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Читать книгу: «Der Arzt auf Java», страница 2

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»Doctor, sagte der arme Eusebius, welcher über die spöttische Weise, mit welcher Basilius seine Danksagungen aufnahm, so gekränkt war, daß ihm die Thränen über die Wangen liefen – »Doctor, verspotten Sie mich?«

»O, ich werde mich wohl davor hüten,« sagte der Doctor mit lautem Gelächter; »habe ich jemals an irgend Etwas gezweifelt? Ich glaube an Alle Versprechungen; man meint es stets aufrichtig, wenn man sie leistet, aber wenn man sie halten soll, dann ist es freilich etwas anderes und die redlichen Leute bedauern es, sie gemacht zu haben, selbst wenn sie sie erfüllen.«

»Doctor, ich schwöre Ihnen —«

»Ich glaube von Ihnen, mein junger Freund, genau das, was ich von allen anderen Menschen glaube, das heißt, daß Sie es ehrlich meinen bei einem Versprechen und daß sie eben so ehrlich beim Vergessen sein werden.«

»Doctor, ich schwöre Ihnen —«

»Hören Sie,« sagte der Doctor, indem er Eusebius unterbrach, »Sie haben dort rechts von der Kommode ein Stückchen Spiegel. Nehmen Sie es vor das Gesicht und sagen Sie mir dann, was Sie sehen.«

»Mein eigenes Bild-«

»Nun wohl, ebenso gut können Sie schwören, daß Sie in zwanzig Jahren noch an Ihren Eid denken werden, wie Sie hoffen dürfen, daß in zwanzig Jahren Ihr Spiegelbild ebenso aussehen wird, wie heute. Aber gleichviel; fahren Sie nur fort, mein junger Freund. Ich habe zehnmal so viel Vergnügen daran, die Leute von ihrer Dankbarkeit sprechen zu hören, als es mir machen würde, die Wirkungen derselben zu unterzeichnen. Immer weiter also, immer weiter;legen Sie sich keinen Zwang auf.«

»Doctor,« sagte der unglückliche Eusebius, der seinen sonderbaren Gast überzeugen wollte, daß er nicht ein Undankbarer sei, wie die Mehrzahl der Menschen, »ich hoffe, daß mir das Glück vorbehalten sein wird, Ihnen zu beweisen, daß Sie eine zu schlechte Meinung von der Menschheit haben. Aber jetzt scheint es mir, verlieren wir zu viel Zeit. Soll ich die Kranke wecken?«

»Wozu?«

»Ei, Herr Doctor, damit Sie ihr geben, was ihr Zustand erheischt.«

»Ihr Zustand erheischt für den Augenblick nichts,« erwiederte der Doctor mit schneidendem Gelächter. »Sie schläft, wie Sie noch nie geschlafen hat. Sie werden keinen ihrer Athemzüge hören können.«

»Das ist wahr,« sagte der junge Mann besorgt und that einen Schritt gegen das Bett. Der Doctor zog ihn an dem Rockschoße zurück.»Lassen Sie sie noch schlafen,« sagte er. »Indem Schlafe schöpft die Natur neue Kräfte Wer sagte Ihnen denn, ob nicht der Tod sogar, den man so sehr fürchtet, weiter nichts ist, als eine lange Ruhe, die uns zu einem neuen Leben vorbereitet? Hören Sie, ich glaube meiner Treu, ich habe da eben ein System aufgestellt. He he he he! Es ist vielleicht nicht so ganz abgeschmackt.«

»Soll ich Ihnen nicht wenigstens, damit Sie Ihre Zeit nicht verlieren, die Krankheit Esther’s näher beschreiben?«

»Zuerst, mein junger Freund, müssen Sie wissen, daß wir unsere Zeit nicht verlieren. Wir philosophiren, und das ist im Gegentheil die beste Verwendung, welche der Mensch den Stunden seines Lebens geben kann. Was die Auseinandersetzung der Krankheit Ihrer Frau betrifft, so kenne ich alle Symptome, die Sie mir angeben möchten, ebenso gut, wie Sie. Wie es Gesetze für die Geburt gibt, so gibt es auch welche für den Tod. Daher ist jede Wissenschaft leicht, sobald man es gelernt hat, in dem großen Buche zu lesen, welches für die Blinden geschrieben ist, und das man die Natur nennt. Lassen wir daher Ihre Frau schlafen und sprechen wir von anderen Dingen!«

Eusebius stieß einen Seufzer aus, aber er glaubte, er müsse sich den Launen des Doctors fügen und fragte daher: »Von was würde es Ihnen angenehm sein, zu sprechen?«

»Von Allem, was Sie wollen, mein junger Freund. Ich trinke ohne Unterschied den Arak und unsern vortrefflichen Schidam, Constantia und den Palmenwein. Ich habe Stunden lang mit einem ehrwürdigen Brahminen von Jaggernaut gesprochen und am Tage darauf, als ich alle Weisheit der 36 Seelenwanderungen Brahma’s erschöpft hatte, unterhielt ich mich deshalb nicht minder gut bei dem Geschwätz der Lascaren der Jonke auf welcher wir den heiligen Fluß hinabfuhren.«

»Nun denn, Herr Doctor,« sagte der junge Mann, indem er ungeachtet der instinktmäßig wachsenden Bedrückung seines Herzens ein vertrauensvolles und heiteres Wesen anzunehmen suchte, »dann sagen Sie mir, wie es kommt daß Sie mir so schnell Ihre Theilnahme geschenkt haben – da Sie doch —«

Eusebius sah, daß er auf eine gefährliche Bahn eingelenkt hatte, und zögerte, seinen Satz zu beenden.

»Da ich doch?« wiederholte der Doctor, und als er sah, daß Eusebius in seinem Schweigen beharrte, sagte er: »Da ich doch das Bischen Wissenschaft, welches ich besitze, oder das man mir zutraut, nur um schweres Geld verkaufe, nicht wahr? – Das wollten Sie sagen, oder das war wenigstens Ihr Gedanke.«

»Ach« Herr Doctor —«

»Er beleidigt mich nicht. Zum Henker, der Priester lebt vom Altare und der Arzt vom Tode. Glauben Sie denn, wenn ich mir die Mühe geben wollte, könnte ich Ihnen nicht deutlich und unwiderleglich beweisen« daß eben so, wieder Arzt, auch jeder andere Mensch welchem Stande er immer angehöre, sich von dem Unglück seines Nächsten mästet? Nur wird das Uebel, welches er dem Einen zufügt, ihm durch den Andern vergolten. Bloß das Gute vergilt der Mensch niemals. Aber das würde uns zu weit führen. Kommen wir also auf unsere Frage zurück. Es gibt etwas, das ich dem Golde vorziehe, vielleicht, weil ich von diesem so viel habe« daß ich nicht weiß, was ich damit anfangen soll.«

Eusebius sah den Doctor verwundert an.

Ach ja,«« sagte dieser, »das ist auch ein Beweis der guten Meinung, welche die Menschen von dem Menschengeschlecht haben. Es wundert Sie, daß ich gestehe, daß ich reich bin? Man sagt dergleichen Dinge aus zwei Ursachen nicht. Erstens, weil der reiche Mensch stets fürchtet, daß man ihn bestehle, und zweitens, weil er noch weit mehr fürchtet, daß man den Quellen seines Reichthums nachforschen werde. Diese Quellen aber, mein Freund, bestehen größtentheils in Bestechung, Wucher, Betrug, Diebstahl, selbst in Mord. Sie begreifen wohl die Mißachtung« welche auf unsere meisten Millionäre fallen würde« wenn man bis zu ihren Quellen zurückginge. Die Reisenden« welche die Ufer des Nil aufgesucht haben und bis zu dem vierten Breitengrade gelangten, haben nichts gefunden, als stinkende Sümpfe, deren Ausdünstungen tödten. Mein junger Freund« ein großes Vermögen stammt meistens aus Sümpfen her, die noch viel stinkender sind, als die des Nils. Athmen Sie die Ausdünstungen nicht zu sehr in der Nähe ein, oder Sie laufen Gefahr, dabei mehr Kohlensäure als Sauerstoff in ihre Lungen einzusaugen. Bei mir ist das etwas Anderes; ich bin ein unverschämter Schuft, und sage ganz laut, woher mein Reichthum stammt. Gleich dem Doctor Fausts habe ich mich dem Satan verschrieben und dieser ließ mich aus dem Becher der Wissenschaft trinken. Ich kämpfe gegen Gott, indem ich die Leute gesund mache; aber ich stelle meinen Preis vor der Genesung, denn wenn ich es erst hinterher thäte« so würde ich fadenscheinige Hosen und Löcher in den Ellenbogen meines Rockes haben.«

»Das ist es eben, was mich die Frage an Sie richten ließ, Doctor, auf die Sie noch nicht geantwortet haben.«

»Nun wohl, so thue ich das jetzt, mein junger Freund. Es geschah, weil es etwas gibt, das ich dem Golde vorziehe, und das ist meine Laune. Deshalb. gebe ich so wenig auf Ihre Dankbarkeit – Rauchen Sie Opium, mein Herr van der Beek?«

»Nein, Doctor.«

»Sie haben Unrecht; das Opium ist etwas ganz Vortreffliche. Man sagt, es mache mager: sehen Sie mich an. Man sagt, es gewähre einen matten Blick: sehen Sie in meine Augen.«

Indem der Doctor so sprach, schlug er sich auf seinen wohlgerundeten Bauch, der einen hohlen Klang gab, wie eine große Kiste, und schoß aus seinen Augen Blitze, welche Eusebius blendeten.

»Man sagt, es verkürze das Leben,« fuhr der Doctor fort. »Irrthum, Lüge, Verleumdung! Es verdoppelt es, denn es macht aus unserm Schlafe ein zweites Leben.«

»Doctor,« sagte Eusebius ängstlich, »was den Schlaf betrifft – finden Sie nicht, daß der meiner Frau sich auf eine beunruhigende Weise verlängert?«

»Wissen Sie, daß die Orientalen, die Türken, die Araber, selbst die Chinesen, welche wir als Anfänge der Schöpfung, als mißlungene Werke der Menschheit betrachten, das Leben viel logischer aufzufassen verstehen, wie wir Menschen des Occidents? Was ist denn unsere einfältige und lärmende Trunkenheit, die Trunkenheit des Weins, oder des Biers, die materielle Anfüllung, die den Menschen unter das Thier herabsetzt, neben dieser Begeisterung durch einen wohlriechenden Dunst, der bei dem beständigen Streben nach Oben in den Kopf steigt, statt sich in den Magen hinabzusenken, neben dieser feenhaften Betäubung, die unsere Seele von ihrer irdischen Hülle loslöst und ihr gestattet, von Paradies zu Paradies zu fliegen?«

»Doctor, lieber Doctor, lassen Sie uns von Esther sprechen, ich beschwöre Sie!«

»Nun wohl, wenn Sie es durchaus wollen,« sagte der Doctor Basilius, ohne sich Mühe zu geben, seine üble Laune zu verbergen.

»Sie müssen also wissen« Doctor, daß sie schon, ehe wir Harlem verließen, einen hartnäckigen Husten hatte, der mich beunruhigte.«

»So, Sie sind von Harlem?« sagte der Doctor Basilius, scheinbar ohne die Ungeduld zu bemerken, welche Eusebius über diese Unterbrechung empfand. – »Ein hübsches kleines Städtchen, meiner Treu!«

»Eine reizende Stadt, Doctor; nur gestatten Sie —«

»Aber,« fuhr er fort, »wenn Sie wirklich aus Harlem sind, so vermuthe ich, daß Sie auch die berühmte nächtliche Runde von Rembrandt kennen, die sich gegenwärtig in der Gallerie des Herrn van Tomme befindet?«

»Ja, Doctor,« erwiederte Eusebius, »aber ich wollte Ihnen sagen —«

»Mein Lieber, ich will Ihnen etwas sagen, was viel interessanter ist, als Alles, was Sie mir mittheilen können. Ich spreche von dem Meisterwerk eines Menschen, welches leben wird so lange die Leinwand, auf welche dieses Meisterwerk aufgetragen ist, und die Farben, mit denen es gemalt wurde, halten, das heißt, Jahrhunderte, während der Mensch, dieses Meisterwerk Gottes, aus Fleisch und Bein bestehend, 30, 40, 50, 60 Jahre lebt, dann aber in Fäulniß untergeht! – Puh! wie Hamlet sagt!«

»Doctor,« sagte Eusebius, indem er unwillkürlich erbebte, »ich schwöre Ihnen, daß Sie mir Furcht einflößen.«

»Nun wohl,« fuhr Basilius fort, als hätte er Eusebius Worte nicht gehört, »dieses berühmte Bild ist nur eine Copie, mein lieber Herr van der Beek. Wenn Sie das Original kennen lernen wollen, so brauchen Sie nur zu mir zukommen, und Sie werden dort nicht nur die nächtliche Runde sehen, sondern auch meine ganze Gallerie; denn Sie müssen wissen, daß ich eine sehr schöne Gemäldegallerie in meinem elenden Häuschen am Quai von Batavia besitze. Wie ich Ihnen eben sagen wollte, habe ich dort, Dank meinem Reichthume, um mich alle positiven Genüsse der Orientalen und alle intellectuellen der Europäer vereinigt. Sie werden daher auch bei mir Alles finden, die Meisterwerke der Kunst und der Natur, Rembrandt, Tizian, Rubens; die besten Weine Ungarns, Frankreichs und Spaniens, und endlich die schönsten Proben der drei Stämme, welche die Welt bevölkern, des schwarzen Stammes, des weißen und des gelben.«

»Mein Gott, mein Gott,« murmelte der junge Mann halblaut, indem er in heftiger Aufregung in dem Gemach umher ging und dabei einen Blick auf die junge Frau warf, die noch immer regungslos und stumm dalag, »mein Gott, ist es denn möglich, daß dieser unbarmherzige Schwätzer eben der Doctor Basilius sei, von dem man so wunderbare Curen erzählt hat?«

Dann blieb er endlich vor dem Doctor stehen, wie ein Mensch, der einen Entschluß gefaßt hat, und sagte: »Herr Doctor, besichtigen Sie zunächst meine Frau, ich beschwöre Sie, und dann wollen wir von Allem sprechen, was Ihnen gefällig ist.«

»Es sei,« entgegnete der Doctor; »zuvor aber noch einige Worte – Sie heißen Eusebius van der Beek?«

»Ja, Herr Doctor.«

»Sie sind aus Harlem und der Sohn des Jacobus van der Beek?«

»Mein Vater hieß Jacobus van der Beek.«

»Der Mann der Esther Menuis, Tochter des Notars Wilhelm Menuis und seiner Frau der Johanna Katharina Mortico?«

»Das ist Alles genau so. Sie sprechen wie ein Kirchenbuch.«

»Schwester,« fuhr der Doctor fort, »eines gewissen Basilius Mortiec, der sich vor zwanzig Jahren in Harlem einschiffte und seitdem nicht wieder erschienen ist?«

»Nein, niemals. Sollten Sie etwa diesen Onkel gekannt haben, dessen meine Frau sich kaum erinnert?«

»Ich habe von ihm sprechen hören, ja, ich habe ihn sogar persönlich gekannt.– Er war ein Contrebandirer, Pirat, Corsar; ich weiß nicht, wo er sich hat hängen lassen.«

»O mein Gott!«

»Ach, beklagen Sie ihn nicht, Er war ein elender Schuft.«

»Doctor, er war der Onkel meiner armen Esther; Sie müssen mir daher verzeihen, wenn ich Sie bitte, in meiner Gegenwart nicht schlecht von einem so nahen Verwandten zu sprechen. Wir Holländer von altem Schrot und Korn sind in der Achtung unserer Familie erzogen worden.«

»Sie sind wahrlich ein eigenthümlicher junger Mann. Sprechen wir also nicht weiter von Ihrem Onkel.«

»Nein, Doctor, aber um des Himmels Willen, sprechen wir von seiner Nichte.«

»Es ist sonderbar,« sagte Basilius, als ober zu sich selbst spräche, aber dennoch laut genug, um von Eusebius verstanden zu werden – »es ist sonderbar, wie hartnäckig der Mensch darauf besteht, seinem Unglück entgegen zu gehen.«

»Ich sagte also,« nahm Eusebius wieder das Wort, ohne auf die Bemerkung des Doctors zu achten; dieser aber unterbrach ihn ungeduldig und rief: »Mein Gott, Sie sagten mir, daß Ihre Frau Sie schon vor der Abreise von Harlem durch einen hartnäckigen Husten beunruhigt hätte.« Eusebius wollte fortfahren, er aber unterbrach ihn und sagte: »Lassen Sie mich Ihnen das Uebrige erzählen, und Sie werden sehen, daß es nutzlos ist, sich wegen einer Sache zu quälen, die ich besser weiß, wie Sie selbst. – Unterbrechen Sie mich also nicht. – Während der ersten Tage strengte die Seefahrt Ihre Frau ungemein an. Sie mußte liegen bleiben, der Husten dauerte fort, der Auswurf wurde stärker.«

»Ja, Doctor, so war es.«

»Lassen Sie mich doch sprechen. – Am fünften Tage nach Ihrer Abfahrt bekam Ihre Frau ein heftiges Blutbrechen, dieses wurde mit Hilfe von Fovler-Syrup gehoben«, aber Ihre Frau fuhr fort, sich über heftige Schmerzen in der Brust zu beklagen. Der Husten hatte sich vermindert, aber die Verdauung war gestört. Das dauerte vier oder fünf Tage; dann fühlte Ihre Frau sich wohler und hielt sich für geheilt. Da das Wetter schön und das Meer ruhig war, so fand sie sich acht Tage darauf kräftig genug, um auf das Deck zu steigen und an Ihrem Arm umherzugehen. Die Schmerzen in der Brust und selbst in den Eingeweiden hatten aufgehört, der Appetit kehrte zurück und mit ihm fand Ihre Frau einen Theil Ihrer Kräfte und ihre ganze Jugend und Heiterkeit wieder, als Sie nach einer Fahrt von fünf Monaten in Batavia landeten. Weder Sie noch Ihre Frau dachten weiter an die Schwindsucht; man hätte glauben können es wäre von dieser Krankheit nie die Rede auf der Erde gewesen, und der gute Gott hätte sie in der hohlen Hand zurückbehalten, wie die Hoffnung in der Büchse der Pandora geblieben war.«

»Ja, so ist es, so ist es in der That, Doctor,« rief Eusebius, noch erschrockener über die Wissenschaft des Mannes, als über die Art von Gotteslästerung, die er sich hatte entschlüpfen lassen, indem er seine Worte mit jenem teuflischen Gelächter begleitete« welches wir bereits an ihm bezeichnet haben.

»Warten Sie doch auf das Ende, um mir Ihren Beifall zu zollen! Gleich den großen Künstlern bewahre ich mir den Haupteffect vor – Zwei Tage nach Ihrer Landung, als Sie eben von einem Besuche bei dem Kaufmann zurückkehrten, dem Sie empfohlen waren, und bei dem Sie am nächsten Montag eintreten sollten, klagte Ihre Frau über Schmerzen in der Seite und über Mattigkeit der Glieder; der Husten kehrte an demselben Abend zurück, und der Auswurf am nächsten Tage. Bei der Untersuchung zeigte es sich, daß die rechte Lunge beinahe ganz oder doch zum größten Theil verzehrt, und auch die linke angegangen sei. Ihre Frau hatte, was wir die galoppirende Schwindsucht nennen; der Athem wurde immer schwieriger und pfeifender, die Circulation des Blutes schneller und ungleicher der Puls hatte von 95 bis 115 Schläge in der Minute. Am Morgen waren Brust, Gesicht und Hände mit einem kalten, klebrigen Schweiße bedeckt; die Kräfte schwanden, das Gefühl der Liebe selbst nahm ab; binnen einigen Tagen hatte das Alter sich der Frau bemächtigt, die noch kurz zuvor so heiter, so liebevoll, so zärtlich gewesen war. Sie zeigte sich gleichgültig gegen Alles, selbst gegen die Beweise Ihrer Zärtlichkeit, sorglos in Allem, selbst in Beziehung auf den Tod – Ist das nicht Alles so gewesen?«

»Ja, Doctor, von Punct zu Punct. Aber wie können Sie wissen —?«

»He, he, he, he!« sagte der Doctor. »Wahrlich, ich muß lachen, wenn Ihre schönen europäischen Romane den Augen ihrer Leser die Brustkranken zeigen, lieblich und rosig, wie die abscheulichen Pastellbilder, welche die Franzosen Gemälde nennen. Köstliche Kranke, welche die Luft von Nizza einathmen, oder das Wasser von Cauxbonnes trinken, voll Anmuth husten und mit Gefühl ohnmächtig werden. – Sagen Sie, mein Herr van der Beek, hat Ihre Esther in den letzten Tagen diesen hübschen kleinen Brustkranken geglichen?«

»Ach nein, Doctor, aber ungeachtet der Veränderungen, welche die Krankheit bei ihr hervorgebracht hat, liebe ich sie nicht weniger, wie sonst, und beschwöre Sie daher nochmals, heilen, retten Sie sie!«

»Mein lieber Freund,« sagte der Doctor mit seinem wunderlichen Lachen, »ich wünschte nichts sehnlicher; aber es ist ein wenig spät.«

»Wie so, ein wenig spät!« rief Eusebius, indem er den Arzt mit starren Blicken ansah.

»Allerdings, denn Ihre Frau hat die Seele um 8 1/2Uhr Abends ausgehaucht, gerade in dem Augenblicke, als Sie den ersten Schlag an die Thüre meines Hauses thaten.«

Eusebius stieß einen fürchterlichen Schrei aus und stürzte auf das Bett zu; der Körper seiner Esther war schon eiskalt und zeigte jene Steifheit, welche die Wissenschaft mit dem Namen der Leichenstarre bezeichnet.

»Ach, es ist unmöglich!« schrie der unglückliche junge Mann, indem er sich über das Bett warf, seine Frau in die Arme nahm und seine Lippen auf die bereits eiskalten der Todten preßte. – »Ach mein Gott, mein Gott, Doctor, kommen Sie mir zu Hilfe! – Aber sie ist nicht todt, sie kann nicht todt, sie kann nicht gestorben sein, ohne mir, Lebewohl zu sagen – Und ich, der ich Alles ruhig anhörte, was dieser Mensch mir sagte! Esther! Esther! – Ach, Doctor, ich beschwöre Sie – als ich sie verließ, war sie ruhig, lächelnd; sie sagte mir, daß sie sich seit dem Anfange Ihrer Krankheit nie sowohl gefühlt hätte!«

»So ist es stets, mein junger Freund,« sagte der Doctor. »Das Leben ist Denen, die es verlassen wollen, ein Lächeln schuldig.«

III.
Der Vertrag

Als Eusebius die Ueberzeugung gewonnen hatte, daß seine Frau todt sei, verfiel er in die fürchterlichste Verzweiflung; er stieß herzzerreißendes Geschrei aus, stürzte sich auf den leblosen Körper, den er mit seinem Athem zu erwärmen versuchte, riß sich die Haare aus und erhob händeringend die Arme zum Himmel.

Der Doctor Basilius blieb während dessen ruhig auf seinem Schemel sitzen, stopfte seine Pfeife mehrmals neu und rauchte sie mit der vollkommensten Gleichmüthigkeit. Er sprach kein Wort und machte keine Bewegung, um diese Aeußerungen des Schmerzes zu unterbrechen; allmälig beruhigte sich derselbe oder er erlosch vielmehr wie eine Flamme« die allzu schnell gebrannt und ihren Nahrungsstoff verzehrt hat. In Folge einer nervösen Krisis fühlte Eusebius seine Augen sich mit Thränen füllen; er weinte heftig und seine Seele wurde erleichtert. Dann setzte er sich auf den Rand des Bettes, schob die Haare zurück, mit denen er in dem Uebermaß seines Schmerzes das Gesicht der Todten bedeckt hatte, ergriff die Hand Esthers und sagte, indem er sich zu Basilius zurückwendete:

»Ach« mein Herr, Sie können nicht begreifen, was ich verliere! Denken Sie sich, daß wir mit einander erzogen wurden, daß wir Thür an Thür wohnten, daß ich alle ihre Freuden theilte, alle ihre Spiele, wie sie meine Noth. Sie war so hübsch mit zehn Jahren, als sie mich schon ihren kleinen Mann nannte, sie hatte so lange blonde Locken, so schöne blaue Augen, wie die Vergißmeinnichte, die wir am Rande des Baches pflückten und aus denen ich ihr Kränze wand, mit denen ich ihre Stirn schmückte. Ach, wer hätte mir damals gesagt, daß ich sie so bald bleich, kalt, todt sehen würde! O mein Gott, mein Gott! meine Esther!« rief Eusebius, indem er auf’s Neue laut schluchzte.«

»Das ist das gewöhnliche Gesetz, mein Junge,« sagte der Doctor, indem er mit dem Gefühle der Wollust die Dünste des Opiums ein schlürfte; »wir blühen nur, um zu verweilen; wir wachsen, um gemäht zu werden, und dürfen uns noch glücklich schätzen, wenn die Sichel des Todes uns in der Zeit unserer Jugend, unserer Schönheit trifft; wenn wir die Luft um uns her noch würzen und nicht erst, wenn der Herbstwind uns ausgetrocknet«, der Winter uns mit Schnee bedeckt hat. – Auch ich, so wie Sie mich hier sehen, war ein hübsches, blondes, rosiges Kind. He, he, he! Wer sollte das jetzt noch glauben! Wie?«

Dabei brach er in jenes krampfhafte Lachen aus, welches einen so eigenthümlichen Eindruck machte, besonders da es an dem Sterbebette einer Todten ausgestoßen wurde.

Eusebius erbebte und stand auf, aber er sank wieder zurück, denn seine Beine versagten ihm den Dienst. »Mein Gott, mein Gott!« rief er, »was soll nun aus mir werden.«

»Ganz gut,« sagte der Doctor, »beklagen Sie sich über Ihr eigenes Unglück, mein guter Freund; lassen Sie in Ihrem Schmerze dem menschlichen Egoismus freien Lauf; gestehen Sie, daß Sie Ihre Frau Ihretwegen und nicht wegen der armen Todten beklagen und Sie haben die Wahrheit gesagt.« »Egoismus!« rief Eusebius; »Sie nennen das, was ich empfinde, Egoismus? Nun wohl, Doctor, dieser Egoismus wird auch mich tödten, denn ich fühle es, daß ich nicht im Stande bin, Die zu überleben, die ich so sehr geliebt habe.«

»Desto besser für Sie, mein junger Freund,« sagte der Doctor, »und wenn Sie Ihr Wort halten, so werde ich Sie ebenso wenig bedauern, wie die junge Frau, die soeben das Leben verlassen hat, ohne von demselben etwas Anderes gekannt zu haben, als dessen Schönheiten.«

Eusebius preßte sein Gesicht in beide Hände, ohne zu antworten. Indeß hörte man von Zeit zu Zeit sein Schluchzen, welches jedes Mal von dem schneidenden Gelächter des Doctors begleitet wurde.

Plötzlich sprang Eusebius auf, denn dieses Lachen schnitt ihm in das Herz. Es war ihm unmöglich, dasselbe länger zu ertragen.

»Herr,« sagte er zu dem Doctor, »ich bin in Verzweiflung, daß ich einem Manne Ihres Alters und Ihres Standes eine Lehre geben muß. Aber wahrlich, seitdem Sie hier sind, haben Sie nicht einen Augenblick aufgehört, die Rücksicht zu verletzen, die Sie meinem Schmerze schuldig gewesen wären.«

»In meinem Alter, mein junger Freund,« erwiederte ruhig der Doctor, »hängt man an seinen Gewohnheiten, und ich habe die, nur das zu achten, was ich verstehe.«

»Nun wohl, mein Herr,« sagte Eusebius mit trockenen Augen und schneidender Stimme, »ich werde ebenso handeln und meine Zeit dabei nicht verlieren, die Erklärung Ihres auffallenden Skepticismus zu suchen. – Haben Sie die Güte, sich zu entfernen; Ihre Gegenwart, die meine Thränen trocknet, ist mir unerträglich.«

Der Doctor zog gelassen eine große Uhr aus der Tasche und sagte, indem er auf das Zifferblatt derselben sah: »Die Dankbarkeit, von der Sie soeben sprachen und die ich dafür erlangt hatte, daß ich umsonst wegen einer Person, die ich nicht kannte, mich bemühte, hat gerade eine Stunde und 47 Minuten gedauert. He, he, he! das ist sehr lange, junger Freund;ich habe Viele gesehen, bei denen sie nicht solange dauerte.«

Er nahm seinen Hut von gewichstem Leder den er in eine Ecke geworfen hatte, auf, zog seine getheerten Lederhosen in die Höhe und schritt auf die Thür zu.

Die Antwort erschien Eusebius hart, und da sie nicht ganz unbegründet war, machte er unwillkürlich eine Bewegung, den Doctor zurückzuhalten.

Dieser stand bereits auf der Schwelle der Thür, allein als er Eusebius Bewegung sah, blieb er stehen. »Soeben,« sagte er, »haben Sie geschworen, daß Sie Ihre Frau nicht überleben werden. Wenn es sich nicht um die Dankbarkeit handelt, kann man dem Worte eines redlichen Menschen glauben, und Sie behaupten ein redlicher Mensch zu sein. Ist es wirklich Ihre Absicht, zu sterben, da Ihre Frau todt ist?« »Ja,« entgegnete Eusebius finster. »Nun gut, dann will ich Ihnen beweisen, junger Mann, daß meine Freundschaft für Sie,« so unerklärlich sie Ihnen auch erscheint, kein eitles, Wort ist; Nehmen Sie diesen Dolch; es ist ein malaiischer Crid. Er ist mit dem berüchtigten amerikanischen Gifte bestrichen, von dem Sie ohne Zweifel schon haben sprechen hören und welches man Curare nennt. Der leiseste Stich in irgend einen Theil des Körpers, vorausgesetzt, daß Blut danach fließt, genügt, um einen raschen und schmerzlosen Tod herbeizuführen – Nimm Du diesen Dolch, Eusebius van der Beek, nimm ihn und ich spreche Dich dann von jeder Dankbarkeit frei.« »Ich danke Ihnen,« rief Eusebius und ergriff den Dolch bei der Klinge.« »Ei, mein lieber Freund, sehen Sie sich doch vor!« rief der Doctor. »Sie möchten sich aus Versehen ritzen und sich dann darüber nicht trösten können.«

Darauf brach er in sein verhängnißvolles Lachen aus und sagte: »Auf Wiedersehen, mein junger Freund, auf Wiedersehen!« und ging hinaus.«

»Leben Sie wohl!« rief Eusebius ihm nach.

Als er sich allein erblickte, kniete er neben der Todten nieder und wollte beten, aber sein Gedächtniß rief ihm kein einziges von den Gebeten seiner Kindheit zurück. Seine Lippen weigerten sich, den Namen Gottes, der Jungfrau und der Heiligen zu stammeln.

Man hätte glauben können, die Anwesenheit des diabolischen Doctors hätte aus der ärmlichen Wohnung alle religiösen Gefühle vertrieben, welche bei dem äußersten Schmerze der Trost der Menschen sind.

Eusebius warf die Blicke auf ein Gefäß mit Blumen, welche Esther den Tag zuvor von ihm erbeten und die er für sie gepflückt hatte. Er machte daraus einen Kranz und ein Bouquet. Den Kranz schlang er um den Kopf Esthers, das Bonquet gab er ihr in die Hand. Dann nahm er sie in seine Arme drückte sie in dem Bett zurück, daß an ihrer Seite ein Platz leer blieb und legte sich neben sie. Einige Zeit hielt er die Todte fest umschlossen und bedeckte ihre Lippen und ihre Augen mit Küssen, dann ließ er seinen linken Arm um den Hals Esthers gelegt, so daß er sie fortwährend an sein Herz preßte, und mit der rechten Hand ergriff er den Crid, den er neben sich auf den Rand des Bettes gelegt hatte, und drückte die Spitze des selben auf seine Brust.

In diesem Augenblicke gewahrte er an dem Fußende des Bettes den Doctor Basilius, der zurückgekehrt war, ohne daß Eusebius ihn gesehen oder gehört hatte, und der ihn jetzt mit leisem Kichern betrachtete.

Eusebius richtete sich empor, wie durch eine Feder in die Höhe geschnellt, und stürzte mit der Schnelligkeit des Blitzes auf den Doctor zu. Dieser erwartete ihn festen Fußes und ohne daß sein Gesicht die geringste Besorgniß verrieth, nur hatte sein Gelächter den widerlichen Schrei der Hyäne angenommen. Als er aber den jungen Mann in Bereiche seiner Hand erblickte, ergriff er das Gelenk der Hand, welche die vergiftete Waffe schwang und drückte es so gewaltig, daß der Crid den halb gebrochenen Fingern des armen Eusebius entfiel, der vor Schmerz laut aufschrie. Ohne ihm Zeit zu lassen, sich zu besinnen, faßte der Doctor ihn darauf um den Leib, und mit der Gewandtheit eines Ringes von Profession hob er ihn vom Boden empor, schwang ihn einige Mal im Kreise umher und schleuderte ihn dann ganz betäubt zu Boden. Darauf drückte, er ihm ein Knie auf die Brust, umschlang mit der linken Hand beide Handgelenke, um jeden Widerstand unmöglich zu machen und mit der rechten Hand den zu Boden gefallenen Crid ergreifend, drückte er ihm die Spitze desselben auf die Brust.

»He, he, he!« sagte der Doctor kichernd, »wir wollten also den Dolch gegen den wenden, der ihn uns gegeben hatte? Das ist nicht hübsch, mein Herr Eusebius.«

»Ich sagte es Ihnen schon, Herr,« rief Eusebius, indem er, jedoch vergebens, strebte, sich frei zu machen, »daß Ihre Anwesenheit mir verhaßt ist.«

»Undankbarer!« sagte der Doctor. »Ich liebe Dich wie mein eigenes Fleisch und Blut!«

»Wenn Sie mich lieben, weshalb dann diese Spöttereien über meinen Schmerz? Wenn Sie mich lieben, weshalb haben Sie mir dann diesen Dolch gegeben und hindern mich, desselben mich zu bedienen!«

»Dich hindern, Dich seiner zu bedienen? Das habe ich keineswegs gethan. Nur die Art, wie Du Dich seiner bedienen wolltest, sagte mir nicht zu.«

»Sie waren hinausgegangen und ich glaubte Sie los zu sein. Weshalb kehrten Sie zurück? Sprechen Sie!«

»Vielleicht, Inn Dich zu retten, vielleicht auch ganz einfach, um der Entwicklung des kleinen Lustspiels beizuwohnen, das Du mir versprachst! Rathe!«

»Nun wohl, so machen Sie sogleich aus dem Lustspiel ein Trauerspiel Sie haben den Dolch, und das Leben scheint mir doppelt unerträglich, wenn ich es Ihnen verdanke. Tödten Sie mich! Tödten Sie mich!« rief Eusebius und machte eine Bewegung, sich dem Dolche entgegen zu stürzen; »das ist der einzige Dienst, den Sie mir leisten können, der einzige, den ich von Ihnen empfangen will.«

»Ganz gut! Beschimpfungen, hübsche kleine Beschimpfungen, ohne Schleier und Schminke. Du verbesserst Dich schon, Eusebius van der Beck, und das ist mir lieber, als Deine Allbernheiten. – Laß hören; wir wollen also noch immer unsere schöne Esther wieder finden und das Leben erscheint uns unerträglich, da wir sie nicht mehr haben, um es zu schmücken?«

»Mache ein Ende, Henker,« sagte Eusebius mit einer gewaltigen Anstrengung, sich von dem Doctor loszumachen.

»Ein wenig Geduld, mein junger Freund, ein wenig Geduld. In ihr liegt das Geheimniß des Lebens, die ganze Quelle der Kraft.«

Er nahm den Dolch zwischen die Zähne, schob Eusebius Kleider zurück, um seine Brust zu entblößen, und that dies Alles mit einem so großen Gleichmuth, als handelte es sich um eine einfache chirurgische Operation. Darauf bedrohte er Eusebius aufs Neue mit der Spitze des Dolches und sagte: »Bist Du denn wirklich so gewiß, dort oben Die wieder zu finden, die Du liebst?«

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Дата выхода на Литрес:
04 декабря 2019
Объем:
530 стр. 1 иллюстрация
Правообладатель:
Public Domain

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