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Beten und Meditieren

Zwei Männer des Gebets

Martin Luther wie auch Ignatius von Loyola verstehen Beten als eine Lebenshaltung: eine liebende Aufmerksamkeit für Gott im Alltag.

Im Laufe seines Lebens wuchs Ignatius zu einer immer größeren Vertrautheit mit Gott. Am Ende seiner Autobiografie, dem »Pilgerbericht«, sagt er von sich: So wachse er immer in der Andacht, das heißt, in der Leichtigkeit, Gott zu finden, und jetzt mehr als in seinem ganzen Leben. Und jedesmal und zu jeder Stunde, daß er Gott finden wolle, finde er ihn.1

Es ging dem reifen Ignatius um eine ständige innere Verbindung zu Gott: Gott in allem suchen und finden. Auch während seiner Arbeit versuchte er eine kontemplative Grundhaltung zu leben, denn: Gott bedient sich des Menschen nicht nur, wenn er betet. Denn wenn es so wäre, dann wären die Gebete zu kurz, wenn sie weniger als vierundzwanzig Stunden am Tag dauerten.2

Gleich nach dem Erwachen begann Ignatius mit dem Gebet, zuweilen noch vor dem Aufstehen. Die Feier der Messe war für ihn besonders in den letzten Jahren der Mittelpunkt seines Gebetes. Sein Tag war bestimmt von Besprechungen mit seinen Mitarbeitern, er empfing Besuche und schrieb Briefe, die zwölf dicke Bände umfassen. Mehrmals am Tag hielt er eine betende Reflexion.

Ein Junge hat Ignatius beim nächtlichen Gebet belauscht, wie er oft Stunden kniend betete. Manchmal hörte er ihn das Gebet flüstern: O mein Gott, wie bist du so unendlich gut, denn du erträgst einen Menschen, der so schlecht und verderbt ist wie ich.3

Martin Luther war in seinem Gebetsleben bleibend vom Kloster geprägt. Je mehr er zu tun hatte, desto mehr Zeit nahm er sich zum Beten. Die Fülle von Gebeten und geistlichen Besinnungen, die uns erhalten sind, zeigen, wie stark er neben dem Übermaß an Arbeit aus dem Gebet gelebt hat:

Wo ein Christ ist, da ist eigentlich der heilige Geist, der da nichts anderes tut, als daß er immerdar betet. Denn ob er gleich nicht immerdar den Mund regt oder Worte macht, dennoch geht und schlägt das Herz … ohn’ Unterlass mit solchem Seufzen: Ach, lieber Vater, daß doch dein Name geheiligt werde, dein Reich komme, dein Wille geschehe bei uns und jedermann etcUnd je härter die Stöße oder Anfechtung und Not drücken und treiben, geht solch’ Seufzen und Bitten desto stärker auch mündlich, daß man keinen Christen finden kann ohne Beten, so wenig wie einen lebendigen Menschen ohne den Puls, der nimmer still steht, regt und schlägt immerdar vor sich, obgleich der Mensch schläft oder etwas anderes tut, so daß er sein nicht gewahr wird.4 Wie ein Schuster einen Schuh machet und ein Schneider einen Rock, also soll ein Christ beten. Eines Christen Handwerk ist beten.5

Ein Freund hat Martin Luther beim Beten erlebt und schrieb in einem Brief:

»Ich kann mich nicht genugsam wundern über seine treffliche Beständigkeit, Freude, Glaube und Hoffnung in diesen jämmerlichen Zeiten. Aber er nährt sie auch beständig, indem er Gottes Wort mit Fleiß treibet. Es geht kein Tag vorüber, an welchem er nicht aufs wenigste drei Stunden, so zum Studium am allerbequemsten sind, zum Gebet nimmt. Es hat mir einmal geglückt, daß ich ihn beten hörte. Hilf Gott, welch ein Geist, welch ein Glaube ist in seinen Worten. Er betet so andächtig wie einer, der mit Gott mit solcher Hoffnung und Glauben wie mit einem Vater redet …«6

Beten lernen

Ignatius von Loyola hat in seinem Exerzitienbuch seine eigenen Erfahrungen mit dem Beten aufgeschrieben und eine Fülle von Anregungen zum Üben des Betens zusammengetragen. Durch Jahrhunderte hindurch hat er so vielen Menschen bei ihrer Suche nach einem erfüllten geistlichen Leben geholfen. Exerzitien – ein begleiteter Freiraum in Stille – sind für ihn eine Hilfe, das eigene Leben zu ordnen und es in der Begegnung mit Jesus Christus gestalten zu lassen. Er schreibt in einem Brief, die Exerzitien seien doch das Allerbestewas ich in diesem Leben denken, verspüren und verstehen kann, sowohl dafür, dass sich der Mensch selber nützen kann, wie dafür, Frucht bringen und vielen anderen helfen und nützen zu können.1

Beten üben

Am Anfang des Exerzitienbuches notiert er 20 »Anmerkungen« als Hilfen für den geistlichen Weg. Die erste lautet:

Unter dem Namen geistliche Übungen versteht man jede Art, das Gewissen zu erforschen, sich zu besinnen, betrachten, mündlich und rein geistig zu beten und andere geistliche Tätigkeiten, wie später noch erklärt wird. Denn so wie Spazierengehen, Marschieren und Laufen körperliche Übungen sind, gleicherweise nennt man geistliche Übungen jede Art, die Seele vorzubereiten und dazu bereit zu machen, alle ungeordneten Neigungen von sich zu entfernen, und nachdem sie abgelegt sind, den göttlichen Willen zu suchen und zu f inden in der Ordnung des eigenen Lebens zum Heil der Seele.2

Auch für Luther ist das Üben des Betens eine selbstverständliche Praxis. Sein Anliegen war es, die Gebetsübungen aus dem Kloster in elementarer und alltagstauglicher Form in die Familie zu übertragen.

Seine Zeit auf der Wartburg, in der er monatelang die Bibel übersetzte, war eine eigene Weise der geistlichen Übung. Seine theologischen Erkenntnisse sind aus dem Gebet geboren. So sagt er:

Ich habe meine Theologie nicht auf einmal gelernt, sondern habe immer tiefer und tiefer grübeln müssen. Dazu haben mich meine Anfechtungen gebracht, denn ohne Übung und Erfahrung lernt man es nicht … Lernt man doch auch andere Künste nicht ohne Übung! Was ist ein Medicus, der stets nur in der Schule liest? Je mehr er mit der Natur handelt und mit den Kranken umgeht und praktiziert, desto mehr sieht er, dass er die Kunst nicht ganz hat3

Martin Luther schreibt in seiner Schrift »Von der Freiheit eines Christenmenschen«:

Darum soll … aller Christen einziges Werk und einzige Übung sein, daß sie das Wort und Christus wohl in sich bilden, um solchen Glauben stetig zu üben und zu stärken. Denn kein anderes Werk kann einen Christen machen.4

Das Leben ist nicht ein Frommsein, sondern ein Frommwerden, nicht ein Gesundsein, sondern ein Gesundwerden, überhaupt nicht ein Wesen, sondern ein Werden, nicht eine Ruhe, sondern eine Übung. Wir sind’s noch nicht, wir werden’s aber. Es ist noch nicht getan und geschehen, aber es ist im Schwang. Es ist noch nicht das Ende, aber es ist ein Weg.5

Auf das Üben des Gebetes kann nicht verzichtet werden:

Doch muss man auch darauf sehen, daß wir uns nicht vom rechten Gebet entwöhnen … und dadurch zuletzt nachlässig und faul, kalt und des Gebetes überdrüssig werden.6

Seinen Katechismus verstand der Reformator nicht nur als Lehrbuch, sondern als Gebets- und Meditationsbuch. Er sollte als Grundlage für die tägliche geistliche Übung jedes Christen im Alltag dienen. Es ging ihm um einen »lebenslangen betend-meditierenden Umgang mit den Grundtexten des Glaubens«7.

Beten gibt dem Tag einen Rhythmus

Ignatius empfiehlt im Exerzitienbuch, die Nacht mit einem Raum der Sammlung zu umgeben und das Gebet vorzubereiten:

Nach dem Zubettgehen, wenn ich bereits einschlafen will, für die Dauer eines Ave Maria an die Stunde denken, in der ich aufstehen muss und wozu; dabei die Übung, die ich zu halten habe, kurz zusammenfassen.8

Wann ich aufwache: ohne den einen oder anderen Gedanken Raum zu geben, gleich auf das achten, was ich in der ersten Übung … zu betrachten mich anschicke.9

Und mich bei diesen Gedanken ankleiden oder bei anderen, je nach dem zugrunde liegenden Stoff.10

Luthers Bemerkungen zum Gebet finden wir verstreut in verschiedenen Schriften. Es gibt von ihm jedoch eine kleine Schrift: »Wie man beten soll. Für Meister Peter den Barbier«. In ihr will er einen Laien zum Beten ermutigen. Zugleich gibt sie einen Einblick in Luthers eigenes Beten, ohne dass er seine Erfahrung zur Norm macht. Diese Schrift beginnt so:

Lieber Meister Peter, ich geb’s Euch so gut, wie ich’s habe und wie ich selber zu beten pflege. Unser Herr Gott gebe euch und jedermann, es besser zu machen.11

Er empfiehlt, das persönliche Beten mit dem Tagesablauf zu verknüpfen und den Tag mit Gebet zu beginnen und abzuschließen:

Darum ist’s gut, daß man frühmorgens das Gebet das erste und des Abends das letzte Werk sein lasse, und sich mit Fleiß vor diesen falschen, betrügerischen Gedanken hüte, die da sagen: Warte ein wenig, in einer Stunde will ich beten, ich muß dies oder das zuvor fertig machen. Denn mit solchen Gedanken kommt man vom Gebet in die Geschäfte, die halten und umfangen einen dann, daß aus dem Gebet den Tag über nichts wird.12

Wenn du am Abend schlafen gehst, so nimm noch etwas aus der Heiligen Schrift mit dir zu Bett, um es im Herzen zu erwägen und es – gleich wie ein Tier – wiederzukäuen und damit sanft einzuschlafen. Es soll aber nicht viel sein, eher ganz wenig, aber gut durchdacht und verstanden. Und wenn du am Morgen aufstehst, sollst du es als den Ertrag des gestrigen Tages vorfinden.13

Des Morgens, wenn du aus dem Bette fährst, sollst du dich segnen mit dem heiligen Kreuz und sagen: Das walte Gott Vater, Sohn und Heiliger Geist! Amen.

Darauf kniend oder stehend den Glauben (das Glaubensbekenntnis) und das Vaterunser. Willst du, so magst du dies Gebetlein dazu sprechen:

Ich danke Dir, mein lieber himmlischer Vater,

durch Jesus Christus, Deinen lieben Sohn,

daß Du mich diese Nacht

vor allem Schaden und Gefahr behütet hast,

und bitte Dich, Du wollest mich diesen Tag auch behüten

vor Sünden und vor allem Übel,

daß Dir all mein Tun und Leben gefalle.

Denn ich befehle mich,

meinen Leib und Seele und alles in Deine Hände,

Dein heiliger Engel sei mit mir,

daß der böse Feind keine Macht an mir finde. Amen.

Und allsdann mit Freuden an dein Werk gegangen und etwa ein Lied gesungen oder was dir deine Andacht eingibt.14

Das Abendgebet ist im Wortlaut sehr ähnlich angelegt und endet nach dem Amen mit:

Und alsdann flugs und fröhlich geschlafen! 15

Gewöhne dich also: täglich des abends mit dem Vaterunser ins Bett gefallen und eingeschlafen und morgens damit wieder aus dem Bett aufgestanden.16

Luther empfiehlt, dass jeder Übende für sich eine Form entwickelt, darauf er bleibe und dieselbe immer treibe, ein Jahr wie das andere.17 Darum wähle dir, welche Form du willst, und bleibe dabei18

Stille, Einsamkeit und Schweigen

Ignatius empfiehlt zum Gebet die Abgeschiedenheit und eine Atmosphäre der Stille und der Sammlung. Besonders für Exerzitien ist es notwendig, einen Abstand von Verwandten und Bekannten und den Alltagssorgen zu gewinnen. Es geht dabei um die Entscheidung, frei zu werden von der Fremdbestimmung, um sich einzulassen auf die eigene Existenz vor Gott. So können authentische Entscheidungen reifen.

Wer die Exerzitien macht, wird dabei umso mehr vorankommen, je mehr er sich von allen Freunden und Bekannten und von aller irdischen Sorge absondert.

Wenn er so in der Abgeschiedenheit verweilt und seine Verstandeseinsicht nicht aufgespalten auf viele Dinge richtet, sondern mehr seine ganze Aufmerksamkeit auf eine einzige Sache verlegt, nämlich seinem Schöpfer zu dienen und in seiner eigenen Seele voranzukommen, so gebraucht er seine natürlichen Fähigkeiten mit mehr Freiheit, um das mit Eifer zu suchen, was er so sehr ersehnt.

Je mehr sich unsere Seele allein und abgesondert findet, umso geeigneter wird sie, sich ihrem Schöpfer und Herrn zu nähern und zu ihm zu kommen; und je mehr sie ihm so nahe kommt, desto mehr stellt sie sich darauf ein, Gnaden und Gaben von seiner göttlichen und höchsten Güte zu empfangen.19

Dass es Ignatius beim Schweigen nicht um das Schweigen als solches geht, sondern um eine Sammlung der Kräfte auf das Wesentliche, zeigt eine Anweisung in den Konstitutionen für die Ausbildung der Novizen:

Alle sollen in besonderer Weise darauf bedacht sein, mit großer Sorgfalt die Tore ihrer Sinne – insbesondere die Augen und Ohren und die Zunge – vor jeder Unordnung zu bewahren und sich in Frieden und der wahren Demut ihrer Seele zu enthalten und dies zu zeigen durch das Stillschweigen, wann es zu halten angebracht ist, und wann zu sprechen ist, durch die Überlegtheit und Erbauung ihrer Worte.20

Auch für Luther ist Stille und Einsamkeit eine Hilfe zum Gebet. Neben der Kirche ist für ihn ein bevorzugter Ort das »stille Kämmerlein«, also ein ausgewählter ruhiger Raum:

Wenn ich fühle, daß ich … unlustig zu beten geworden binso laufe ich in die Kammerund fange an, die zehn Gebote, das Glaubensbekenntnis und, je nachdem ich Zeit habe, etliche Sprüche des Paulus oder der Psalmen mündlich für mich selbst zu sprechen.21

Die Stille der Einsamkeit macht es möglich, mit Herz und allen Sinnen zu beten: Wer sprechen und hören will, muss lernen, einsam zu sein mit Christus, so geschah es mir. Meine Lehre und Predigt konnte ich nicht in allen Büchern erwerben, im Aristoteles, bei den Scholastikern … bis ich von der Menge abgesondert wurde und ihn allein hörte. Als ich das tat und jenen allein hörte und mich ihm mit Maria zu Füßen setzte, da habe ich gelernt, was Christus ist und wurde ein Gelehrter im Glauben.22

Gleichwie die Sonne in einem stillen Wasser gut zu sehen ist und es kräftig erwärmt, kann sie in einem bewegten, rauschenden Wasser nicht deutlich gesehen werden. Darum, willst du auch erleuchtet werden durch das Evangelium, so gehe hin, wo du still sein und das Bild dir tief ins Herz fassen kannst, da wirst du finden Wunder über Wunder. 23

Beten mit dem Leib – die Körpersprache des Glaubens

Durch Gebetsgesten kann der innere und äußere Mensch in Einklang gebracht werden, denn auch der Leib will mitbeten.

Ignatius:

Um das Zeichen des heiligen Kreuzes zu machen, legen wir die Hand an das Haupt, was Gott Vater bedeutet, welcher von niemandem ausgeht; wenn wir die Hand an den Leib legen, bedeutet es seinen Sohn, unseren Herrn, der vom Vater ausgeht und bis in den Leib der heiligsten Jungfrau Maria gekommen ist; wenn wir die Hand von einer Seite zu anderen legen, bedeutet es den Heiligen Geist, der vom Vater und vom Sohn ausgeht. Wenn wir die Hände zusammenlegen, bedeutet es, daß die drei Personen eine wahre Wesenheit sind; wenn wir das Kreuz auf den Mund machen, bedeutet es, daß in Jesus, unserem Heiland und Erlöser, der Vater und der Sohn und der Heilige Geist ist, ein einziger Gott, unser Schöpfer und Herr, und daß die Gottheit niemals vom Leib Christi in seinem Tod getrennt worden ist.24

In die Betrachtung eintreten, bald kniend, bald auf der Erde ausgestreckt, bald auf dem Rücken mit dem Gesicht nach oben, bald sitzend, bald stehend, indem ich stets auf der Suche nach dem bin, was ich will. Wir werden auf zwei Dinge achten: Das erste ist: Wenn ich kniend das finde, was ich will, werde ich nicht weitergehen; und wenn ausgestreckt, ebenso usw. Das zweite: Bei dem Punkt, bei dem ich finde, was ich will, dort werde ich ruhig verweilen, ohne ängstliche Sorge zu haben, weiterzugehen, bis ich befriedigt bin.25

Luther rät:

… knie nieder oder stehe mit gefalteten Händen und die Augen zum Himmel.26

Anbeten istnicht Mundwerk, sondern des ganzen Leibs Werk, nämlich: mit dem Haupt neigen, sich bücken mit dem Leibe, auf die Knie fallen, auf die Erde fallen27

Der Betende kann im Kämmerlein frei und ungehindert sein Gebet zu Gott ausschütten und Wort und Gebärde führen … Denn obwohl das Gebet kann im Herzen ohne alle Wort und Gebärde geschehen, doch hilft es dazu, daß der Geist desto mehr erwecket und entzündet wird.28

Es geht Luther darum, bei dem zu bleiben, was das Herz berührt.29

Wie ist ein Gebet vorzubereiten?

Ignatius rät:

Ein oder zwei Schritte vor dem Ort, wo ich zu betrachten oder mich zu besinnen habe, stelle ich mich für die Dauer eines Vaterunsers hin, indem ich den Verstand nach oben erhebe und erwäge, wie Gott unser Herr mich anschaut usw. Und einen Ehrerweis oder eine Verdemütigung (eine Verneigung) machen.30

Zu Beginn schlägt er vor, ein gleichbleibendes Vorbereitungsgebet zu sprechen:

Gott, unsern Herrn, um Gnade bitten, damit alle meine Absichten, Handlungen und Betätigungen rein auf Dienst und Lobpreis seiner göttlichen Majestät hingeordnet seien.31

Luther geht es darum, dass der oder die Betende zu sich selbst kommt und »warm wird« zum Gebet. Dazu ist für ihn ein »Feuerzeug« nötig:

Wer geübt ist, kann hier wohl an einem Tag die Zehn Gebote, an dem andern einen Psalm oder ein Kapitel aus der Schrift als solches Feuerzeug nehmen und in seinem Herzen damit Feuer anzünden.32

Er rät dazu, die Texte halblaut zu sprechen, damit sie sich tiefer einprägen:

Ich hebe an, die Zehn Gebotemündlich bei mir selbst zu sprechen, gerade so, wie die Kinder es tun.33

Auch Ignatius kennt das Beten mit den zehn Geboten.

Sein Vorbereitungsgebet dazu lautet:

Etwa Gott unseren Herrn um Gnade bitten, damit ich erkennen kann, worin ich in Bezug auf die Zehn Gebote gefehlt habe. Und ebenso um Gnade und Hilfe bitten, um mich fortan zu bessern, indem ich deren vollkommenes Verständnis erbitte. 34

Beim Gebet geht es für Luther um eine gesammelte Aufmerksamkeit:

Ebenso, wie ein guter fleißiger Barbier seine Gedanken, Sinn und Augen gar genau auf das Schermesser und auf die Haare richten muß und nicht vergessen darf, wo er sei im Strich oder Schnitt; wo er aber zugleich viel plaudern, oder anderswohin denken oder gucken will, sollt’ er einem wohl Mund und Nase und die Kehle dazu aufschneiden. So will denn ein jeglich Ding, wenn es wohl gemacht werden soll, den Menschen ganz haben mit allen Sinnen und Gliedern, wie man spricht: Wer mancherlei denkt, der denkt nichts, macht auch nichts Gutes; wieviel mehr will das Gebet das Herz einzig, ganz und allein haben, soll es anders ein gut’ Gebet sein. 35

Ignatius weist darauf, hin, dass Zerstreuungen beim Beten normal sind:

selbst die sehr andächtigen Diener Gottes beklagen sich über die Abschweifungen und die Unbeständigkeit des Verstandes.36

Eine wichtige Hilfe zur Sammlung ist für Luther die Kraft des Wortes Gottes, daß es das Herz andächtig und geschickt macht; sonst, ohne das Wort, gibt’s lauter Ablenkungen, daß man zerstreut wird. Hältst du aber das Wort fest, und es fällt dir dabei ein Flattergedanke ein, so kannst du dich am Wort wieder ausrichten.37

Gerade für Anfänger ist das Beten mit Worten, das mündliche Gebet, eine Hilfe:

Ja, es soll niemand sich auf sein Herz verlassen, daß er ohne Worte wollte beten, er sei denn wohl geübt im Geist und habe Erfahrung, die fremden Gedanken auszuschlagen. Sonst wird ihn der Teufel gar und ganz verführen und sein Gebet im Herzen bald zerstören. Darum soll man sich an die Worte halten und an denselben aufsteigen, solange einem die Federn wachsen, daß man fliegen kann – ohne Worte. Denn das mündliche Gebet oder die Worte verwerfe ich nicht; sie soll auch niemand verwerfen, ja, mit großem Dank annehmen als besondere, große Gottesgaben.38

Es gibt aber auch die Erfahrung des Betens »ohne Geräusch von Worten«. So schreibt Ignatius:

Es kommt vor, daß unser Herr oft unsere Seelen zu der einen Betätigung oder einer anderen bewegt und nötigt, indem er unsere Seele öffnet, nämlich in ihr ohne irgendein Geräusch von Stimmen spricht und sie ganz zu seiner göttlichen Liebe erhebt und wir seinem Verspüren, auch wenn wir wollten, nicht widerstehen können.39

Wie lang oder kurz soll ein Gebet sein?

Sein Sekretär Polanco sagt über Ignatius: »Bezüglich des Gebets und der Meditation sehe ich… daß er es mehr billigt, in allen Dingen, die man tut, Gott zu finden und zu suchen, als dem Gebet viel zusammenhängende Zeit zu widmen.«40

Ignatius:

Einem wirklich Abgetöteten (einem, der weitgehend gelöst ist von seinem Egoismus) reicht eine Viertelstunde, um sich mit Gott im Gebet zu vereinen.41

Daß ein Gebet von ein oder zwei Stunden kein Gebet sei und daß mehr Stunden notwendig seien, ist eine schlechte Lehre, gegen die Auffassung und die Praxis der Heiligen.42 Aber es verhält sich so, daß Gott sich anderer Dinge zuweilen mehr als des Gebets bedient, und so sehr, daß er sich um ihretwillen freut, wenn man das Gebet unterlässt, wie viel mehr, daß es abgekürzt wird. Es ist also angebracht, immer zu beten und nicht nachzulassen; aber indem man es gut versteht, wie die Heiligen und Gelehrten es verstehen.43

Luther:

Je weniger Worte, desto besser das Gebet; je mehr Worte, desto schlechter das Gebet: Wenig Worte und viel Sinn ist christlich, viele Worte und wenig Sinn ist heidnisch.

Das geistliche und wahrhaftige Gebet ist das innerliche Begehren, Seufzen und Verlangen aus Herzensgrund. 44

Kurz soll man beten, aber oft und stark. 45

Für Luther ist das Amen nach jedem Gebet sehr bedeutsam:

Zuletzt merke, daß du das Amen jedes Mal betonen musst und nicht zweifeln darfst, Gott höre dir gewiss mit allen Gnaden zu und sage ja zu deinem Gebet… Und gehe nicht vom Gebet, du habest denn gesagt oder gedacht: Wohlan, dies Gebet ist bei Gott erhört, das weiß ich gewiss. Und fürwahr, das heißt ›Amen‹.46

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9783429063177
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