Читать книгу: «Würde Jesus bei IKEA einkaufen?», страница 2
1
Die Herausforderung des Glaubens
»Was ihr für einen meiner geringsten Brüder oder eine meiner geringsten Schwestern getan habt, das habt ihr für mich getan!«
Jesus in Matthäus 25,40
»Nur wer gegen die Armut kämpft, die die Armen demütigt und erdrückt, kann sagen, er halte zu den Armen.«
Leonardo Boff
Worship starts now
oder: Die Herrlichkeit Gottes und die Schwerkraft meines Alltags
Part 1: Die Herrlichkeit Gottes! Sonntag, Gottesdienst, Anbetung
Gottes Größe und Herrlichkeit haben kein Ende, sie sind einmalig, die Macht und Kraft seiner Auferstehung wird in uns Christen sichtbar. Gott ist der Schöpfer dieser Erde, ja des ganzen Universums. Nichts ist ihm unmöglich und denen, die ihm nachfolgen! Halleluja! »Ich geb mich ganz hin und sage: Ich liebe dich!« Ja, das will ich, ganz, mit allem, was ich habe und bin – immer, an jedem Tag, in jeder Stunde, in jeder Minute meines Lebens!
Part 2: Die Schwerkraft meines Alltags! Arbeit, große Pause
Ich fühle mich beschissen! Was für ein katastrophaler Tag: Schlecht gelaunt aufgewacht, auch noch verschlafen. Zu spät in der Arbeit angekommen, nicht gefrühstückt. Ärger wegen der Verspätung. Streit mit Freunden. Das Missverständnis mit der Freundin vom Vortag kann in der Pause nicht geklärt werden. Lasse die schlechte Laune an Bernd, diesem Arsch, raus, der mich bösartig darauf hinweist, dass er von einem bekennenden Christen etwas anderes erwartet hätte. Ich hasse mich selbst, bin enttäuscht, dass der Kreislauf der christlichen Frustration wieder voll zugeschlagen hat.
Vom Alltag zu Boden gezogen
Karikiert? Überzogen? Vielleicht ein bisschen. Aber kennst du ihn nicht, den Kreislauf der christlichen Frustration? Du hörst eine Predigt, bist auf einem Großtreffen, begegnest Gott in der Anbetung. Dir wird etwas klar, Gott redet zu dir. Du sagst dir: »Ja, ab heute wird alles anders, oder zumindest das mit dem Gebet bekomme ich auf die Reihe!« und dann, drei Tage später, ist wieder alles beim Alten. Du möchtest mit Jesus »Hütten« bauen und musst doch wieder runter in den erbärmlichen Alltag deines normalen Lebens.
»Ich komme zu kurz!«
Warum? Warum nehmen wir uns etwas vor und dann klappt es doch nicht? Warum zieht uns die Schwerkraft des Alltags immer wieder auf den Boden der Tatsachen zurück, wo wir doch viel lieber entrückt, dem Himmel so nahe, beim Herrn sein möchten? Da, wo Friede, Liebe und Anbetung einen umgeben und nicht Enttäuschung, Frust und Lieblosigkeit.
Was sind die Gründe eines solchen Dualismus? Zum einen gehören wir auf diese von der Schwerkraft regierte Welt! Genau dahin hat uns Jesus gesandt (Johannes 17), als Sünder unter die Sünder. Das ist unser Platz, das ist unser Kampf, ob wir das wollen und gut finden oder nicht. Es ist sein Plan. Punkt.
Zum anderen sitzt in mir und in so manch anderem die tiefe Sorge: »Ich komme zu kurz!« Dieser kleine Gedanke hat große Auswirkungen: Hier spiegelt sich meine ganze Ungläubigkeit ungeschont und fürchterlich wieder. Ich glaube nicht, was ich singe. Ich glaube nicht, was ich in der Bibel lese. Ich glaube nicht, was mir meine Geschwister zusprechen. Sondern ich komme zu kurz, deshalb muss ich mich über andere aufregen. Deshalb muss ich mich darstellen und besser machen. Deshalb muss ich andere, inklusive Gott selbst, anklagen. Obwohl es mir objektiv wirklich gut geht, orientiere ich mich an Menschen, denen es scheinbar besser geht, und nicht an Gottes Wort. Warum nur?
Worship starts now
Mir ist klar, dass es hierfür keine schnelle Antwort gibt. Und doch glaube ich, dass Gott gerade unseren Alltag will. Er möchte mit uns in unseren Familien sein, mit uns in die Schule und zur Arbeit gehen. In einer US-amerikanischen Gemeinde fand ich am Ausgang (und man konnte es auch nur beim Rausgehen lesen) ein großes Plakat: »Worship starts now!« Anbetung beginnt jetzt. Jetzt, mitten in meinem Alltag ist die Zeit, Gott durch mein Denken, meine Emotionen, mein Verhalten anzubeten. Hier beginnt die Herausforderung, Glauben zu leben, jetzt zeigt sich, ob ich nur »Herr, Herr« sage oder versuche, zu tun, was Gott mir gesagt und gezeigt hat. Das ist kein Druck, kein Muss, keine unmögliche Aufgabe, sondern in Wirklichkeit ist das die Chance, unser Leben von Gott verändern zu lassen. Ihm Stück für Stück in unserem Alltag den Platz zu geben, den er verdient. Wie schrieb Nick Cave so treffend dazu: »Christus ist als Befreier gekommen. Er hat verstanden, dass wir Menschen für immer von der Schwerkraft zu Boden gezogen werden – unsere Gewöhnlichkeit, unsere Mittelmäßigkeit –, und durch sein Beispiel hat er unserer Fantasie die Freiheit gegeben, aufzusteigen und zu fliegen. Kurz: Christus ähnlich zu sein« (Das Evangelium des Markus – Mit einer Einleitung von Nick Cave, S. Fischer, Frankfurt am Main, S. 15).
It starts now!
Zum Weiterdenken:
• Joachim Bothe (Hrsg.), Vom Leben eben – 21 leidenschaftliche Wortmeldungen, Explosionszeichnungen und gewagte Aussichten für ein heiliges Überleben, R. Brockhaus, Witten
• Henri J. M. Nouwen, Ich hörte auf die Stille – Sieben Monate im Trappistenkloster, Herder, Freiburg
Gottsucher
oder: Die Gemeinde als Ort der Begegnung?
Gemeinde ist ein Ort der Gemeinschaft. Ein Raum der Begegnung, offen für alle. Hier existiert ein Klima des Vertrauens und der Ehrlichkeit. Manchmal geht das im Alltagstrubel unter und unsere Gemeinden werden zu geschlossenen Räumen, wo Christen sich nur noch um sich selbst drehen. Dann schotten wir uns ab vor der »Welt« und statt Vertrauen herrscht Angst.
Dabei gibt es in der »Welt« erstaunlich viele Menschen, die gerne über ihren Glauben reden würden, die Orte des Vertrauens suchen. Umfragen haben gezeigt, dass Jugendliche und Erwachsene das Bedürfnis haben, über ihre Religiosität zu sprechen, und zugleich unsicher sind in ihren eigenen Gottesvorstellungen. Es herrscht ein großes Misstrauen anderen Menschen gegenüber und so redet man in der Öffentlichkeit kaum über den Glauben.
Gibt christliche Jugendarbeit oder Gemeinde anders denkenden und glaubenden Jugendlichen die Chance und den Raum zur Begegnung oder sind wir uns selbst genug? Haben wir Angst, uns mit anderen auseinanderzusetzen? Angst, dass mein eigener Glaube hinterfragt wird? Angst, dass unsere Gruppe gesprengt wird? Angst, dass ich mit meinem Glauben abgelehnt werde? Diese Ängste spiegeln die Gottesvorstellung vieler Christen wider. Doch Stück für Stück können sie in Gottvertrauen umgewandelt werden.
Nun weiß ich, dass dies ein langer Weg ist. Aber dazu gehört das Wagnis, anderen zu begegnen. Die Offenheit, dem anders Glaubenden zu begegnen, ist die Grundvoraussetzung für missionarisches Handeln. Das Wissen, dass Gott durch mich wirkt, egal wo ich bin, ist ein Schlüssel, diese Ängste zu überwinden: Gottes Handeln ist nicht abhängig von meinen Bekenntnissen, meiner Kreativität oder meiner Jugendarbeit. Schon gar nicht muss ich den allmächtigen Gott verteidigen, ich kann ihm nur in Demut dienen.
Beziehungen statt Programme
Eins der erstaunlichen Ergebnisse einer Umfrage über Gottesvorstellungen war, dass viele der befragten Jugendlichen über ihren Glauben und ihre Gottesvorstellungen reden wollten, allerdings nur in einem geschützten Rahmen. Gespräche über den Glauben finden also vor allem auf der Beziehungsebene statt und nicht auf der Programmebene. Häufig konzentrieren wir uns in unserer Jugendarbeit auf das Programm, so dass wenig Zeit bleibt für Beziehungen. Die entwickeln sich aber nur über einen längeren Zeitraum und in einem offenen Konzept.
Beziehungs- und Begegnungsräume schaffen und einander niederschwelliger begegnen, wäre eine richtige Konsequenz. Doch solche Räume entstehen nicht von selbst, sondern müssen geplant werden. Den Anderen wertschätzen, Gespräche führen und sich Zeit nehmen, das entspringt nicht dem Zufall, sondern einer geistlichen Einstellung. Hier zeigt sich, ob uns die richtige Lehre und die Qualität unseres Programmes wichtiger sind als die Achtung anderen Menschen gegenüber.
Annahme statt Apologetik
In der Postmoderne aufgewachsene Jugendliche suchen nicht in erster Linie die richtige Lehre oder die absolute Wahrheit, sondern echte Beziehungen und geschützte Räume. Missionarische Jugendarbeit setzt den Respekt vor dem und die Annahme des Gegenübers voraus, auch wenn er anders denkt, lebt oder aussieht. Solches Bemühen um Annahme zu erleben, ist für Jugendliche wichtiger als das »Glaubensbekenntnis« des Jugendkreises oder der Gemeinde. Vertrauen baut sich nicht etwa dadurch auf, dass ich meinen Glauben dem anderen gegenüber verteidige, sondern indem ich auf ihn zugehe und ein gleichberechtigter Dialog entsteht. Wichtig wäre daher, diesen Dialog zu fördern und den Stellenwert von Bekenntnissen abzubauen.
Erfahrungen statt Dogmen
Eigene, subjektive Erfahrungen sind für viele Menschen der größte Zugang zur Veränderung ihrer eigenen Gottesvorstellung. Aber man möchte die eigenen Erfahrungen geschätzt und sicher aufgehoben wissen, ist unter bestimmten Bedingungen offen für neue religiöse Erfahrungen. Diese Erfahrungen sind selten spektakulär, sie geschehen im Alltag der Menschen. Hier braucht es Räume, in denen Alltagsspiritualität die Freiheit zur Entfaltung bekommt. Themen wie Gebet, Heiliger Geist, Spiritualität oder Mystik müssen also wieder mehr in den Mittelpunkt gerückt werden. Erfahrungen aus der Bibel können miteinander neu erlebt werden, wie beispielsweise Abendmahl, Handauflegung, (biblische) Feste feiern. Werden dabei alle Sinne angesprochen, können so eindrückliche Erlebnisse geschaffen werden. Beim Abendmahl können wir zum Beispiel hören (auf die Einsetzungsworte, auf die Stimme Jesu), sehen (Brot und Wein als sichtbare Gegenwart Jesu, Abendmahlsgeschirr), fühlen (sich gegenseitig Brot und Wein geben und dann selbst in Händen halten), riechen (den Duft von Brot und Wein) und schmecken (essen und trinken). Diese Erlebnisse stehen nicht im Widerspruch zur Theologie oder zu Dogmen und Bekenntnissen, sondern lassen sie in uns lebendig werden.
Partizipation statt Konsumdenken
Gemeinsame Erlebnisse fördern die Identifikation und helfen jedem einzelnen, ein Teil des Ganzen zu sein. Diese Teilhabe ist die Grundlage für eigene Erfahrungen. Dies kann aber nur auf eine freiwillige einladende Art und Weise geschehen. Jeder muss selbst entscheiden, wie und warum er oder sie teilnimmt.
Weiterhin spielt sich die Partizipation auf der Zeugnisebene ab. Jeder kann sagen, was er denkt oder fühlt, und somit seinen Beitrag zum Ganzen geben.
Konsumdenken und Bedienungsmentalität sind in der Postmoderne sehr verbreitet. Durch die Verunsicherung lehnen sich viele Menschen zurück und beobachten erstmal kritisch, was da so geschieht.
Kleine Gruppen statt großer Veranstaltungen
Für all das sind Großveranstaltungen wenig hilfreich. Vielmehr werden kleine, überschaubare Gruppen benötigt, in denen Beziehungen und Vertrauen entstehen können und Dialog und Zeugnis Raum finden. Großveranstaltungen haben ihren Sinn und Zweck eher in der Motivation von Christen oder für die christlich sozialisierten oder interessierten Menschen, werden aber die religiöse Suche vieler Menschen nicht beantworten können. Identifikation geschieht über das Vertrauen zu Menschen und nicht über perfekte Programme. Deshalb sind Begegnungsräume, Kleingruppen etc. wichtige inhaltliche Bestandteile einer Gemeindearbeit und nicht nur pädagogisches Beiwerk.
Das Ziel von Gemeinde ist es nicht, Menschen nur zum Selbstzweck einzuladen, ihnen ein gutes Programm zu präsentieren oder sie zu einem Glaubensbekenntnis aufzurufen, sondern sie mit dem Herzen Gottes in Berührung zu bringen, das in unseren Beziehungen sichtbar wird.
Zum Weiterdenken:
• Lawrence J. Crabb, Connecting: Das Heilungspotential der Gemeinschaft – Ein radikal neuer Ansatz, die Kraftquellen Gottes zu entdecken, Brunnen, Basel
• Erwin R. McManus, Eine unaufhaltsame Kraft – Gemeinde, die die Welt verändert, Gerth Medien/C & P, Asslar/Glashütten
• Philip Yancey, Auf der Suche nach der perfekten Gemeinde, Projektion J, Asslar
Warum ich als Christ nicht für schönes Wetter beten darf
Ein großes Jugendtreffen, viele Jugendliche stehen unter einer großen Brücke, denn es regnet, nein, es schüttet wie aus Kübeln. Etwa 200 Meter weiter befindet sich die Veranstaltungshalle. Die Jugendlichen überlegen kurz und beginnen dann mit einer Gebetsgemeinschaft, die nur aus einer Bitte besteht: den Regen zu stoppen, damit sie trockenen Fußes zur Halle kommen. Die Gebete verändern sich nach einigen Minuten, da ein besonders frommer Jugendlicher die anderen dafür aufmerksam macht, dass wahrer Glaube die Taten Gottes erglaubt. Und so beginnt eine Lobpreisrunde für den Regen, der gleich aufhören wird ...
Nächste Szene: Eine Familie bleibt mit ihrem Auto stehen, Panne. Auch hier schüttet es wie aus Kübeln, der Mann macht sich auf den Weg zum nächsten Dorf und betet inständig, dass es doch endlich aufhören solle, zu regnen.
Letzte Szene: Der alljährliche Open-Air-Gottesdienst findet statt, die Stühle stehen, die Verstärkeranlage ist aufgebaut, die ersten Gäste kommen, da fängt es an zu regnen. Die Regenschirme gehen auf und die Veranstalter treffen sich spontan zum Gebet für schöneres Wetter.
Darf ich als Christ solche Gebete sprechen? Ist es legitim, meine subjektive Situation und mein Empfinden so in den Mittelpunkt zu stellen, als wenn Gott nichts anderes zu tun hätte, als sich um mich zu kümmern? – Hat Jesus etwa nicht gesagt, dass wir ihn um alles bitten können, also auch ums Wetter?
Wir sollten aufpassen, dass wir nicht nur den »Tanz ums eigene Ich« betreiben, auch und gerade in unseren Gebeten. Wir beten für schönes Wetter, als gäbe es kein Morgen, nur weil wir vielleicht etwas nass werden. Na und? Warum beten wir nicht für Regen im Sudan oder in Tansania, wo es seit Jahren nicht mehr geregnet hat und Tausende Menschen hungern oder sogar verhungern? Warum sollte Gott ausgerechnet bei uns den Regen anhalten und anderswo Menschen leiden lassen? Was für eine Vorstellung von Gott steht dahinter? Wer ist Gott für uns? Der Gott, der meine Bedürfnisse zu befriedigen hat? Ist das tatsächlich seine Aufgabe? Ist Gott ein liebender Vater, der uns hinterher rennt und schaut, ob es uns auch ja gut geht?
Gott lässt sich von uns nicht zum persönlichen Wetterfrosch degradieren. Nein, er ist souverän und heilig, genauso, wie er gnädig und liebevoll ist. Ohne Frage kann er den Regen anhalten. Die Frage ist, ob ich ihn darum bitten will. Oder sollte ich meine Gebetszeit nicht vielleicht auch mal für die Geschwister nutzen, die wirklich unter den klimatischen Bedingungen ihrer Region leiden? Sind wir schon so borniert, dass wir nur noch uns selbst, unsere Jugend und unsere Gemeinde sehen?
Ich merke, wie egoistisch meine Gebete geworden sind, und das nicht nur beim Wetter. Im letzten Herbst wurde ich wieder neu herausgefordert, meinen Kopf über die aktuelle »Gutwetterlage« zu heben und die Menschen nicht zu vergessen, die verfolgt werden um Christi willen, die hungern und dürsten. Gleichzeitig werde ich dankbar für den Segen, den ich von Gott in Deutschland empfange, mit so vielen Gemeinden und Christen, mit so viel materiellem Reichtum, so guten Strukturen und schier unendlichen Ressourcen. Wenn ich daran denke, ist es mir plötzlich egal, ob ich nass werde oder nicht.
Zum Weiterdenken:
• Shane Claiborne, Ich muss verrückt sein, so zu leben – Kompromisslose Experimente in Sachen Nächstenliebe, Brunnen, Gießen
• Mutter Teresa/Frére Roger, Gebet – Quelle der Liebe, Herder, Freiburg
Revolte gegen das Zuviel
Bildhandy von Siemens, Panasonic oder Nokia? Dazu die aktuellsten Klingeltöne runterladen. MP3-Player oder Midi-Files, CD- oder DVD-Brenner? Playstation oder X-Box? Wieviel Megahertz muss mein neuer Computer haben, damit er morgen nicht schon als überholt gilt? Was soll ich heute anziehen? Was ist morgen noch »in«? Fragen über Fragen, die täglich auf uns einprasseln und uns das eigentlich schöne Leben schwer machen können.
Leben in der Optionsgesellschaft
Wir wachsen in einer Umgebung der Optionen auf. Wir haben mehr Wahlmöglichkeiten als irgendeine Generation vor uns. Niemals zuvor in der Geschichte gab es so viele verschiedene Trends, eine so große Vielfalt an Angeboten, aus denen wir auswählen können, ja müssen. Nie gab es so viele Subkulturen und einen so unbeständigen »Mainstream« wie heute. Weder in den 1980er noch in den 1990er Jahren gab es eine solche Flut von verschiedenen Strömungen und nie zuvor waren diese Strömungen so schnelllebig und unbeständig wie heute. Es wird uns nichts mehr vorgegeben, es ergeben sich selten Dinge zwangsläufig wie beispielsweise Schule oder Arbeit. Fast überall haben wir die Freiheit, unter vielen verschiedenen Möglichkeiten auszuwählen. Die Medien werben mit schillernden Bildern und ansprechenden Texten für die besten Lebenserleichterungen und unterstützen jeden Trend, der nur annähernd verspricht, Profit abzuwerfen. Gab es früher drei Fernsehprogramme, gibt es heute bis zu 48. Gab es früher zwei oder drei Jugendmagazine, so gibt es heute für jede Subkultur gleich mehrere. Was soll ich anziehen? Eine banale Frage, die beim heutigen »Markenkult« für viele zur Identitätsfrage wird. Was ist gerade im Trend? Welches Computerspiel ist im Moment »in«? Welche CDs sind in den Charts? Welche Berufe haben Zukunft? Wie kann ich in all diesen verschiedenen Trends, Strömungen und Angeboten meine eigene Identität finden?
Zuviel ist zuviel
Uns ist klar, dass das Leben nicht mehr einfach ist und wir in dieser Auswahl Entscheidungen treffen müssen. Aber irgendwie haben wir damit ein Problem. Es fällt uns schwer, Entscheidungen zu treffen. Vielleicht entscheiden wir uns für das Falsche und verpassen das Richtige! Das Leben ist kurz und wir wollen es genießen, alles mitnehmen und doch nichts verloren geben im Rausch von Angebot und Nachfrage. Dabei ist uns klar geworden, dass »bigger, better, faster, more« nicht alles ist und wir unsere Seelen nicht an den erstbesten »Unterhändler« verkaufen wollen. Aber wie soll das alles funktionieren? Wie können wir in unserer schnelllebigen Gesellschaft die Kontrolle über unser Leben behalten und dabei noch glücklich und zufrieden sein? Die Antwort hat Smart vor ein paar Jahren mit »reduce to the max« eingeläutet und seitdem ist eine regelrechte Hysterie von Lebenshilfen über uns eingebrochen. Hausfrauenbuddhismus und Manageryoga, Wellness und Feng Shui (Wohnen und Arbeiten im Einklang), »Besser leben mit wenig Geld« oder »Gut ist besser als perfekt« und »Die Kunst, sich das Leben leichter zu machen«. Um nur einige zu nennen.
Holzspielzeug statt High-Tech-Handy
Das Rezept klingt so einfach wie unglaublich: Nimm den Leuten einiges von ihrem unnötigen Ballast und lass sie wieder mit »Holzspielzeug« spielen, um es mal mit einem kindlichen Vergleich zu sagen. Mach dir wieder die grundlegenden und scheinbar banalen Dinge des Lebens wichtig! Einfachste Lebensweisheiten aus Großmutters Zeiten, angereichert mit Managementerkenntnissen der erfolgreichen Elite. So haben auch Christen die Zeichen der Zeit erkannt, Bianka Bleier und Birgit Schilling mit ihrem »Haushalts-Survival-Buch« Besser einfach – einfach besser (R. Brockhaus, Witten; 2007 in der siebten Auflage erschienen) oder Werner Tiki Küstenmacher, Ex-Pfarrer und Cartoonist, der 2001 zusammen mit Zeitmanagement-Guru Lothar J. Seiwert einen Bestseller mit Simplify your life landete (Campus, Frankfurt am Main; 2007 in der 16. »Diamant«-Auflage erschienen, weltweit zwei Millionen verkaufte Exemplare). Herzlichen Glückwunsch – und jeder, der Simplify your life liest und konsequent anwendet (das ist der Haken an der Sache ...), wird sicherlich eine verbesserte Lebensqualität spüren.