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Jedes noch so kleine Nest, das das Privileg besitzt, über einen Bahnhof zu verfügen, sorgt normalerweise mit einer Fülle von mehr oder minder aufdringlich angebrachten Hinweisschildern dafür, dass man den auch findet. Selbst, wenn es sich bei dem sogenannten Hauptbahnhof nur um eine winzige Haltestation handelt, an der gerade mal jeder dritte Nahverkehrszug anhält.

Anders in Lüdenscheid. Kein Schild weist darauf hin, dass es überhaupt so etwas wie Bahnanschluss gibt. Und durch die Verkehrsführung über Einbahnstraßen ist es selbst mit einem Stadtplan eine ganz eigene Kunst, diesen Bahnhof auch tatsächlich zu erreichen. Man schien hier das Verschlankungskonzept der Bahn tatkräftig zu unterstützen.

Indem man Auswärtige mehr oder minder wirksam von der Bahnbenutzung ausschloss, war es wohl nur noch eine Frage der Zeit, wann das Fahrgastaufkommen des Hauptbahnhofs Lüdenscheid dermaßen in den Keller sank, dass man auch diese Strecke stilllegen würde.

Simitsch hatte solche Probleme als Einheimischer natürlich nicht. Schon deshalb, weil das Polizeipräsidium nämlich gleich um die Ecke lag. Er steuerte zielsicher durch die Einbahnstraßen und parkte neben einem Kiosk, der neben Zeitschriften vor allen Dingen auch Hochprozentiges im Angebot hatte.

Das Viertel um den Bahnhof war nicht unbedingt ein Schmuckstück und deswegen sollte es auch schon lange saniert werden.

Nach den hochtrabenden Plänen der Stadt sollte endlich eine Busdrehscheibe kommen. Durch die Ansiedlung von Firmen mit hohem Forschungs- und Dienstleisteranteil sollte ein attraktives Umfeld entstehen. Sogar ein neues Bahnhofsgebäude war geplant. Aber da die Stadt am Rand des Bankrotts balancierte, konnte man darauf wohl noch eine ganze Weile warten.

Immerhin würde dann der etwas heruntergekommene Kiosk noch eine Weile vor dem Abriss sicher sein, in dem Moeller sich des öfteren die Zeitung kaufte und der so gar nicht in den schönen neuen Business-Bahnhof passte, wie ihn sich die Planer vorstellten. Ein High-Tech-Bahnhof mit einem Gleis - ein kühner Gedanke.

Moeller blickte sich um, beobachtete einen Augenblick lang zwei zehnjährige, die sich am Schaufenster eines Sportgeschäfts die Nasen plattdrückten und sagte dann: "Von unseren Freunden ist nichts zu sehen!"

"Dann fahren wir am besten gleich weiter. Die drei werden früher oder später uns oder den Kollegen in die Arme laufen..."

"Einen Moment."

"Was ist denn noch, Moeller?"

"Ich will mir eben noch 'ne Zeitung kaufen!"

Simitsch seufzte. "Muss das sein?"

"Muss sein."

Moeller hatte die Tür schon geöffnet. Simitsch stellte den Motor ab. Moeller konnte nicht mehr hören, was sein Partner noch vor sich hingrummelte.

Er ging in den Kiosk.

Es war ziemlich eng da drin. Die Regale quollen vor buntbedrucktem Papier nur so über.

Hinter dem Tresen stand ein schmächtiger Mann, der Moeller etwas irritiert ansah.

Drei junge Männer in dunkler Lederkluft standen davor.

Ferdinand Sarow war einer von ihnen. Der Obdachlose hatte ihn gut beschrieben. Und bei den beiden Anderen musste es sich um die beiden Unbekannten handeln, die sich zusammen mit Sarow in der letzten Nacht auf dem Dörner-Gelände befunden hatten.

Jeder von ihnen trug zwei Sixpacks Bier bei sich.

Moeller fand, dass das ein glücklicher Umstand war. So hatten sie die Hände voll und konnten damit keinen Unfug anstellen.

"Kriminalpolizei!", sagte er und hielt ihnen dabei die Marke deutlich sichtbar hin. Ein Ruck ging durch die Drei.

Unter den engen Ledermonturen war zu sehen, wie sich ihre Muskeln spannten.

"Ey wieso?", kam es aus dem schmallippigen Mund von Ferdinand Sarow.

"Wenn Sie bitte Ihre Sixpacks in den Händen behalten würden."

"Ey, was hamm wa denn gemacht?", kreischte Sarow.

"Ihr sollt zu einer Vernehmung mit aufs Präsidium kommen. Das ist alles."

"Ey, wir kennen unsere Rechte, woll!"

Moeller seufzte.

"Nun macht kein Theater!"

"Ey Alter, da steckt doch was dahinter, wo'?", meinte jetzt der Kerl, der links von Sarow stand.

Ein Woll-Sager und ein Anhänger der Wo'-Partei in einer Gang, staunte Moeller. Und da sage noch einer, dass es in der heutigen Zeit an Toleranz mangelt!

Moeller begegnete Sarows Blick. Er hatte unterhalb des rechten Auges eine Schramme. Mochte der Teufel wissen, bei welcher Art von 'freundlicher Aussprache' er sich das Ding geholt hatte. Es war ihm anzusehen, was er jetzt dachte.

"Schlag dir das aus dem Kopf!", sagte Moeller vorbeugend.

Sarow blickte sich um. Der Kiosk war wie eine Mausefalle.

Es gab nur den einen Ausgang. Und der wurde durch Moeller versperrt, der seine Jacke etwas zur Seite gleiten ließ, so dass die drei Schwarzgekleideten einen Blick auf seine Dienstwaffe werfen konnten. Moeller hoffte, dass das genügend Eindruck machen würde. "Ich hasse das mit den Handschellen, aber für den Notfall habe ich diese altmodischen Dinger in ausreichender Stückzahl vorrätig! Besser ihr kommt freiwillig mit!"

"Ey, sind wir verhaftet, oder was?", rief Sarow ungehalten.

Moeller verzog das Gesicht zu einem dünnen Lächeln.

"Ey, das liegt daran, wie viel Schwierigkeiten ihr macht..."

Die drei sahen sich an. Ratlose Blicke waren es, die sie miteinander tauschten.

Moeller wartete ihre Antwort gar nicht erst ab.

"Schön, dass ihr vernünftig seit", meinte er. "Also Abmarsch!"

Moeller dachte schon amüsiert daran, wie Simitsch herumzetern würde, wenn diese drei sich mit ihren Sixpacks in seinen ach so penibel gepflegten Volvo quetschen würden.

Aber da hatte Moeller keinerlei Mitleid.

Selber Schuld!, dachte er. Hättest du eben in meinen Omega steigen müssen, Klaus!

8

Norbert Wolf stand mit versteinertem Gesicht da und blickte aus dem Wohnzimmerfenster seiner Wohnung in Lüdenscheid-Wettringhof. Von hier oben aus hatte man eine fantastische Aussicht. Wenn die Windrichtung ungünstig war, hörte man allerdings auch den Verkehrslärm von der A45, die wie auf Stelzen über das Tal geführt wurde.

"Nobbi, so kann's nicht weitergehen!", hörte er die Stimme seiner Frau Barbara hinter sich.

"Ja, ja..."

"Es hat doch keinen Sinn! Du musst..."

"Hör auf", sagte er genervt. "Ich kann's nicht mehr hören, Barbara."

Barbara war zehn Jahre jünger als er. Obwohl sich die ersten grauen Haare in ihre dunkle Mähne hineingemogelt hatten, war sie immer noch sehr hübsch. Im Gegensatz zu den meisten Frauen ihres Bekanntenkreises, standen ihr die Leggings wenigstens, die sie mit Vorliebe trug.

"Nobbi, du wärst beinahe umgekommen!", rief sie beschwörend.

"Das weiß ich selber!", fauchte er zurück. Er fuhr sich mit den Händen über das Gesicht.

An der Haustür klingelte es.

Norbert Wolf schaute ruckartig auf.

"Vermutlich die Kripo", murmelte er.

Barbara rieb nervös die Handflächen gegeneinander. Sie schluckte. Dann ging sie zur Tür. Norbert Wolf hörte, wie sie mit jemandem redete. Wenig später kehrte sie in Begleitung eines großen, kräftig wirkenden Mannes Ende vierzig ins Wohnzimmer zurück.

"Martin!", entfuhr es Norbert. Die Erleichterung war unüberhörbar.

Martin grinste.

"Na, was hast du denn gedacht, wer da kommt. Der Teufel persönlich, woll?"

"Martin, ich kann deine Witze jetzt nicht ab!"

"Schon gut, schon gut..."

Martin sah Barbara an. "Lässt du uns mal einen Moment allein, Barbara? Ich muss mit deinem Mann ein paar Takte reden..."

Barbara öffnete halb den Mund, aber es kam kein Ton über ihre Lippen. Stattdessen schluckte sie schließlich.

"Nun mach schon, Barbara!", forderte Norbert Wolf.

Martin wartete, bis Barbara den Raum verlassen hatte. "Ich habe gehört, was passiert ist, Nobbi", sagte er dann.

Norbert stieß ein heiseres Lachen hervor. "Kunststück! Stand ja auch groß genug in der Zeitung!"

"Du weißt, was ich meine." Martins Stimme klirrte wie Eis.

Norbert Wolf nickte.

"Ja", murmelte er düster.

9

Die Aufgabe, sich mit Ferdinand Sarow und seinen Kumpels herumzuschlagen und aus ihren verworrenen Aussagen ein richtig schönes, ordentliches Protokoll zu machen blieb an Simitsch hängen. Aber Moeller fand, dass das gerecht war.

Sollte der ruhig ein bisschen schwitzen für seine Karriere.

Moeller fuhr indessen nach Lüdenscheid-Wettringhof, um noch einmal mit Norbert Wolf zu sprechen.

Ich hoffe nur, dass Wolf diesmal etwas besser beieinander ist, ging es Moeller durch den Kopf. Er versuchte dabei, die Melodie von TAKE FIVE zu pfeifen, kam aber immer wieder mit dem Rhythmus durcheinander. Fünf Viertel. Verflucht schwer.

Moeller jagte seinen rostigen Omega über die Werdohler Landstraße unter der Talbrücke Schlittenbach her und dann vorbei an den Ruinen des Baumarktes Dörner. Links war Wald, rechts das Bett des Schlittenbaches und zwischendurch die Kläranlage.

Der Stadtteil Wettringhof lag auf einer Anhöhe. Der Anstieg war so steil, dass im Winter bei ungünstiger Witterung kein Bus die Höhenstraße passieren und bis Wettringhof vordringen konnte.

Als Moeller die gewundene, schmale Straße hinauf nach Wettringhof fuhr, musste er sich voll konzentrieren, um nicht von der Fahrbahn zu geraten. Moeller fuhr nämlich einfach zu schnell.

Norbert Wolf wohnte in der Timbergstraße. Es gab hier eine Mischbebauung aus Einfamilienbungalows und maximal dreistöckigen Mietshäusern. Es gab hier einen Kindergarten und eine einzige Kneipe, die Bergschenke. Dazu jede Menge Steilhänge zum Rodeln. In der Bergschenke hatte Moeller mal mit einem Kollegen eine silberne Hochzeit gefeiert. Der Kollege war inzwischen längst in Pension und hatte sich in ein Ferienblockhaus an der Listertalsperre zurückgezogen. Er verbrachte seine Tage jetzt damit, am Seeufer zu sitzen und darauf zu warten, dass irgend etwas an einer seiner fünf Angelruten zog.

Beneidenswert, dachte Moeller.

Er stellte den Wagen am Straßenrand ab.

Ein kleiner dicker Junge kickte mit Steinen herum und zielte dabei auf parkende Autos.

"Hey, was fällt dir ein!", rief Moeller.

Der Junge verzog das Gesicht und streckte die Zunge heraus.

"Hör mal, Kleiner, ich bin Polizist!"

Der kleine dicke Junge zeigte ihm einen Stinkefinger und rief: "Leck mich doch, du Asi!" Dann rannte er davon.

Moeller kratzte sich am stoppelbärtigen Kinn. Wenn ich jetzt anfange, über die heutige Jugend zu schimpfen, fühle ich mich nur wie ein alter Knochen, dachte er. Also lass ich es besser.

Wolfs bewohnten das Erdgeschoss eines dreigeschossigen Hauses. Moeller ging zur Tür und klingelte. Die Haustür wurde geöffnet und vor der Wohnungstür empfing ihn eine dunkelhaarige Frau um die vierzig.

"Moeller, Kriminalpolizei", stellte sich Moeller vor.

"Barbara Wolf. Kommen Sie, mein Mann hat schon damit gerechnet, dass Sie hier bei uns auftauchen."

Moeller folgte ihr in die Wohnung. Überladen, dachte er.

Von allem zuviel. Das war sein erster Eindruck, als er den Flur betrat. Zu viele Möbel vor allem. Zu große Bilder an den Wänden und zu großflächige Teppiche auf dem Boden. Barbara Wolf führte Moeller ins Wohnzimmer.

Ihr Mann saß in einem der klobig wirkenden Ledersessel. Er nickte Moeller zu.

Moeller sah kurz zu der dritten anwesenden Person hinüber, einem kräftig gebauten Endfünfziger.

"Guten Tag", sagte der Abteilungsleiter kühl an Moeller gewandt. "Bitte setzen Sie sich!"

"Guten Tag, Herr Wolf. Ich hätte gerne mit Ihnen nochmal gesprochen... Wenn es möglich ist, allein."

Wolf atmete tief durch und deutete auf den kräftigen Endfünfziger. "Das ist Martin Feller, ein guter Freund. Weder vor ihm, noch vor meiner Frau habe ich irgendwelche Geheimnisse. Also stellen Sie bitte Ihre Fragen!"

Moeller war etwas erstaunt. Er sah Martin Feller mit hochgezogenen Augenbrauen an und fragte dann. "Der Name Feller kommt mir irgendwie bekannt vor..."

Martin Fellers Lächeln war dünn.

"Das will ich doch sehr hoffen", meinte er. "Schließlich machen wir jede Menge Werbung, damit unser Name in aller Munde ist!"

"Gebrauchtwagen-Feller!", stieß Moeller dann hervor.

"Ganz genau. Aber wir haben in unserem Haus nicht nur Gebrauchtwagen, sondern bieten auch einen Reparatur-Service!"

"Verzeihen Sie meine Unkenntnis", meinte Moeller dann.

"Aber ich kaufe meine Wagen immer von Privat - um die Händlerprovision zu sparen!"

"Gott sei dank denken nicht alle Leute so wie Sie, Herr Moeller!" Martin Feller holte tief Luft. Er blies sich auf wie ein Frosch und fuhr dann mit wichtiger Miene fort: "Schlimme Sache, das mit Dörner... Die Zeitung war ja heute voll davon!"

"Das wird wohl noch ein paar Tage so bleiben", meinte Moeller, während er aufmerksam Martin Fellers Gesicht studierte. Aus dem Kerl wurde er irgendwie noch nicht so recht schlau.

"Also, ich will zwar nicht behaupten, dass ich dort einen intimen Einblick hätte, aber wenn Sie mich fragen, dann riecht das doch nach Versicherungsbetrug... Die Firma war jedenfalls ziemlich am Ende. Ich meine, geben wir's doch zu. Es sind doch alle lieber zu OBI gegangen. Die Preise waren niedriger, der Service besser..." Er zuckte die Achseln. "Also, wenn das mein Laden gewesen wäre, ich hätte ihn auch angezündet! Wissen Sie, wir Unternehmer stehen immer mit einem Bein am Abgrund..."

"Ja, ja..."

"So ein Beamter wie Sie kann sich das vermutlich gar nicht richtig vorstellen!"

"Vermutlich", sagte Moeller mit einem dünnen Lächeln. Er wandte sich an Norbert Wolf und zog ein paar Polaroidfotos heraus, die von Ferdinand Sarow und seinen Freunden im Präsidium gemacht worden waren. Moeller legte sie vor ihn auf den Tisch. "Sehen Sie sich die Gesichter gut an, Herr Wolf."

Norberts Blick war eher flüchtig.

"Erkennen Sie einen dieser Männer?", fragte Moeller.

"Tut mir leid!"

"Schauen Sie genau hin!"

"Wie gesagt, ich habe niemanden erkennen können. Ich bekam einen Schlag auf den Kopf und dann habe ich erstmal nur Sterne gesehen."

"Sind Ihnen diese Männer vielleicht sonst schon einmal begegnet?"

"Nein."

"Sehen Sie nochmal genau hin!"

"Sie haben doch gehört, was er gesagt hat!", mischte sich jetzt Martin Feller ein. Moeller sah ihn etwas verwundert an.

"Jemand hat zweifellos versucht Ihren Freund umzubringen. Und er könnte es wieder versuchen!"

"Also für mich ist die Sache ziemlich klar, Herr Moeller", meinte Martin Feller.

"Ach ja?" Moeller hob die Augenbrauen. "Dann haben Sie mir zweifellos etwas voraus!"

Martin Feller entging die Ironie in Moellers Worten völlig.

Er machte eine große, ausholende Geste. "Die Dörner-Brüder haben jemanden engagiert, der den maroden Baumarkt anzünden sollte. Aber Norbert war zur falschen Zeit am falschen Ort.

Sie mussten ihn aus dem Weg räumen, weil er ein Zeuge war, der..."

"Ein Zeuge, der nichts gesehen hat", meinte Moeller kühl.

"Die Täter hätten doch einfach nur abwarten brauchen, bis Herr Wolf gegangen wäre... Aber vielleicht sagt uns Herr Wolf mal selbst etwas dazu..."

Norbert Wolf sah sich fast hilfesuchend zu Feller um. Ein Augenblick unangenehmen Schweigens entstand, den Barbara mit der Frage "Möchten Sie vielleicht eine Tasse Kaffee, Herr Moeller?", zu überbrücken versuchte.

"Nein danke", murmelte er zwischen den Zähnen hindurch.

10

Am Abend wollte Moeller in der 'Brüninghauser Halle' etwas essen. Er fluchte leise vor sich hin, weil er keinen Parkplatz fand. So stellte er den rostigen Omega einfach auf den gegenüberliegenden Wendeplatz, der eigentlich für die Busse gedacht war.

Er stellte den Wagen dicht neben einem der rostigen Müllcontainer ab und stieg aus.

Hinter dem Wendeplatz bolzten ein paar Jungs in Dortmund-Trikots auf einer ziemlich tiefen Wiese, auf der zwei Tore aufgestellt worden waren. Links plätscherte die Verse, ein kleiner Fluss, der ein paar Kilometer südlich zur riesigen Versetalsperre gestaut wurde. Dass die Verse solch gewaltige Wassermassen transportierte, sah man ihr nicht einmal dann an, wenn sie im Winter gelegentlich über die Ufer trat.

Moeller überquerte die Straße.

Die 'Brüninghauser Halle' hieß nicht nur so, sondern war tatsächlich eine Halle. Zumindest die linke Hälfte des langgezogenen Fachwerkbaus. Dort war nämlich eine Turnhalle untergebracht, die von Sportvereinen und Schulen notgedrungen genutzt wurde. Ein Vergnügen war die Turnerei auf dem Parkettboden wohl nur bedingt. Aber wenigstens sorgten die kleinen Löcher in der Wand für ausreichend Frischluft.

Parkettboden und eine Bühne machten es möglich, dass hier auch größere Festlichkeiten stattfinden konnten. Die andere Hälfte der 'Halle' bestand aus einer gemütlichen Kneipe mit rustikalem Charme.

In der Turnhalle war Licht.

Man konnte mühelos hineinsehen.

Die Aktiven des Tischtennisvereins waren gerade dabei, die Platten hinter den Rolltoren hervorzuholen und veranstalteten dabei einen Riesenkrach.

Moeller ging in den Kneipenteil der Brüninghauser Halle und setzte sich an einen der Tische.

Achim, der Wirt kam wenig später an seinen Tisch und Moeller ließ sich von ihm ein Kotelett in die Pfanne hauen.

Selber kochen lohnte sich für einen Single nicht, fand Moeller. Außerdem konnte er es auch nicht. Er konnte gerade eine Dose Ravioli öffnen und den Inhalt erwärmen. Aber Ravioli aß Moeller nicht mehr, seit der Rinderwahn grassierte.

Moeller resümierte innerlich, was es inzwischen im Fall Dörner an Fakten gab. Es war wenig genug und irgendwie ärgerte es Moeller, dass die Sache ihn bis in seinen Feierabend hinein verfolgte. Ferdinand Sarow und seine drei Freunde hatten sich ersteinmal geweigert, irgend etwas zu sagen, dann, als die Tatsache, dass sie zur fraglichen Zeit am Tatort gewesen waren, nicht mehr abzustreiten war, hatten sie beteuert, nichts mit dem Brand oder dem Mordversuch an Norbert Wolf zu tun zu haben. Es war fraglich, ob man Ihnen etwas anderes beweisen konnte. Ein Kollege aus Moellers Dezernat hatte versucht, den Gebrüdern Dörner einen Besuch abzustatten. Offiziell waren sie im Urlaub, was in Anbetracht der Lage, in der sich ihre Firma befand, schon recht seltsam anmutete.

Was ist mit Wolf los?, ging es Moeller durch den Kopf. Warum war er so wenig behilflich, wenn es darum ging, jemanden dingfest zu machen, der es ganz offensichtlich nicht sonderlich gut mit ihm meinte!

Er will die Sache selber regeln, ging es Moeller durch den Kopf. Was immer 'die Sache' auch letztlich sein mochte. Das war alles andere, als eine gute Aussicht. Oft genug endete so etwas in einer Katastrophe.

Moeller sah einem Mann am Tresen zu, der durch seinen großen Cowboyhut und seine durchdringende, klare Stimme auffiel. Er wischte sich seinen Schnurrbart aus Bierschaum ab, während einer der anderen fragte: "Sag mal, wie viel Pferde habt ihr eigentlich jetzt?"

"Insgesamt drei."

"Eine Menge Arbeit, woll?"

"Och, geht so. Ich würde gerne noch ein paar mehr halten, aber da müsste ich erst den Stall fertig umgebaut haben!"

"Ja, ja..."

"Als wir jetzt im Urlaub waren, da haben wir einen Stall gesehen... Vom Feinsten!"

"Was? Ihr seht auch noch im Urlaub Pferde an?"

"Ja. Reiterferien in Österreich. War gut."

"Sowas habt ihr doch zu Hause!"

"Ja, aber sollten wir unsere Pferde mit nach Österreich nehmen?"

Inzwischen kam Achim mit dem Kotelett. Er setzte es vor Moeller auf den Tisch. "Das ist paniertes Rindfleisch. Stört Sie doch nicht, oder?"

"Also..."

"War nur ein Witz", sagte Achim. "Aber bei mir können Sie auch das Rindfleisch ruhig nehmen. Kommt alles aus artgerechter Tierhaltung."

"Da werde ich eher Vegetarier."

"Aber, Herr Kommissar! Sie sollen die Gangster bestrafen, nicht sich selbst!"

Возрастное ограничение:
0+
Дата выхода на Литрес:
22 декабря 2023
Объем:
1270 стр. 1 иллюстрация
ISBN:
9783956179136
Издатель:
Правообладатель:
Автор
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