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Читать книгу: «Der Bastard von Mauléon», страница 46

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Siebenundsiebzigstes Kapitel.
Der Entschluß des Mauren

Diese ganze so furchtbare, so rasche Scene war vom Schlosse Montiel in Folge des Verschiebens der Vorhänge und der Beweglichkeit der dabei hauptsächlich thätigen Personen gesehen worden.

Man hat vernommen, daß bei der Zusammenkunft von Agenor und Mothril der letztere, während er auf die Vorschläge des Parlamentärs horchte, häufig nach der Ebene schaute, wo irgend Etwas seine Aufmerksamkeit anzuziehen schien.

Agenor suchte ihn glauben zu machen, die Bretagner wissen die Namen der Flüchtlinge der vergangenen Nacht nicht; er ließ ihn auch glauben, man habe der Flüchtlinge nicht habhaft werden können. Diese Nachricht beruhigte Mothril über das Schicksal von Don Pedro, denn bei der Dunkelheit der Nacht waren die Leute vom Schloß nicht im Stande gewesen, den Erfolg der Entweichung zu sehen, und die Bretagner hatten, als sie den Fang machten, das tiefste Stillschweigen beobachtet.

Mothril mußte also Don Pedro in Sicherheit glauben.

Er verachtete auch Anfangs die Vorschläge von Mauléon. Als er aber nach der Ebene hinausschaute, sah er drei im Heidekraut herumschweifende Pferde und erkannte auf eine unzweifelhafte Weise unter ihnen mit seinem sicheren Blick das weiß und feuerfarbige Roß von Don Pedro, dieses edle Thier, das seinen Herrn vom Schlachtfeld von Montiel zurückgetragen hatte, und ihn wie der Blitz aus dem Bereiche seiner Feinde bringen sollte.

Die Bretagner hatten sich in ihrer Trunkenheit der Reiter bemächtigt und die Pferde vergessen, die, als sie sich frei sahen, und überdies erschrocken durch den Ueberfall der Angreifer, aus den Verschanzungen entflohen und das freie Feld gewannen.

Die ganze übrige Nacht waren sie weidend und spielend umhergeschweift; doch bei Tagesanbruch hatte sie der Instinct, die Treue vielleicht, zum Schloß zurückgeführt, und hier war es, wo Mothril sie erblickte.

Sie hatten nicht wieder den kreisförmigen Weg eingeschlagen, auf dem sie weggegangen waren; so daß sich die Schlucht zwischen ihnen und dem Schloß fand, eine tiefe, abschüssige Schlucht, die sie aufhielt.

Als Mothril diese Thiere erblickte, erbleichte er und faßte Zweifel an der Wahrhaftigkeit von Agenor.

Da fing er an über die Bedingungen zu unterhandeln und sich das Leben für seine Person versprechen zu lassen.

Plötzlich erschien die Scene des Zeltes mit allen ihren Schauern vor seinen Augen.

Er erkannte den goldenen Löwen von Enrique von Transtamare, das glühende Haar von Don Pedro, seine energische Stärke; er erkannte seine Stimme, als der letzte Schrei, der Schrei des Todes, scharf und herzzerreißend aus seiner durchschnittenen Kehle hervordrang.

Da hätte er gern Agenor zurückgehalten, um sich einen Geißel aus ihm zu machen, oder ihn Fetzen für Fetzen zu zerfleischen; da gerieth er in Verzweiflung.

Als er sah, daß man Don Pedro niedermetzelte, und da er weder die Ursache, noch die Folge des Streites kannte, sagte er sich, er sei verloren, er, der Anstifter des ermordeten Königs.

Von diesem Augenblick begriff er die ganze Taktik von Agenor.

Dieser versprach ihm das Leben, um ihn, wenn er von Montiel abziehen würde, niedermetzeln zu lassen und dann Aissa frei und unbeschränkt zu besitzen.

»Es ist möglich, daß ich sterbe,« sagte der Maure zu sich selbst; jedenfalls werde ich es versuchen, mein Leben zu erhalten; doch was Aissa betrifft, verfluchter Christ, sie sollst Du nicht haben, oder Du sollst sie nur todt mit mir haben.«

Er verabredete sich mit Rodrigo, den Tod von Don Pedro zu verschweigen, den sie allein gesehen, und ließ die Officiere von Montiel versammeln.

Alle waren der Ansicht, man müsse sich ergeben.

Mothril versuchte es vergebens, diese Leute zu überreden, der Tod sei der Gnade und Ungnade der Sieger vorzuziehen.

Rodrigo selbst bekämpfte sein Vorhaben.

»Man wollte mit Don Pedro ein Ende machen, vielleicht auch mit anderen Großen,« sagte er; »doch uns, die man im Kampfe verschont ließ, uns, die wir Spanier sind, wie Don Enrique, warum sollte man uns niedermachen, da uns das Wort des Connetable das Leben verbürgt? Wir sind weder Saracenen, noch Mauren, und wir rufen denselben Gott an wie unsere Sieger.«

Mothril sah wohl, daß Alles zu Ende war. Mit der Resignation seiner Landsleute neigte er das Haupt und versenkte sich allein in den Kreis eines unerschütterlichen, furchtbaren Entschlusses.

Rodrigo ließ verkündigen, die Garnison würde sich auf der Stelle ergeben. Mothril drang darauf, daß die Capitulation erst gegen Abend stattfinden sollte.

Man fügte sich zum letzten Mal in seinen Wunsch. Da schlug der Parlamentär Duguesclin acht Uhr Abends für die Uebergabe des Platzes vor.

Mothril schloß sich in die Gemächer des Gouverneur ein, um sich, wie er zu Rodrigo sagte, dem Gebet zu widmen.

»Ihr werdet,« sprach er, »Ihr werdet die Garnison zur verabredeten Stunde, nämlich sobald es Nacht geworden, aufbrechen lassen: die Soldaten zuerst, dann die Unterofficiere, dann die Officiere und Ihr selbst; ich gehe mit Dona Aissa zuletzt.«

Mothril, der allein geblieben, öffnete die Thüre des Zimmers von Aissa.

»Ihr seht, mein Kind,« sagte er, »Alles erfolgt, nach unsern Wünschen.

Don Pedro ist nicht nur abgezogen, sondern todt.«

»Todt!« rief das Mädchen mit einem Ausdruck des Schauers, den nur ein Rest von Zweifel mäßigte.

»Seht,« sprach Mothril phlegmatisch, »kommt und schaut.«

»Oh!« flüsterte Aissa, getheilt zwischen Bangigkeit und dem Wunsch, die Wahrheit zu erfahren.

«Zögert nicht, laßt Euch nicht so schleppen, Aissa; Ihr sollt sehen, wie die Christen ihre besiegten Feinde, ihre Gefangenen behandeln, diese Christen, die Ihr so sehr liebt.«

Er zog das Mädchen aus dem Zimmer auf die Plattform und zeigte ihr das Zelt des Stammlers von Villaines mit dem noch auf dem Boden ausgestreckten Leichnam.

In dem Augenblick, wo Aissa stumm und bleich dieses gräßliche Schauspiel betrachtete, kniete ein Mann bei dem Tobten nieder und trennte mit einem Schlag seines bretagnischen Beils den Kopf vom Rumpf.

Aissa stieß einen furchtbaren Schrei aus und fiel beinahe ohnmächtig in die Arme von Mothril.

Dieser trug sie in ihr Gemach, kniete am Fuße des Bettes, auf dem Aissa ruhte, nieder und sprach:

»Kind, Du siehst, Du weißt! das Schicksal, das Don Pedro getroffen, harrt meiner. Die Christen haben mir eine Capitulation angeboten und das Leben gesichert; doch sie hatten auch Don Pedro das Leben versprochen. So haben sie ihr Wort gehalten! Du bist jung und ohne Erfahrung; doch Dein Herz ist rein, Dein Sinn redlich: rathe mir, ich bitte Dich.«

»Euch rathen? . . »Du kennst deinen Christen, Du . . . «

»Und zwar einen Christen, der sein Wort nicht brechen, der Euch retten wird, weil er mich liebt.«

»Du glaubst?« versetzte Mothril, düster das Haupt schüttelnd.

»Ich bin dessen sicher,« antwortete das Mädchen mit der Begeisterung der Liebe.

»Kind!« sprach Mothril, »welches Ansehen hat er unter den Seinigen? Er ist ein einfacher Ritter und über ihm stehen Kapitäne, Generale, ein Connetable, ein König! Daß er verzeihen will, gebe ich zu; die Anderen sind unversöhnlich, man wird uns tödten!«

»Mich! . . .« rief die Maurin in einer Bewegung der Selbstsucht, die sie nicht zu bewältigen vermochte, und die dem Mauren die Tiefe der Seele von Aissa, das heißt die Tiefe der Gefahr und die Notwendigkeit eines schnellen Entschlusses zeigte.

»Nein,« sagte er, »nein, Ihr seid ein junges, schönes, wünschenswerthes Mädchen. Diese Kapitäne, diese Generale, dieser Connetable, dieser König werden Euch verzeihen in der Hoffnung, ein Lächeln oder eine noch schmeichelhaftere Belohnung zu verdienen! Oh! Franzosen und Spanier sind galant!« fügte er mit einem unheimlichen Lächeln bei. »Doch ich! ich bin nur ein gefährlicher Mann für Euch: mich werden sie opfern . . . «

»Ich sage Euch, daß Agenor da ist, daß er meine Ehre auf Kosten seines Lebens vertheidigen wird.«

»Und wenn er stärbe, was würde aus Euch?«

»Ich habe den Tod als Zuflucht.«

»Oh! ich sehe den Tod mit weniger Resignation als Ihr an, Aissa, weil ich ihm näher stehe.«

»Ich schwöre Euch, daß ich Euch retten werde.«

»Worauf schwört Ihr mir?«

»Auf mein Leben . . . Uebrigens wiederhole ich, Ihr täuscht Euch, Mothril, was den Einfluß betrifft, den Agenor haben kann. Der König liebt ihn, er ist ein guter Diener des Connetable, man hat ihm eine wichtige Sendung anvertraut, Ihr wißt . . . in Soria.«

»Ja, und Ihr wißt es auch, Aissa, wie es scheint,« sprach der Maure mit einem von düsterer Eifersucht beladenen Blick.

Aissa erröthete vor Scham und Furcht, denn sie erinnerte sich, daß Soria für sie ein Name der Liebe und unaussprechlicher Wonne war.

Dann sagte sie!

»Mein Ritter wird uns Beide retten. Ich werde . ihm, wenn es sein muß, diese Bedingung stellen . . .«

»Hört mich doch, Kind,« rief der Maure voll Ungeduld, als er sah, daß diese Liebeshalsstarrigkeit sich bei jedem Schritt auf dem Weg, auf den er sich stürzen wollte, ihm entgegenstellte; »Agenor ist so wenig im Stand, uns zu retten, daß er so eben hierher kam.«

»Er ist hier gewesen?« rief Aissa, »hier? . . . und Ihr habt mich nicht davon in Kenntnis! Gesetzt?«

»Um Aller Augen auf Eure Liebe aufmerksam zu machen . . . Ihr vergeßt Eure Würde, Mädchen; er ist gekommen, sage ich, um mich zu bitten, ich möge ein Mittel finden. Euch den Beschimpfungen der Christen zu entziehen. Um diesen Preis versprach er mir, mich zu vertheidigen.«

»Beschimpfungen mir! mir, die ich eine Christin werde.«

Mothril gab einen Schrei der Wuth von sich, den er sogleich wieder durch die gebieterische Notwendigkeit zurückdrängte.

»Wie soll ich es machen?« fuhr Mothril fort; »rathet mir, die Zeit eilt. Diesen Abend wird der Platz den Christen übergeben; diesen Abend bin ich todt, und Ihr gehört als ein Theil der Beute den Anführern der Ungläubigen.«

»Was hat denn Agenor gesagt?«

»Er hat ein furchtbares Mittel vorgeschlagen, das Euch beweisen wird, wie groß die Gefahr ist.«

»Ein Mittel der Rettung?«

»Ein Mittel, zu entweichen.«

»Sprecht.«

»Schaut durch dieses Fenster. Ihr seht, daß aus dieser Seite der Felsen von Montiel völlig abschüssig, unzugänglich ist und so jählings sich in die Schlucht hinabzieht, daß die Bewachung hier überflüssig wäre, denn nur die Vögel, wenn sie stiegen, und die Schlangen, wenn sie kriechen, können am Felsgestein hinauf oder hinab kommen. Ueberdies haben die Franzosen, seitdem sie nicht mehr auf Don Pedro lauern, diesen Punkt völlig verlassen.«

Aissa tauchte ihren Blick voll Angst in den schon durch das Herannahen der Nacht schwarz gefärbten Schlund.

»Nun!« sagte sie.

»Der Franke hat mir gerathen, ein Seil an die Stangen dieses Gitters zu binden, es in die Schlucht hinabhängen zu lassen, wie wir es für Don Pedro machen wollten, und wie er es auch gethan hätte, wäre es für ihn nicht nothwendig gewesen, unten ein Pferd zu finden. Er bat mir gerathen, mich, mit Euch in meinen Armen, an den Knoten dieses Seils anzubinden und die Schlucht zu erreichen, während die Armee der Christen an den Thoren des Schlosses mit der Ablösung der Garnison, welche um acht Uhr Abends ohne Waffen defiliren wird, beschäftigt wäre.«

Das Auge in Flammen, die Lippen bebend, hörte Aissa den Mauren an und schaute zum zweiten Mal in den gähnenden Abgrund.

»Er hat diesen Rath gegeben?« fragte sie.

»Ja,« sprach Mothril, und er fügte bei: «Wenn Ihr hinabgekommen seid, werdet Ihr mich Eurer harrend finden, und ich werde Euch die Mittel zur Flucht erleichtern.«

»Wie! er wird uns verlassen? . . . Er wird mich mit Euch allein lassen?« Mothril erbleichte.

»Nein,« sagte er. »Seht Ihr die drei Pferde, welche die Jaras und die Madronios auf dem andern Abhang der Schlucht abweiden?«

»Ja, ja, ich sehe sie.«

»Der Franke hat schon zur Hälfte sein Wort gehalten. Er hat seine Pferde geschickt, um uns zu erwarten . . . Zähle sie, Aissa. . . es sind drei.«

»Zu wie viel werden wir also fliehen? Oh! ja, ja,« rief sie. »Ihr, er, ich! . . Oh! Mothril, um mit ihm zu fliehen, stürze ich mich in den Schlund der Flammen! . . . Wir gehen.«

»Ihr habt keine Angst?«

»Da er meiner harrt!«

»Haltet Euch also bereit, sobald die Trommeln und Trompeten den Aufbruch der Garnison verkündigen.«

»Das Seil. . . «

»Das Seil?. . . hier ist es. Es würde eine dreimal stärkere Last als die unsrige tragend und was seine Länge betrifft, so habe ich sie gemessen, indem ich eine bleierne Kugel am Ende eines Fadens in die Schlucht fallen ließ. Ihr werdet muthig und stark sein, Aissa?«

»Als ob ich zum Hochzeitfeste mit meinem Ritter ginge,« antwortete das Mädchen freudetrunken.

Achtundsiebzigstes Kapitel.
Der Kopf und die Faust

Die Nacht brach über Montiel herein, eine düstere, kalte Nacht, welche in ein feuchtes Todtentuch die Formen und die Farben hüllte.

Um halb neun Uhr gab ein Trompeter das Signal, und man sah Fackeln prozessionsartig den abschüssigen felsigen Weg herabkommen, der nach dem Hauptthor ausmündete.

Die Soldaten, die Officiere kamen einer um den andern, bezeigten ihre Unterwerfung und wurden wohlwollend vom Connetable und den christlichen Kapitänen aufgenommen, welche bei der Verschanzung stehend den Abgang der Menschen und des Gepäckes überwachten.

Plötzlich kam Musaron eine Idee, er näherte sich seinem Herrn und sagte ihm in's Ohr:

»Der verfluchte Maure hat Schätze; er ist im Stand, sie in einen Abgrund zu werfen, damit wir keinen Nutzen davon haben. Ich will die Runde um den Platz machen, ich, der ich in der Nacht hell sehe, wie die Katzen, und kein großes Vergnügen daran finde, diese gefangenen spanischen Lumpenkerle vorüberziehen zu lassen.«

»Gehe,« sagte Agenor; »es gibt einen Schatz, den Mothril nicht in den Abgrund werfen wird, und der der kostbarste Schatz für mich ist! Auf ihn laure ich an diesem Thor, und ich nehme ihn, sobald er sich zeigt.«

»Ei! ei!« machte Musaron mit einer Miene finsteren Zweifels, schlich sich in das Heidekraut des Grabens und verschwand.

Die Soldaten defilirten immer noch, die Reiterei kam hernach; zweihundert Pferde brauchten eine lange Zeit, um eines nach dem andern auf einem Wege, wie der von Montiel, hinabzusteigen.

Die Ungeduld verzehrte das Herz von Mauléon. Eine unselige Ahnung durchzuckte seinen Geist wie ein glühendes Eisen.

»Ich Narr, der ich bin,« sagte er zu sich selbst; »Mothril hat mein Wort; er weiß, daß ihm das Leben gesichert ist; er weiß, daß das geringste Unglück, das diesem Mädchen widerführe, ihn den furchtbarsten Qualen aussetzen würde. Dann muß Aissa, welche wohl mein Banner erblickt hat, ihre Maßregeln getroffen haben . . . sie wird erscheinen. . . ich werde sie sogleich sehen . . . ich war, ein Narr. . . «

Plötzlich legte sich die Hand von Musaron auf seine Schulter.

»Gnädiger Herr,« sagte er leise, »kommt geschwinde.«

»Was gibt es denn? wie aufgeregt Du bist!«

»Gnädiger Herr, kommt in des Himmels Namen.

Was ich vorhergesehen hatte, geschieht.

Der Maure räumt durch ein Fenster aus,«

»Ei! was ist mir daran gelegen?«

»Ich befürchte, es ist Euch viel daran gelegen. Die Gegenstände, die man herabläßt, sehen mir gerade aus, als wären es lebendige Gegenstände.«

»Man muß Lärmen machen,«

»Hütet Euch wohl! Der Maure, wenn er es ist, wird sich vertheidigen; er wird Jemand tödten; die Soldaten sind rohe Thiere und nicht verliebt, sie werden nichts schonen. Machen wir unsere Angelegenheiten selbst ab.«

»Du bist verrückt, Musaron; Du machst, daß ich wegen ein paar elender Kisten den ersten Blick von Aissa verliere.«

»Ich gehe allein,« erwiderte Musaron ungeduldig; »wenn man mich tödtet, so ist es Eure Schuld.«

Agenor antwortete nicht.

Er trennte sich, als ob es ganz unabsichtlich geschehen würde, von der Gruppe der Kapitäne und erreichte die Verschanzung.

»Geschwinde, geschwinde,« rief nun der Knappe; »suchen wir zu rechter Zeit an Ort und Stelle zu kommen,«

Agenor verdoppelte seine Schritte. Doch nichts war schwieriger, als der Lauf durch die Lianen, die Brombeersträuche und das Gestrüppe.

»Seht Ihr!« sagte Musaron zu seinem Herrn, indem er auf eine weiße Form deutete, welche an der schwarzen Wand im Hintergrund der Schlucht herabglitt.

Agenor stieß einen Schrei aus.

»Bist Du es, Agenor?« fragte eine sanfte Stimme.

»Nun, gnädiger Herr, was sagt ihr?« versetzte Agenor.

»Oh!« rief Mauléon, »laufen wir geschwinde an den Rand der Schlucht; überrumpeln wir sie.«

»Agenor!« wiederholte die Stimme von Aissa, welche Mothril durch energische, aber leise Ermahnungen zum Schweigen zu bringen suchte.

»Legen wir uns in die Verkleidung nieder, gnädiger Herr; sprechen wir nicht, zeigen wir uns nicht.«

»Aber sie entfliehen dorthin!«

»Oh! wir werden immerhin ein junges Mädchen wieder erwischen, besonders, wenn diesem Mädchen nichts lieber ist, als wieder erwischt zu werden. Legen wir uns nieder, lieber Herr, sage ich Euch.«

Mothril hatte indessen gehorcht, wie der Tiger beim Austritt aus der Höhle horcht, wenn er seine Beule zwischen den Zähnen fortschleppt.

Er hörte nichts mehr, faßte wieder Muth und erkletterte mit behendem Schritt die Böschung des tiefen Grabens.

Mit einer Hand hielt und hob er Aissa, mit der andern klammerte er sich an den Bäumen und Wurzeln an.

Er erreichte den Rand und schöpfte Athem, Da erhob sich Agenor und rief:

»Aissa! Aissa!«

»Ich wußte, er wäre es,« erwiderte das Mädchen.

»Der Christ!« brüllte Mothril wüthend.

»Aber Agenor ist dort! gehen wir dorthin!« sagte Aissa, die sich von den Armen von Mothril loszumachen suchte, um zu ihrem Geliebten zu laufen.

Statt jeder Antwort umschloß sie Mothril immer fester und schleppte sie nach der Seite, wo er das Pferd von Don Pedro gesehen hatte.

Agenor lief, aber er stolperte bei jedem Schritt, und Mothril gewann Raum und näherte sich einem der Pferde.

»Hierher! hierher!' schrie Aissa unabläßig, »komm, Mauléon, komm!«

»Wenn Du ein Wort sagst, bist Du todt!« flüsterte ihr Mothril zu.

»Willst Du mit Deinem einfältigen Geschrei Jedermann hierher ziehen? Willst Du, daß Dein Geliebter uns nicht mehr auffinden kann?«

Aissa schwieg,, Mothril fand das Pferd, faßte es bei der Mähne, schwang sich in den Sattel, warf das Mädchen vor sich und sprengte im Galopp davon. Es war das Pferd von einem der Officiere, die man mit Don Pedro gefangen genommen hatte.

Manléon hörte den Galopp des Pferdes und gab ein Gebrülle des Zorns von sich.

»Er flieht! er flieht! Aissa! Aissa! antworte!«

»Hier bin ich! hier bin ich!« antwortete die Maurin.

Und ihre Stimme verlor sich in dem dichten Schleier, den Mothril auf die Gefahr, sie zu ersticken, Aissa auf die Lippen drückte.

Agenor versuchte einen verzweifelten Lauf, er fiel athemlos, erschöpft auf die Kniee.

»Oh! Gott ist nicht gerecht,« murmelte er.

»Herr! Herr! hier ist ein Pferd, Muth, ich halte es, kommt,« rief Musaron.

Agenor sprang vor Freude, er fand seine Kräfte wieder, und sein Fuß stellte sich auf den Steigbügel, den ihm Musaron hielt.

Er schoß wie ein Pfeil auf der Spur von Mothril fort.

Sein Pferd war der wunderbare Renner mit den feuerfarbigen Flecken, der nicht seines Gleichen in Andalusien hatte, so daß Agenor, den Raum verschlingend, sich Mothril näherte und Aissa zurief:

»Muth gefaßt! hier bin ich!«

Mothril bearbeitete mit dem Dolch die Seiten seines Pferdes, das vor Schmerz wieherte.

»Gib sie mir heraus! ich werde Dir nichts thun!« sagte Agenor zu dem Mauren.

»Gib sie mir! Beim lebendigen Gott, ich lasse Dich fliehen.«

Der Maure antwortete durch ein verächtliches Gelächter.

»Aissa! Aissa! schlüpfe aus seinen Armen, Aissa!«

Aissa keuchte und stieß ein Gebrülle der Verzweiflung unter der kräftigen Hand aus, die ihr den Mund zusammenpreßte.

Endlich fühlte Mothril auf seinem Rücken den brennenden Athem des Pferdes von Don Pedro.

Agenor konnte das Kleid seiner Geliebten umfassen und es mit Gewalt an sich ziehen.

»Uebergib sie mir, oder ich tödte Dich!« rief er dem Saracenen zu.

»Laß sie los, Christ, oder Du bist des Todes.«

Agenor umschlang mit der Faust das weiße, wollene Kleid und schwang sein Schwert über Mothril; dieser schlug mit einem schiefen Streich seines Dolches Agenor die linke Hand ab.

Diese Hand blieb an dem Stoff angeklammert, und Agenor gab einen so gräßlichen Schrei von sich, daß es Musaron in der Ferne hörte und vor Wuth brüllte.

Mothril glaubte, er könnte fliehen; aber Agenor war es nicht mehr, der verfolgte, es war das durch den Lauf erhitzte Roß; überdies hätte die Wuth die Kräfte des jungen Mannes verdoppelt; sein Schwert erhob sich abermals, und wenn Mothril sein Pferd nicht hätte einen Seitensprung machen lassen, so wäre es um ihn geschehen gewesen.

»Gib sie mir zurück, Saracene,« ruf Agenor mit geschwächter Stimme;

»Du siehst wohl, daß ich Dich tödten werde; gib sie mir zurück, ich liebe sie.«

»Und ich liebe sie auch!« erwiderte der Maure, sein Pferd auf's Neue stachelnd.

Eine Stimme, die von Musaron, durchdrang die Finsterniß.

Der redliche Knappe hatte das dritte Pferd gefunden; er war über Stock und Stein gejagt und kam seinem Herrn zu Hilfe.

»Muth, Herr! hier bin ich!« rief er.

Mothril wandte sich um und fühlte sich verloren.

»Du willst dieses Mädchen?»sagte er.

»Ja, ich will es und werde es bekommen.«

»Wohl! so nimm es!«

Der Name Agenor, gefolgt von einem erstickten Röcheln, drang durch den Schleier, und etwas Schweres rollte zu den Füßen des Pferdes von Agenor mit den wogenden Falten der langen weißen Schärpe.

Mauléon sprang zu Boden, um zu ergreifen, was ihm Mothril überließ. . . er kniete nieder, um den Schleier zu umfassen, der seine Geliebte verhüllte.

Doch sobald er gesehen hatte, blieb er ohnmächtig, leblos auf der Erde.

Als die Morgendämmerung ihren weißlichen Schimmer auf diese furchtbare Scene warf, hätte man den Ritter, bleich wie ein Gespenst, seine Lippen auf die bläulichen Lippen eines abgeschnittenen Kopfes, den ihm der Maure zugeworfen, drücken sehen können.

Drei Schritte davon weinte Musaron, Der treue Diener hatte Mittel gefunden, die Wunde seines Herrn während seiner langen Ohnmacht zu verbinden; er rettete ihn wider seinen Willen.

Dreißig Schritte weiter entfernt lag, die Schläfe durchbohrt von den sicheren, tödtlichen Pfeil des braven Knappen und noch unter seinem Arm den verstümmelten Leichnam von Aissa haltend, der Maure Mothril.

Selbst todt, lächelte er noch in seinem Triumph.

Zwei Pferde irrten im Grase umher.

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Дата выхода на Литрес:
04 декабря 2019
Объем:
800 стр. 1 иллюстрация
Правообладатель:
Public Domain

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