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Victoria vanZant
ShadowPlay - Entblößt
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Inhaltsverzeichnis
Titel
Die Reihe ShadowPlay
Band 1: ShadowPlay – Entblößt
Das erste Mal
Visitenkarten
Abheben mit David
Verschleierungen
Roomservice mal anders
Abtauchen – ganz tief
Erster Pakt mit dem Teufel
Blumen zum Frühstück
Vermisste
Fliegende Untertassen
Venezianische Nachwehen
Wohin?
Reise nach Jerusalem
Sternenglanz
Wasserspiele
Die Rebellion lebt
Zweitausend Kilometer aufwärts
Londoner Gefühle
Spinat-Pirouetten
Das kleine Folterkabinett
Ich muss arbeiten
Vermessen
Notlandung
Ankünfte
Wiedersehen
Überraschung mal anders
Invasion
Kling Glöckchen kling …
Verfolgungen
Unerwartete Antworten
Breaking News
Sadik on Tour
Ankunft in Irland
Verführungen
Sprüche für alle Gelegenheiten
Lasset die Kindlein zu mir kommen …
Auf leisen Sohlen
Verstummt
Schlaf gut
Epilog
Impressum neobooks
Die Reihe ShadowPlay
Für Außenstehende ist »ShadowPlay« ein Orden, der seinen Mitgliedern – Künstlern, Managern, Politikern und anderen Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens – die Möglichkeit bietet, ihre dominanten Neigungen an ausgesuchten Plätzen weltweit diskret auszuleben. Doch wer in diesen erlesenen Kreis aufgenommen werden will, muss viel mehr mitbringen als die Bereitschaft, ein Schweigegelübde abzulegen. Denn im Schutz der Dunkelheit wird all das bereinigt, was niemals ans Tageslicht kommen darf! Unsichtbar bewegen sich die Schatten durch die Welt von Verbrechen und Verrat, um ihre Ziele gnadenlos durchzusetzen – und niemand sollte es wagen, sich den Großmeistern des Ordens in den Weg zu stellen!
Wer wissen möchte, wie alles begann: In »Call 69 – Verlockung und Hingabe« wird die Geschichte von Fiona und Ryan erzählt.
Band 1: ShadowPlay – Entblößt
»Wenn Zynismus verzinst würde, könnte der Typ allein von der Rendite ein Luxusleben führen!« Für Elena ist David eine echte Heimsuchung. Doch die 28-Jährige hat keine Wahl, irgendwie muss sie sich mit dem arroganten Bad Boy arrangieren, denn die gemeinsamen Freunde – Fiona und Ryan – haben ausgerechnet den israelischen Kampfpiloten und die Australierin mit deutschen Wurzeln zu ihren Trauzeugen ernannt.
Zwischen verbalem Schlagabtausch, sinnlicher Leidenschaft und undurchsichtigen Verfolgungsjagden entwickelt Elena ungewollt intensive Gefühle für den Mann, der dem Tod schon oft ins Auge blicken musste, doch das Leben zu feiern weiß wie kein zweiter. Immer tiefer dringt er dabei in Elenas Seele ein und entblößt ihre geheimsten Sehnsüchte. Oder ist das alles nur ein falsches Spiel, um sie in den undurchsichtigen Sumpf der Abhängigkeit zu treiben?
Als Elena endlich begreift, welche Bedeutung der dominante Luftwaffenoffizier für ihr Leben hat, schlägt das Schicksal zu …
Das erste Mal
Die Haustür flog auf, Elena schüttelte sich die Locken aus dem Gesicht und wuchtete die Reisetasche auf den Treppenabsatz hinaus. »Hallo!«
»Shalom«, erwiderte der große dunkelhaarige Mann, der ihr auf den Stufen entgegenkam und die Hand zuvorkommend nach dem Gepäck ausstreckte.
Auffallende Wortwahl, exotische Züge und dazu die fast schwarzen Augen – blitzschnell machten sich Elenas Gedanken selbstständig: Shalom – Hebräisch – Israel – Jude – beschnitten?, sinnierte die 28-Jährige und erstarrte.
Hoffentlich habe ich nicht zu laut gedacht!
Ein Blick in das Gesicht ihres Gegenübers ließ keine Rückschlüsse zu, ob er die herausgerutschte Bemerkung gehört hatte. Er zeigte nicht die kleinste Reaktion – und von den Passanten vor dem Haus blieb auch keiner mit pikiertem Gesichtsausdruck stehen.
Noch einmal Glück gehabt!, meldete sich Elenas Taktgefühl erleichtert. Doch dann genügte ein einziges Wort, um ihren Seelenfrieden wieder bis ins Mark zu erschüttern.
»Naturblond?«, fragte der attraktive Mann. Sein Tonfall war undefinierbar, irgendwo zwischen arrogant und völlig uninteressiert verortet. Dadurch klang seine Bemerkung eher, als würde es Klärungsbedarf geben, ob sie gehirnblond sei!
»Ich bin David und freue mich auch, dich kennenzulernen«, schob er diplomatisch hinterher, als er ihre zusammengepressten Lippen bemerkte, und verstaute die Tasche hinter dem Beifahrersitz.
Doch Elena wollte weder Rücksichtnahme noch Mitleid. Alles, was sie brauchte, waren zwei Sekunden, um sich zu sortieren, denn da stand doch tatsächlich ein männliches Wesen, das ihr in puncto Schlagfertigkeit offensichtlich das Wasser reichen konnte. Und wenn sein Körper hielt, was der Maßanzug versprach, ein lohnenswertes Exemplar noch dazu.
Das erwartungsvolle Glühen, das kurz in ihren Augen aufflackerte, erlosch so schnell, wie es gekommen war, denn das Schicksal entpuppte sich eindeutig als erstaunliche wie auch launische Macht: Nach einer monatelangen Durststrecke parkte es heute diesen Leckerbissen direkt vor ihrer Tür und dann war er doch unerreichbar – jedenfalls momentan! In diesem speziellen Fall hatte das Schicksal nämlich einen konkreten Namen: Fiona – Elenas Freundin und auch Mitbewohnerin.
Schweren Herzens sperrte die Blondine ihre Verführungskünste wieder hinter Gitter. Dort, wo sie seit Wochen ein klägliches Dasein ohne männliche Aufmerksamkeit fristen mussten.
Benimm dich!, ermahnte sie sich selbst und schaltete auf gepflegte Konversation um. Vorrang vor ihrem Bedürfnis nach einem Flirt mit dem faszinierenden Mann, dessen geschmeidige Bewegungen sie sich auch sehr gut in anderen Situationen vorstellen konnte, hatte Fionas geheimnisvolle Einladung ins Penthouse von Ryan Kerrigan.
»Seit wann ist Ryan denn zurück in London?«, versuchte Elena in Erfahrung zu bringen, und hatte augenblicklich das Gefühl, an einer Mauer abzuprallen. Der Gentleman, der ihr so galant die Autotür aufhielt, bedachte sie mit einem abschätzenden Blick, der noch lange nachhallte. Sprachlos glitt Elena in den Sitz und folgte seiner Umrundung des Fahrzeugs aus den Augenwinkeln.
Lass dir nicht die Butter vom Brot nehmen!, meldete sich ihre Ungeduld zu Wort und riet ihr, die weggesperrte Verführerin doch ganz kurz aus dem Käfig zu lassen, um wenigstens zwei erprobte Nahkampfwaffen in Stellung zu bringen: Sie lüftete den Po und zog den Saum ihres Kleids unauffällig höher. Es musste doch möglich sein, diesen Eisblock zumindest anzutauen!
Nachdem der Israeli sich elegant in seinen Sitz geschwungen hatte, ließ er sich überraschend doch noch herab, zu antworten. »Wir sind mittags eingetroffen.«
»Du bist ein langjähriger Freund von Ryan?«, versuchte Elena, die Kommunikation am Leben zu halten, und stellte die Handtasche auf dem Boden ab, um den Blick auf ihre wohlgeformten Beine freizugeben.
»Das ist korrekt.«
Nicht gerade eine erschöpfende Auskunft und in keiner Weise dazu geeignet, ihren Wissensdurst zu stillen. Er hüllte sich genauso in Schweigen, wie Fiona es am Telefon getan hatte. Wenn Elena Bilanz zog, musste sie sich eingestehen, dass die Ausbeute an Informationen mehr als mager war: Nach drei zermürbend langen Monaten im Auslandseinsatz war Ryan wohlbehalten nach London zurückgekehrt. Das war die Nachricht des Tages und musste zweifelsfrei gebührend gefeiert werden. Aber warum wollte Fiona diesen besonderen Abend nicht mit ihm alleine genießen? Wäre unter diesen besonderen Umständen nicht eine Privatparty für das Liebespaar angemessen? Warum wurde sie dazu gebeten? Die Tasche mit Kleidung, die sie auf die Bitte ihrer Mitbewohnerin hin gepackt hatte, hätte auch ein Taxi abholen können. Aber Fiona hatte darauf bestanden, dass dieser Freund von Ryan sie mitsamt dem Gepäck abholte.
»Zieh dir was Nettes an und komm rüber«, mehr hatte ihre Freundin nicht gesagt.
Fragen über Fragen, aber Elena war nicht bereit, klein beizugeben, denn wenn es etwas gab, das sie hasste, waren es Geheimnisse. Vor allem die von anderen Leuten. Die Unwissenheit aktivierte augenblicklich weitere Facetten ihres weiblichen Forschergens.
»Weißt du, was es mit der Einladung ins Penthouse auf sich hat?«, flötete sie ihrem Chauffeur zu.
»Ja.«
»Ja?«, fragte sie lachend nach.
Als David wieder nur bestätigte, war klar, dass er nicht scherzte. Und über diesen Affront hinaus, entpuppte sich der arrogante Typ auch noch als absolut immun gegen ihre weiblichen Reize. Nicht eine Sekunde nahm er die Augen von der Straße. Auf die Ausrede, dass ihn als Ausländer Probleme mit dem Linksverkehr davon abhalten könnten, die verführerischen Nebensächlichkeiten zu genießen, konnte er sich nicht berufen. Entweder war der schwarzhaarige Lockenkopf an diese Fahrweise gewöhnt oder er gehörte zu den Menschen, die sich schnell auf neue Umstände einstellen konnten. Und da er in Ryans Aston Martin vorgefahren war, musste der wirklich große Stücke auf die Fahrkünste seines Freundes halten. Denn Elena hatte eines gelernt: Zwei Dinge teilten Männer nicht, ihre Autos und ihre Frauen. Und das genau in der Reihenfolge.
Teilen und Energieverschwendung waren für die pragmatische Australierin ebenfalls lästige Attribute, derer man sich so schnell wie möglich entledigen sollte. Höchste Zeit, eine weitere Frage zu klären: Unauffällig sah sie auf die schlanken Finger, die das Sportlenkrad fast liebevoll umschlossen. Doch leider konnte sie von ihrer Position aus nur Davids linke Hand sehen. Auf dieser Seite war alles im grünen Bereich. Aber trugen Israelis die Eheringe links oder rechts? Das konnte auf die Schnelle nur das Internet beantworten.
»Probleme mit dem Smartphone?«, erkundigte sich David, als das Licht ihres Handydisplays kurz als Spiegelung in der Seitenscheibe aufflackerte und sofort wieder erlosch.
Klar, wenn er auch sonst nichts zu sagen hat, bei Technikfragen werden Männer gesprächig!
»Nein, alles gut«, murmelte sie genervt. Warum musste der Akku immer in den unpassendsten Momenten den Geist aufgeben? Noch eine zusätzliche Fragestellung, die ungeklärt im Raum stand. Tiefe Falten pflügten sich als sichtbare Beweise des intensiven Nachdenkens quer über ihre Stirn: Auf dem Treppenabsatz hatte er das Gepäck mit der Rechten entgegengenommen und mit der auch die Autotür geöffnet. Doch so sehr Elena sich auch bemühte, es gelang ihr nicht, die dazugehörigen Bilder wieder abzurufen. Mädel, du lässt nach!, tadelte sie sich selbst. Aber es half nichts, sie musste einen Weg finden, um unauffällig einen Blick auf seine rechte Hand werfen zu können. Jetzt war Kreativität gefragt – und die Lösung für ihr Problem offenbarte sich gänzlich unerwartet, als sie ihr Handy in die Handtasche zurücksteckte.
Kurz entschlossen ergriff Elena den Verbündeten, richtete ihn schräg nach oben in Richtung Cabrioverdeck und drückte kräftig zu. Schneller als sie gucken konnte, schoss der Kaugummi aus der Verpackung direkt gegen die Frontscheibe, um dann in den dunklen Tiefen des Wageninneren zu verschwinden.
»Huch!«, schrie sie auf, um ihrer Überraschung Ausdruck zu verleihen, und tat so, als würde sie versuchen, das Geschoss aufzufangen. Als sie die Arme hochriss, krachte ihr Handgelenk wie unbeabsichtigt gegen den Rückspiegel. Nicht einen Gedanken verschwendete sie an die Gefahr, in die sie David, die 200.000 Pfund teure Edelkarosse und auch sich selbst mit der hektischen Aktion brachte: Ein Verreißen des Lenkrads der 500-PS-Schleuder hätte maximal ein paar Gramm Gummiabrieb gekostet – dafür sorgte die rote Ampel.
David kommentierte den Vorfall mit keiner Silbe und befriedigte exakt Elenas Wunschdenken: Beim Anfahren wanderte seine rechte Hand in aller Seelenruhe mittig nach oben auf das Lenkrad, während die linke den Spiegel richtete.
Mit einem zufriedenen Lächeln sank die Hobbydetektivin in ihren Sitz zurück. Gutes Timing war alles und eine Recherche über die Tragegewohnheiten von Eheringen im Nahen Osten nicht mehr nötig: Das Täubchen war gänzlich unberingt.
Plötzlich durchdrang die Stimme des Fahrers ihre Selbstzufriedenheit. »Wenn du den Kaugummi suchst, der ist zwischen meinen Beinen gelandet!« Zusätzlich zu seinem Kommentar öffnete er auch gleich bereitwillig die Schenkel ein Stück weit.
Erwartete er jetzt etwa, dass sie zulangen würde? Obwohl sie zugeben musste, dass es ihr höllisch in den Fingern juckte, entschied Elena sich für damenhafte Zurückhaltung und antwortete cool: »Deinem Maßanzug und den Ledersitzen wird es nicht schaden, zum Glück ist der Kaugummi dragiert und wir sind ja auch sofort da.«
Im Aufzug fand sich endlich die Gelegenheit, den Israeli bei guter Beleuchtung einer gleichsam eingehenden wie diskreten Inspektion zu unterziehen. Da Elena es offensichtlich mit einem harten Brocken zu tun hatte, wollte sie lieber jetzt abschließend klären, ob sich ein weiterer Aufwand überhaupt lohnte. In der verspiegelten Wand musterte sie ihr dunkelrotes Minikleid und strich demonstrativ die kleinen Sitzfalten glatt, während ihr Blick bereits verstohlen weiter von den handgenähten Lederschuhen, die Hose hinauf über die dunkelgrüne Krawatte bis zum Hemdkragen wanderte. Der Mann hatte nicht nur einen ausgezeichneten und ebenso exklusiven Geschmack, was seine Kleidung betraf. Er verstand sich auch auf die Betonung seiner körperlichen Vorzüge: Der Henriquatre war korrekt ausrasiert und auf eine Länge getrimmt, die seinem Gesicht einen sexy verwegenen Touch verlieh, ohne übermäßig aggressiv zu wirken. Wenn Elena auch nicht den Eindruck hatte, dass David die kleinen Lachfältchen in den Augenwinkeln übermäßig häufig beanspruchte, ließen sie aber zumindest eine Einschätzung seines Alters zu: um die Mitte dreißig so wie Ryan. Aber der war im Gegensatz zu dieser wortkarg verschlossenen Auster eloquent und sehr weltmännisch. Doch sie war sicher, dass sich hinter der rauen Schale dieser Spaßbremse eine edle Perle verbarg – sie musste halt nur mit den Waffen einer Frau geknackt werden.
Als die Tür zu Ryans Penthouse geöffnet wurde, trat Elenas Absicht augenblicklich in den Hintergrund: Was hatte dieser Menschenauflauf zu bedeuten? Fionas Eltern waren da, Ryans Schwester und deren Ehemann, ein anderes Paar, das sie nicht kannte und dazu noch ein Partyservice. Das sah irgendwie so offiziell aus … Fiona und Ryan strahlten um die Wette … Sollte das etwa heißen?
Bevor sie die Gelegenheit hatte, mit ihrer Freundin zu sprechen, richtete der Hausherr bereits das Wort an alle.
»Elena, David, willkommen! Und jetzt wo wir vollzählig sind: Liebe Familie, liebe Freunde, ihr habt schon mitbekommen, ich bin wieder da. Und ich habe Fi versprochen, nie wieder zu gehen. Kurz und gut, ich habe Fiona gebeten, meine Frau zu werden und sie hat Ja gesagt!« Feist grinsend stand er da und streichelte über die Wölbung des Bauches seiner Zukünftigen. »Und in drei Monaten sind wir dann eine richtige Familie!«
Da standen sie nun: Der einen Meter neunzig große durchtrainierte Mann und die fünfundzwanzig Zentimeter kleinere, zierliche Fiona, die an der Seite ihres Zukünftigen vor Rührung zerfloss.
Elena schossen Tränen in die Augen und dann gab es kein Halten mehr. Etikette hin oder her, ihr war egal, wer jetzt in welcher Reihenfolge mit dem Gratulieren dran war: Sie flog ihrer Freundin um den Hals.
»Was für großartige Neuigkeiten. Das ist so unglaublich! Als du angerufen hast, dass Ryan zurück ist, nach all den ...«
Liebevoll drücke Fiona der plappernden Blondine die Hand auf den Mund. »Und es wird noch viel Unglaublicher! Wir fliegen morgen nach Venedig und in drei Tagen ist die Hochzeit!«
»Wer wir?«
»Na, wir alle!«
»Ich fasse es nicht …«
»Ja, ist das nicht alles wie ein Wunder? Ryan lebt, er ist gesund, wir heiraten … aber darüber reden wir morgen auf dem Flug ganz in Ruhe. Doch vorher muss ich dich natürlich noch etwas fragen! Bitte, Elena, bist du dabei und wirst du meine Trauzeugin?«
»Aber ja! Aber gerne, natürlich! So und jetzt werden wir diese ganzen Neuigkeiten begießen. Oder ich jedenfalls, du natürlich nicht!« Lachend nahm sie dem Mann vom Partyservice zwei Gläser vom Tablett. Den Orangensaft reichte sie gleich an die Schwangere weiter, prostete ihr zu und genoss den Champagner.
Ein Kennerblick von Ryan hatte genügt, als das ungleiche Pärchen durch die Tür gekommen war. Er verzog seine Mundwinkel kaum sichtbar zu einem Grinsen, als er an David vorbei in Richtung Küche schlenderte. Doch dem Israeli genügte der Ausdruck im Gesicht seines Freundes, der inzwischen lässig am Tresen gelehnt stand und seinen süffisanten Blick in die Tiefen eines Whiskyglases versenkte. Nach den vielen Einsätzen, die sie zusammen absolviert hatten, reichte zur Verständigung ein einziger Augenkontakt zwischen ihnen.
»Wie ich sehe, hast du eine Eroberung gemacht«, flüsterte Ryan seinem Kumpel zwischen zwei Schlucken zu und schenkte ein weiteres Glas ein, das er weiterreichte.
Dankend nahm David seinen Drink entgegen und gab ein knapp zustimmendes »Hm« von sich. »Ist sie Single?«
»Soweit ich informiert bin, ja. Aber wie du weißt, war ich ein paar Wochen nicht in London.« Ryan schwante etwas. »Und was hast du Schönes mit ihr vor?«
»Mal sehen.«
»Du denkst daran, dass sie die Busenfreundin von Fiona ist?«
»Was für treffende Begriffe ihr in eurer Sprache habt, finde ich immer wieder beeindruckend.« David prostete Ryan zu und warf einen bewundernden Blick auf den Busen der kleinen quirligen Blondine, die gerade ihre Lockenpracht schüttelte und laut lachte. »Ein bisschen Erziehung würde ihr bestimmt guttun.«
»Ja, das wäre wohl eine nette Idee, aber ich habe nicht den Eindruck, dass sie sich so einfach überzeugen lässt.«
»Ach, du hast sie schon angetestet?«
Ryans Blick genügte, um David davon zu überzeugen, dass er mit seiner Annahme völlig auf dem Holzweg war. »Ich will mal so sagen: El gehört zu den Frauen, die es hassen, an die Kette gelegt zu werden. Druck hat sie gar nicht gern …«
»Wie interessant, eine echte Herausforderung!«
»Sieht aus, als gebe es hier die richtig guten Sachen«, trompetete Elena fröhlich doppeldeutig durch die Gegend und gesellte sich mit Fiona im Schlepptau zu den Männern an den Küchentresen. »Und auch dir meinen herzlichen Glückwunsch, aber ich muss dir ja nicht sagen, dass du die beste aller Frauen bekommst.«
Ryan nahm Elena in den Arm und drückte ihr einen liebevollen Kuss auf die Wange. »Ich danke dir und ja, ich bekomme die wunderbarsten Frauen, die ich mir wünschen kann.« Zärtlich streichelte er über die kleine Kugel. »Wie geht es Hope?«, fragte er seine Zukünftige.
Fiona steckte sich eine ihrer widerspenstigen mahagonifarbenen Locken hinters Ohr zurück, bevor sie antwortete. »Sie schläft, es war ja auch ein aufregender Tag!« Schnell nahm sie selbst die Hand vor den Mund, um ihr herzhaftes Gähnen zu verstecken.
»Und was ist mit dir, Prinzessin?«, fragte Ryan besorgt. Ohne ihre Antwort abzuwarten, hob er sie auf den Arm und verfrachtete das protestierende Bündel auf das Sofa. »Genau hier bleibst du sitzen und ruhst dich aus. Und ich hole dir etwas Schönes vom Buffet.« Da sein Tonfall signalisierte, dass Widerstand zwecklos war, ergab Fiona sich ihrem Schicksal und sah ihrem Zukünftigen strahlend hinterher, während sie in den Kissen versank.
Elena beobachtete das Treiben aus sicherer Entfernung. Fiona hatte mit Ryan ihren Seelenpartner gefunden. Es war unvorstellbar, dass jemals jemand oder etwas wieder einen Keil zwischen die Verliebten treiben könnte. Diese Nähe verursachte bei ihr ambivalente Gefühle. Da war auf der einen Seite der Gedanke an die Zwänge und die Einengung, die eine solche Verbindung mit sich brachte und auf der anderen Seite weckte sie Begehrlichkeiten. Es wäre schön, nach Monaten der Abstinenz zumindest einmal wieder körperliche Nähe zu genießen … Und das geeignete Exemplar zur Deckung ihrer Bedürfnisse stand nicht weit entfernt. Zeit, den gemütlichen Teil des Abends einzuläuten.
Wie unbeabsichtigt befeuchtete Elena ihre Lippen mit der Zunge, wechselte das beschlagene Glas in die andere Hand und leckte sich eine taufeuchte Fingerkuppe nach der anderen ab. Die Mission Rattenfänger verfehlte ihre Wirkung nicht. Sie spürte Davids Blicke, die ihren Bewegungen folgten. Als sie sich in seine Richtung drehte, sah sie ihm genau in die Augen – ein spöttisches Lächeln umspielte seinen Mund.
Ein Mann, der immun gegen ihre Verführungskünste war – und mehr noch, der ihr sogar zu verstehen gab, dass er sie durchschaut hatte: was für eine Dreistigkeit! Dreistigkeit und Provokation. Der Schnösel wollte Gegenwind? Er sollte Sturm ernten! Kurz entschlossen ging die Blondine zum Großangriff über. So etwas wie den verspeiste sie schließlich als Zwischenmahlzeit: Herzlich willkommen am Ende der Nahrungskette, David!
Die dienstbaren Geister vom Partyservice kamen nicht infrage und alle anderen Männer waren vermintes Territorium, weil sie mit ihren Partnerinnen hier waren. So blieb nur der direkte Weg, um David aus der Reserve zu locken.
»Ich möchte tanzen«, schnurrte Elena wie ein harmloses Schmusekätzchen. Ihr Wink in Richtung des Gastgebers genügte und er sorgte per Fernbedienung umgehend für die passenden Rhythmen, damit sie ihren Körper mit schlangenartiger Grazie zum Schwingen bringen konnte. Dabei achtete sie peinlichst darauf, keinen Ganzkörperkontakt zu ihrem Tanzpartner herzustellen. Ganz zufällig streifte sie mit ihrer Hüfte seine Hose. Und wenn ihr Busen wieder einmal unabsichtlich seine Rippen berührte, lächelte sie ihn schüchtern an und senkte schamhaft den Blick.
Elena gab diesem Adam maximal drei Tänze, dann wäre er reif, die Früchte ihrer Bemühungen ernten zu wollen. Und richtig, kaum gab sie ihm knapp zu verstehen, wie verbraucht die Luft hier drinnen sei, schleifte David sie bereits auf die Dachterrasse hinaus.
Den fantastischen Blick über das nächtliche London ignorierte er wie auch die neugierigen Blicke aus dem Penthouse. Elena zuckte zusammen, als seine Fingerspitzen sich regelrecht in ihr Fleisch bohrten. Leidenschaftlich zog er sie in die Arme und presste ihr seine Lippen auf den Mund. Ungeduldig drang der feurige Mann mit seiner Zunge in sie ein. Der Körper, der sich begehrend an sie schmiegte, zeigte deutliche Reaktionen: Seine Erektion drückte hart gegen ihren Bauch.
Gewonnen!, triumphierte sie gerade innerlich, als David den Kuss abrupt beendete. Zärtlich strich er mit seiner Daumenkuppe über ihr Kinn und raunte ihr zu: »Und hat dieser wundervoll sinnliche Mund schon einmal einen beschnittenen Schwanz zwischen seinen Lippen gehabt?«
Scharf sog sie die Luft ein.
Wie konnte dieser arrogante Typ es wagen, in einem derartig schamlosen Ton mit ihr zu reden?
Da Elena in ihrer Erstarrung nicht antwortete, setze er süffisant hinterher: »Wenn du so lange für eine Antwort brauchst, waren es entweder so viele Männer, dass es dauert, bis du die Liste abgearbeitet hast oder du hast ein schlechtes Gedächtnis.«
Und wieder konnte sie nur nach Luft schnappen, statt eine Antwort zu formulieren: David war erneut schneller. Er rückte ein Stück von ihr ab und nickte in Richtung ihres Busens. Deutlich drückten sich ihre Brustwarzen durch den eng anliegenden Stoff. »Lass uns lieber wieder reingehen, dir ist kalt«, bemerkte er trocken und zog sie einfach wieder hinter sich her.
»Sie ist müde, ich werde sie nach Hause bringen«, stellte er die gesamte Gesellschaft inklusive Elena selbst vor vollendete Tatsachen und bat Ryan, ihnen ein Taxi zu bestellen, da er selbst nicht mehr fahren wolle.
»Bis morgen …«, konnte Elena sich gerade noch verabschieden, bevor sie durch die Tür in Richtung Aufzug geschoben wurde.
»Ich sorge dafür, dass sie pünktlich ist«, zwinkerte David Fiona zum Abschied verheißungsvoll zu.