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Читать книгу: «Der Arzt auf Java», страница 21

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»Bin ich nicht so schon glücklich?« erwiderte die Negerin, welche, indem sie Eusebius’ Worte hörte, in eine Art von Extase verfallen war. »Die Stimme, die ich höre, scheint mir der Gesang himmlischer Geister zu sein, die mir entgegen kommen; Dein Herz, das ich klopfen fühle, macht meinen Körper in unendlicher Wollust erbeben. Ach, sei es der Tod, sei es das Leben, so fühle ich mich glücklich und ich verlange kein anderes Glück.«

»Komm zu Dir, Cora; sprich mir von dem Schatze.«

»Der wahre Schatz ist die Liebe; sie ist der einzige Schatz, den man über das Grab mit hinweg nimmt, der einzige, der unter Rosen die eisige Stirn des Todes verbirgt.

»Mein Gott, mein Gott, sie wird sterben, ohne daß ich etwas von ihr erlangt habe!«

»Cora, Cora!« rief er; »ich beschwöre Dich, mir zu antworten! Wo ist der Bach? Wo sind die Diamanten?«

»Ja,« fuhr die Negerin mit wachsender Ueberspanntheit fort, »die Liebe macht uns unsterblich; ich fühle das an meiner Aufregung, an dem Entzücken meiner Seele; wenn Du über die Erde schreitest, unter der ich schlafe, wird meine Seele bebend erwachen und meine Gebeine werden erzittern, wie jetzt.«

Eusebius empfand Schwindel; eine Art Wahnsinn bemächtigte sich seines Gehirns, das schon durch die Erschütterungen geschwächt war, die er seit einigen Stunden zu erdulden hatte.

Bei den letzten Worten Cora’s hatte seine Habgier sich mit neuer und unbezähmbarer Gluth belebt; er zweifelte nicht mehr; eine Art Vision zeigte ihm den Schatz wenige Schritte von ihm entfernt; er fühlte, er sah ihn, und es schien ihm, als ob ein Wort Cora’s ihn in seine Hände bringen könnte.

Seine Ungeduld, ihn zu ergreifen, raubte ihm jede Ueberlegung; er wurde von einer wahnsinnigen Wuth gegen die Negerin, gegen den Tod selbst ergriffen, indem er daran dachte, daß er, dem Ziele so nahe, es dennoch verfehlen könnte.

Er war vor der Negerin niedergekniet und hielt deren Kopf in seinen verschlungenen Händen. Ihre Gesichter berührten sich beinahe.

»Ja,« entgegnete Cora, »ja, so ist es besser; so bist Du mir näher und Dein Mund kann den letzten Seufzer Derjenigen empfangen, die Dich so sehr geliebt hat!«

»Was kümmert mich Deine Liebe! Das ist es nicht, was ich von Dir will; antworte auf das, was ich Dich frage.«

»Verzeihe Herr, verzeihe; es schwebte eine Wolke vor meinen Augen, aber auf dieser Wolke sehe ich noch immer Dein geliebtes Bild, welches mich zu Dem begleiten wird, zu dem ich gehe.«

Eusebius sah wohl, daß er von der Sterbenden nichts mehr erlangen würde; er ließ den Kopf der Negerin sinken, so daß er mit einem dumpfen matten Tone auf den Fels schlug, und setzte sich auf einen Stein des Baches, indem er finstere sorgenvolle Blicke umher gleiten ließ.

Dieser Bach floß, wie wir bereits sagten, auf dem Boden eines Abgrundes zwischen zwei ungeheuren Felswänden, in die ein furchtbarer Krampf des Berges den Spalt zerrissen hatte.

Hundert Schritt von dem Orte entfernt, an welchem er sich befand, schloß eine dieser beiden Granitmauern sich wieder an den Bergsan, dessen Grundlage sie bildeten; die andere stieg in einer gezackten Spitze zum Himmel empor, und senkte sich dann zu den Schatten der Ebene hinab. Was aber Eusebius bisher in der Dunkelheit nicht hatte bemerken können, war, daß der Abgrund in dieser Entfernung endete. Zwischen den beiden schwarzen Riesenwänden und durch deren gähnende Oeffnung, bemerkte er jetzt eine glühende Linie, von welcher rosige Strahlen ausgingen, die sich in Streifen über den blauen Himmel verbreiteten.« Das war die Morgenröthe. Er hörte das Murmeln des Baches; welcher in einzelnen Absätzen am Ende der Schlucht niederstürzte. Das war der Ausgang aus dem Abgrunde.

Er eilte zu diesem Spalt und zwanzig Schritt unter sich bemerkte er die kleine Fläche, die Cora ihm so gut beschrieben hatte, und auf dieser folglich das Becken, welches der Bach, in dem er von dem Fels herabstürzte, sich gebildet hatte.

»Der Diamantenbach!« rief er.

In demselben Augenblick fiel ein Strahl der Sonne schräg zwischen den beiden Felswänden herein, gerade auf das Wasser, welches zu den Füßen des Holländers sprudelte, und unter dem durchsichtigen Quell funkelten tausend Lichter in dem Strahl des Feuers.

Eusebius’ Aufregung war so groß, daß er taumelte; seine Knie wankten, als sollte er niederstürzen. Aber der Anblick der Schätze, welchen jeder Augenblick ihm entdeckte, gab ihm seine Besinnung zurück, und er stürzte sich auf die kostbaren Steine, als ob er gefürchtet hätte, sie möchten ihm doch wieder entrinnen. Mit vollen Händen aus dem Becken schöpfend, setzte er seine Ernte mehrere Minuten lang fort, indem er den Lauf des Baches aufwärts ging und neues Freudengeschrei bei jedem neuen Diamanten ausstieß, den er denen hinzufügte, welche sich in seinen Händen befanden.«

Eine schwarze Masse, welche das Bett des kleinen Baches versperrte, hielt ihn auf; er erhob die Augen und erkannte Cora.

Die Negerin machte keine Bewegung mehr. Ihr Kopf lag auf dem Steine, auf welchen Eusebius ihn hatte niederfallen lassen; ihre Lippen waren weiß und halb geöffnet. Er richtete auf sie einen Blick des Mitleids; aber in diesem Augenblicke trafen seine Augen auf die ihrigen; ungeachtet des Todes schienen diese Augen ihm noch zu folgen und er erkannte in ihrem feuchten Sterne den Ausdruck leidenschaftlichen Schmachtens, den er so oft an Cora bemerkt hatte.

Mitten in der Todesstarrheit des übrigen Gesichts hatte der Blick der Negerin das Leben bewahrt; er sagte: »Herr, sich liebe Dich;« erdrückte die Glut der Wollust aus.

Eusebius versuchte sich umzuwenden, aber eine übermenschliche Macht führte ihn gegen seinen Willen immer wieder zu der Betrachtung zurück, und unwillkürlich fühlte er, wie dieser Blick in seine Seele eindrang, wie sein Blut in seinen Adern zu sieden begann.

Sein Herz, welches durch die ungeheure Freude über seinen Fund schon erschüttert war, schmolz jetzt; er fühlte sich von einem zärtlichen, innigen Mitleid für Die ergriffen, die er getödtet hatte; er ließ die Diamanten fallen, mit denen seine Hände angefüllt waren.

»Cora!« rief er, indem er sich zu den Füßen seines Opfers niederwarf, »Cora, Cora, jetzt ist es an mir, Dich um Verzeihung zu bitten! Cora, wenn Du wahr gesprochen hast, wenn die Liebe die Vernichtung unserer Hülle überlebt, so möge ein Zeichen dieses Körpers, den Deine Seele verlassen hat, mir sagen, daß Du keinen Haß gegen mich mit hinweg genommen hast.«

Mehr und mehr dein zauberhaften Einflusse des sonderbaren Blickes der Negerin erliegend, fuhr er fort:

»Nein, Du kannst nicht todt sein; dieser so vollkommene Körper, diese so liebende Seele, konnten sich nicht von einander trennen; ja, sprich zu mir, oder sieh mich nicht so an. Cora, komm zu Dir!«

Der Unglückliche hob den starren Körper der Sclavin auf, und versuchte ihn an seiner Brust zu erwärmen.

»Mein Gott, wenn man bedenkt, daß ich soeben noch Deine Stimme hörte! Weshalb habe ich Dich verlassen? So lange ich bei Dir gewesen wäre, würde Deine Seele sich nicht entschlossen haben, zu entfliehen! Aber es muß ein Mittel geben, Dich in das Leben zurückzurufen.«

Und wie von einer plötzlichen Eingebung ergriffen, heftete Eusebius seine Lippen auf die seines Opfers.

»Ja,« rief er, »diesen Kuß, den Du so sehr ersehntest, kann Dein Mund dem meinigen nicht verweigern; Cora, laß mir nicht die Reue darüber zurück, Dir das Leben geraubt zu haben! Cora, Cora komm zu Dir und höre, wie meine Stimme Dir sagt ich liebe Dich!«

Eusebius hatte diese Worte noch nicht ganz ausgesprochen, als ein schneidendes Gelächter über seinem Kopfe ertönte. Er hatte dieses Lachen unter so schmerzlichen Umständen gehört, daß er Den, von welchem es herrührte, erkannte, noch ehe er die Augen erhoben und Noungal bemerkt hatte, ebenso gekleidet, wie er es an dem Tage gewesen, als er an der Mündung des Tjiliwong in seiner Tracht als malayischer Pirat mit ihm sprach.

»Du! wieder Du?« schrie er.

»Ja,« erwiederte der Malaye. »Ich überstelle nicht Andern die Sorge, mich zu überzeugen, daß ich Schritt für Schritt wieder in Besitz meines Eigenthums komme. Diesmal, Eusebius van der Beek, wirst Du Dich, wie ich hoffe nicht bitten lassen, den Willen Deines, Onkels Basilius zu erfüllen, sonst würde ich gezwungen sein, zu sprechen. Wenn ich diesem Dolche glauben darf, den ich am Saume Quevoupas Gebietes fand, so ist hier ein Mord begangen worden, und das könnte Dir mehr als 600, 000 Gulden kosten.«

Eusebius hörte weiter nichts; halb wahnsinnig vor Schrecken lief er der Mündung des Abgrundes zu, sprang von der Felsfläche hinab, auf der die Mutter der armen Cora einen so entsetzlichen Tod gefunden hatte, und setzte seinen Lauf gegen die Ebene fort, ohne zu bemerken daß er in der Hand der Negerin die sich seinen Fingern krampfhaft zusammengezogen einen kleinen silbernen Ring zurückgelassen hatte, der dem gleich war, den seine Frau trug und diese eines Tages mit so vielem Stolz dem Notar Maes zeigte.

Dritter Band

I.
Die Meer-Zigeuner

Wir ließen Argalenka in den Händen der Diener Thsermai’s. Diese waren in Verlegenheit, wie sie den von ihrem Herrn empfangenen Befehl ausführen sollten. Seitdem derselbe den Titel als Regent der Provinz Bantam verloren hatte, waren die Gemächer, die früher in dem Palast zu Gefängnissen bestimmt gewesen, andern Bestimmungen überwiesen; nicht ein einziges derselben befand sich in dem Zustande, einen Gast aufzunehmen, von so großer Wichtigkeit auch die Person dieses Gastes sein mochte.

Indem Die, welche den Gefangenen führten, über den Haupthof gingen, blieben sie stehen, um sich zu berathen; da machte Einer von ihnen die Bemerkung, daß sich ihnen gerade gegenüber befinde, was sie suchten.

In der That befanden sich auf diesem Hofe zwei eiserne Käfige. In einem derselben war Maha eingesperrt worden, bis seine Erziehung vollendet war; in dem andern hatte Thsermai einige Zeit lang einen Tiger gehalten. Einige Monate zuvor war der Tiger auf den Gedanken gekommen, an Auszehrung zu sterben; man gab jetzt seinen Platz an Argalenka, und indem dies geschah, machten die Leute dem armen Teufel begreiflich, daß dies für ihn eine große Ehre sei.

Man schob ihn durch die enge Oeffnung und er ließ sich einsperren, ohne ein Wort zu äußern, dann streckte er sich auf den hölzernen Boden des Käfigs, der jenen scharfen stinkenden Geruch beibehalten hatte, welcher die Aufenthaltsstätte wilder Thiere charakterisirt.

Argalenka vergoß keine Thräne, er ließ keine Klage hören, seine Augen waren starr, übermäßig weit ausgerissen, aber sie blickten vor sich hin, ohne zu sehen. Es schien, als hätte der Schmerz aus dieser regungslosen Fleischrnasse die Seele entführt, indem sie das Leben darin zurückließ.

Er brachte die ganze Nacht schlaflos zu. Gegen die Mitte des nächsten Tages schob einer der Diener des Palastes durch die eisernen Stäbe des Käfigs einen Reiskuchen und einen Krug Wasser. Argalenka wendete den Kopf nicht danach um, und berührte nichts von dem, was man ihm gebracht hatte.

Die Diener gingen über den Hof hin und her, ohne die geringste Aufmerksamkeit auf den Gefangenen zu richten. Am Abend des dritten Tages jedoch, in den Stunden des Müßiggangs, blieb einer derselben vor dem Käfig stehen, und bemerkte, daß die drei Reiskuchen und die drei Krüge Wasser, die man Argalenka hineingeschoben hatte, noch unberührt waren.

»Beduis,« sagte dieser Mann, »bist Du krank? Woher kommt es, daß Du Deine Nahrungsrnittel nicht berührtest?«

Argalenka antwortete nicht.

»Bei Allah, ich glaube, er ist todt!« sagte der Diener zu einem seiner Kameraden, der zu ihm getreten war.

»Nein, der Hund athmet noch. Als Du zu ihm sprachst, sah ich, wie sein Augenlid zitterte; aber er beharrt auf seinem Entschluß, und Dayon wird bald der Mühe überhoben sein, ihm Nahrung zu bringen.«

»Der arme Teufel! Man sagt, er sei der Vater Arroa’s; die Tochter herrscht über die Söhne der Soesoenans von Bantam und der Vater verhungert in einem Winkel des Palastes, den sie bewohnt.«

»Es stand so geschrieben.«

»Wenn wir den Herrn benachrichtigten?«

»Ich werde mich wohl hüten, meine Haut eines Muselmannes daran zu wagen, diesen ungläubigen Fleischklumpen zu retten. Hast Du denn nicht das Gerücht gehört, welches sich indem heutigen Dalam verbreitete?«

»Nein; ich brachte die Pferde des Herrn auf die Weide des Berges Gayoh.«

»Der Malaye ist gekommen.«

»Der Malaye?«

»Ja, der Mensch mit dem braunen Gesicht, den Keiner von uns kennt, und vor dem der Herr, der so unverschämt und so hochmüthig ist, zittert, und sich beugt, wie ein Kind.«

»Was ist denn vorgefallen?«

»Der ungläubige Gueber allein könnte Dir antworten, denn nur er wohnte der Unterhaltung bei. Alles, was ich weiß, ist, daß, als der Malaye sich entfernte, er den Adipati als eine Beute der höchsten Wuth des Eblis zurückließ, und daß ich ebenso gern der brennenden Lava des Panderango trotzen möchte, wie dem Zorn Thsermai’s in diesem Augenblick. – Hörst Du, wie er den Namen Allah’s lästert?«

In der That hörte man aus den Gemächern, welche Thsermai bewohnte, ein eigenthümliches und fürchterliches Gemisch des dumpfen und drohenden Knurrens eines wilden Thieres und das Wuthgeschrei, so wie die Fläche eines Menschen herüber tönen.

Bald darauf flogen die Bambusstäbe, welche eine Thür schlossen, zersplittert auseinander, und Maha, der schwarze Panther des javanesischen Prinzen, sprang durch die Oeffnung, die er sich gebrochen hatte.

Das Thier schien von dem höchsten Zorn ergriffen, und zugleich durch Schrecken beherrscht zu sein; es sprang zweimal in gewaltigen Sätzen zwischen den erschrockenen Dienern rings um den Hof her; dann fand es die Thür seines ehemaligen Kerkers offen, stürzte hinein, knurrte sich in dem dunkelsten Winkel mit gesträubtem Fell nieder, die Barthaare zusammengezogen, und wechselweise mit dem Ausdruck der Wuth und des Schreckens seine großen topasfarbigen Augen öffnend und schließend, indem es, zugleich ein drohendes Knarren ertönen ließ.

Der javanesische Fürst folgte dicht auf den Panther. Sein Gesicht trug die Spuren eines Kampfes. Die fünf Krallen des Thieres hatten in die Wange Thsermai’s fünf Wunden gerissen; das Blut rieselte an dem nackten Halse herunter, und verlor sich in den Falten des Sacong, der um den Leib geschlungen war, denselben mit großen purpurrothen Flecken färbend.

Als Maha seinen Gebieter erblickte, zog er sich in sich selbst zusammen, als wollte er sich zu einem Sprunge auf seinen Gegner vorbereiten; seine Augen erweiterten sich, und sprühten Blitze; sein fieberhaft hin- und herbewegter Schweif schlug den Boden, wie der Flegel des Dreschers die Tenne; sein Knarren nahm in einzelnen Augenblicken den Klang des Geheuls an.

Thsermai, welcher mit einer Peitsche von Rhinoceroshaut bewaffnet war, wollte in den Käfig eindringen, allein er betrachtete den Panther, empfand Furcht und wich zurück.

»Ein Gewehr! Ein Gewehr!« rief er mit erstickter Stimme. »Wollt Ihr mich denn durch dieses wilde Thier erwürgen lassen, Ihr verfluchten Hunde? Ein Gewehr, daß es sterbe!«

Einer der Diener eilte nach dem Palast, und kehrte mit einem jener Gewehre zurück, welche durch künstliche Schnitzereien und Verzierungen von Gold und Perlmutter eben so sehr zu Gegenständen der Kunst als zur Waffe gemacht werden. Er reichte dieselbe dem Sohne der Soesoenans, dieser ergriff es, ohne sich zu überzeugen, ob es auch im Stande sei, Feuer zugeben, riß es voll Wuth an die Backe und zielte auf den Panther.

Aber in dem Augenblick, als er den Finger an den Abzug legte, schlug ein Mensch, der sich mit Anstrengung einen Weg durch die dichtgedrängten Diener und Sclaven gebahnt hatte, um zu dem Herrn zu gelangen, heftig den Lauf in die Höhe, und statt Maha zu treffen, fuhr die Kugel pfeifend durch die Gipfel der Bäume, welche die Wohnung umstanden.

Außer sich vor Wuth, den Panther gerettet zu sehen, warf Thsermai sein Gewehr fort, ergriff seine Peitsche, und nachdem er sie in der Luft geschwungen hatte, schlug er den Menschen in das Gesicht. Der furchtbare Riemen ließ auf dem Fleische einen bläulichen, blutrieselnden Streifen zurück, und jetzt erkannte Thsermai Den, der es gewagt hatte, sich zwischen seinen Zorn und das denselben veranlassende Thier zu stellen.

»Harruch!« rief er.

Es war in der That Harruch, noch immer in seine Lumpen gekleidet, die er ebenso stolz inmitten der ihn hier umgebenden Pracht zeigte, wie in der Anstalt des Mynheer Cornelis.

Er blieb ruhig, gleichgültig unter dem Schlage, den er empfangen hatte, und ohne das Zeichen, welches sein Gesicht davon trug, würde man geglaubt haben, der Javanese hätte nur eine eherne Bildsäule getroffen.

»Wodurch hat denn Maha den Zorn seines Herrn erregt?« fragte Harruch kalt.

Thsermai deutete auf seine Wunden; doch als hätte er sich geschämt, im Angesichte seiner Diener eine weitere Erklärung zu geben, sagte er dann:

»Was kümmert das Dich? Gehört Maha nicht mir? Uebergab ich Dir nicht den verabredeten Preis, als Du ihn mir brachtest, Gueber? Ich habe das Recht bezahlt, ihn zu tödten, und ich will, daß er sterbe. Die Holländer, unsere viel geliebten Herren, haben, so viel ich weiß, die Wohlthat ihrer Gesetze über die Sclaven nicht auch auf die Panther der Insel ausgedehnt, es ist uns nicht verwehrt, über das Leben derselben zu verfügen, wie es uns verboten ist, unsere Sclaven zum Tode zu verurtheilen.«

»Du erinnerst mich an die Bezahlung, die ich erhalten habe, Thsermai. Dachtest Du wohl je an die Mühseligkeiten und die Gefahren, denen ich trotzte, um sie zu erlangen?

»Höre! Weißt Du wohl, daß ich, um Maha zu finden, sieben Tage in dem Walde von Djivadal umhergegangen bin, den der kühnste Jäger nur zitternd betritt, und in welchem aus jedem Gebüsch, das die Kleidung streift, aus jeder Schlingpflanze, die über dem. Kopfe hängt, von jedem Baumstamm, den man in dem Schatten nur halb erblickt, unter jedem trockenen Blatte, das unter dem Fußtritt raschelt, irgend ein Etwas hervorkriechen, laufen, springen kann, das brüllt, pfeift, zischt und das für uns tausend Namen hat, für den einsamen Reisenden, wie ich es war, aber nur einen – der Tod! – Weißt Du, daß ich von der Stunde an, wo die Ravenalia ihre wohlthätigen Kapseln für den durstigen Reisenden öffnet, bis zu der Stunde, wo sie dieselben wieder schließt, auf einem Aste gekauert habe, schlecht verborgen durch den Stamm eines Baumes, und den Augenblick erlauernd, wo die Mutter ihre Höhle verlassen würde? Weißt Du, daß ich sechs tödtlich lange Stunden hindurch der Gnade des entsetzlichen Thieres preisgegeben war, und daß weder sein Crid noch sein Muth, an dem Du nicht zweifeln wirst, Harruch gerettet hätten, wenn der Wind sich änderte, und die Witterung des nahen Feindes in die Höhle des Panthers trug? – Und als Harruch dann in die Höhle eingetreten war, wo er bei jedem Schritt auf abgenagte Knochen trat, als er die drei kleinen Panther in eine Falte seines Sacong genommen hatte, und dann die Flucht ergriff, wie ein Dieb – weißt Du, daß er nicht eine halbe Stunde seinen Weg verfolgte, ohne hinter sich ein fürchterliches Geräusch zu vernehmen? Es war nicht das Gebrüll des hungernden Löwen, es war nicht der rauhe Schrei des in seiner Liebe gestörten Tigers, nein, der ferne Donner war entsetzlicher und sein Echo machte die finstern Laubgewölbe des Djivadal erdröhnen. Es war das herzzerreißende Gebrüll der Mutter, die klagende Stimme, welche dem Echo zurief: »Wehe Dir, daß Du mir meine Kinder geraubt hast!« Alles war voll Entsetzen indem Walde; die Hirsche, die Rebe, die Eber, die Gazellen, vergaßen die Furcht, welche das Erscheinen des Menschen ihnen einflößte; sie liefen neben mir her; die Schlangen glitten unter das Moos; die Vögel verbargen sich unter dem Laubwerk; selbst die Blätter schienen zu zittern. —Ich entfloh keuchend. – Bald verschwanden alle Bewohner des Waldes; ich blieb allein, denn das Gebrüll kam näher. – Ha, Thsermai, ich erinnere mich daran, als wäre es gestern gewesen, und wenn ich daran denke, so fühle ich noch jetzt die Haare sich auf meinem Kopfe sträuben. Hinter mir krachten die Zweige, als ob eine Herde von Büffeln das Dickicht durchdränge; die Furcht hatte mein Blut erstarrt, eine rothe Wolke verschleierte meinen Blick, ich taumelte wie ein Betrunkener und es schien mir, als fühlte ich den heißen Hauch des gewaltigen Thieres meine Schultern verbrennen. Unwillkürlich zog ich meinen Crid aus der Scheide. Dann, um wenigstens nicht ungerächt zu sterben, zog ich eins der Jungen hervor, und wollte ihm den Schädel an dem Stamm eines Baumes zerschmettern. Das Kleine stieß einen Schmerzensschrei aus, und die Mutter antwortete darauf durch ein Geheul, bei dem alle Muskeln meines Leibes erbebten, wie die Saiten unter der Hand der Bedaja. Meine Finger öffneten sich, und der kleine Panther fiel in das hohe Gras. – Ormuzd hatte eins der Kleinen dem Tod entrissen und gesegnet sei sein Name! – Statt sich aus mich zu stürzen, raffte der Panther sein Kleines auf, und selbst in seiner Wuth noch Mutter, wollte er es in Sicherheit bringen, ehe er die beiden andern dem Räuber entriß. – Ich stürzte in meinem tollen Laufe weiter, aber die Witterung des Thieres führte es sicherer auf meine Spur, als das Auge des Tigers, so durchdringend es auch sei, ihn auf der Fährte des Hirsches leitet. Bald trat es seine Verfolgung wieder an; ich mußte auch meine zweite Beute opfern, und wenn der Fluß Tjiliwong nicht auf meinem Wege gelegen hätte, wenn ich nicht, mich in seine Fluthen stürzend, den Scharfsinn der Mutter täuschte, so würde selbst die Aufopferung Maha’s des letzten der Jungen, mich vor ihrem Zorn nicht geschützt haben. – Glaubst Du jetzt noch, Thsermai, daß die wenigen Goldstücke, die Du mir zuwarfst, meine Mühe belohnten, und daß ich nicht das Recht bewahrt habe, Dir zu sagen: Tödte nicht das arme Thier, dessen Gewinnung mir beinahe das Leben gekostet hätte?«

»Wenn der Lohn, den ich Dir damals gab, unzureichend scheint, so bestimme selbst, was Du verlangst; der Sohn der Soesoenans will von Niemand etwas geschenkt nehmen.«

»Ich fordere Von Dir das Leben Maha’s.«

»Nein.«

»Thsermai, Du hast mich in das Gesicht geschlagen, mich, der ich nicht einer Deiner ängstlichen und feigen Javanesen bin, mich einen freien Sohn des Ormuzd; begnadige Maha und ich will es vergessen.«

Thsermai sah den Gueber mit Verachtung an, was diesem nicht entging.

»Nein,« entgegnete er; »Maha hat das Blut seines Herrn vergossen, Maha muß sterben, und wird sterben, ich schwöre es bei dem heiligen Grabe in Mekka.«

»Maha hat spielend Deine Wange gestreift, Thsermai,« sagte der Schlangenbeschwörer, indem er die Stimme dämpfte; »bewahre Deinen Zorn für Den, der ein Gefallen daran findet in Deinem Herzen eine tiefere Wunde.offen zu erhalten, als die, welche Maha Deiner schlug.«

Die Augenbrauen Thsermai’s zogen sich zusammen; seine Stirn wurde finster. Er schien nachzudenken und entfernte mit einer gebieterischen Bewegung seine Diener.

»Du willst von Noungal sprechen?« sagte er zu dem Gueber. »Ja, er ist heute zurückgekehrt, wie er es vor einem Monate verkündet hatte; er ist anmaßender und drohender, wie je vergebens bot ich ihm, was mir von den Schätzen der Soesoenans, meiner Vorfahren, bleibt; vergebens schleppte ich mich zu seinen Knieen; er lachte über meine Verzweiflung, er verschmähte meine Anerbietungen; er will, daß ich ihm die Blume meines Harems, das schone gelbe Mädchen mit den schwarzen Augen zurückgebe.«

»Und Thsermai, der treue Beobachter des geschwornen Worts, wird thun, was Noungal verlangt, und sich von der Perle Hindostans trennen?«

»Vielleicht,« sagte der javanesische Fürst, welcher nachzudenken schien: »Harruch,« sagte er dann nach einigen Augenblicken, »Du hast mir mitgetheilt, daß Du, den man jetzt Noungal nennt, und der über die Meerzigeuner gebietet, ein Barkasaham sei, das heißt, einer jener unsaubern Geister, welche mit der Hilfe des Dämons dem Herrn einen seiner Strahlen glorreichen Ruhmes raubten; einer jener Vampyre, welche aus dem Blute ihrer Opfer die Fortdauer eines Lebens saugen, das sie dem Bösen widmen; aber Du sagtest mir auch, daß die Kraft, vereint mit der List, den verfluchten Barkasaham bezwingen könnten. – Harruch, willst Du mir in diesem Unternehmen beistehen?«

»Du hassest Noungal, aber Du fürchtest ihn; Du bist nicht die Kraft.«

»Nein, ich fürchte ihn nicht; er hat gedroht, und Du sahst,daß er mit leeren Händen fortgehen mußte.«

»Was kümmert das Noungal? Heute sagtest Du ihm Nein, und morgen wirst Du zu ihm flehen, das anzunehmen, was Du ihm heut verweigertest. Der Gebieter der Meerzigeuner hat die Zeit für sich und gleicht nicht der Salangane, welche nur eine Zeit der Liebe zu widmen hat.«

Das Gesicht Thsermai’s wurde leichenblaß.

»Nimmermehr!« rief er; »lieber wollte ich Arroa todt zu meinen Füßen sehen, als sie in den Armen des Barkasaham wissen.«

Bei dem Namen Arroa entstand ein leises Geräusch in dem Käfig neben dem des Panthers. Argalenka erhob den Kopf, der durch die Annäherung des Todes schon matt war.

»Sei mit mir, Harruch,« fuhr der javanesische Fürst fort, »und wir senden Noungal zu dem Lande der unsaubern Geister. Sei mit mir, und ich mache Dich zu einem reichen, zu einem mächtigen Herrn, den alle unsere Javanesen beneiden werden.«

Der Gueber lächelte aus eine eigenthümliche Weise.

»Nein,« sagte er mit spöttischem Ausdruck, »ich will Noungal nicht angreifen. Das Oberhaupt der Meerzigeuner ist allmächtig in dieser Welt und in jener. Harruch ist ein Wurm, der im Grase kriecht; der Barkasaham braucht nur den Fuß zu erheben, um ihn zu zertreten.«

»Wir werden triumphiren,« sage ich Dir.

»Ormuzd hat Thsermai verblendet.«

»Was willst Du sagen?«

»Ja dem Augenblick des Kampfes will er die Waffe, die ihm allein den Sieg sichern könnte, in den Abgrund werfen, der sie nie zurückgibt.«

»Ich verstehe Dich nicht.«

»Hast Du nicht so eben geschworen, daß dieser Tag der letzte des armen Maha sein sollte?« fuhr der Gueber fort, indem er auf den Panther deutete.

»Ja wohl. Nun?«

»Dieses schwarze Thier allein kann den Sohn der Nacht bekämpfen. Vergebens würdest Du mit Deinem Crid die Brust eines Barkasaham durchwühlen; vergebens würdest Du in seine Adern allen Saft der Bohonupas unserer Insel träufeln; vergebens würdest Du auf seinen Leib die Felsen unserer Berge wälzen; vergebens würdest Du seinen Leichnam in den Eingeweiden der Erde verbergen; – der scharfe Stahl würde stumpf, das Gift verlöre seine Kraft, die Riesenfelsen kehrten von selbst an ihren Platz zurück, die Erde würfe das ihr anvertraute Pfand aus, wie die Mündungen des Banderango die brennende Lava, die ihren Krater sperren will. Hier, hier allein,« fuhr der Gueber fort, indem er die ebenholzschwarzen Seiten des Panther streichelte, der, als hätte er verstanden, daß von ihm die Rede sei, nähergekommen war und seinen Kopf an der Hand rieb, welche Harruch durch die Stäbe gesteckt hatte, »hier allein ist das Grab, welches Ormuzd den Verfluchten angewiesen hat, die die Erde in Verzweiflung stürzen, so lange der Zorn des Höchsten dauert.«

»Ich danke Dir, Harruch,« entgegnete Thsermai, indem eine wüthende Freude sich in seinen Zügen malte. »Will es Mohamed, so wird Arroa ihren Herrn nicht wechseln; schließe Maha sorgfältig ein; ich werde Waffen nehmen die Pferde satteln lassen, und wir verfolgen dann die Spur Noungal’s mit dem lebenden Grabe, in welches er eingeschlossen werden soll.«

»Und Deine Eide?«

Thsermai zuckte die Achseln und kehrte in seinen Palast zurück.

Harruch sah ihm nach; dann wendete er sich um, öffnete das eiserne Gitter und ließ einen leisen Ruf ertönen.

Maha gehorchte diesem Rufe, wie ein Hund der Pfeife seines Herrn. Gewandt wie eine Eidechse glitt er auf den Boden nieder, und rieb sich an den Beinen des Guebern, indem er den Rücken krümmte, wie eine junge Katze.

»Das Geheimniß wird Dir sehr unnütz sein,« murmelte Harruch; »willst Du Dich auf die Jagd begeben, so wirst Du Deinen Spürhund nicht wieder finden. Hier hast Du Dein Gold; ich nehme meine Beute zurück. Komm, Maha!«

Indem er diese Worte sprach, warf er in den Käfig einige Geldstücke, und wollte sich entfernen, gefolgt von dem Panther, der dicht hinter ihm herging, als er sich rufen hörte.

Es war Argalenka, der sich in seinem Kerker bis zu den Stäben geschleppt hatte, gegen die er sich jetzt drückte.

»Bruder, Bruder, »sagte der Greis, »hat das Leiden meinen Geist verwirrt, oder träumte ich es? Eben glaubte ich von dem Tode Arroa’s sprechen zu hören! Eine Gefahr bedroht sie! Ha, ha, jetzt will ich leben. Ich bin schwach, ohnmächtig; aber Du, Du bist stark und kräftig; vertheidige sie, ich beschwöre Dich, rette Arroa, und ich werde Dein Sclave.«

»Wir haben Beide verschiedene Wege verfolgt, Argalenka,« entgegnete Harruch; »ich arbeitete an meinem blutigen Werke, Du wartetest in Schmerz und Ergebung, und Ormuzd führte uns Beide zum Ziele, welches wir erreichen wollten. Der Tag der Rache, nach dem ich mich sehne, ist nahe, und bald wirst Du die Liebkosungen Deines Kindes wieder fühlen.«

»Meine Tochter! Meine Tochter!«

»Noch diese Nacht sollst Du sie wiedersehen.«

»Du willst meine Zärtlichkeit verspotten; Harruch, sprich nicht so; mein armer Kopf, der durch das Fasten geschwächt ist, will zerspringen. Woher weißt Du, daß die Lippen Arroa’s die ihres alten Vaters noch wieder berühren werden?«

»Wer zu warten weiß, wird erfahren; der kleine Skorpion, der in den golddurchwirkten Vorhängen der Paläste verborgen ist, erforscht die Geheimnisse der Sultane.«

»Aber sie liebt mich nicht mehr, sie erkennt Den nicht mehr an, der ihr das Leben gab.«

»Was kümmert Dich das, wenn sie Dich nur zu lieben scheint, wenn sie so thut, als erkennt sie Dich? Selbst wenn Du nicht den Schein des Glückes gewönnest, mußt Da wissen, Dich mit dem zu begnügen, was Ormuzd Dir sendet. Umarme den Traum, ohne Dich darum zu kümmern, ob er eine Wahrheit ist oder nicht.«

»Ach mein Kind, mein armes Kind! Weshalb hat Buddha uns den Geistern der Finsterniß preisgegeben?«

»Suche durch die Nahrungsmittel, die Du hier hast, Kräfte zu gewinnen; Du wirst ihrer bedürfen, denn Du hast diese Nacht einen langen Weg zurückzulegen.«

»Mit meiner Tochter?«

»Mit Deiner Tochter. Ehe noch der Mond die Höhe der Bäume erreicht hat, welche den Palast umgeben, wird sie in Deinen Armen liegen.«

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04 декабря 2019
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530 стр. 1 иллюстрация
Правообладатель:
Public Domain

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