste das Flugboot wieder landen. Und da kamen Leira, Admiral Lobos und seine Leute ins Spiel…

Mavis hatte, wie alle anderen auch, im dichten Buschwerk Schutz gesucht. Aus einer Entfernung von rund dreißig Metern konnte er sehr gut sehen, wie sich die Heckklappe des Flugbootes öffnete und etwa ein Dutzend Männer in Schutzwesten, Helmen und mit Maschinengewehren hinausstürmten. Kaum hatten sie den Boden berührt und ihre Waffen in den Anschlag gebracht, hob die Maschine bereits wieder ab, drehte in ihre Richtung und donnerte knapp über dem Boden über sie hinweg.

Der Pilot ist wirklich gut! dachte Mavis. So schützt er seine Leute vor unseren Kugeln!

Dennoch feuerten er und die anderen ein paarmal in ihre Richtung, jedoch immer so, dass sie niemanden verletzten.

Der feindliche Trupp trennte sich in zwei Sechser-Gruppen und kam von zwei Seiten auf sie zu, während das Flugboot über ihnen kreiste.

Mavis und die anderen taten dann, als würden sie flüchten wollen, rannten dabei auf weitaus freieres Gelände, ohne jedoch den Busch komplett zu verlassen und damit dem einen Trupp quasi direkt in die Arme. Erschrocken drehten sie um, mussten aber erkennen, dass der andere Trupp von der anderen Seite herankam. Somit hatten sie keine Chance mehr zur Flucht und daher ließen sie ihre Waffen fallen, hoben ihre Hände in die Höhe und ergaben sich vorschriftsmäßig.

„Auf die Knie!“ brüllte einer der beiden Gruppenführer, während alle anderen mit vorgehaltener Waffe von beiden Seiten auf sie zukamen.

Mavis und die anderen taten, was verlangt wurde. Das Flugboot über ihnen drehte ab und es war zu hören, dass es wieder zur Landung ansetzte.

„Hände auf den Rücken!“

Auch das taten sie. Um sie zu fesseln ließen vier der Männer ihre Waffen sinken. Die anderen acht Personen wurden mit jeder Sekunde ruhiger, entspannter – aber auch weniger wachsam.

Das sollte ihr Fehler sein.

Was dauert denn da noch so lange?

Lieutenant Yunok stand schräg hinter dem Pilotensessel und schaute hinaus auf das vor ihnen liegende Buschwerk hinter dem das Wasser des Mioli in der Abendsonne schimmerte.

Eigentlich hatte er damit gerechnet, dass seine Leute längst mit ihren Gefangenen auf den Rückweg waren, doch noch war niemand zu sehen. Er spürte, dass er ungeduldig wurde. Um sich abzulenken, warf er einen Blick auf den Radarschirm. Wie er bereits wusste, waren zwei feindliche Fliegerstaffeln auf dem Weg zu ihnen. Ihre Entfernung betrug rund siebzig Meilen, sie waren also noch etwa fünf Flugminuten von ihnen entfernt. Der Rüssel einer widerwärtigen Anomalie lag weitere einhundert Meilen südlich von ihnen, stellte demnach ebenso keine Gefahr für sie dar. Und Insektenbestien konnte er im Moment gar keine ausmachen. Die Voraussetzungen für eine in allen Teilen gelungene und erfolgreiche Mission waren also mehr als gegeben – wenn jetzt endlich seine Leute erscheinen und sie wieder von hier verschwinden konnten.

„Machen sie eine Infrarotabtastung von dem Gelände!“ sagte er mit ernster Miene zu dem Copiloten. Seine Geduld war am Ende. Er konnte nicht einfach nur dastehen und warten, er musste handeln.

Der Sergeant sah ihn zwar mit großen, verwunderten Augen an, doch nickte er und gab einige Befehle in das Terminal ein. Bevor er jedoch damit fertig war, war Bewegung im Buschwerk zu sehen.

Yunok sog hörbar die Luft ein. Der Copilot schaute instinktiv nach vorn und stoppte seine Eingabe. Im nächsten Moment aber entspannte sich der Lieutenant schon wieder. „Vergessen sie das mit der Abtastung!“ sagte er zufrieden und das war er auch, denn er konnte seine zwölf Männer sehen, wie sie fünf Gefangene zum Schiff eskortierten. Einer von ihnen war offensichtlich bewusstlos. Zwei Soldaten hatten ihn an je einer Schulter gepackt und schleiften ihn mit dem Gesicht nach unten zwischen sich mit. Hoffentlich war der Kerl nicht tot. Er wollte dem Captain keine Leichen bringen müssen. Doch eine innere Stimme sagte ihm, dass er beruhigt sein konnte. „Drehen sie das Schiff!“ befahl er dem Piloten. „Öffnen sie die hintere Ladeluke und schaffen sie die Männer rein!“ Während der Pilot das Flugboot mit einem kurzen Schub auf die Vertikaltriebwerke wieder von Boden hievte, um es sofort danach auf der Stelle um hundertachtzig Grad zu drehen, wartete Yunok, bis der Copilot nickte, dann sagte er wieder an den Piloten gewandt. „Sobald sie drin sind, starten sie unverzüglich!“

„Aye Sir!“ gab der Mann zurück.

„Ich bin im Laderaum!“ Yunok drehte sich um und ging.

In dem Moment, da er den Laderaum betrat, spürte er, dass das Schiff wieder den Boden berührte. Die Ladeluke war zu diesem Zeitpunkt schon zu mehr als der Hälfte geöffnet und senkte sich im nächsten Moment komplett herab.

Der Trupp mit seinen Gefangenen war noch rund zehn Meter entfernt. Yunok hatte ein paar Schritte in den Laderaum hineingemacht, doch jetzt blieb er stehen, um das Geschehen zufrieden und gelassen aus dem Hintergrund zu verfolgen. Dabei fiel ihm auf, dass seine Leute sich in Zweiergruppen näherten. Das sah irgendwie merkwürdig geordnet aus, immer einer schräg hinter einem anderen. Und wenn er jetzt genauer hinsah, erkannte er auch, dass einige Uniformen irgendwie nicht zu passen schienen. Unwillkürlich löste er seine vor der Brust verschränkten Arme und gab seine lockere Haltung auf. Irgendetwas stimmte hier nicht!

Doch bevor seine inneren Alarmsirenen zu schrillen begannen, sah er im Buschwerk hinter seinen Männern einen kurzen, grellen Blitz aufflammen und schon einen Lidschlag später krachte eine Granate knapp hinter der Ladeluke in den Boden. Eine Fontäne in einer Mischung aus Sand, Gesteinsbrocken, Flammen und Rauch zuckte in die Höhe und schwappte über die Umgebung. Sand und Steine prasselten auf die Laderampe, gegen die Außenhülle. Der Explosionsdonner rauschte in das Innere des Schiffes und erzeugte dort ein brüllendes Echo.

Sofort brach Hektik aus, da nicht klar war, wer geschossen hatte. Beim ersten Überflug hatten sie fünf Personen ausgemacht. Yunok hatte fünf Gefangene gezählt. Oder war ihr Anflug doch bemerkt worden und es hatte sich Jemand rechtzeitig verstecken können? Oder war gar der Feind in der Nähe? Doch wo waren dann die Fliegerstaffeln? Der Lieutenant war noch niemals nur feindlichen Bodentruppen begegnet, außer bei den Insektenbestien. Immer hatte es Luftunterstützung gegeben. Yunok stand vor einem Rätsel.

399
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580 стр.
ISBN:
9783753195742
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