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Читать книгу: «... und morgen lieb ich dich!»

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Y. K. BOURG

„…und morgen lieb ich dich!“

Für meine fantastische Familie, die mich mit Rat und Tat unterstützt hat!

© 2016, Y. K. Bourg

Alle Rechte vorbehalten.

eBook

2. Auflage

Kapitel 1

Tage wie diese hasste er. Eigentlich müsste er sich freuen, weil es heute Abend losgeht, aber sein Zeitplan drohte kläglich aus allen Fugen zu geraten. Dabei hatte er heute seine Assistentin angewiesen nur bis vormittags Termine einzuplanen, aber eine unerwartete Komplikation mit einem wichtigen Kunden musste noch beseitigt werden, bevor er für eine Woche in den verdienten Urlaub verschwinden konnte. Steve hatte sich nach dem Studium der Mathematik ein Consulting-Unternehmen aufgebaut und zusammen mit seinen knapp 90 Mitarbeitern beriet er große Firmen zu unterschiedlichen Optimierungsthemen. Bei allem Erfolg hatte er sich in den letzten Jahren nie die Zeit genommen, genügend Urlaub zu nehmen. Nicht weil er es nicht vorhatte, sondern weil er gerade immer dann, wenn er weg wollte, eine neue Geschäftsidee umsetzte. Fast alles ließ sich optimieren. Und er war noch lange nicht fertig damit. Leider bezog sich das auch auf sein Privatleben, das es genau genommen gar nicht gab. Seine Firma hat es einfach nicht möglich gemacht. Doch heute sollte es kein Abweichen geben, er hatte einen Segeltörn auf der Nordsee gebucht und das Segelschiff würde nicht auf ihn warten. Morgen sollte es in See stechen mit einer Segel-Crew, die er noch nicht kannte. Er liebte so etwas, weil er gerne Menschen kennenlernte. Auch auf die Gefahr hin, dass es manchmal welche waren, auf deren Bekanntschaft man verzichten könnte. Aber wer gerne segelte, war in der Regel auch ein offener Mensch, der die Natur liebte. So verkehrt konnte man da gar nicht liegen.

Er warf noch einen Blick in seine Mails und musste mit großer Freude lesen, dass sich die vermeintliche Komplikation mit dem Kunden gerade in Luft aufzulösen begann. Versehentlich waren die falschen Systemparameter geladen worden, wodurch die Berechnung ebenso falsche Ergebnisse lieferte. Nun hatte man den Fehler bereinigt und die ersten Tests ergaben vernünftige Werte. Der Kunde bedankte sich für die schnelle Unterstützung durch seine Firma und wollte nun eine Woche weitere Tests simulieren. Er wollte sich gerade abmelden, da kam gerade noch eine Mail vom Veranstalter des Segeltörns mit dem Betreff 'Die ultimative Liste'. Steve öffnete sie und der verantwortliche Schiffsführer, die Segler sprachen vom Skipper, begrüßte seine Mannschaft mit den typisch markigen Vokabeln für Segler. Ganz unten war eine Auflistung aller Vornamen der Teilnehmer. Der Skipper, er hieß Ulf, hatte sich dabei den Spaß gemacht und zusätzliche Namenergänzungen angefügt. Anscheinend hatte er dazu kleine Recherchen angestellt, denn bei ihm stand 'Steve der Optimale', was eindeutig auf seine Firma, SteOptim GmbH, anspielte. Nicht gerade originell, aber es hätte schlechter kommen können. Es waren auch drei Frauen an Bord, 'Jil immer geladen', 'Andrea mir gehört die Welt' und 'Nicole mit dem Bild'. Selbst bei dieser Liste konnte er seine ausgesprochene Neugierde nicht unterdrücken. Aufgrund der Ergänzungen musste man doch auf die Personen zurück schließen können. Ohne Nachnamen war das natürlich eine echte Herausforderung. Was wohl 'immer geladen' bedeuten könnte? Vielleicht war Jil sehr streitsüchtig, allerdings deutete nichts darauf hin, dass der Skipper sie kannte, wahrscheinlich hing es auch mit ihrem Beruf zusammen. War sie Atomphysikerin oder vielleicht im Energiesektor tätig? Eine kurze Suchabfrage im Internet brachte nichts wirklich Vernünftiges, er klickte auf Bilder und es erschienen Frauen verschiedener Altersstufen. Bei der dritten Aufnahme war eine attraktive und lächelnde Frau zusehen, die tatsächlich auf ihrer Bluse einen Anstecker eines großen Energieversorgers trug. Steve entschied sich die Recherche einzustellen, es war sinnlos, es gab einfach zu wenige Informationen. Allerdings prägte er sich die Namen aller Mitglieder ein, er hatte gelernt, dass es Menschen wertschätzen, wenn man sie mit dem Namen anspricht.

Er fuhr nach Hause und gönnte sich eine Dusche, um sich dann auf den Weg zu machen. Seine Ausrüstung hatte er schon am Vorabend gepackt, da er genau wusste, dass es knapp werden würde. Viel hatte er aber nicht mitgenommen, seine Segelsachen und ein paar normale Klamotten. Seine übliche Dienstkleidung, sprich Anzug und Krawatte, brauchte er hier nicht.

Er liebte es schnell zu fahren, auch wenn er, bedingt durch seinen Beruf wusste, dass der zusätzliche Energieverbrauch den minimalen Zeitgewinn in keiner Weise rechtfertigte. Ganz zu schweigen vom erhöhten Risiko und von der körperlichen Anstrengung. Aber es machte doch immer wieder Spaß. Der Weg nach Flensburg war doch ganz schön lange und er gönnte sich zwei kurze Pausen, um sich mit einem Cappuccino zu stärken. Bis auf einen kurzen Stau in einer Baustelle kam er gut durch und erreichte noch vor 19:00 Uhr das Schiff. Die Segeljacht lag in der Flensburger Förde in einer Segelschule am Kai. Er parkte seinen Wagen und sah dann schon die Jacht. Sie war ein stolzes Schiff, modern und groß. Ihr langgezogener und schmal wirkender Rumpf verlieh ihr den Eindruck von Schnelligkeit. Er konnte es kaum erwarten das Boot zu betreten und ging über die Gangway. An der Bordkante begrüßte ihn der Skipper: „Ich bin Ulf, freut mich dich an Bord begrüßen zu dürfen!“ Steve erwiderte den Gruß und stellte sich ebenfalls vor. Dann zog er seine Schuhe aus und schlüpfte in die Segelschuhe, bevor er auf Deck ging. Ulf, bedachte ihn mit einem wohlwollenden Blick und nahm ihm seine Tasche ab. Ulf war gar nicht so, wie er sich ihn vorgestellt hatte. Er war klein und eher schmächtig und kein Bart zierte ein wettergegerbtes Gesicht, wie man sich sonst einen Seebären vorstellte. Er hatte wache Augen und irgendwie strahlte er Vertrauen und Entschlossenheit aus. „Es ist bis jetzt erst Rudolf und Jörg da, die Mädels fehlen noch. Du kannst dir also noch eine freie Kajüte heraussuchen“, meinte Ulf. „Danke dir, ich würde gerne im Bug-Bereich schlafen, ist da noch eine frei?“, erwiderte Steve, da er es liebte zu hören, wie die Wellen gegen den Bug schlugen und das Wasser bei schnellerer Fahrt zu glucksen begann. „Ich kann dir die Steuerbord-Kajüte anbieten, die ist noch frei.“ Steve nickte und sagte schmunzelnd: „Aye Sir!“ und öffnete die Tür zu seiner Kajüte. Nachdem er seine Sachen einigermaßen in der Kajüte untergebracht hatte, hörte er Stimmen von außen. Er öffnet die Tür. Es waren Rudolf und Jörg. Beide streckten ihm zur Begrüßung die Hand entgegen. „Du bist Steve, richtig?“ Ganz offensichtlich kannten sich beide schon von mehreren Törns und schienen in ihm einen weiteren Mitstreiter zu sehen. Sie drückten ihm ungefragt eine Flasche Bier in die Hand, um mit ihm tatkräftig anstoßen zu können. Jetzt beginnt der Urlaub, dachte sich Steve und genoss den feinherben Geschmack des kühlen Biers. Es konnte losgehen, er war bereit!

Kapitel 2

Auf was hatte sie sich da nur eingelassen? Jil war noch nie auf einem Segelschiff, bestimmt wurde ihr furchtbar schlecht und um sie herum sind nur abgebrühte Möchtegernmatrosen, die glaubten das Frauen nicht auf ein Schiff gehörten und dabei wahrscheinlich sogar Recht hatten. Das Einzige was sie tröstete war die Tatsache, dass neben ihr noch zwei weitere Frauen an Bord sein würden, wie sie aus der super lustigen e-Mail des Kapitäns erkennen konnte. „Jil, immer geladen“, so ein Schwachsinn. Wobei, umso länger sie darüber nachdachte, desto treffender beschrieb es ihren Gemütszustand. Jil arbeitete als Personalchefin in einem großen Energieunternehmen. Lisa, eine Kollegin aus der Marketingabteilung, mit der sie zweimal die Woche in der Mittagspause zum Laufen ging und auch sonst privat viel unternahm, hatte den Segeltörn für sich gebucht. Gestern beim Laufen war sie umgeknickt und es bestand der Verdacht auf Bänderriss im rechten Fußgelenk. Der Fuß war dick angeschwollen und Lisa konnte damit unmöglich auf das Schiff. Jil war auf massives Drängen von Lisa überredet worden, anstelle ihrer den Törn anzutreten, da ein Zurücktreten nicht mehr möglich war. Lisa meinte, dass es ihr gut tun würde nach dem Desaster mit ihrem Ex-Freund. Zumal die Segler nette Typen wären, und völlig harmlos seien, was Frauen anbeträfe. „Da baggert dich keiner an, die träumen von einer steifen Brise und prall gefüllten Segeln“, versicherte ihr Lisa und grinste zweideutig dabei. Jil hätte sich trotzdem nicht überreden lassen sollen, was soll ich dort, dachte sie sich. Aber jetzt war es zu spät, sie bog gerade in die Kai-Straße in der Nähe von Flensburg ein. Und auf der anderen Seite hatte Lisa natürlich Recht, nach der großen Enttäuschung mit Tim. Sie war mit ihm zwei Jahre zusammen gewesen und hatten mehr oder weniger eine Wochenendbeziehung. Er lebte etwa 150 km südlich von ihr und war am Wochenende immer bei ihr, da er es aufgrund seiner Anstellung als Vertriebsmann schaffte freitags in der Nähe von ihrem Wohnort zu sein. Vor knapp fünf Wochen, an einem Mittwoch hatte Tim Geburtstag und Jil wollte ihn überraschen. Sie wusste dass er in der Wochenmitte meist im Büro war und damit abends zuhause sein würde. Sie zog ihr neues, eng tailliertes Kleid und ihre hohen Schuhe an, ein für sie untypisches Outfit, da sie sich eher sportlich kleidete. Er würde es deshalb als besonders sexy empfinden, zumal das Kleid nicht nur kurz, sondern auch tief ausgeschnitten war. Sie war extrem aufgeregt, und mindestens genauso erregt, als sie an seiner Tür läutete. Sie stellte sich vor, wie er völlig überrascht sein würde, um sie dann umso intensiver in seinem Schlafzimmer verwöhnen zu wollen. Als sie darauf wartete, dass er öffnete, dachte sie für sich „Schon merkwürdig, wir sind seit zwei Jahren zusammen und ich war noch nie bei ihm.“ Sie hörte Geräusche im Gang, ihr Herz schlug höher, er war wirklich zuhause! Sie richtete nochmal das Kleid und sorgte dafür, dass der Ausschnitt auch seine Wirkung zeigen würde. Die Türe öffnete sich und es erschien eine Frau mit einem Kind auf dem Arm, von hinten hörte sie eine Männerstimme, die unverkennbar Tims war, „Schatz, bekommen wir Geburtstagsgäste?“. „Ja bitte?“, sagte die junge Frau, mittlerweile war auch er schon hinten erschienen. Als er sie erkannte, konnte sie seinen mehr als überraschten Blick sehen. Die Überraschung war gelungen! „Oh, entschuldigen Sie, ich habe mich anscheinend in der Adresse geirrt“, war das einzige was ihr einfiel. Sie hatte das Gefühl, der Boden würde ihr unten den Füßen weggezogen und ganz ehrlich am liebsten wäre sie im selbigen auch gerne verschwunden. Sie dreht sich um und konnte ihre Tränen bis zum Auto zurückhalten. Danach war kein Halten mehr, bis heute weiß sie nicht wie sie heimgekommen ist. Nie mehr würde sie einem Mann glauben können, was hatte er ihr alles versprochen und zugeflüstert, eigentlich wollten sie demnächst heiraten, unglaublich. Noch heute konnte sie nicht glauben, was sie da erlebt hatte. Tim hatte in zwei Leben mit zwei Frauen gelebt. Es gab Situationen, da glaubt sie, dass es dafür eine plausible Erklärung geben könnte, um dann wenige Minuten später von der Realität wieder eingeholt zu werden. Er hatte danach mehrmals versucht sie anzurufen, sie hatte jedoch nicht abgenommen. Letztendlich schrieb er ihr eine Nachricht mit den wenigen Worten: „Es tut mir unendlich leid, meine Liebe zu dir war echt!“. Darauf konnte sie wirklich verzichten, so gesehen war wahrscheinlich ein Segeltörn mit alternden, naturliebenden Segler-Nerds, die gar nicht wussten, was man mit einer Frau machen sollte, die richtige Maßnahme. Man würde sie in Ruhe lassen. Naja, wenigsten frische Luft würde sie genug bekommen. Vielleicht auch etwas Farbe, das würde bei ihrem derzeitigen blassen Erscheinungsbild auch nicht schaden. Außerdem hatte sie ihren MP3 Player mitgenommen, vielleicht fand sie in ruhigen Minuten etwas Zeit Musik zu hören. Sie liebte Musik, vor allem klassische. Sie bog um die Ecke und da war es, ein knapp 15 Meter langes schlankes Segelschiff, strahlend weiß und ungemein elegant und atemberaubend. Am Heck war der Name „Sea Passion“ in weinroten Lettern aufgedruckt, zweifelsohne ihre Jacht! Die Angst, es könnte sich um einen alten Kahn handeln, war zumindest schon mal nicht erfüllt worden. Sie parkte ihren Wagen auf dem Parkplatz und holte ihr Gepäck aus dem Kofferraum. Noch könnte sie wieder einsteigen, umkehren und im nächsten Sporthotel mit SPA- und Wellnessbereich einchecken, durchaus eine valide Option. Doch im selben Augenblick kamen zwei Autos auf den Parkplatz und parkten direkt neben ihr. Es stiegen zwei Frauen aus, die sich laut lachend und bestens vergnügt umarmten. „Du bist bestimmt unsere dritte Frau an Bord, richtig? Wir sind Andrea und Nicole.“ Damit war sie nun vernichtet, die Möglichkeit der Flucht in den Wellnessbereich anstelle Nerd-Typen und bestgelaunter Frauen! „Ja, ich bin Jil, freut mich euch kennenzulernen!“, sagte sie, um ihr Schicksal endgültig zu besiegeln. Die beiden waren sehr unterschiedlich, Andrea war eindeutig die ältere. Nicole schien alles mitbekommen zu haben, was sich andere nur ansatzweise zu wünschen wagten. Sie hatte ein strahlendes Lächeln, eine schlanke Figur mit einer ausgeprägten Taille, einem fantastischem Busen und unendlich langen Beinen. Ihre Haut schien nicht von dieser Welt zu sein, einfach nur makellos. Und das alles für die alternden Segel-Nerds, das würde lustig werden. Ein Schmunzeln kam ihr über die Lippen. Auf in den Kampf, jetzt würde es kein Zurück mehr geben. „Wie oft warst Du schon auf einem Segeltörn? Wir machen das schon das 10. mal, angefangen hat es vor vielen Jahren mit dem Segelschein, seitdem können wir gar nicht mehr loslassen“, sagte Nicole. „Oh, da kann ich nicht mithalten, so oft war ich noch nicht dabei!“, erwiderte Jil und dachte sich, wie man den Begriff, so oft, wohl dehnen dürfe. Hoffentlich endete das nicht im Chaos. Die beiden Frauen warteten bis sie ihre gesamten Sachen aus dem Kofferraum ausgeladen hatte. Dann bewegten sie sich in Richtung Segeljacht und Nicole und Andrea legten einen schnellen Schritt an den Tag, es schien dass die beiden keine Sekunde zu viel am Festland verbringen wollten. Eine Tendenz, die sie genau gegenteilig verspürte. Als sie nur wenige Meter vom Schiff entfernt waren, hörte Jil das typische metallene Geräusch, wenn der Wind in den Wanden und Masten der Schiffe zerrte, begleitet vom wohligen Glucksen des Wassers an den Rumpf des Bootes. Auf Deck des Schiffes sah sie zwei Männer stehen, die ihnen wohlwollend zunickten. Der eine war groß und hatte eine sportliche Figur, der andere hingegen war schmächtiger, strahlte aber Gelassenheit aus. Als die drei Frauen über die Gangway auf das Schiff gingen, war ihr Blick voll auf sie gerichtet. Der Kleinere der beiden Männer bewegt sich sofort auf sie zu und half ihnen beim Gepäck. „Herzlich willkommen auf der Sea Passion, ich bin Ulf, der Skipper.“

Steve hatte sich auch in Richtung Gangway bewegt, um den Frauen entgegenzukommen und konnte seinen Augen nicht trauen. Die Dritte im Bunde, war die Frau, die er im Internet gesehen hatte, er war sich ganz sicher. „Das glaubt mir kein Mensch“, dachte er, „das gibt es doch nicht. Jil, immer geladen, hatte Ulf in seiner Mail geschrieben. Sie war also tatsächlich in einem Energieunternehmen tätig.“ Er würde sich daraus einen Spaß machen, so ging er ihr entgegen. „Hallo Jil, schön Dich kennenzulernen, ich bin Steve“, sagte er und nahm ihr die Tasche ab. Ihre Blicke trafen sich kurz und er glaubte eine Mischung aus Erstaunen und Neugierde in ihren Augen zu erkennen.

„Danke“, sagte sie und dachte sich nur, woher kennt der meinen Namen? Durch ihren Beruf als Personalchefin lernte sie ständig Menschen kennen, konnte sich aber an sein Gesicht nicht erinnern. Und ganz ehrlich, sein Gesicht hätte sie nicht vergessen, Steve war alles andere als ein Segler-Nerd und strahlte eine Mischung aus Energie und Frohsinn aus. „Freut mich Dich kennenzulernen, Steve!“ Dann folgte sie ihm in Richtung Abgang ins Bootsinnere. Unten angekommen begrüßte Steve auch Nicole und Andrea mit ihren Namen. Die beiden schienen ihn auch nicht zu kennen. Hier ging es nicht mit rechten Dingen zu, war Jils Gedanke. Sie wusste ganz sicher, dass sie kein Bild abgegeben hatte, zumal sie ja ganz kurzfristig für Lisa eingesprungen war. Sie merkte auch an der Reaktion der beiden anderen, dass sie irritiert waren, sich das aber nicht anmerken lassen wollten. Sie kannten ihn also auch nicht. Was war hier los? Doch sie verdrängte erst einmal den Gedanken, da sie sich nun unter Deck zurechtfinden musste. Noch nie in ihrem Leben war sie in einer Segeljacht, sie kannte das höchstens von Fotos. Es war echt gemütlich und nach allen Seiten gab es hölzerne Türen. In der Mitte stand ein mittelgroßer Tisch, der mit einer Sitzbank umgeben war. Es wirkte alles sehr gemütlich und heimelig. Sie registrierte das leichte Schaukeln des Schiffes und konnte sich im Augenblick noch nicht vorstellen, wie es hier sein würde, wenn sie auf hoher See wären. Nur nicht daran denken, war ihr spontaner Gedanke. „Andrea und Nicole haben schon seit Jahren diese beiden Kajüten“, sagte Ulf zu ihr, „somit ist das hier deine.“ Er öffnete eine dieser hölzernen Türen und führte sie in einen kleinen Raum, der auf der Seite deutlich die Formen des Rumpfes aufwies. Auf der gegenüberliegenden Seite war ein schmales Bett. Insgesamt wirkte auch hier alles sehr gemütlich aber auch etwas bedrohlich. Sie würde hier unten schlafen, wohlwissend dass das tiefe Meer nur wenige Zentimeter von ihr entfernt hinter dieser Kajüte beginnen würde. Ihr kamen Szenen aus Titanic in den Sinn und ein leichtes Unbehagen kam in ihr hoch. Auf was hatte sie sich hier nur eingelassen. „Nicht so dein Ding?“, hörte sie Steves Stimme von hinten. Er stand mittlerweile im Türrahmen und grinste sie mit einem verständnisvollen Lächeln an. „Nach kurzer Gewöhnung akzeptiert man, dass auf so einem kleinen Schiff das Wasser des Meeres immer sehr nah an einem ist.“ Langsam wurde ihr Steve unheimlich. Konnte der Kerl Gedanken lesen? Anscheinend war ihr Gesichtsausdruck noch ein Stück mehr in sich zusammengefallen, denn er reagierte sofort: „Entschuldige, ich wollte dir keine Angst machen! Dir wird es nach kurzer Zeit sehr gut gefallen, das geht jedem so.“ Weiß er jetzt auch noch, dass ich das erste Mal auf so einem Mist-Schiff unterwegs bin? Eigentlich hatte sie in den vielen Jahren ihrer beruflichen Laufbahn als Personalleiterin gelernt ihre Mimik der Situation anzupassen, bei Steve schien das nicht zu funktionieren. „Ich verziehe mich dann mal wieder. Du wirst sicher dein Gepäck verstauen wollen!“, sagte er und schickte ein vertrauensgewinnendes Lächeln hinterher. „Wenn du etwas brauchst, ich wohne in der Bug-Kajüte.“ „Danke dir, bis später“, war das einzige was ihr noch einfiel. Sie musste dringend Lisa anrufen und sich noch ein paar Seglertipps geben lassen, damit sie hier etwas sicherer unterwegs war. Sie hätte sich von Lisa vor der Abreise eine Kurzschulung geben lassen sollen. Lisa war bestimmt online, das war sie fast immer. Sie zerrte ihr Smartphone aus der Tasche, mal sehen ob es auf dem Schiff WiFi gibt. Und sie konnte es kaum glauben, es gab tatsächlich ein WLAN mit dem Namen SEAPASSION. Könnte vielleicht doch noch gut werden, dachte sie. Mit Freude stellte sie fest, dass das Netz kein Passwort benötigte und sie sich mühelos verbinden konnte. Und jetzt gleich eine Nachricht an Lisa: ‚Hi Lisa, bin angekommen und schon in meiner Kajüte, mehr oder weniger direkt im Wasser. Lauter Segler-Freaks um mich herum, einschließlich eines Gedankenlesers. Verstehe nur Segler-Latein, erbitte Crashkurs für Segler-Dummies. Wenn Du mir nicht hilfst, gibt es keine Tennismatches und Inliner-Ausfahrten mehr. Das meine ich todernst! Gruß Jil‘

Steve hatte sich in seine Bug-Kajüte zurückgezogen und war dabei sein Gepäck zu verstauen. Aus seinen letzten Törns wusste er, dass man seine Sachen gut verstauen musste, wenn die See einmal etwas kabbeliger werden sollte. Tat man das nicht, lag am Schluss alles am Boden. Er hatte sich vorgenommen nur einmal am Tag seine Mails zu checken und das musste reichen. So nahm er sein Smartphone und legte es in die Schublade neben der Schlafkoje. Jetzt noch ein letzter Blick in die Mails und dann erst wieder morgen. Sein Gerät zeigte ihm ein unsicheres Netz an mit dem Namen SEAPASSION. Cool, die hatten hier sogar einen Hot-Spot, allerdings unverschlüsselt und damit ungesichert, er würde es für seine Mails nicht verwenden, da jeder, der mit diesem Netz verbunden war, die Daten mitlesen konnte. Er hatte dies nicht glauben wollen, aber einer seiner IT-Mitarbeiter hatte ihm eine App gezeigt und auf seinem Smartphone installiert mit der man den Datenverkehr mitlesen konnte. Verwendeten die Kommunikationsdienste keine eigene Verschlüsselung, konnte man alles im Klartext mitlesen. Aus Spaß öffnete er sie und sah die bereits verbundenen Geräte, da gab es die Einträge Jil’s Phone und Telefon von Nicole, die Mädels waren schon online. Er wusste nicht warum, aber er tippte einfach mal auf Jil’s Phone und schon konnte er die Konversation lesen. Er las kurz den Text und als er sah, dass er als Gedankenleser erwähnt wurde, bekam er ein ziemlich schlechtes Gewissen. Was war nur in ihn gefahren, er spioniert hier in privaten Chats, schnell schloss er die App und legte das Gerät beiseite. Unabhängig davon musste er trotzdem schmunzeln, seine Begrüßung hat zumindest bei Jil Aufsehen erregt.

390,38 ₽
Возрастное ограничение:
0+
Объем:
220 стр.
ISBN:
9783737598521
Издатель:
Правообладатель:
Bookwire
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