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1.2Das Monopolgeldsystem

Viele Leute glauben, dass die Geldproduktion eine ureigene Aufgabe des Staates sei, doch das ist nicht der Fall. Im Gegenteil, dem Staat die Herrschaft über das Geld zu überlassen, ist eine denkbar schlechte Idee. Die Mächtigen nutzen ihr Monopol über das Geld stets zu ihrem eigenen Vorteil aus, der höchst selten mit den Interessen der Bürger übereinstimmt. Monopole sind immer nur gut für diejenigen, die sie innehaben, aber schädlich für alle anderen. Das staatliche Geldmonopol bildet da keine Ausnahme. Es hat in der Geschichte immer wieder zu Wirtschaftskrisen, Hyperinflationen, dem Verlust von Ersparnissen und gesellschaftlichen Erschütterungen geführt.

Geld ist ein Produkt des Marktes

Geld ist keineswegs eine Erfindung des Staates. Es ist auf dem freien Markt entstanden, aus dem Bedürfnis der Menschen, ein allgemeines Tauschmittel zu nutzen. Man kann dies gut in informellen Ökonomien sehen, zum Beispiel unter den Insassen von Gefängnissen. Dort nehmen Zigaretten, Fischkonserven oder andere knappe Güter eine Geldfunktion ein, ohne dass dies von der Gefängnisleitung so beschlossen wurde.5 Auch im Deutschland zwischen Kriegsende und Währungsreform von 1948 fungierten „Ami-Zigaretten“ wie Marlboro oder Lucky Strike als allgemeine Währung, was keineswegs der Plan der Besatzungsmächte war.

Zigaretten sind natürlich nicht gerade das perfekte Geld, zu leicht sind sie weggeraucht oder vom Regen aufgeweicht. Auch andere Güter wie Vieh, Salz, Muscheln oder Pfeilspitzen, die im Lauf der Zeit als Geld verwendet wurden, weisen diverse Nachteile auf. Unabhängig voneinander sind die Menschen überall auf der Welt daraufgekommen, Edelmetalle wie Gold oder Silber als Geld zu nutzen, denn sie verfügen über die Eigenschaften, die gutes Geld ausmachen.

Edelmetalle sind:

selten

haltbar

teilbar

fungibel (d. h.: jede Einheit ist gleichwertig)

identifizierbar

prägbar

gut transportierbar

schwer zu fälschen

Vom Goldstandard bis Bretton Woods

Über viele Tausend Jahre haben daher Gold und Silber als Geld gedient. Als Reserve der Zentralbanken tun sie dies nach wie vor. Im 19. Jahrhundert waren alle bedeutenden Währungen über den Goldstandard aneinandergekoppelt, was den Welthandel erleichterte und in Kombination mit der industriellen Revolution zu einem beispiellosen wirtschaftlichen Aufschwung führte. Erst der Ausbruch des Ersten Weltkriegs zwang die Staaten zur Abkehr vom Goldstandard, denn mit goldgedeckten Währungen wäre der Krieg nicht bezahlbar gewesen. Die Finanzierung des Kriegs durch Schuldgeld führte nach Kriegsende insbesondere bei den Verliererstaaten Deutschland und Österreich zu Hyperinflationen nie gekannten Ausmaßes.

Noch bis Anfang der 1970er-Jahre gab es eine Art Rest-Goldstandard. Der US-Dollar als Leitwährung der Welt war durch Gold gedeckt, alle anderen wichtigen Währungen standen zum Dollar in einem festen Umtauschverhältnis. Im Unterschied zu einem echten Goldstandard hatten jedoch nicht alle Bürger, sondern nur noch die Zentralbanken das Recht, Dollar bei der US Federal Reserve in Gold umzutauschen. Diese im Abkommen von Bretton Woods 1944 vereinbarte Weltwährungsordnung funktionierte einige Zeit recht gut. Doch als die USA in den 1960er-Jahren immer mehr Dollar druckten, um den Vietnamkrieg und kostspielige Sozialreformen zu finanzieren, misstrauten viele Zentralbanken der Stabilität der Weltleitwährung und machten von ihrem Recht Gebrauch, Dollar gegen Gold einzutauschen. Den USA drohten die Goldreserven auszugehen. Am 15. August 1971 kündigte Präsident Nixon daher das Bretton-Woods-Abkommen einseitig auf und beendete den Umtausch von US-Dollar in Gold. Erst seitdem sind bis auf wenige Ausnahmen die Währungen der Welt nicht mehr durch Edelmetalle gedeckt. Das seit den 1970er-Jahren bestehende Geldsystem nennt man auch Fiat-Geldsystem, vom lateinischen fiat = „es werde“. Es bezeichnet ein System, in dem Geld willkürlich erzeugt wird und durch kein reales Gut gedeckt ist.

Geld aus dem Nichts

Im heutigen Finanzsystem entsteht Geld auf zweierlei Weise. Einerseits durch die Zentralbanken, die das exklusive Recht haben, nach Belieben Geldscheine zu drucken und Münzen zu prägen. Außerdem können sie den Geschäftsbanken per Kredit Geld zukommen lassen. Der dafür fällige Zins ist der Leitzins, von dem sich alle anderen Zinssätze ableiten. Ein Großteil der Geldmenge wird jedoch nicht von den Zentralbanken geschöpft, sondern von den Geschäftsbanken, nämlich jedes Mal, wenn sie einen Kredit vergeben. Sie müssen im Fall des Euro nur ein Prozent der vergebenen Kreditmenge als Reserve bei der Zentralbank vorhalten, die restlichen 99 Prozent können sie quasi aus dem Nichts erzeugen. Es wird dem Kreditnehmer gutgeschrieben, die Bank bucht es als Forderung. Auf beiden Seiten ihrer Bilanz entstehen so neue Posten, womit die Geldmenge wächst. Der Kreditnehmer kann seine Schulden allerdings nicht durch einen solchen „magischen Akt“ der Geldschöpfung abbezahlen. Er muss in der Regel hart dafür arbeiten und zum Beispiel das Haus, das er für seinen Hypothekenkredit kauft, als Sicherheit hinterlegen. Kann er den Kredit nicht mehr bedienen, wird die Bank Eigentümerin des Hauses, das mit aus dem Nichts geschaffenen Geld gekauft wurde. Klingt so ein System für Sie auch absurd und ungerecht?

Wem gehört Ihr Geld?

Nur wenige wissen, dass das Geld auf „ihrem“ Bankkonto keineswegs mehr ihr Eigentum, sondern lediglich eine Forderung an die Bank ist. Aus Sicht der Bank ist es eine Verbindlichkeit. Sie gibt Ihnen also das Versprechen, das Geld wieder zurückzuzahlen. Doch wie viel dieses Versprechen wert ist, weiß jeder Grieche, der in den Hochzeiten der Eurokrise vor geschlossenen Bankfilialen stand und nicht mehr an „sein“ Geld herankam. Zu Zeiten des Corralito in Argentinien 2001 waren die Bankguthaben der Bürger sogar für fast ein Jahr lang geblockt und wurden schließlich um rund die Hälfte abgewertet.

Die Ursache für solche repressiven Maßnahmen ist das sogenannte Teilreservesystem der Banken. Sie haben das Geld, das sie ihren Kunden schulden, nämlich nicht im vollen Umfang vorrätig. Nur einen kleinen Teil – die Teilreserve – halten sie tatsächlich in ihrer Kasse. Würden mehr Bankkunden als üblich gleichzeitig ihr Geld abheben, wären die Banken sofort pleite. Insbesondere in Krisenzeiten hat es solche Bank Runs immer wieder gegeben, viele Wirtschaftskrisen nahmen ihren Anfang darin. Um dies zu vermeiden, wurden Zentralbanken überhaupt gegründet. In Krisenzeiten sollen sie als Lender of Last Resort („Kreditgeber der letzten Instanz“) zur Verfügung stehen. Zumindest ist dies die vorgeschobene Begründung für die Existenz von Zentralbanken. Ihr hauptsächlicher Nutzen für die Regierungen ist die Finanzierung von Kriegen. Doch Zentralbanken und die Zentralisierung des Geldsystems haben für die Bürger gravierendere Nachteile.

Der Cantillon-Effekt

Der Ökonom Richard Cantillon stellte bereits im 18. Jahrhundert fest, dass von einem Monopolgeldsystem diejenigen, die nah an der Quelle des Geldes sitzen, auf Kosten aller anderen profitieren. Cantillon war selbst Nutznießer eines der ersten Zentralbanksysteme, das der schottische Banker John Law für den König von Frankreich geschaffen hatte und das 1720 zum Schaden vieler Kleinanleger kollabierte. Er wusste also aus eigener Erfahrung, worüber er forschte. Laut Cantillon gewinnen immer die Erstempfänger des Geldes: Sie können damit Güter zu den noch unveränderten Preisen kaufen. Während das neue Geld von Hand zu Hand gereicht wird, steigen die Güterpreise, denn die Menge der Güter wächst nicht im selben Maß wie die Geldmenge. Folglich sind die Spät- und Letztempfänger des neuen Geldes die Benachteiligten. Sie können die Güter nur noch zu den neuen, höheren Preisen kaufen. Dieser sogenannte Cantillon-Effekt führt zu einer Umverteilung von Wohlstand von den Arbeitnehmern und Rentnern zu den Mächtigen. Profiteure sind ein immer mächtiger werdender Staat und die mit ihm eng verflochtene Banken- und Finanzindustrie. Der Cantillon-Effekt ist eine zentrale Ursache für das Auseinanderklaffen der Schere zwischen Arm und Reich.

Hätte Karl Marx mehr von Ökonomie verstanden, wäre ihm klar geworden, dass die im Kommunistischen Manifest geforderte Zentralisierung der Geldproduktion in den Händen des Staates6 zu wachsender Ungerechtigkeit führen muss. Es ist grotesk, dass sich das marxistische Modell einer staatlichen Zentralbank heute überall, auch in den angeblich „kapitalistischen“ Staaten durchgesetzt hat, obwohl es im offensichtlichen Widerspruch zu den Prinzipien der freien Marktwirtschaft steht.

Die versteckte Steuer der Inflation

Die heutigen, vom Staat kontrollierten Währungen verfügen nicht über alle oben beschriebenen Eigenschaften guten Geldes. Ihre größte Schwäche: Sie sind nicht knapp, sondern können von den Zentral- und Geschäftsbanken nach Belieben vermehrt werden. Durch die Aufblähung der Geldmenge, auch Inflation (von lateinisch inflare = aufblähen) genannt, verliert das Geld der Bürger unweigerlich an Kaufkraft, denn der größeren Geldmenge stehen nicht im gleichen Umfang mehr Güter und Dienstleistungen gegenüber, sodass die Preise steigen müssen. Für die Regierenden ist die Vermehrung der Geldmenge eine verlockende Methode, „soziale Wohltaten“ zu finanzieren, um sich bei den Wählern beliebt zu machen und so ihre Wiederwahl zu sichern. Die Inflation wirkt wie eine versteckte Steuer, ist aber nicht so unpopulär wie eine offene Besteuerung, der das Parlament zustimmen muss.

Viele Menschen, sogar Wirtschaftswissenschaftler, verwenden das Wort Inflation gleichbedeutend mit Teuerung. Doch das sind zwei verschiedene Dinge. Sie sind zwar eng miteinander verknüpft, sollten jedoch klar auseinandergehalten werden. Die Inflation, also die Aufblähung der Geldmenge, ist der Hauptgrund dafür, dass viele Preise steigen. Eigentlich müssten sie angesichts der gestiegenen Produktivität und der besseren globalen Arbeitsteilung fallen, so wie es bei einigen Gütern wie Computern und Handys trotz Inflation der Fall ist. Wenn in den Nachrichten von der „Inflationsrate“ gesprochen wird, ist damit in Wirklichkeit die Teuerungsrate eines von der Regierung willkürlich festgelegten Warenkorbs gemeint. Dinge wie Aktien oder Immobilien, deren Preise durch die Inflation besonders stark steigen, sind in diesem Warenkorb jedoch gar nicht enthalten. Hier werden von den Mächtigen bewusst Begriffe durcheinandergewürfelt und falsch verwendet, um von den wirklichen Zusammenhängen abzulenken. Die Preise steigen nämlich nicht aus heiterem Himmel, sondern weil die Regierung und ihre Zentralbank die Geldmenge bewusst manipulieren. Ich empfehle daher, den Begriff Inflation nur für die Aufblähung der Geldmenge zu gebrauchen und ansonsten von Teuerung zu sprechen. Es ist wichtig, dass wir Ursache und Wirkung nicht miteinander verwechseln.

Wachstum der Geldmenge M3 im Euroraum

Das herrschende Geldsystem ist ungerecht und schädlich. Es führt zu wirtschaftlichen Verzerrungen auf Kosten der arbeitenden Bevölkerung. Seit es 1971 in seiner Reinform ohne jeden Rest von Golddeckung besteht, sind die öffentlichen und privaten Schulden in allen wichtigen Volkswirtschaften explosionsartig angestiegen. Es ist vollkommen unmöglich, diese Kredite jemals wieder auf ehrlichem Wege zurückzuzahlen. Die einzigen Auswege aus Sicht der Regierungen sind Schuldenschnitte, Hyperinflationen oder Währungsreformen – oder eine Kombination daraus. In allen Fällen würden die finanziellen Ersparnisse der Bürger stark abgewertet oder sogar völlig vernichtet werden. Noch wird der Zusammenbruch unseres Geldsystems durch die Erzeugung immer neuen Geldes zeitlich hinausgezögert, doch lange wird dieses Kartenhaus nicht mehr halten.

Auf der Suche nach dem besseren Geldsystem

Doch was ist die Alternative? Ludwig von Mises, der wohl herausragendste Ökonom des 20. Jahrhunderts, hat eine Rückkehr zum Goldstandard und eine Abkehr vom Teilreservesystem vorgeschlagen. Jeder Geldschein wäre dann nichts weiter als eine Quittung für bei einer Bank gelagertes Gold. Durch eine solche Volldeckung des Geldes müssten die Regierungen wesentlich disziplinierter wirtschaften, als sie es heutzutage tun, denn Gold lässt sich nicht wie Papier oder digitales Geld beliebig vermehren. Überbordende Staatsverschuldung und chronische Inflation, wie sie heutzutage gang und gäbe sind, wären ausgeschlossen. Auch Kriege wären kaum mehr finanzierbar.

Doch werden sich die Mächtigen die Kontrolle über das Geld wirklich freiwillig aus der Hand nehmen lassen? Das bezweifle ich. Auch wenn ein neuer Goldstandard viele Vorteile hätte, müssten sich alle wichtigen Regierungen darauf einigen, was extrem unwahrscheinlich ist. Wenn wir ein besseres Geldsystem wollen, geht das nur ohne die Regierungen. Der österreichische Ökonom und Nobelpreisträger Friedrich August von Hayek hat bereits 1976 eine Trennung von Geld und Staat und einen freien Wettbewerb der Währungen als Lösung vorgeschlagen. „Der einzige Weg, letztlich die Zivilisation zu retten, wird darin bestehen, den Regierungen ihre Macht über das Geld zu entziehen“, schreibt Hayek in seinem Buch „Entnationalisierung des Geldes“. „Die bisherige Instabilität der Marktwirtschaft ist eine Folge davon, dass der wichtigste Regulator des Marktmechanismus, das Geld, seinerseits von der Regulierung durch den Marktprozess ausgenommen wurde.“7

Damals erschien dieser Vorschlag utopisch, doch heute ist er durch Kryptogeld zur Realität geworden. Und eventuell wird Ludwig von Mises’ Wunsch nach einem neuen Goldstandard ja in Form einer goldgedeckten, dezentralen Kryptowährung umgesetzt.

1.3Das Ende des China-Booms

China hat in den letzten Jahrzehnten eine erstaunliche wirtschaftliche Entwicklung genommen. Vom kommunistischen Armenhaus, in dem Millionen von Menschen verhungerten, ist das „Reich der Mitte“ seit den Reformen, die Deng Xiaoping in den späten 1970er-Jahren einleitete, zur wirtschaftlichen Großmacht aufgestiegen. Dies wurde möglich, weil die formell immer noch kommunistische Regierung deutlich mehr Marktwirtschaft und privates Unternehmertum zugelassen hat. Viele Jahre lang wuchs die chinesische Wirtschaft mit Steigerungsraten zwischen 10 und 15 Prozent pro Jahr. Westliche Unternehmen haben sehr davon profitiert, dass der Wohlstand in China stark zunahm und sich über eine Milliarde Chinesen mehr leisten konnten – von deutschen Autos bis zu italienischen Modeartikeln. Ohne die Erschließung des riesigen chinesischen Marktes wäre der anhaltende Exporterfolg der deutschen Industrie wohl nicht möglich gewesen.

Wachstum auf Pump

Doch es deutet sich an, dass dieser jahrzehntelang anhaltende Boom allmählich – oder vielleicht auch schlagartig – zu Ende geht. Ein Großteil des chinesischen Wachstums ist nämlich durch billige Kredite finanziert. Wenn man sich Geld für vier Prozent leiht und zum Beispiel in chinesische Immobilien investiert, die jedes Jahr um 20 Prozent im Preis steigen, ist die Rechnung einfach. Selbst wenn die Immobilie unvermietet bleibt und keine Einnahmen erzielt – solange man sie nach einem Jahr mit Gewinn verkaufen kann, hat sich das Geschäft gelohnt. Doch was passiert, wenn sich die Wachstumsraten, was in letzter Zeit zu beobachten ist, abflachen? Was geschieht, wenn die Zinsen angehoben werden?

Dann rechnet sich das Spiel nicht mehr, die Investoren ziehen ihr Geld ab und das Kartenhaus fällt in sich zusammen. Zwar kommt nur ein geringer Teil der chinesischen Kredite aus dem Ausland, doch wenn die US Federal Reserve ihren Leitzins erhöht, wird das auch die chinesische Wirtschaft hart treffen. Der chinesische Analyst Niu Dau sagt dazu: „China ist die größte Blase der Weltwirtschaftsgeschichte, und steigende amerikanische Zinsen werden sie zum Platzen bringen.“8

Boomtown Schanghai

Geisterstadt Kangbashi

Verschwendung durch Planwirtschaft

So eindrucksvoll das chinesische Wirtschaftswunder sein mag, Chinas Wirtschaft ist höchst verwundbar. Viele chinesische Unternehmen machen operative Verluste und überleben nur, weil sie von den Banken immer wieder zinsgünstige Kredite erhalten – natürlich auf Geheiß der Regierung, die kein Interesse an Firmenpleiten hat. China ist zwar in den letzten Jahren wesentlich marktwirtschaftlicher geworden als früher, doch es gibt immer noch 5-Jahres-Pläne und staatliche Eingriffe in die Wirtschaft. Wenn die KP Chinas beschließt, dass nicht nur im Südosten des Landes, sondern auch im armen Norden mehr Wachstum entstehen soll, dann werden kurzerhand für Milliardenbeträge Großstädte ins Nichts gesetzt. Für rund eine Million Menschen wurde zum Beispiel an der Grenze zur Mongolei die Stadt Kangbashi hochgezogen. Doch kaum jemand will dort leben, die Stadt steht größtenteils leer – eine gigantische Verschwendung von Ressourcen, die in einem marktwirtschaftlichen System unmöglich wäre.9

Die japanische Blase

Geschichte wiederholt sich nicht, doch oft reimt sie sich. Ein Blick auf Japan zeigt, was China bevorstehen könnte. In den 1980er-Jahren galt Japan als die kommende Wirtschaftsmacht Nummer 1. Japanische Firmen nahmen ihren Konkurrenten in den USA und Europa immer mehr Marktanteile ab. Das „Reich der aufgehenden Sonne“ erlebte ein Feuerwerk der Börsenkurse und Immobilienpreise. Japanische Immobilien waren Mitte der 1980er-Jahre um ein Vielfaches teurer als vergleichbare US-amerikanische. Auf dem Gipfel des Booms hatte allein das Gebiet des Kaiserpalastes in Tokio einen höheren Marktwert als der gesamte Bundesstaat Kalifornien. Doch das japanische Wachstum beruhte auf niedrigen Zinsen und leichtfertig vergebenen Krediten. Ende der 1980er-Jahre hob die US Federal Reserve ihre Leitzinsen mehrfach an, das rapide Wachstum der japanischen Wirtschaft ließ nach. 1990 stürzte der japanische Aktienindex Nikkei 225 um rund die Hälfte ab. In der Folgezeit brachen auch die völlig überhöhten Immobilienpreise ein. Bis heute hat sich die japanische Wirtschaft vom Platzen dieser Blase nicht erholt. Der Nikkei 225 ist immer noch weit von seinen Höchstständen entfernt. Die japanische Staatsverschuldung liegt mit über 200 Prozent des Bruttoinlandsprodukts deutlich höher als die aller anderen Industrieländer.10

Zombie-Unternehmen

Die Verschuldung chinesischer Unternehmen beträgt etwa 19 Billionen US-Dollar, also rund 160 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. In den USA liegt diese Kennzahl bei nur rund 75 Prozent. Doch während japanische oder US-amerikanische Unternehmen in der Regel mit Gewinn arbeiten, besteht ein erschreckend hoher Anteil der chinesischen Wirtschaft aus Zombie-Unternehmen, die ohne günstige Kredite und den Willen der Staatsführung, sie am Leben zu halten, insolvent wären. Die ersten chinesischen Unternehmen können ihre Schulden bereits nicht mehr zurückzahlen.11 Das kann eine Kreditkrise in China auslösen, die eine internationale Lawine in Gang setzt, die mit nichts vergleichbar ist, was die Welt bisher gesehen hat. Die Weltwirtschaft ist heute deutlich stärker vernetzt als noch zu Beginn der 1990er-Jahre, als die japanische Wirtschaft abstürzte. Wenn die ungleich größere chinesische Blase platzt, dürften die globalen Folgewirkungen um ein Vielfaches größer sein.

1.4Vom Negativzins zum Staatsbankrott

Die 2007/2008 ihren Höhepunkt findende Finanzkrise begann damit, dass in den USA Immobilienkredite an Menschen vergeben wurden, die sich eigentlich kein Wohneigentum leisten konnten. Gesetzliche Grundlage dafür war der Housing and Community Development Act of 1992, der die US-Banken verpflichtete, Immobilienkredite an sozial Schwache zu vergeben, die sich sonst kein eigenes Haus hätten kaufen können. Eine wichtige Rolle spielten dabei die staatlichen Kreditinstitute Fannie Mae und Freddie Mac, die einen großen Teil dieser Immobilien finanzierten. Die scheinbar sicheren, weil durch Immobilien gedeckten Kredite, wurden in immer komplizierter verschachtelten Finanzprodukten wie Credit Default Swaps oder Collateralized Loan Obligations verpackt. Diese Derivate wurden von den Ratingagenturen wie Moody’s oder Standard & Poor’s mit der Bestnote AAA versehen, schienen also ein sehr sicheres Investment zu sein.

Doch als sich zeigte, dass viele der ihnen zugrunde liegenden Kredite nicht mehr bedient werden konnten, verloren die scheinbar risikolosen Derivate massiv an Wert. Dadurch litten viele Banken an Zahlungsschwierigkeiten und liehen sich untereinander kein Geld mehr. Es kam zu einer Kreditklemme. Das weltweite Finanzsystem drohte zusammenzubrechen. Um dies zu verhindern, wurden viele Banken und Versicherungen mit Steuergeldern gerettet und teilweise verstaatlicht, denn sie waren angeblich „systemrelevant“ und „too big to fail“. Nur bei der Investmentbank Lehman Brothers machte man eine Ausnahme und ließ sie pleitegehen – vermutlich, weil in der Regierung der USA damals viele ehemalige Mitarbeiter des Lehman-Konkurrenten Goldman Sachs saßen. Die Finanzkrise von 2007/2008 wurde also nicht etwa durch den angeblich „unregulierten Turbokapitalismus“ ausgelöst, sondern durch Eingriffe des Staates in die Wirtschaft.

1 722,71 ₽
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199 стр. 49 иллюстраций
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9783864706615
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