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Читать книгу: «Die Prinzen von Orleans», страница 3

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Die Verwünschungen wurden so laut, und der allgemeine Unwille war so gewaltig, daß Monsieur nicht aus dem Hause zu gehen wagte, aus Furcht getödtet zu werden. Zuletzt ging er zum Könige und forderte Gerechtigkeit von demselben. Ludwig XIV., der seinen Schwiegersohn und Neffen nicht verurtheilen lassen wollte, empfing ihn zwar mit Verachtung, ließ ihn aber weiter nicht verfolgen. Indessen erhöhte ein neuer Umstand den schon erregten allgemeinen Haß gegen den Prinzen. Einer seiner Agenten, der sich in ein Kloster geflüchtet hatte, wurde von dem Prinzen von Cholais, dem Gesandten des Königs von Spanien verhaftet. Dieser Prinz hatte eine geheimnisvolle Unterredung mit Ludwig XIV.; aber man erfuhr bald, daß der Mönch ein Werkzeug der Verbrechen Orleans gewesen sei. Diesen bewog seine Feigheit und seine Hoffnung auf den Schutz des Königs, sich bei all diesen Stürmen ruhig zu verhalten, denn wie konnte der König seinen Verwandten auf die Bänke der Angeklagten schleppen lassen. Unter diesen Umständen war der Herzog von Orleans frech genug, von seinen Rechten an die Krone, für den Fall, daß der Thronerbe stürbe, öffentlich zusprechen; und einige Zeit darauf starb der Herzog v. Berry an Gift! Es ist erwiesen, daß seine Frau, die noch die Maitresse ihres eignen Vaters, des Herzogs von Orleans war, von diesem das Gift erhalten hatte. In den Eingeweiden des Herzogs von Berry fand sich der Beweis des Verbrechens. Die Laster von Vater und Tochter lieferten immer neue Beiträge zu den Beweisen, die Ludwig XIV., der auch dieses Mal noch verzieh, schon erhalten hatte. Der König, selbst so schuldbewußt, hatte nicht den Muth, gegen seine Tochter und seinen Neffen mit Strenge zu verfahren. Da er Orleans nicht verhindern konnte, seine Verwandten zu vergiften, so beschloß er wenigstens, zu verhindern, daß er sich der Krone bemächtige; um aber diesen Zweck zu erreichen, trat er den moralischen Geist der Nation mit Füßen, indem er seinen Bastarden die politische Gewalt sicherte.

Jetzt verdoppelte der Herzog von Orleans seine Intriguen, um sich Anhänger zu sichern. Er fand deren in der Sphäre des Hofes. Diese Höflinge, die den Thron umgaben und von Schande und Niedrigkeit lebten, schonten seiner, denn sie konnten voraussehen, daß er Regent werden würde. Der König von Spanien sogar nahm seine Vorstellungen an und setzte seine Mitschuldigen in Freiheit.

Ludwig XIV. erkrankte; je näher er dem Grabe kam, je mehr drängten die Höflinge und Egoisten sich um den Herzog von Orleans. Unglücklicherweise folgte die Bourgeoisie dem Beispiele der Hofleute; und dieser des Mordes überwiesene Mann genoß jetzt einer Volksgunst, die dem Philosophen Stoff giebt, über den Werth der menschlichen Zuneigung nachzudenken. Man vergaß für einige Zeit, daß Orleans ein Vorbild für alle Verbrecher und Schweiger gewesen war, man vergaß, daß er auf dem Schlachtfelder seinen Degen entehrt hatte. So ließ das Volk, in Folge einer Verblendung, von der man mehre Beispiele in der Geschichte findet, sich von den Versprechungen eines Mörders täuschen, der durch Geld und Versprechungen, einen d’Aguessau, Bezons, d’Argenson, Herzog von Guiche, Camillac, Voisin, Raynold, Saint-Hilaire, Herzog von Moailles, den Präsidenten von Maison-Villars und einige andre Ehrgeizige für seine Interessen zu gewinnen gewußt hatte. Er konnte also nun auf das Parlament, die Bourgeoisie und die Armee rechnen.

Endlich starb Ludwig XIV. und beschloß seine Lauf bahn mit einem unpopulären Testamente.

Er hatte darin den Herzog von Maine und seine Bastarde zu Regenten des Königreichs ernannt. Diese Wahl mißfiel; der Herzog von Orleans, der Alles vorbereitet hatte, ließ sich von einer Versammlung, die von ihm erkauft war, statt ihrer ernennen.

Als diese Ernennung bekannt gemacht ward, nahm das Volk, welches an die Versprechungen Orleans glaubte, dieselbe mit blindem Jubel auf. Der Regent zeigte bei dieser unglücklichen Begebenheit viele Gewandtheit, – eine sehr traurige Gewandtheit, da fiel keinen andern Zweck hatte, als die Nation zu betrügen. Er umgab sich mit Rathgebern; er stellte sich volksthümlich und berief im Geheimen die Ehrgeizigen an seine Seite. Sie ließen nicht auf sich warten. Orleans betrog die ganze Welt, selbst feine Mitschuldigen. Er bebte vor keinem Mittel, vor keiner Niedrigkeit. Er veranlaßte eine Reaction, die nur eine List war, und übrigens nicht von Dauer sein konnte. Er suchte sich auf alle Weise beliebt zu machen, und benutzte alle möglichen Schlechtigkeiten, um die verworfensten Seelen für sich zu gewinnen. Er erklärte laut, daß seine einzige Hoffnung sei, die zerrütteten Angelegenheiten des Staates zu ordnen, und das Leben des jungen Königs zu erhalten, und als man bei dieser Gelegenheit an die Vergiftung der andern Glieder der königlichen Familie erinnerte, antwortete er:

»Man habe ihn ungerechterweise unersättlicher Herrschsucht beschuldigt und er würde nicht glücklich leben, wenn er Ludwig XV. verlöre.«

So begann die Regierung der Regentschaft, welche den allgemeinen Haß gegen den Herzog von Orleans vermehrte, und diesen zu neuen Schandthaten ermuthigte.

Am Schlusse dieses Kapitels möge noch folgende Philippika ihren Platz finden, in der während der Regentschaft ein kühner Dichter den Herzog an seine zahllosen Verbrechen zu erinnern den Muth hatte:

 
Fährmann der Unterwelt,
Bereite Dich, ohne zu erschrecken
Die königlichen Schatten überzusetzen,
Die Philipp Dir zusenden wird.
 
 
O, immer wiederkehrend Mißgeschick!
O, täglich neuer Verlust!
Thränen schwellen Deine Fluth,
Deine Segel sind von Seufzern gebläht.
Im ewigen schnellen Laufe
Eilt Welle auf Welle dahin.
 
 
Während Söhne ihre Väter beweinen,
Trifft derselbe Schlag auch sie.
Dem Bruder folgt der Bruder,
Die Gattin geht dem Gatten voraus.
Aber, o Schreckliches, was uns bedroht,
Ueber zwei Söhne, die allein uns noch blieben,
Ist die Sichel der Parze gezückt!
Den Ersten traf tödtlich sie schon,
Des Andern erbleichtes Gesicht
Deutet sein nahes Scheiden uns an.
 

Drittes Kapitel
Der Regent, Urgroßvater Louis Philipps I. (der Giftmischer), 1674–1723

Der Regent! dieser bloße Namen flößt Widerwillen und Verachtung ein, denn er erinnert an eine der unglücklichsten Epochen Frankreichs.

Frankreich trug in feinem Schooße die Elemente zu einer unermeßlichen politischen und socialen Revolution; die Regentschaft erhöhte die Leiden des Volkes, brachte dasselbe dadurch zur Verzweiflung und bereitete es zu dem großen Kampfe vor. Der intellectuellen Entwickelung dieses Jahrhunderts zu folgen, das allgemeine Elend und die Tyrannei der Großen zu zergliedern, ist der spezielle Zweck dieses Werkes; hier indes muß ich schnell über die hauptsächlichsten Ereignisse hinweggehen, und mich nur bei denen aufhalten, welche mit diesem Manne in Verbindung stehen, den der Zufall unglücklicherweise in der Eigenschaft eines Regenten an die Spitze unseres Vaterlandes stellte. Ich will nicht die ersten Finanz-Operationen erwähnen, die im Anfange der Regentschaft statt fanden. Die Macht bediente sich unmoralischer Mittel, um die Lage wenigstens erträglich zu machen.

Der Regent verringerte den Werth der Münze. Das Vertrauen des Volkes nahm ab; die Regierung mußte noch mehre Hilfsmittel gleicher Art ergreifen.

Von dieser Noth umgeben, gab der Regent das Beispiel der Lasterhaftigkeit; er begünstigte jene Richtung, die bei der großen Ausschweifung bei dem Volke Gottlosigkeit war. Der moralischen und religiösen Richtung der Gesellschaft folgte der Forschungsgeist. Voltaire zerstörte den Nimbus des Clerus; die Lehren dieses fruchtbaren, geistreichen, boshaften, leidenschaftlichen und geschmeidigen Mannes waren epicuräisch, seine Ansichten vorwärtsstrebend und feurig, aber ungeachtet seiner lenksamen Begeisterung und seiner Leidenschaft für den geistigen Fortschritt, ließ er sich viel zu sehr von Ruhmsucht beherrschen. Er griff kühn die Religion und ihre Diener an, er verkündigte den Sturz der alten Welt, die sich selbst aufgerieben hatte, aber er gab nicht das Signal zu demokratischen Reformen. Diese Ehre war Jean-Jacques Roussau aufbehalten. Welcher Mann! welche Theorieen! welcher unermüdliche, muthige Athlet! Er war der Erste, der eine tiefe Verachtung der Monarchie aussprach; der Erste, der davon sprach, daß die Gesellschaft neuer Grundlagen bedürfe, daß dieselbe wieder in ihre alten Rechte eingesetzt, die Aristokratie und Tyrannei bekämpft werden müsse. Er blies dem Volke eine Seele ein; er lehrte es sich selbst kennen, lehrte es denken; er gab ihm das Bewußtsein seiner Kraft, seiner Vernunft, seines Verstandes. Dieser hellsehende, demokratische Philosoph predigte die Alleinherrschaft des Volkes und griff die bestehenden Formen der Regierung an. Er empfand gerechte Verachtung gegen eine weibische Gesellschaft, die immer bereit, dem Reichen, sei er auch noch so lasterhaft, Weihrauch zu freuen, nur gegen den Armen geringschätzend und grausam war. Roussau, ein geborner Plebejer, hatte persönlich unter den Gesetzen dieser Gesellschaft zu leiden gehabt. Die Welt zerdrückten diese glühende, erhabene und zugleich tiefe Seele, die schon durch das Elend abgemattet war, und verwandelte ihre sanften Regungen in eine wilde, finstre Menschenfeindlichkeit. Roussau beschleunigte durch sein Genie, durch die Größe und kühne Freimüthigkeit seiner Gedanken den Sturz des alten Systems. Mehr als jeder Andere verdient er den Dank der Nachwelt, denn er arbeitete an der Umgestaltung der Menschheit und bereitete den Geist des französischen Volks auf die Weihe großer Umwälzungen vor. . .

Während die Schriftsteller eine Veränderung begründeten, bereitete der Regent sich auch vor und erhöhte durch feine Eigenmächtigkeiten die Leiden des Volkes, die schon fast unerträglich waren, noch bedeutend. In dieser Epoche wurde der Grund zu jener erhabenen Revolution gelegt, welche das Herz der Könige treffen und beweisen sollte, in welchem Grade die Freiheit der Nerv der Reiche ist! Der Regent und seine Roués, der Abbé Dubois, Broglie, Brancas, Canillac, Larochefoucauld, Riom, Deidié, Salvert, la Haye, de la Force, de Noce, Noailles u.&bmsp;s. w. trugen das Ihre dazu bei.

Die Soupers des Regenten, wo alle diese Roués figurierten und ein Studium aus der Zügellosigkeit machten, wo seine Tochter aller Weiblichkeit und Schamhaftigkeit Hohn sprach, haben eine nur zu traurige Berühmtheit erlangt. Das Volk übertrieb die Schilderungen nichts selbst Saint-Simon hat, so ergeben er auch den Orleans war, nicht umhin gekonnt, diese Orgien zu brandmarken.

»Dort wurde getrunken bis zur Völlerei und dann,« sagt Saint-Simon, »überboten einander die saubern Genossen mit entblößten Busen und in der unschicklichsten Kleidung, in Zoten und Unanständigkeiten; und wenn fiel Lärm genug gemacht hatten und betrunken genug waren, gingen sie schlafen, um den folgenden Tag wieder anzufangen, wo sie jetzt aufhörten.«

In Ausschweifungen aller Art vergeudete der Regent seine Vernunft und stumpfte seinen Verstand ab.

Die Angelegenheiten des Landes überließ er unterdessen der Unwissenheit und der Treulosigkeit gewisser Individuen. Er bedeckte sich mit Schande, indem er gewisse finanzielle Maßregeln traf, welche gegen die allergewöhnlichsten Regeln der Rechtlichkeit anstießen. Er zerstörte das Zutrauen des Volks, er bediente sich der Polizei zu seinen schändlichen Zwecken; er versetzte dem Handel, der Industrie, und mit ihnen der Arbeit in ihren Quellen tödtliche Wunden; er mißbrauchte die Justiz, um seinen Feinden zu schaden und trieb zuletzt. Handel mit derselben. Ich will hier nicht die Finanziers in Schutz nehmen; – sie hatten auf das allgemeine Elend speculirt; hatten sich hart, mitleidslos gezeigt; sich ihres Geldes bedient, um die ergiebigen Quellen der Industrie auszubeuten, sie hatten das Volk, seine Arbeit mißbrauchend, ausgesogen, ihm das Leben schwer gemacht; aber dessen ungeachtet hatten sie die Gesetze des Landes nicht übertreten und hierin jenem gewissenlosen Adel nicht nachgeahmt.

Der Regent trat alle Gesetze mit Füßen, indem er einen neuen Gerichtshof einsetzte und somit bewies, wie gefährlich die Gewalt in schlechten Händen wirkt.

Es mußte indessen darauf gedacht werden, diese finanzielle Krisis zu beenden. Der Regent lieh den Rathschlägen eines Schotten, Namens Law, ein geneigtes Ohr. Dieser berüchtigte Finanzmann ist von Manchen für einen intriguanten Abenteurer, von Andern für einen rechtlichen Mann gehalten worden. Gewiß ist es, daß er das Talent besaß, Andre von der Haltbarkeit seiner Projekte zu überzeugen. Desmarets und Chamillard hatten, sein Genie nicht begreifend, ihn Beide zurückgestoßen.

Der Regent ließ sich durch die Nothwendigkeit hinreißen, sein System zu versuchen. Daher das Börsenspiel, welches noch jetzt seinen nachtheiligen Einfluß auf die Nationen ausübt. Law’s Plan wurde angenommen und hatte Erfolg. Seine allgemeine Wechsel- und Umsatz-Bank führte den Credit nach Frankreich zurück. Darauf schlug er, um Frankreich den Hauptgewinn der Entdeckung Amerika"s zu sichern, die Errichtung einer westindischen Compagnie vor. Daher schrieb sich der Aufsehen erregende Reichthum des erfinderischen Schotten, welcher das Mißtrauen in dessen Redlichkeit begründete. Der Regent und sein Schützling Law hatten die höheren Klassen begünstigt und es ihnen leicht gemacht, sich zu bereichern, was viele unzarte Verträge veranlaßte.

»Aber diese Umwälzung bewirkte,« wie Lavallée sagt, »auch viel Gutes. Uebrigens richtete er nicht Frankreich zu Grunde, wie man behauptet hat, er bewirkte nur einen Wechsel des Wohlstandes; auch brachte er den Reichthum in Bewegung, der früher in einzelnen Familien und in der Erde ruhte, von nun an aber, durch Handel und Industrie in Umlauf kam.

»Der Seehandel erhielt dadurch einen Umschwung, der Frankreich ein halbes Jahrhundert lang einen bedeutenden Colonial-Reichthum verschaffte. Die innern Provinzen empfanden davon, eine heilsame Erschütterung, und die armen und trägen Bewohner der Gegenden, wo das Geld rar und die Landeserzeugnisse werthlos waren, belebten sich an der allgemein erhöhten Thätigkeit.«

»Aber,« sagt Lemontey, »wenn die Erfahrung Law’s dem Volke die Banken, den Handel, die Industrie, die Genußsucht, den Unternehmungsgeist bot, so trug dagegen die Regierung das Mißtrauen gegen jeden Fortschritt, die Gleichgültigkeit gegen die öffentliche Meinung zur Schau, und unterwarf das Volk den verhaßtesten Auflagen. Die Geschichte muß diese Epoche als den unverwerflichen Zeitpunkt bezeichnen, von welchem an die entsetzlichste Zerrissenheit sich nach und nach vorbereitete, indem die Franzosen an Aufklärung und Wohlstand zunehmend, sich immer mehr gegen die nicht zeitgemäße Bedrückung durch ihre, sie noch voll Vorurtheile und Furchtsamkeit wähnenden Herrscher, auf lehnten.«

Law war mithin, was man auch gegen ihn gesagt haben mag, ein großer Finanzmann; er that Frankreich mehr Gutes als Böses. Die heut zu Tage statt findenden ärgerlichen Auftritte an der Börse und die Unverschämtheit derer, die das Börsenspiel treiben, beweisen, daß der Durst nach Geld und die Sucht nach Erfolg, seit den Finanz-Speculationen der Regentschaft nur zugegenommen haben.

Der Regent hatte versprochen, den niederträchtigen Cardinal Dubois, seinen frechen Genossen, nicht an den Geschäften Antheil nehmen zu lassen. In Folge der durch Law hervorgerufenen finanziellen Krisis, ließ er Dubois sich des Ministeriums bemächtigen, wie er ihn zuvor sich seiner Macht und seines Willens hatte bemächtigen lassen. Von nun an hörte dieser verderbte Geistliche auf, für den Regenten zu wirken, indem er nur noch den verbrecherischen Eingebungen seines Ehrgeizes folgte. Der Regent, der Sorgen der Verwaltung, zu welcher er nur Faulheit, Unfähigkeit und Böswilligkeit mitgebracht hatte, überhoben, versank tiefer als je in seine entehrende Schwelgerei.

Dieser entartete, sittenlose Mann hatte die Rathschläge Dubois befolgt; er hatte sich beispiellose Gewaltthätigkeiten gegen die Bürger, die sich seinem Willen widersetzten und besonders gegen die natürlichen Söhne Ludwig XIV. erlaubt. Das Volk blieb bei diesen Familienstreitigkeiten gleichgültig. Die habsüchtigen Bewegungen, welche die Versuche Law’s angefacht hatten, waren demselben fremd geblieben. Das Volk allein in ganz Frankreich, folgte nicht dem bis zum Wahnsinn und zur Barberei getriebenen Beispiele der Habsucht und Treulosigkeit. Es verharrte in Elend und Rechtschaffenheit.

Der Regent hatte Betrügern, Mördern und Lüstlingen die Arme geöffnet; er prunkte mit Sittenlosigkeit; er trieb die Unordnung und Immoralität bis zum Wahnsinn. Er überließ sich mit Dubois, den er mit Reichthümern überhäuft hatte, den niederträchtigsten Betrügereien. In diesem Lande, wo so viele rechtschaffene Arme im Elende leben und sterben, ohne daß je eine erfreuliche Verwirklichung ihre bescheidenen Hoffnungen krönt, prunkte der sittenlose Dubois in Gesellschaft und durch die Freigebigkeit des Regenten mit einem Luxus, von dem man sich kaum eine Vorstellung machen kann.

Hier eine Uebersicht seiner Einnahmen:


Dubois und der Regent führten mit aller Gewalt den Untergang von Recht und Sittlichkeit herbei. Indem sie alle Schaam und alles öffentliche Zutrauen mit Füßen traten, indem sie ihrem unerhörten Verfall eine gewisse Berühmtheit gaben, boten der Regent und seine Roués das Beispiel erniedrigter Größe dar. Die Zügellosigkeit der schwelgerischen Orgien dieser hohen Personen überstieg an Frechheit. Alles, was die ausschweifendste Phantasie nur je zu ersinnen im Stande wäre. Jeder dieser Elenden prunkte auf die unverschämteste Weise mit seinen Lastern und Verbrechen; sie suchten eine Ehre darin, den Cynismus und die Ausgelassenheit dieser namenlosen Belustigungen aufs Höchste zu treiben. Den Namen der Männer, die wir angeführt haben, müssen wir die einiger verirrter Frauen zugesellen, welche ihre hohe Bestimmung auf Erden vergessend, die schamlosen Neigungen der Roués theilten. Mitten unter Operntänzerinnen und Freudenmädchen konnte man bei diesen Orgien Frau v. Sabran, Frau v. Mouchy, die Herzogin v. Gevres und die Tochter des Regenten bemerken. Diese leichtsinnigen, ehrvergessenen Frauen hatten das Palais-Royal zu ihrem Zusammenkunftsorte auserwählt. Noch zwei Töchter des Regenten dürfen wir nicht vergessen bei Aufzählung dieser saubern Gesellschaft zu nennen: Fräulein v. Valois und Louise-Adelaide v. Orleans, die, eifersüchtig auf den lasterhaften Ruhm ihrer Familie, sich bestrebten, nicht hinter demselben zurückzubleiben.

Diese ganze Gesellschaft lebte übrigens in einer eleganten, Wohlgeruch athmenden Atmosphäre. Es fehlte ihnen nicht an Geld, um sich alle nur erdenklichen Genüsse und Berauschungen zu verschaffen. Die Immoralität und Gemeinheit der Großen hatte den höchsten Grad erreicht. Bei einem jener Feste sprach eine Dame folgende ewige Wahrheit gegen den Regenten aus:

»Nachdem Gott den Mann erschaffen hatte, nahm er noch ein Stück Koth und bildete daraus die Seele der Prinzen und Bedienten!«

Es fehlte nicht an Satyren und Epigrammen gegen dieses Uebermaß von Schamlosigkeit, welches den Umsturz aller gesellschaftlichen Ordnung herbeiführte. Aber dadurch ließen die Roués sich nicht abhalten ihre Zeitalter zu besudeln; sie lachten frech über die öffentlichen Kritiken und begnügten sich, die freimüthigsten Schriftsteller in die Bastille werfen zu lassen. Die Saturnalien der Alten sind nichts gegen jene Orgien, in welchen der Regent und seine Freunde sich in Verworfenheit erschöpften. Alle Geschichtsschreiber haben jene Zeit kühn gebrandmarkt. Sie bietet ein so trauriges als scheußliches Beispiel von Tod, Verzweiflung, Niederträchtigkeit und Hoffnungslosigkeit dar.

Einige Monate nach der Mündigwerdung des Königs trat der Herzog von Orleans die Regentschaft ab und übernahm im Ministerium die Stelle von Dubois, welcher in Folge seiner Schwelgereien gestorben war. Als Madame, Mutter des Regenten, einige Zeit zuvor gestorben war, machte das Publikum ihr folgende Grabschrift:

»Hier ruht die Mutter aller Laster!«

Am 25. December 1725 starb Orleans im Schooße seiner niederträchtigen Schwelgereien.

»Der Tod des Herzogs von Orleans,« sagt Laurentie, (von dem wir sagen können, was wir von Montjoie sagten: Er gehört derselben Meinung an und schreibt aus demselben Gesichtspunkte) »war zu auffallend, als daß Menschen, die sich gewöhnt haben, die Wege der Vorsehung zu beachten, in demselben nicht eine schreckliche Strafe hätten erkennen sollen. Was die Art von Menschen anbetraf, die in jenen Orgien gebildet waren, so wendeten dieselben sich andern Freuden zu, glücklich, daß Zügellosigkeit und Schwelgerei für immer durch große Beispiele sanctioniert war. Aber die Nation war leidend und gedrückt und wagte nicht in dem Tode des Fürsten, der sie durch Ueberlassung der Gewalt an Unwürdige zu Grunde gerichtet hatte, eine Vergeltung ihres Unglücks zu sehen; denn der Staat fand, den Händen eines Kindes überlassen, nicht die Kraft, sich zu erheben, und die Verzweiflung schien zuzunehmen, als man erfuhr, der Herzog von Bourbon, ein andrer fürstlicher Charakter, furchtbar durch seine Härte und seinen Egoismus, sei zum Nachfolger des Regenten erwählt.

»Es waltete ein gewisses Verhängniß über diese Reihefolge von Männern, welche sich der französischen Monarchie bemächtigten, um dieselbe durch ihre Schändlichkeiten entehrt und durch ihre Politik gemordet, in die Hände einer Revolution zu werfen, die durch den Verfall der Moralität sich schon nach und nach vorbereitete.

»Es ist nur zu natürlich, daß die Geschichte nur verächtliche Benennungen, nur Zorn für jene Minister, für jene Fürsten hat, die durch ihren Cynismus und ihre Systeme Frankreich verheerten. Aber auch ohne sich zu Uebertreibungen des Spottes hinreißen zu lassen, kann man sehr ernstlich die Ursachen aller Mißgeschicke des Vaterlandes beurtheilen. Die Regierung Ludwig XIV. war eine despotische; doch fehlten derselben Ruhm und Ehre nicht. Der Despotismus blieb unter der Regentschaft im vollsten Sinne des Wortes, aber der Ehre ermangelte dieselbe gänzlich.

»Der Despotismus des achtzehnten Jahrhunderts war wie der aller verderbten Zeiten, unerträglich und grausam. Die Regentschaft war eine Epoche der Wollust und Entkräftung, und dennoch mußte die Macht sich oft mit Strenge waffnen, und die Gerechtigkeit war mehr als einmal blutig und unmenschlich. Ein neues Beispiel, daß Sittenverderbniß die Härte der Gewalthaber bedingt.«

Die Regentschaft hatte einen unglücklichen Einfluß auf die Zukunft unseres Landes und auf Alle die darunter litten; aber sie bereitete durch ihre für immer verhaßten Frevel den Kampf vor, in Folge dessen das Haupt Ludwig XVI. Fiel.

Wir kommen gleich auf jenen großen Kampf, den die unterjochten Klassen gegen die Bevorzugten unternahmen; wir haben viel Unglück zu berichten; der Bürgerkrieg ist immer ein gewaltsamer, beklagenswerther Uebergang, aber die Völker können nur mit Hilfe gewaltsamer Mittel das Joch der Tyrannen abschütteln. Schon längst würden solche blutige Kämpfe nicht mehr stattgefunden haben, wenn von den Männern, welchen der Zufall die Gewalt verlieh, nur einige es sich ernstlich hätten angelegen sein lassen, die großen gesellschaftlichen und politischen Fragen zu lösen, deren Entscheidung die Welt bewegt.

Die so ausschweifende, übermüthige, grausame Regentschaft rechtfertigte die Repressalien des Volks. Das Volk hat eine natürliche Abneigung gegen die despotische Gewalt, die, um sich zu erhalten, dasselbe ausbeutet, aussaugt, unterdrückt. Die Freiheit, deren Prinzip Gott in sein Herz gegraben hat, läßt es den Despotismus als unnöthig für die Organisation der Gesellschaft betrachten; es denkt also nur des Tages der Befreiung. Aber nur dann, wenn die Macht mit der Grausamkeit eine große Verderbtheit vereint, erhebt sich die Nation mit Gewalt.

Dem Herzog von Orleans folgte Ludwig XV., ein junger Mann mit einem erschlafften egoistischen Herzen, der die Gewalt mißbrauchend, das Werk des Regente vollendete.

Unser Zweck erlaubt uns nicht, in die verhaßten Geheimnisse und die unheilvollen Räthsel der Verderbniß dieses Königs einzudringen. Der Weg, der von dem Regenten zu Philipp-Egalité führt, ist kurz; legen wir ihn schnell zurück.

Возрастное ограничение:
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Дата выхода на Литрес:
06 декабря 2019
Объем:
401 стр. 2 иллюстрации
Правообладатель:
Public Domain

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