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الرحمن
1
Ar–Raḥmān
Der Allbarmherzige, der Allerbarmer, der Segensreiche, der Mitfühlende
298 – 1.192 – 88.804
Ar–Raḥmān ist wie das Meer der unendlichen Güte und Schönheit, Ar–Raḥmān ist die Flut, überschäumend in seiner Gnade, allumfassend in seiner Natur. Es ist das Tor, durch das alle Göttlichen Namen durchfließen.
Die Gebetskette hat 99 Perlen – entsprechend den 99 Schönsten Namen Gottes, die mit den Namen Ar–Raḥmān, Ar–Raḥīm, der Allbarmherzige, der Allgnädige beginnen, also mit jenen beiden Namen der Gnade, mit denen jede Koransure, mit Ausnahme der neunten, anfängt und die auch zu Beginn jeder Handlung verwendet werden sollen.
Ar–Raḥmān beinhaltet Qualitäten der Liebe, der Großzügigkeit, der Barmherzigkeit und des Mitgefühls. Er symbolisiert die ewig fließende Qualität des Mitgefühls für alle Geschöpfe ohne Unterscheidung. Er beinhaltet die Göttliche Qualität der Segnung und der Freude über alle Geschöpfe ohne Unterschied.
Wenn man diesen Namen wiederholt, so hat man das Gefühl, von sanften Wolken der Barmherzigkeit umhüllt zu sein, und die Isolation, das Gefühl der Abgetrenntheit, die uns Menschen so oft begleitet, beginnt sich aufzulösen. Es ist ein Göttlicher Name, der Freude und Zufriedenheit bringt, der Hoffnung und Verbundenheit verbreitet und die Dämonen der Verzweiflung und des Zweifels vertreibt. Die Wiederholung dieses Göttlichen Namens (100 Mal im zweiten Drittel der Nacht) führt zu einer klaren Erinnerungsfähigkeit, zu einem wachen Bewusstsein und befreit von schwer zu ertragendem Kummer und von Kaltherzigkeit gegenüber sich selbst und anderen. Wenn man vom zweiten Drittel der Nacht spricht, so meint man etwa eine Stunde vor der Dämmerung fağr.
Wenn Allāh einen Menschen liebt, so ruft Er den Engel Gabriel herbei und sagt: „Ich liebe diesen Menschen, so liebe du ihn auch.“ Und so liebt ihn Gabriel. Dann ruft Gabriel zu den Wesen des Himmels: „Allāh liebt diesen Menschen, so liebet ihn auch.“ Und die Wesen des Himmels lieben ihn. Dann wird diesem Menschen die Schönheit dieser Erde geoffenbart. Allāh liebt alle Seine Geschöpfe – und da gibt es jene, die sich auf die Suche nach Ihm begeben, um das zu suchen, was nicht durch Suchen gefunden werden kann und doch nur der Suchende findet. Wenn die Suchende einen Schritt zu Gott hinmacht, kommt das Göttliche im laufenden Schritt ihr entgegen. Das ist die Bedeutung, wenn Allāh einen Menschen liebt …
Lass das Erbarmen und die Güte dein Herz berühren und deine Worte und Taten beeinflussen. Denn wer in Güte die Geschöpfe dieser Welt behandelt, sei es Stein, Pflanze, Tier oder Mensch, wird mit der Göttlichen Güte umhüllt und erlebt sie in sich und um sich.
So wiederhole nach jedem Gebet 10 Mal den Göttlichen Namen Ar–Raḥmān, sodass dein Herz sich mit jedem Schlag erweitert und du die Wunder um dich und das Schöne, das in dir selbst liegt, erkennst. Denn wer Güte in seinem Herzen verspürt, kennt keinen Zweifel und keine Sorge. Die Wiederholung dieses Göttlichen Namens bringt Freude und Zuversicht in das Herz und lässt die Illusion des Zweifels und der Verzweiflung dahin schmelzen.
Güte im Herzen bedeutet, eine Weichheit im Herzen zu tragen, die das Auge des Herzens öffnet und eine tiefe Verbundenheit mit allen Wesen und ein wahres Verständnis für alle Wesen dieser Welt erzeugt.
Es gibt im Körper einen Teil, wenn dieser heil ist, ist der ganze Körper heil und wenn er krank ist oder schwach, schwächt er den ganzen Körper. Ist es nicht das Herz, das dies verursacht? So lass dein Herz deine Führung werden und lass deinen Verstand sich mit dem Herzen verbinden, sodass du ganz wirst.
„Allāh, lass mich durch Deine Güte ganz werden, durch Deine Güte die innere Sonne erspüren, die ohne Bedingung auf alle gleich scheint. Diese innere Sonne, die wir oft in uns selbst verspüren, ist Teil unseres wahren Wesens.“
Die Wurzel r–ḥ–m, aus der die Göttlichen Namen Ar–Raḥmān und Ar–Raḥīm bestehen, enthält auch die Bedeutungen Gebärmutter, Mutterleib, Verwandtschaft, Mitleid und Mitgefühl. Sie sind besonders heilsam für Beziehungen unter den Menschen und fördern die Liebe und das liebende Mitgefühl unter den Geschöpfen. Menschen, die das Gefühl haben, von Gott verlassen oder vergessen zu sein, finden durch die Wiederholung dieser Namen wieder die Öffnung, von der sie glaubten verschlossen zu sein.
Ar–Raḥmān drückt gemeinsam mit seinem Klangkodex und seiner Bedeutung die ewig seiende Qualität aus, die Qualität der Unendlichkeit und der Endlosigkeit. Es ist die zutiefst innewohnende, ewig seiende Qualität, ohne die nichts ist. Neben Allāh, aus dem alle Namen fließen und die die mannigfaltigen Aspekte des Einen betonen, ist Ar–Raḥmān das Tor bzw. die Mutter, durch die alle Göttlichen Namen erscheinen.
Der Vers „kataba ‘alā nafsihi r–raḥma“ (6:12) „Allāh hat auf das Göttliche Herz, das Wort „raḥma“ Güte, Gnade geschrieben“, zeigt auf, dass alle Göttlichen Namen erst durch dieses Tor fließen, bevor sie in der Welt erscheinen.
Auch der Tod ist mit dieser Wurzel verbunden, im Wort marḥūm, „derjenige mit dem Gott Gnade und Erbarmen hat“, und mit dem die/der Tote bezeichnet wird. Vor unserer Geburt sind wir alle in dieser raḥma und nach dem Tod sind wir in ihr. Wir reisen also als Menschen von einer Gebärmutter der Liebe in eine weitere Gebärmutter der Liebe, dazwischen sind wir in einer Welt, wo wir auf unsere Beine gestellt werden, um diesem Urwissen in unseren Handlungen Ausdruck zu geben. Vertraue und gehe deinen Weg!
Wahrlich schwanger zu sein heißt, die Güte im Herzen zu tragen und alle Geschöpfe zu den eigenen Kindern werden zu lassen.
Den Menschen bessern, ihn in seine Weisheit, sein Wissen, seine Ausgewogenheit und Harmonie zu bringen, heißt, ihn wieder mit dem Himmel zu verbinden, das zerrissene Band wieder neu zu knüpfen und ihm zu helfen, sich von der Beherrschung durch seine Begierden und von seiner Verhaftung in der Materie zu befreien und ihn wieder mit der Welt des Geistes und der frohgemuten Klarheit zu vereinen.
Wenn du diesen Göttlichen Namen wiederholst, dann lege immer wieder deine Hand auf deinen Bauch und atme ruhig in dein Herz hinein, sodass du deine innere Sonne erkennst und sie bedingungslos strahlen lassen kannst. Finde in dir das Licht des Ar–Raḥmān, indem du deinen freien Willen dahingehend verwendest, Gutes für dich und andere zu tun.
Das Wort raḥīm, „sehr barmherzig“ ist die Steigerung von rāḥm, „barmherzig“, und die noch weitere Steigerung ist raḥmān, das „Unendlich Gute“.
Sowohl Ar–Raḥmān als auch Ar–Raḥīm sind beides Göttliche Namen, die unsere tiefsten Wunden, unser Gefühl der Mangelhaftigkeit und Unzulänglichkeit heilen. Sie verbinden uns mit dem Moment der Vorgeburt und schließen uns wieder an den ewigen Puls der gütigen Liebe an. Die Wiederholung dieser beiden Göttlichen Namen bringt nicht nur Stärkung und Kräftigung für die Gebärmutter, die weiblichen und männlichen Geschlechtsorgane, sondern bringt eine allgemeine Aktivierung aller Organe des Körpers mit sich.
„Der Weg des Sufismus liegt darin, aus dem Menschen ein Ganzes zu machen, indem er alle seine Aspekte zusammenfasst und ihn auf sein Zentrum zuführt.“
(Roger Garaudy)
الرحيم
2
Ar–Raḥīm
Der Allmitfühlende, der Allgütige, der Barmherzige,
der Erweiser der Wohltaten, der Allgnädige
258 – 1.032 – 66.564
Barmherzigkeit beinhaltet Mitleid, Mitgefühl und die Fähigkeit zu verzeihen. Es gibt eine Form der Barmherzigkeit, die aufsteigt, bevor es eine Notwendigkeit dafür gibt, ein Mitgefühl, ewig fließend vom Göttlichen zu allen Geschöpfen hin, sie beschützend, behütend und sie führend zum Licht und zu einem höheren Leben.
Ar–Raḥīm ist die Ebbe, die den Menschen zu seinem Ursprung zurückführt. Es ist die Gnade, die uns Menschen befähigt, über unsere irdischen und menschlichen Grenzen hinauszuwachsen, um das Paradies der Einheit einzuatmen. Weisheit, Wissen, Ausgewogenheit sind Grundqualitäten unseres tiefen Seins.
Im Sufismus ist der Ozean ein Sinnbild für die Einheit und Ar–Raḥmān und Ar–Raḥīm sind darin wie Flut und Ebbe. Allāh hat uns durch die Offenbarungen seiner Gesandten immer wieder mächtige Flutwellen aus dem Meer der Unendlichkeit an die Ufer unserer endlichen Welt gesandt. Sufismus ist die Sehnsucht, sich in diese Welle zu werfen und sich von ihr zur Unendlichen Quelle, zum Ewigen Ursprung mitnehmen zu lassen. Für die meisten Gläubigen ist nur das Wasser von Bedeutung, das in den Becken zurückblieb, und das die äußere Form der Religion darstellt, doch der sehnsuchtsvoll Suchende, der Sufi, brennt nach dem Ewigen Quell. Der Sufi will verstehen, will erkennen, will bedingungslos lieben. Ein Sufi verwendet die äußere Form, um die innere einende Weisheitslehre zu verstehen.
Wir Menschen tragen viel Schmerz, Einsamkeit und ein tiefes Verlangen, frei zu sein, in uns. Die meisten Menschen reagieren auf unangenehme Erfahrungen, indem sie ihre Gefühle blockieren. Unsere Gefühle sind die Verbindung zwischen Körper und Geist, sie zu blockieren, zur Erstarrung zu bringen, bedeutet, den natürlichen Energiefluss und damit unsere Entwicklung und Reifung zu verhindern.
Mit Ar–Raḥmān und Ar–Raḥīm können wir uns dem schmerzhaften Bereich nähern, die Hoffnung sanft erwecken und die Seele erinnern, wer sie ist und wo sie hingeht.
Die Göttliche Barmherzigkeit ist in allen Dingen und für alle Dinge. Mit jeder weiteren Falte des Vertrauens im unsichtbaren Göttlichen Umhang, den wir vom ersten Atemzug umgelegt bekommen, erkennen wir mehr und mehr die Göttliche Barmherzigkeit, die sich durch alle Geschöpfe manifestiert. Jede Begegnung, die Anwesenheit eines jeden Geschöpfes wird so zur Bereicherung, denn jede Existenz trägt in sich einen Teil der Göttlichen Barmherzigkeit. Wir sind in unserem Leben immer mit verschiedenen Situationen konfrontiert, jede davon dient dazu, ist eine Möglichkeit, tiefere Erkenntnis über uns zu bekommen.
Ein Mensch, der von diesem Namen gekostet hat, trägt eine Sanftheit, Feinheit und eine zärtliche Sinfonie im Herzen. In Ar–Raḥīm wird die innewohnende Barmherzigkeit stark betont.
Wenn man täglich – nach einem Gebet oder nach der Zeit der Meditation – 100 Mal die Göttlichen Namen Ar–Raḥmān und Ar–Raḥīm wiederholt, fördert diese Intimität die Fähigkeit zu helfen sowie die Toleranz, und löst vom Herzen die Blindheit des Urteilens. Diese beiden Göttlichen Namen variieren zwar in sich, sind aber nicht unterschiedlich, da sie sich beide im Ozean der Liebe finden. Sie sind der Schlüssel für das Gute und das Schloss für alles Schlechte. Jede Tat, die mit diesen beiden Namen begonnen wird, trägt den Göttlichen Segen mit sich.
Die Göttlichen Namen Raḥmān und Raḥīm sind beide von raḥma, „Barmherzigkeit und Erbarmen“, abgeleitet. Raḥmān ist die verborgene, ewig– und allbestehende Barmherzigkeit und Raḥīm der äußere Ausdruck, die unbegrenzte äußere Manifestation dieser Eigenschaft.
Aus Ar–Raḥmān entsteht die Welt, Ar–Raḥmān ist die Realität der Liebe. Aus der unendlichen Güte und Zärtlichkeit entstehen alle Lebensvoraussetzungen auf Erden. Ar–Raḥīm ist die Gnade, die Rettung der Menschheit. Durch ihre Manifestation werden hier auf Erden die Samen der Liebe und Güte angelegt und die Wohltaten ausgeteilt. Der Mensch kann den Samen erfahren, ihn tief in die fruchtbare Erde des Herzens drücken, ihn mit dem Licht der liebevollen Achtsamkeit und mit dem Regen des Mitgefühls nähren und mit dem Vertrauen in Allāh zum Erblühen bringen. Deswegen sagen die Sufis: „Der Regen ist Allāhs Segen!“ Er erinnert an den inneren Akt der Reifung und des Wachsens, an die eigene Rose im Herzen.
Durch die Wiederholung von Ar–Raḥmān und Ar–Raḥīm entsteht eine Annäherung, ein intimes bewusstes Treffen zwischen der Göttlichen Barmherzigkeit und unserer menschlichen Beschränktheit. Sich des eigenen Unvermögens bewusst zu sein ist nötig, um sich selbst zu einem Gefäß des Vertrauens zu verwandeln, welches die Barmherzigkeit empfängt. Der Tropfen beginnt die Schwingung des Ozeans anzunehmen. Ar– Raḥmān und Ar–Raḥīm sind diese Einung.
Der Name Raḥmān ist wie der weite, unendliche Himmel und Raḥīm wie ein wärmender Sonnenstrahl, der vom Himmel herab scheint, uns erfasst und belebt.
Daher beginne jede Tat mit:
بسم الله الرحمن الرحيم
bismillāh ar–raḥmān ar–raḥīm
Im Namen Allāh, Der unendlich Gütige, Der immer Barmherzige Im Namen des Allbarmherzigen, Allgütigen, Schöpfer aus Liebe und Erretter aus
Gnade und Erbarmen.
Mit dieser Formel rufst du dein Herz auf, jede Tat bewusst mit ihrer Wahrhaftigkeit zu umhüllen, jede Tat ausdrücklich in der Göttlichen Gnade zu verweben und das Göttliche Licht auf Erden durch deine Existenz zu verbreiten.
Die hingebungsvolle Wiederholung dieses Namens – mit leidenschaftlichem Herzen – wird vor Vergesslichkeit, Verwirrtheit und vor der Verhärtung des Herzens schützen. Durch die Wiederholung dieses Göttlichen Namens (100 Mal) im letzten Drittel der Nacht, erfährt man Mitgefühl und Verbundenheit von und mit allen Geschöpfen.
Bei Nebenhöhlenproblemen wiederhole 258 Mal Ar–Rahīm, indem du deine Hand über diesen Bereich legst.
Die Wiederholung dieses Göttlichen Namens verwandelt einen Feind in einen Freund und bringt Ruhe und Stille in den Körper und in die Seele.
Zeige Mitgefühl auf Erden, so zeigt dir der Himmel Sein Mitgefühl. Der schnellste Weg zur Verwandlung geschieht durch Dienen, und mit Dienen ist nicht das Aufopfern gemeint, sondern das Mitgefühl im Herzen wachsen zu lassen und die Barmherzigkeit des Herzens mit dem Verstand zu verbinden. Mit der Sonne des Geistes das Herz polieren.
„Oh ihr Menschen! Respektiert euren Herrn, Der euch aus einem einzigen Wesen erschuf und von selber Natur eine Gefährtin und von diesen beiden viele Männer und Frauen entstehen ließ. Und seid euch Gott bewusst, in Dessen Namen ihr einander (um eure Rechte) bittet, und seid euch der Gebärmutter (Verwandtschaftsbindungen) bewusst (die euch Leben schenkte). Siehe, Gott wacht über euch.”
(4:1)
Die Zusammenstellung von Gott und Gebärmutter ist auch das Zusammenbringen von Unsichtbar und Sichtbar, von Jenseits und Diesseits.
Zwei Dinge sind wesentlich auf unserem spirituellen Weg, der stets Ausdruck hat im Sozialen, und daran soll sich der Mensch erinnern: an die Bezeugung der Absoluten Einheit allen Seins, und an die Gebärmütter, die uns hierher gebracht haben. Die Gebärmutter ist der Ort, wo etwas empfangen wird, sie ist der Ort, wo Nahrung und Schutz zusammen kommen, die zwei Grundqualitäten, die ein Wesen braucht, um ausgeglichen heranzuwachsen. Gebärmutter steht aber auch für einen inneren Zustand, der angenehm ist bzw. Trost gibt. Die Achtung der Gebärmutter, durch die wir geboren wurden, als der Logos der menschlichen Schöpfung in dieser Welt, welche uns an unseren gemeinsamen Ursprung erinnert und an die Verwandtschaftsbande der Menschheit, an die äußere Vielfalt allen Seins. Die Achtung der Gebärmutter bedeutet stets, den Schwachen und Unterdrückten beizustehen, für die Gerechtigkeit aufzustehen und die Unterdrücker zu bekämpfen. Es bedeutet auch Respekt und Hütung gegenüber der kosmischen Gebärmutter, unserer Natur. Denn die Natur ist und wird immer die Gefährtin des Glaubens sein.
Unser menschlicher Anteil an den Göttlichen Namen Ar–Raḥmān und Ar–Raḥīm ist, uns nicht von den Bedürfnissen der Schöpfung abzuwenden, weder vom weinenden Kind noch vom hungernden Nachbarn.
Gott gibt uns Auskunft über die Rechte und Pflichten, die wir füreinander haben sollen. Er zeigt uns auf die Ordnung, die Prioritäten, Proportionen und die Organisation dieser Rechte und Pflichten. Aus unserer Bewusstheit, aus dem Quell der liebenden Güte erfüllen wir diese Rechte und Pflichten.
All diese Worte, all diese Erläuterungen sollen uns helfen die „Ich“–Isolation, die Trennung vom „Wir“, zu der wir aus den verschiedenen Arten von Ängsten immer wieder tendieren, aufzulösen. Mit dem Göttlichen Vertrauen den ersehnten und nötigen Schutz und die Ergiebigkeit zu erreichen, anstatt sich mit den aussichtslosen und vorgestellten Mauern des Ichs einzugrenzen.
Unsere Güte und Barmherzigkeit, unsere wärmende, nährende, schützende Liebe soll vor allem den Waisen und Verlassenen in dieser Welt, die doppelt beschützt werden müssen, gelten.
„Die Sufis besitzen Wege, wie man zu beten lernt; und zwar auf solche Art und Weise, dass man im Herzen und aus dem Herzen betet – und nicht nur Worte äußert oder gute Gedanken empfindet, rechte Absichten formuliert oder Willensakte ausübt.“
(Thomas Merton)
الملك
3
Al–Malik
Der Souverän, der Herrscher, der König
90 – 270 – 8.100
Der Souverän ist der König, der Herrscher über alle Geschöpfe. Dieser Göttliche Name drückt die Verbundenheit der Menschen mit dem Göttlichen aus. Er ist der Meister aller Geschöpfe und der wahre und ewige Herrscher. Er herrscht nicht nur über die Körper aller Geschöpfe, sondern auch über ihre Herzen und Seelen. Die Wiederholung dieses Namens (100 Mal) führt zu einer Qualität des Respekts sich selbst und anderen gegenüber wie auch der anderen uns gegenüber. Die Wiederholung dieses Namens ist die Anrufung der Göttlichen Großzügigkeit und Allmacht. Er legt Geduld und Dankbarkeit in das Herz des Anrufenden und gibt Zufriedenheit mit dem, was von Ihm kommt.
Tue dein Bestes und vertraue, wende dich von deiner „kleinen Ich–Welt“ in Vertrauen an die Ganzheit, an die Einheit. Tue dein Bestes und vertraue. Hetze nicht und bleibe in deiner Mitte, in deinem inneren Wesen, mit deinem Herzen verbunden. Das, was für dich bestimmt ist, kommt zu dir, und wenn es vorher die ganze Welt umkreisen muss.
Es ist ein Name, der uns erkennen lässt, dass wir frei sind von Besitz, und dieses Wissen um die Besitzlosigkeit ist die Quelle der Freude an allem, was wir haben. Es öffnet die Dankbarkeit für den tiefen Moment des Genusses der Schönheit, ohne die Schwere des Festhaltens. Dieser Göttliche Name erlaubt uns, die krampfhaft festhaltende Hand zu öffnen und in tiefer Sicherheit alles zu halten.
Sage:
ربي زدني علماً
rabbi zidnī ‘ilman
Allāh schenke mir Wissen und erweitere mein Verstehen.
Die dreimalige Wiederholung des folgenden Gebetes über einem kranken Menschen führt zur Erleichterung und Heilung, wenn es für sie oder ihn bestimmt ist:
اللهم أنت الملك الحق الذي لا اله الا أنت يا الله يا سلام يا شافي يا شافي القلوب
Allāhumma anta l–malik ul–ḥaqqu lladī lā ilāha illā anta, yā allāhu, yā salāmu, yā šāfī, yā šāfī l–qulūb.
Oh Allāh, Du bist der wahrliche König. Es gibt keinen außer Dir, oh Allāh, Du Quelle des Friedens, Du Heiler, Du Balsam des Herzens.
Wenn man jemanden trifft, vor dem man sich fürchtet, dann verstummt man oft aus Angst. Durch die Wiederholung dieses Göttlichen Namens löst sich langsam die Zunge, die Worte fließen und ein warmes Licht breitet sich in der Brust aus. Wiederhole diesen Namen vor allem nachts und in der Stille; er gibt Geduld, Zufriedenheit und verbreitet das Gefühl der Dankbarkeit. Sein Königreich komme, teete malakutah, waren die Worte Jesu im Aramäischen.
Wenn du von diesem Namen getrunken hast, erkennst du, dass all dein Besitz, all dein Reichtum und deine hohe Position nicht dir gehören und Allāh allein wird dir genügen.
Auch für Menschen, die Angst haben, etwas zu besitzen oder das Gefühl haben, nicht berechtigt zu sein, etwas zu besitzen, aus Sorge, sich dadurch zu verzetteln oder aus dem Gefühl heraus, es nicht wert zu sein, hilft die Repetition dieses Namens.
Der Göttliche Name Al–Malik – sowie auch Maliku–l–Mulk (84) – kommen von der Wurzel m–l–k mit der Grundbedeutung „in den Händen halten, die Existenz einer Sache besitzen“. Dies bedeutet, dass Allāh mit dem Namen Al–Malik die Essenz aller Dinge fest in den Händen hält und dass diese Essenz immer und für die Ewigkeit von Ihm umarmt ist. Diese majestätische Umarmung hat und wird immer bestehen.
Mit der Wiederholung von Al–Malik wird man sich dieses inneren Halts und zugleich einer der größten Befreiungen des Lebens bewusst, nämlich dass man Ihm gehört und zu Ihm immer zurückkehrt. Dieses Wissen erlaubt uns, frei von der Urangst der vereinsamenden Zurückweisung den Weg der Menschlichkeit zu gehen.
Sowohl der Name für Engel malāk als auch der Name für die unsichtbare Welt malakūt stammt von derselben Wurzel. So zeigen uns die verschiedenen Bedeutungen dieser Wurzel, dass auf allen Ebenen die Wesen und Welten in Seinen Händen liegen.
„Oh Allāh, was immer Du als Teil an dieser Welt mir bestimmt hast, gib es denen, die Dich vergessen haben, und was immer Du mir von der nächsten Welt zukommen lassen willst, gib es denen, die Dich lieben. Du bist mir genug!“
(Rabi‘a Al–‘Adawiyya)