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Titel

Heißer Heiligabend

Valerie Parker

Impressum

Texte: © Copyright by Valerie Parker

Umschlag: www.epub24.com

Bilder: www.shutterstock.com

Korrektorat: www.epub24.com

Verlag: Valerie Parker

Valerie.parker@outlook.de

c/o AutorenServices.de

Birkenallee 24

36037 Fulda

Ersteller des Ebooks: epubli ein Service der neopubli GmbH, Berlin

ISBN 978-3-746784-66-3

Alle Orte und Personen in diesem Werk sind frei erfunden und entspringen ausschließlich der Fantasie der Autorin. Sollte es reale Ähnlichkeiten geben, sind diese rein zufällig und nicht beabsichtigt. Alle Rechte an diesem Werk gehören ausschließlich der Autorin. Nachdruck, auch auszugsweise, oder anderweitige Veröffentlichung nur mit schriftlicher Genehmigung.

Für enthaltende Links und deren Inhalte ist die Autorin nicht verantwortlich.

Widmung

Für Tina und Jan.

Einfach, weil sie es verdient haben.

Inhaltsverzeichnis

Titel

Impressum

Widmung

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Danke

Leseprobe Sieben Tage Lust

Kapitel 1

Kapitel 2

Leseprobe Der Dolch in unseren Herzen

Kapitel 1

Kapitel 2

- 1 -

Genervt steht Lucie hinter der Kasse und zieht müde und gelangweilt Brot, Zahnpasta, Wurst, Obst und Wein über den Barcodescanner. Unglaublich, was die Menschen am Heiligen Abend um kurz vor 16:00 Uhr noch alles einkaufen müssen. Konnten die das nicht vorher besorgen? Sollten sie nicht längst in der Kirche sitzen, oder ihren Gänsebraten in die Röhre schieben?

Der Supermarkt, in dem sie arbeitet, ist der Einzige in der Stadt, der heute überhaupt so lange geöffnet hat, alle anderen haben um 14:00 Uhr geschlossen. Aufgrund dessen rennen die ganzen Bekloppten auf den letzten Drücker in den Laden. Eigentlich ist es ihr egal, denn sie hat niemanden, der zu Hause auf sie wartet. Trotz allem hat sie es geschafft, ihre wichtigsten Einkäufe, die sie für ihr eigenes kleines Weihnachtsfest benötigt, schon ein paar Tage vorher zu erledigen. Was braucht sie auch schon für sich allein? Ein Fertiggericht bestehend aus Gänsekeule, Klößen, Rotkohl und Soße. Und jede Menge Wein, um sich zu betäuben. Denn das muss sie, um damit zurechtzukommen, keine Familie mehr zu haben. Diese ist vor einem halben Jahr bei einem Bahnunglück ums Leben gekommen. Mit einem Schlag hat sie ihren Vater, ihre Mutter und ihre beiden Schwestern verloren. Sie wollten nur ein paar Tage in einer anderen Stadt verbringen, eine einfache Städtetour. Leider kamen sie bis dahin erst gar nicht, der Zug entgleiste, ein anderer Waggon ist in ihren hineingerast. Sie hatten keine Chance, zu überleben.

Andere Verwandte gibt es nicht. Die paar Freunde, die sie hatte, haben ihr während der schweren Zeit auch nicht helfen können. Die mitleidigen Blicke waren nicht zu ertragen. Aus diesem Grund hat sie ihre paar Habseligkeiten gepackt und ist mit ihren sechsundzwanzig Jahren in eine andere Stadt gezogen. Weit weg von den schmerzlichen Erinnerungen, die sie in der alten verfolgten. Neue Freunde hat sie noch nicht gefunden. Nur diesen beschissenen Job. Ihr alter, als Frisörin, war nicht mehr machbar, weil sie zusammen mit ihrer Mutter in einem Salon gearbeitet hat. Aber Jammern ist eigentlich nicht ihr Ding, denn Lucie hat es sich ja so ausgesucht, und es hätte sie schlechter treffen können, wie zum Beispiel gar keinen Job zu finden.

Demnach ist es ihr auch egal, ob sie die heutige Schicht bis 16:00 Uhr übernehmen muss, und auch, dass sie die Einzige ist, die eine Kasse besetzt. Drei Kollegen sind noch mit ihr im Laden: einer im Verkaufsraum, einer hinter der Wurst- und Käsetheke, und natürlich ihr Chef höchstpersönlich.

Lucie schielt auf die Digitaluhr über ihrer Kasse: 15:58 Uhr. Zum Glück, denn auch wenn es ihr nichts ausmacht, zu arbeiten, hat sie jetzt doch Rückenschmerzen und freut sich auf ein heißes Bad.

Gerade will sie sich von der Kasse abmelden, weil sie nicht glaubt, dass noch ein Kunde im Laden ist, rauscht doch tatsächlich noch einer, mit einem braunen Wollmantel bekleidet, um die Ecke. Innerlich verdreht sie die Augen, aber gut, den einen wird sie auch noch schaffen.

Genervt wartet sie darauf, dass der Mann seine paar Einkäufe auf das Band legt, natürlich ganz am Ende, wieso auch nicht? Mit dem Fuß tritt sie das Pedal, damit sich das Band in Bewegung setzt. Dabei schaut sie sich den Spätzünder genauer an. Ihr Blick wandert über den Mantel nach oben und vermutet darin eine äußerst muskulöse Statur, weil der Stoff gut ausgelastet ist und an den Oberarmen sogar ein bisschen spannt. Weiter führen ihre Augen sie zu seinem Kinn, dieses ist genau wie sein Hals durch einen grünen Wollschal verborgen. Um seine fein geschwungenen Lippen trägt er einen schwarzen Bart, der sich bis unter den Schal zu ziehen scheint. Also nicht nur ein Dreitagebart, sondern ein richtiger Vollbart. Unglaublich, so einen hat sie bei einem so jungen Mann ewig nicht mehr gesehen. Denn was noch von seinem Gesicht zu sehen ist, lässt darauf schließen, dass er ungefähr in ihrem Alter sein muss. Vor allem hat er eine süße Nase, die perfekt in sein behaartes Gesicht passt.

Lucie schaut weiter zu seinem Kopf, auf dem schwarze verstrubbelte Haare liegen, als ob er zuvor eine Mütze getragen hätte. Erst dann richtet sie ihren Blick auf seine Augen und wäre fast zurückgeschreckt. Heilige Mutter Gottes, so ein stechendes helles Grün hat sie bei einem Schwarzhaarigen noch nie gesehen, einfach Wahnsinn!

Auf einmal kommt sie sich vor diesem attraktiven Mann schäbig vor. Sie trägt ihre langen blonden Haare zu einem Pferdeschwanz, und geschminkt ist sie schon gar nicht. Hinzu kommt, dass sie diesen blöden sackähnlichen Kittel trägt, der von ihrer schlanken Figur mal so gar nichts zeigt. Zudem sind ihre Fingernägel eine Katastrophe. Der Stress und Verlust ihrer Familie hat dafür gesorgt, dass sie regelmäßig daran herumnagt. Mist!

Ein charmantes Lächeln erscheint auf seinem Gesicht, das winzige Fältchen um seine Augen erscheinen lässt und sie fast in die Knie zwingt. Ihr ganzer Körper beginnt zu kribbeln, und ihre Muschi fängt an zu pochen. So eine Reaktion hatte sie schon lange nicht mehr bei einem Typen, und bei diesem Job sind ihr schon eine Menge untergekommen. Aber sie hatte auch seit bestimmt einem Jahr keinen Sex mehr. Ein halbes Jahr, bevor ihre Eltern gestorben sind, hat sie ihren Freund verlassen, und nach dem schrecklichen Ereignis hatte sie keine Lust auf Männer. Aber bei diesem Exemplar könnte sie glatt eine Ausnahme machen. Obwohl sie eigentlich nicht auf Bärte steht.

Als die Sachen, die er auf das Band gelegt hat, bei ihr ankommen, muss sie sich ein Lachen verkneifen, denn das ist wirklich ein Einkauf auf den letzten Drücker: zwei Pakete bunter Lichterketten und zwei Flaschen Wein.

Lucie spürt, wie sich ein Lächeln auf ihre Lippen schleicht, als sie beginnt, die Waren über den Scanner zu ziehen.

„Ich weiß gar nicht, was es da zu lachen gibt, Frau Meyer.“

O Gott, seine rauchige und männliche Stimme beschert ihr eine Gänsehaut. Sogar ihr Höschen wird davon feuchter. Sie blickt zu ihm auf. „Sorry, aber das ist so ein typischer Auf-den-letzten-Drücker-Einkauf. So etwas Ähnliches habe ich heute schon öfter über den Scanner gezogen. Das macht 50,93 Euro, Herr …?“

Aus einem Impuls heraus möchte sie unbedingt seinen Namen wissen, wenn er den ihren so leicht von ihrem Kittel ablesen konnte.

Belustigung funkelt in seinen fesselnden Augen, und seine anbetungswürdigen Lippen heben sich zu einem Lächeln. O Mann, sie muss feststellen, dass sie unbedingt mal wieder vögeln muss, denn ihre Mitte zieht sich verlangend zusammen, und das auch noch bei einem Typen, auf den zu Hause wahrscheinlich eine Freundin wartet.

„Claus ist mein Name. Meine Lichterkette ist kaputtgegangen, und Wein habe ich doch tatsächlich zu kaufen vergessen.“

Lucie nickt. „Das hätte mir auch passieren können. Nicht der Wein, aber dass die Lichterkette kaputtgeht. Zum Glück habe ich dieses Jahr keine aufgehängt.“ Ups, das war ihr so rausgerutscht.

„Nicht in Weihnachtsstimmung? Das passt zu Ihren traurigen Augen.“

Ist das so offensichtlich? Beschämt schaut sie auf den Barcodescanner. Aber sie wird sich mit einem Fremden bestimmt nicht darüber unterhalten, obwohl ihr überhaupt nicht bewusst ist, dass ihre Augen traurig blicken.

Herr Claus gibt ihr seine Kreditkarte. Wie dämlich, denkt sie sich, da hätte ich auch nicht nach seinem Namen zu fragen brauchen. Aber sie konnte ja auch nicht wissen, dass er mit Kreditkarte bezahlen würde.

Während Herr Claus seine Einkäufe in eine mitgebrachte Stofftasche packt, steckt sie die Karte in das vorgesehene Gerät. Als es piept, holt sie die Karte wieder heraus und legt ihm den Beleg zum Unterschreiben hin. Während er dies erledigt, schaut sie sich den Namen genauer an und wäre fast in Gelächter ausgebrochen. Santa Claus, das konnte doch nicht sein Ernst sein! Obwohl sie es nicht will, blickt sie noch einmal in sein Gesicht. „Das ist doch ein Scherz, oder? Kein Mensch heißt Santa Claus!“

Ein herzzerreißendes Lächeln erscheint auf seinem Gesicht. „Leider ja, meine Eltern sind totale Weihnachtsidioten und fahren sehr auf diesen Mist ab. Deswegen habe ich noch schnell die Lichterketten besorgt. Sie kommen mich morgen besuchen, und es käme einer Todesstrafe gleich, wenn ich nicht wenigstens ein Fenster schmücken würde.“

Diese Worte reichen aus, um den Anflug einer guten Laune wieder verfliegen zu lassen. Sie möchte nur noch nach Hause. Schnell vergleicht sie die Unterschrift mit der auf der Kreditkarte, gibt sie ihm wieder und ist erleichtert, als ihr Chef um die Ecke kommt. Das kann nur bedeuten, dass kein Kunde mehr im Laden ist und er abschließen möchte.

„Dann wünsche ich Ihnen ein frohes Weihnachtsfest, Herr Claus.“

Verwirrt blickt er sie an, weil er anscheinend nicht damit zurechtkommt, ihn auf einmal so abrupt loswerden zu wollen. „Okay, Frau Meyer, das Gleiche wünsche ich Ihnen auch.“

Lucie nickt und beschäftigt sich damit, sich von der Kasse abzumelden, sieht aber noch aus den Augenwinkeln, wie er kopfschüttelnd zum Ausgang geht. Was für ein Kerl, der sie so scharfgemacht hat. Schade, dass er mit so persönlichem Quatsch angefangen hat. Viel lieber hätte sie es gehabt, wenn er zu ihr gesagt hätte, sie solle sich nackt ausziehen, damit er sie auf dem Kassenband vögeln kann.

Lucie schüttelt den Kopf. Was hat sie heute nur für unanständige Gedanken? Bevor sie noch weiter dem Kopfkino verfällt, schnappt sie sich die Kasse, um nach hinten zu gehen, das Geld zu zählen, um dann ganz schnell nach Hause gehen zu können.

- 2 -

Endlich zu Hause angekommen, wirft sie ihren durchnässten Mantel auf einen Bügel und streift sich die Stiefel von den Füßen. Gerade hatte sie den Supermarkt verlassen, da fing es heftig zu schneien an. Ohne im Besitz eines Autos zu sein, ist sie auf Bus und Bahn angewiesen, die natürlich heute um diese Zeit nicht mehr normal, sondern nach einem Sonderfahrplan fahren. Auf den nächsten Bus musste sie zwanzig Minuten warten. Ganz toll. Jetzt verflucht sie zum ersten Mal, dass sie sich fernab der Stadt ein Haus gemietet hat. Oder eher ein Häuschen, denn es ist sehr klein. Unten gibt es nur eine winzige Küche und ein Wohnzimmer. Durch den Flur gelangt man über eine Mini-Wendeltreppe nach oben, wo es nur ein Bad mit Wanne und ein Schlafzimmer gibt.

Ausschlaggebend, das Haus zu mieten, waren der niedrige Preis und der offene Kamin im Wohnzimmer. Sie liebt das offene Feuer und die Wärme. Es erinnert sie an ihre verlorene Familie. In ihrem Haus gab es auch einen Kamin, und sie haben wunderschöne Abende dort verbracht. Haben viel geredet oder mal einen Gesellschaftsspielabend veranstaltet. Vor den alten Kamin hätte sie sich nicht setzen können, aber dieser ist ihr eigener, da kann sie die Erinnerungen besser aushalten und hat nicht das Bild vor Augen, mit ihrer Familie dort zu sitzen, sondern fühlt sich ihr nur sehr nahe.

Auf diesen geht sie jetzt zu, muss ihr kleines Wohnzimmer durchqueren, was sie mit einem gemütlichen Sofa, einem kleinen Tisch und einem flauschigen Teppich ausgestattet hat. An der Wand vor dem Sofa steht eine Wohnwand mit einem Fernseher. Daneben befinden sich Regale mit Unmengen von Büchern. Sie liebt es, zu lesen und in die Fantasiewelt einzutauchen, in dem letzten halben Jahr noch mehr als sonst. Deko hat sie keine herumstehen, weil sie dafür kein Händchen hat. Blumen gehen bei ihr immer ein, weil ihr der berühmte grüne Daumen fehlt. Ganz darauf zu verzichten ist die bessere Alternative. Eine Wand hängt aber voll mit Fotos ihrer Familie. Über dem Kamin hängt ein großes Bild, auf dem sie mit ihren Eltern und Schwestern abgebildet ist. Es wurde erst kurz vor dem Unfall aufgenommen, und sie ist froh, es zu haben.

Eine Weile schaut sie die strahlenden Gesichter an. Es dauert nicht lange, und Tränen treten in ihre Augen. Der Schmerz ist noch so groß, sie vermisst sie so sehr. Noch ist ihr nicht klar, wie sie die nächsten Tage überstehen soll.

Gequält seufzt sie auf und feuert den Kamin an. Die aufkommende Wärme trocknet ihre Tränen, und am liebsten würde sie sich in den Ohrensessel mummeln, den sie vor den Kamin gestellt hat. Aber vor Selbstmitleid und Traurigkeit möchte sie auch nicht vergehen, das würden ihre Eltern und Geschwister nicht wollen.

Mit hängenden Schultern geht sie nach oben ins Badezimmer und lässt warmes Wasser einlaufen. Es ist sehr beengend, am Eingang neben der Wanne ist die Toilette, und für mehr als einen Spiegelschrank über dem Waschbecken ist kein Platz.

Großzügig schüttet Lucie Badeschaum ins Wasser und würde jetzt schon gern in die verlockende Wärme schlüpfen. Vorher muss sie aber noch einmal hinunter in ihre gemütliche Bauernküche, die sie nach ihrem Ermessen renovieren durfte. Viel Platz gibt es nicht, das Mobiliar besteht nur aus einer kleinen Zeile. Für sie ist es völlig ausreichend. Dass es keinen Platz für einen Tisch gibt, stört sie nicht, sie isst halt im Wohnzimmer.

Lucie holt ihr Fertiggericht aus dem Kühlschrank und stellt es in den Backofen. Das Essen benötigt eine Stunde, Zeit genug, um ausgiebig zu baden.

Nachdem sie den Ofen auf die richtige Temperatur eingestellt hat, geht sie wieder nach oben in ihr Schlafzimmer, in dem nur ein einfaches Futonbett mit Nachtschrank und ein großer Kleiderschrank stehen. Hinzu kommt ein wirklich stilvoller antiker Schminktisch, den sie vom Vormieter übernommen hat. Schnell zieht sie Jeans und Pulli aus und wirft sie auf das Bett. Die Baumwollunterwäsche folgt, genau wie ihre Kniestrümpfe.

Als sie zurück ins Bad geht, riecht es angenehm nach Lavendel, und der Schaum ragt schon fast aus der Wanne heraus. Ohne es noch länger aushalten zu können, steigt sie hinein und schließt genüsslich die Augen. Herrlich, wie das warme Wasser sie umschmeichelt. Laut stöhnend lässt sich Lucie nach hinten fallen, und sofort entspannen sich ihre Muskeln. Genau das hat sie jetzt gebraucht.

Eine Weile hängt sie ihren Gedanken nach, bis auf einmal grüne Augen darin erscheinen und sich ihre Lippen automatisch zu einem Lächeln verziehen. Mit einem Seufzer kuschelt sie sich tiefer in das warme Wasser und fragt sich, warum sie gerade an diesen Mann denken muss. Eigentlich ist es kein Wunder, so gut, wie er aussah. Lucie versucht, sich vorzustellen, was sich wohl unter dem Mantel verborgen hat, was er wohl trug. Bestimmt etwas, was seinen muskulösen Körper genau betont. Ein enges Hemd oder ein Longsleeve, oder ein eng anliegender Wollpulli. Wenn sie sich dazu noch seine stramm sitzende Jeans vorstellt, die seinen Knackpo, denn bestimmt hat er einen, gut zur Geltung bringt, läuft ihr ein Schauer den Rücken hinunter. Solche Gedanken, die sich so gut anfühlen, hatte sie schon lange nicht mehr. Demnach lässt sie es sich nicht nehmen, diesen noch ein wenig nachzuhängen.

Wie es sich wohl anfühlen würde, wenn er sie mit diesem Bart küsst? Kratzig oder weich? Würde es sie stören, wenn er damit an ihrem Hals entlangfährt und weiter hinab zu ihren Brüsten? Würden diese Haare über ihre Brustwarzen schaben?

Erschrocken reißt Lucie die Augen auf, als sie spürt, wie sich diese aufrichten. Zugleich fühlt sie es verlangend zwischen den Beinen pochen, wie es ihr schon im Supermarkt passiert ist. Stöhnend gleitet sie mit dem Kopf unter Wasser. So weit sollten ihre Gedanken nicht gehen, dass sie so ein starkes Verlangen empfindet. Gerade heute möchte sie sich eigentlich nur ihrem Fertiggericht hingeben und ganz viel Wein trinken.

Zügig wäscht sie ihre Haare, zieht den Stöpsel und steigt aus der Wanne. Vom Haken hinter der Tür nimmt sie ein Handtuch und wickelt ihre Haare darin ein. Mit dem daneben hängenden Badetuch umschlingt sie ihren Körper. Dann betrachtet sie im Spiegel ihr Gesicht. Ihre Wangen sind gerötet, und ihre blauen Augen blicken traurig, was sie verwundert nach den schmutzigen Gedanken, die sie gerade hatte. Aber der Verlust ihrer Familie überwiegt wohl.

Mit schwerem Herzen trocknet sie sich ab, wirft das Handtuch auf die Toilette und schnappt sich die Bodylotion, die auf dem Spülkasten steht. Fahrig cremt sie sich ein, denn ihr wird immer bewusster, was für ein beschissener Tag heute ist. Das Essen im Ofen riecht mittlerweile auch immer deutlicher, und sie ärgert sich, überhaupt so ein Gericht gewählt zu haben, denn mit ihrer Familie hat sie es auch immer gegessen. Nur frisch gekocht.

Über sich selbst wütend entwirrt sie ihre Haare von dem Handtuch, kämmt sie und cremt ihr Gesicht ein. Danach stapft sie ins Schlafzimmer, um sich in ihren kuscheligen Pyjama zu werfen. Diesen hatten ihre Eltern ihr letztes Jahr zu Weihnachten geschenkt, und es ist Lucie wichtig, ihn heute Abend zu tragen, auch, wenn es sie noch trauriger macht.

Bevor ihr das Essen noch anbrennt, geht sie in die Küche und holt das Gericht aus dem Ofen. Zügig stellt sie es auf die Arbeitsplatte, da die Hitze der Aluschale durch das Trockentuch dringt, was sie sich zum Rausholen geschnappt hat. Angewidert betrachtet sie das brutzelnde Essen. Es ist kein Vergleich zu dem, was ihre Mutter immer gekocht hat. Trotzdem schaufelt sie es auf einen Teller und legt Besteck darauf. Aus dem Vorratsschrank holt sie eine Flasche Wein, entkorkt sie und schüttet ihn großzügig in das bereitgestellte Glas. Unschlüssig betrachtet sie ihre Gaben, zuckt mit den Schultern und trinkt das Glas in einem Zug leer, um es direkt wieder aufzufüllen.

Es dauert nicht lange, bis der Alkohol in ihren Kopf steigt, weil sie den ganzen Tag noch nichts gegessen hat und sie sonst wenig bis gar keinen Alkohol trinkt.

Schon etwas leichter auf der Seele nimmt sie sich den Teller und das Glas und stellt es auf den Wohnzimmertisch. Noch einmal geht sie in die Küche, um sich die Weinflasche zu holen. Erst dann setzt sie sich auf das Sofa, nimmt die Fernbedienung und schaltet den Fernseher an. Genau zum richtigen Zeitpunkt, denn „Schöne Bescherung“ fängt gerade an. Jetzt schleicht sich doch ein Lächeln auf ihr Gesicht. Diesen Film schaute sie immer mit ihrer Familie zusammen. Sie lachten sich dabei kaputt, bis Tränen geflossen sind. Das möchte Lucie wieder erleben, diese Freude, auch wenn sie den Film allein ansehen muss.

Sie trinkt einen großen Schluck Wein und schaut gebannt zum Fernseher. Das Essen ist vergessen. Lucie lacht bei den lustigen Stellen, hat sich mittlerweile zurückgelehnt und nippt immer wieder an dem Glas, bis es leer ist. Sobald sie es bemerkt, füllt sie es wieder auf.

Schon nach der ersten Hälfte des Films ist die Flasche ausgetrunken, und Lucie torkelt in die Küche, um sich eine neue zu holen. Mit großer Anstrengung versucht sie, diese zu entkorken. Nach einigem Gefluche und Gefummel hat sie es endlich geschafft. Leichtfüßig geht sie ins Wohnzimmer zurück und plumpst auf das Sofa. Ein Auge kneift sie zu, damit sie besser sehen kann, ob der Wein auch wirklich im Glas landet. Die Zunge zwischen den Zähnen, beginnt sie zu schütten, freut sich über sich selbst, als der Wein da landet, wo er hinsoll.

Zufrieden lehnt sie sich mit dem Glas in der Hand zurück, muss sich aber direkt wieder aufsetzen, weil sich das ganze Wohnzimmer dreht. Es ist ihr total egal, und schulterzuckend blickt sie wieder zum Fernseher. Sie muss sich anstrengen, das Bild festzuhalten, denn sie sieht alles doppelt. Nippend am Wein beugt sich Lucie vor in der Hoffnung, besser sehen zu können. Aber auch das klappt nicht. Wieder zucken ihre Schultern nach oben, denn es ist ihr echt egal. Dann entdeckt sie das kalte Essen. Vielleicht sollte sie was essen, dann funktioniert es mit dem Ansehen des Films auch wieder besser, wenn der Wein in ihrem Magen aufgesaugt wird.

Mit der Gabel pikt sie einen Kloß auf und schiebt ihn sich in den Mund, um ihn angewidert wieder auf den Teller zu spucken. Bäh, eklig! Der Wein gefällt ihr eindeutig besser, und sie nimmt wieder einen Schluck. Aber dieser geht auch nicht mehr runter. Deswegen stellt sie ihn auf dem Tisch ab. Genauso wie ihre Füße. Dann überkreuzt sie die Arme und legt sie auf den Knien ab, um ihren Kopf darauf zu betten.

Da sie den Bildschirm nicht richtig erkennen kann und hin und her schwankt, schließt sie die Augen, denn auf einmal ist sie unheimlich müde. Auch wenn es sich dreht, driftet sie schnell in den Schlaf. Das Knistern des Kaminfeuers im Hintergrund tut sein Übriges. Lucie merkt nur noch aus weiter Ferne, wie sie zur Seite kippt.

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