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Für Camilo, Emiliano, Manuel und Nina

Stefan Hofer-Krucker Valderrama, Rémy Kauffmann

Neue Medien – neuer Unterricht

Das Praxishandbuch

ISBN Print: 978-3-0355-1487-2

ISBN E-Book: 978-3-0355-1488-9

1. Auflage 2019

Alle Rechte vorbehalten

© 2019 hep verlag ag, Bern

www.hep-verlag.com


Zusatzmaterialien und -angebote zu diesem Buch: http://mehr.hep-verlag.com/neue-medien

Inhalt

Einleitung

Kapitel 1: Nutzen und Mehrwert digitaler Medien im Unterricht

1.1 Besserer Unterricht dank digitaler Medien?

1.2 Kompetenzen für das 21. Jahrhundert

Kapitel 2: Unterrichtsszenarien

2.1 Informationen suchen und bewerten

2.1.1 Informationsbedarf wahrnehmen

2.1.2 Effizient suchen und Relevantes finden

2.1.3 Suchergebnisse bewerten

2.2 Wissen aufbauen und strukturieren

2.2.1 Motivierendes und variantenreiches Üben

2.2.2 Wissen gezielt strukturieren und vernetzen

2.2.3 Präsentationen korrigieren und verbessern

2.3 Netzressourcen nutzen

2.3.1 Wikipedia-Einträge analysieren

2.3.2 Wikipedia-Einträge editieren

2.3.3 Wikipedia-Einträge verfassen

2.4 Präsentieren, zeigen, demonstrieren

2.4.1 Aktivierend präsentieren

2.4.2 Präsentationssituation verändern

2.5 Kommunizieren und diskutieren

2.5.1 Alle zu Wort kommen lassen

2.5.2 Argumentieren und überzeugen

2.5.3 Über Kommunikation sprechen

2.6 Mit Texten arbeiten

2.6.1 Texte verstehen

2.6.2 Texte analysieren

2.6.3 Texte umwandeln

2.6.4 Texte kreativ bearbeiten

2.7 Mit Bildern arbeiten

2.7.1 Bilder analysieren

2.7.2 Bilder editieren

2.7.3 Bilder herstellen

2.8 Mit Filmen arbeiten

2.8.1 Filme analysieren

2.8.2 Filme editieren

2.8.3 Lernressource Film

2.8.4 Filme herstellen

2.9 Texte verfassen

2.9.1 Realitätsnah schreiben

2.9.2 Prozessorientiert schreiben

2.9.3 Gemeinsam schreiben

2.9.4 Texte online publizieren

Intermezzo:

Die Sicht der Schüler*innen

Erkenntnisse der Lehr- und Lernforschung

Kapitel 3: Produkte herstellen

3.1 Mögliches Vorgehen

3.1.1 Basiswissen erarbeiten

3.1.2 Gemeinsam Ideen generieren

3.1.3 Projekte definieren und vorbesprechen

3.1.4 Produkte erarbeiten

3.1.5 Produkte als Lernressource nutzen

3.2 Produktorientiertes Arbeiten: Medientransfer

3.3 Produktorientiertes Arbeiten: Interessegeleitete Themenwahl

3.4 Diskussion

Kapitel 4: Neue Medien – neuer Unterricht

5 Anhang

5.1 Liste der erwähnten Tools

5.2 Tipps und Tricks

5.3 Literatur

5.4 Verzeichnis aller Szenarien

5.5 Anmerkungen

Einleitung

«Digitalisierung» ist derzeit das Schlüsselwort in der Gesellschaft. Es bezeichnet die tiefgreifenden Veränderungen, die die Gesellschaft seit einigen Jahren in all ihren Bereichen erfassen und die sich aus der Entwicklung und dem Einsatz der neusten digitalen Technologien ergeben. Gefordert ist ein adäquater Umgang mit diesen Veränderungen. Die Schule rückt hierbei besonders stark in den Fokus: Denn die Schüler*innen von heute sollen dereinst die Gesellschaft weiterentwickeln und Probleme lösen, die sich jetzt schon abzeichnen. Entsprechend groß sind daher die Erwartungen an den Bildungssektor, die betreffende Vorbereitungsarbeit zu leisten.

Trotz hoher gesellschaftlicher Erwartungen sind die Maßnahmen, die bisher an Schulen ergriffen werden, überschaubar. Es fällt der Schule offensichtlich schwer, sich auf diese neusten gesellschaftlichen Entwicklungen einzulassen. Doch woher rühren diese Schwierigkeiten? Folgende Gründe sind zu nennen:

Digitalisierung wird in der Gesellschaft gemeinhin als technologische Entwicklung verstanden. Mit Blick auf die Schule sind hier in erster Linie digitale Geräte und Medien zu nennen, die im Unterricht eingesetzt werden können. In diesem Bereich hinkt die Schule der gesellschaftlichen Entwicklung hinterher; vielerorts fehlt es noch an verlässlicher technologischer Infrastruktur. Dazu wird Digitalisierung an der Schule oft allein als technologische Entwicklung missverstanden; dabei wird vergessen, dass eine Begleitung durch sinnvolle pädagogisch-didaktische Konzepte zentral ist. Denn die Lernforschung sagt, dass die Lernwirksamkeit digitaler Unterrichtsszenarien sehr stark von der jeweiligen Umsetzung und Einbettung abhängt. Bisher fehlen solche Konzepte aber weitgehend; und vor allem fehlen auch konkrete und gut handhabbare Beispiele, die den Lehrkräften die Arbeit erleichtern würden. Die Anforderungen, die im Zeichen der Digitalisierung auf die Schulen und die einzelnen Lehrkräfte zukommen, werden daher von den Lehrkräften als diffus wahrgenommen. Was genau «digitaler Unterricht» bedeutet und wie viel Digitalisierung des Unterrichts sinnvoll ist, bleibt offen. Folge davon ist, dass die Lehrkräfte gar nicht genau wissen, wo sie ansetzen und was und wie viel sie tun sollen.

Das ist daher fatal, weil die Digitalisierung kein Oberflächenphänomen ist, vielmehr in alle Bereiche des Lehrberufs und in alle Bereiche schulischer Lehr- und Lernprozesse eingreift – mit massiven Auswirkungen auf das System Schule. Das zeigt sich etwa am Thema «Prüfungen»: Weiterhin werden Prüfungen zumeist handschriftlich in einer oder mehreren Lektionen und ohne Einbezug digitaler Medien durchgeführt; und auch der abgefragte Stoff gleicht dem, der vor Jahren schon geprüft wurde. Das digitale Zeitalter scheint in dieser Hinsicht also noch nicht in der Schule angekommen zu sein. Doch angesichts der Tatsache, dass mittlerweile unendlich viel Wissen jederzeit über das Netz abgerufen werden kann, ist ganz grundsätzlich zu fragen, welches Wissen bzw. welche Kompetenzen Lehrpersonen den Schüler*innen heute und in näherer Zukunft vermitteln und dann auch prüfen sollen, damit diese gut auf die Herausforderungen in der Gesellschaft vorbereitet sind.

Die einfache Verfügbarkeit von Wissen hat auch Auswirkungen auf das Selbstbild der Lehrkräfte, das durch die Digitalisierung stark herausgefordert wird. Die veränderte gesellschaftliche Organisation von Wissen führt einerseits zumindest potenziell zu einem Autoritätsverlust der Lehrkräfte und zu neuen Interaktionsmustern zwischen Lehrenden und Lernenden wie Coaching und dialogischem Lernen. Andererseits kann der Entscheid von Lehrkräften, digitale Medien im Unterricht einzusetzen oder nicht, weitreichende Konsequenzen haben. Denn es geht letztlich darum, ob man als eine moderne und zeitgemäße Lehrkraft wahrgenommen wird oder nicht. Mit gutem Grund reagieren Lehrkräfte daher oft sehr emotional auf Fragen der Digitalisierung: Denn diese Fragen berühren ihre berufliche Identität in tiefgreifender Weise. Daraus erklärt sich die sehr ambivalente Haltung vieler Lehrkräfte gegenüber dieser gesellschaftlichen Entwicklung.

Schließlich mangelt es der Schule an einer fehlerfreundlichen Lehr- und Lernkultur und grundsätzlich an einer experimentellen Haltung neuen Entwicklungen gegenüber. Diese wären für den Einsatz von digitalen Medien aber zentral. Denn es ist naheliegend, dass der Einbau von digitalen Medien nicht reibungslos ablaufen wird, dass da und dort Probleme auftreten können; diese gilt es auszuhalten und Erfahrungen damit und Erkenntnisse daraus für die Entwicklung der weiteren Lehr- und Lernszenarien zu nutzen. Die Angst vor Kontrollverlust oder die Angst, sich angesichts eines ungewohnten Szenarios vor den Schüler*innen zu blamieren, müssen Lehrkräfte handhaben und aushalten können.

Aus den genannten Gründen löst die Digitalisierung des Bildungsbereichs bei vielen Lehrkräften ungute Gefühle aus und wirkt als Stressfaktor. Denn als gleichsam totalitäres Schlagwort evoziert die Digitalisierung tiefgreifende Veränderungen, die die Gesellschaft insgesamt betreffen und also auch die Schule und die Lehrkräfte umfassend herausfordern; gleichzeitig ist vielen Lehrkräfte unklar, wie sie mit dieser Herausforderung umgehen sollen, weil Handlungsanleitungen fehlen.

Ziel dieses Buches

Hier möchte das vorliegende Buch ansetzen. Zum einen wollen wir darin konkrete Ideen und Anregungen vermitteln und Mut machen, sich auf die Digitalisierung an der Schule wirklich einzulassen. Die Grundfrage lautet: Wie kann ich die neuen digitalen Möglichkeiten nutzen, um den Bildungsprozess ganzheitlich zu fördern und die Schüler*innen auf eine digitale Ausbildungs- und Berufswelt vorzubereiten? Es geht also nicht in erster Linie um Tools und Applikationen, sondern um Ideen und didaktischen Szenarien, die mit ihrer Hilfe umgesetzt werden können. Wir haben daher einen pragmatischen Ansatz gewählt, der weitgehend auf theoretische und konzeptionelle Ausführungen verzichtet; und wir konzentrieren uns auf alltagstaugliche und einfach umsetzbare Ideen und Anregungen in Form von Szenarien, die sich in unserem Unterricht bewährt haben.

Zum andern soll dieses Buch dazu ermuntern, die Digitalisierung nicht als Bedrohung, sondern als Möglichkeit wahrzunehmen, die eigenen Unterrichtsroutinen zu überdenken, das Wagnis einzugehen, unkonventionelle Formen auszuprobieren und zu experimentieren, den Schüler*innen mehr Freiraum zu geben und als Lehrkraft neue Erfahrungen zu machen. Diese Erfahrungen ermöglichen es dann, eine selbstbewusste und reflektierte Haltung zu Fragen der Digitalisierung im Bildungsbereich einzunehmen, die man vor sich und anderen – der Schulleitung, dem Kollegium, den Schüler*innen, den Eltern, der Öffentlichkeit – überzeugt vertreten kann.

Zum Aufbau des Buches

Zum Auftakt machen wir uns im ersten Kapitel Gedanken zum Nutzen und Mehrwert digitaler Medien im Unterricht. Im Kontext dieser Überlegungen stehen dann die folgenden Kapitel. Ausgangspunkt der einzelnen Unterkapitel von Kapitel 2 ist jeweils ein Unterrichtsszenario, das unserer Erfahrung nach gegenwärtig häufig in der Praxis eingesetzt wird und den Ist-Zustand bezeichnet. Diese Alltagsszenarien sind mal ganz analog konzipiert, nicht selten aber bedienen auch sie sich bereits digitaler Medien: Sie nutzen also etwa Word, PowerPoint, eine Suchmaschine im Internet oder das Smartphone. Damit ist auch gesagt: Die Digitalisierung der Schule erfolgt nicht abrupt, sie ist vielmehr ein kontinuierlicher Prozess, an dem wir alle schon seit längerer Zeit beteiligt sind. Diese Einsicht rückt die Digitalisierung unseres Erachtens etwas zurecht und lässt sie handhabbarer erscheinen.

Im Anschluss an das gängige Unterrichtsszenario stellen wir jeweils einige mögliche Alternativen vor, die stärker auf den Einsatz von digitalen Medien bauen. Dabei konzentrieren wir uns auf den Einbezug von kostenfreien Web-2.0-Anwendungen: Denn diese benötigen keine spezielle Software, die Installation und die Verwaltung von Lizenzen entfällt und die Handhabung ist intuitiv und unkompliziert, so dass Lehrkräfte und Schüler*innen innerhalb kürzester Zeit Produkte erstellen können. Und nicht zuletzt lassen sich Web-2.0-Anwendungen auf Computern, Tablets und Smartphones nutzen.

Wir verzichten auf detaillierte technische Anweisungen: Denn zu allen gängigen Applikationen und Tools sind inzwischen auf dem Netz gut gemachte Tutorials zu finden, die selbsterklärend sind. Und wir konzentrieren uns auf wenige konkrete Applikationen und Tools: Diese können bekanntlich schnell auch wieder verschwinden, wobei in der Regel neue Applikationen die entstandenen Lücken umgehend füllen.

Kapitel 3 zeigt, wie unter den gegebenen schulischen Bedingungen ein Unterricht gepflegt werden kann, der produktorientiert verfährt, dabei die Möglichkeiten digitaler Medien intensiv nutzt und die Schüler*innen auf diese Weise aktiv einbindet. In Kapitel 4 denken wir schließlich darüber nach, wie die Digitalisierung die Schule auch sehr viel grundsätzlicher verändern könnte, wenn gewisse Rahmenbedingungen angepasst würden. Der Band endet mit konkreten Tipps für einen gangbaren Weg, wie sich der eigene Unterricht schrittweise digitaler gestalten lässt. Schließlich sollen in diesem Band auch jene nicht fehlen, die von der Institution Schule am direktesten betroffen sind: Wir haben zwei unserer Klassen zur Digitalisierung der Schule befragt und geben die Ansichten und Überlegungen dieser Schüler*innen wieder.

An wen richtet sich dieses Buch?

Dieses Buch, als Handreichung von Lehrkräften für Lehrkräfte gedacht, ist aus der Praxis des Schulunterrichts entstanden und möchte Anregung für diese Praxis vermitteln. Es ist keine Studie, die den Einsatz digitaler Medien im Unterricht empirisch untersuchen oder den Mehrwert dieses Einsatzes wissenschaftlich fundiert diskutieren möchte. Wir argumentieren aber sehr wohl auf der Folie von Erkenntnissen aus der Lehr- und Lernforschung und der Mediendidaktik, die wir auf den Seiten hier bis hier knapp zusammenfassen.

In erster Linie richten wir uns an Lehrkräfte, die sich den Herausforderungen der zunehmenden Digitalisierung der Schule stellen wollen oder müssen und auf der Suche nach Ideen und Anregungen sind. Ihnen könnte der vorliegende Band als Ergänzung zu Weiterbildungsveranstaltungen und zu sonstigen eigenen Bemühungen im Bereich digitale Medien dienen. Lehrkräfte, die den Unterricht schon stärker digital unterstützen, finden hoffentlich Ideen und Anregungen, um die eigenen Ansätze zu erweitern.

Wir sind beide Geistes- und Kulturwissenschaftler und unterrichten an Gymnasien in der Schweiz. Deshalb sind Lehrkräfte, die ebenfalls auf der Sekundarstufe und in vergleichbaren Fächern im deutschsprachigen Raum unterrichten, unsere primäre Zielgruppe. Wir hoffen jedoch, auch Lehrkräften aus anderen Fächern und Schulstufen Impulse vermitteln zu können. Denn vieles lässt sich – bei entsprechender Anpassung – gut auf andere Unterrichtssituation übertragen. Wir versuchen auch zu berücksichtigen, dass Lehrkräfte sehr unterschiedliche Vorstellungen von Lehren und Lernen und unterschiedliche Unterrichtsphilosophien vertreten – und dass es für qualitativ hochstehenden Unterricht fundamental ist, wenn unterschiedliche Wege und Philosophien auch tatsächlich gewählt werden können. Entsprechend bauen wir darauf, dass unsere Anregungen mit unterschiedlichen Lehr- und Lernphilosophien kompatibel sind.

Neben dem Unterricht an Gymnasien führen wir an der Universität Zürich Weiterbildungsveranstaltungen für Lehrkräfte zum Thema digitale Medien durch und sind an der gleichen Institution in der Ausbildung von angehenden Lehrkräften engagiert. Aus diesen Erfahrungen und aus den Gedanken, Überlegungen und Problemen, die sowohl angehende als auch erfahrene Lehrkräfte im Zusammenhang mit dem schulischen Einsatz von digitalen Medien umtreiben, haben wir fiktive Lehrer*innenzimmergespräche kreiert. Diese Gespräche erscheinen verteilt über den Band und sollen dazu dienen, die sehr unterschiedlichen Sichtweisen auf Digitalisierung an der Schule, die es gegenwärtig im Lehrkörper gibt, lebendig werden zu lassen. Sie helfen uns derart, den Blick auf neuralgische Punkte zu lenken.


Das BYOD-Konzept[1], das derzeit an den Schulen Einzug hält, stellt Lehrkräfte vor neue Herausforderungen und konfrontiert sie mit einer Reihe von sehr wesentlichen Fragen: Welche konkreten Lerninhalte müssen die Schüler*innen im digitalen Zeitalter beherrschen und über welche Fähigkeiten und Kompetenzen sollen sie dereinst verfügen? Wie gestalte ich meinen Unterricht, wenn die Schüler*innen alle mit einem Laptop oder Tablet im Schulzimmer sitzen? Und last but not least: Wie wird sich mein Beruf und meine Tätigkeit im Rahmen der Digitalisierung der Schulen verändern?

Die fiktiven Lehrer*innengespräche, die wir einzelnen Kapiteln dieses Bandes voranstellen, sollen einen Einblick in Gedanken zu diesen Problemen eröffnen. Dabei geht es nicht um gute oder schlechte, moderne oder traditionelle, digitale oder analoge Typen und Lehr- und Lernphilosophien. Vielmehr soll das breite Meinungsspektrum abgebildet werden, das heute an den Schulen anzutreffen ist und worin sich eine kritische, aber auch konstruktive Auseinandersetzung mit den neuen technischen Möglichkeiten zeigt. Die Dialoge und Äußerungen der Lehrkräfte sind in diesem Kontext zu verstehen; sie thematisieren jeweils ganz spezifische Probleme.

Humboldt-Gymnasium – große Pause

Die Schulleitung hat die Lehrkräfte eben darüber informiert, dass im neuen Schuljahr BYOD eingeführt wird. Die Entscheidung wird im Pausengespräch im Lehrer*innenzimmer heftig diskutiert.

Wagner: Jetzt ist es also so weit: Nun sollen bald alle Schüler einen Computer im Unterricht verwenden! Dabei gibt es keine einzige Studie, die beweisen würde, dass die Schüler damit mehr oder besser lernen …

Fischer: Aber darum geht es doch gar nicht! Die Welt hat sich verändert, die Digitalisierung ist allgegenwärtig. Wir müssen die Schüler fit machen für diese digitale Welt. Unterricht mit Papier und Bleistift ist einfach nicht mehr zeitgemäß.

Kühn: Ich sehe das gleich. Wir leben im 21. Jahrhundert: Zuhause warten Google Home oder Alexa auf mich; und die Jugendlichen können sich ein Leben ohne Handy gar nicht mehr vorstellen. Aber was tun die Schulen? Sie verbieten Handys auf dem Schulareal und arbeiten gleichzeitig Konzepte aus, um den Unterricht zu digitalisieren! Wie auch immer, ich freu mich jedenfalls über diesen Entscheid.

Zellweger: Aber Walter hat nicht Unrecht: Die empirische Unterrichtsforschung hat bisher keine Belege dafür gefunden, dass ein Unterricht mit Computern bessere Resultate liefern würde. Im Gegenteil, überall hört man von Problemen wie Ablenkung, Spielsucht, Mobbing – all diese Dinge beeinflussen doch das Lernen negativ.

Wagner: Ich habe das Gefühl, dass es vielen Schulleitungen vor allem darum geht, sich als moderne und hippe Schule zu profilieren. Das gibt dann wieder ein paar Medienberichte. Wo aber bleibt das pädagogische Konzept hinter dieser Neuerung? Gibt es Weiterbildungen für Lehrkräfte? Erhalten wir Zeit, um uns einzuarbeiten? Fragen über Fragen also, alle ungelöst. Für mich ist das Ganze alles andere als eine überzeugende und pädagogisch durchdachte Maßnahme, sondern ein Schnellschuss, eine PR-Aktion …

Zellweger: Und ganz zu schweigen von den Kosten, die der Schule entstehen; denn irgendwer muss ja die Infrastruktur liefern. Aber auch die Schüler und ihre Eltern werden zur Kasse gebeten. Denn die Schule wird kaum für die Anschaffung der Geräte aufkommen können.

Baumann: Ich sehe diese Probleme alle auch. Aber ich sehe eben auch die neuen Möglichkeiten, die mir und den Schülern zur Verfügung stehen werden. Sie werden viel selbstständiger arbeiten können. Und ich selbst kann ab sofort ganz anders unterrichten und meine Idee von eigenverantwortlichem und projektorientiertem Lernen viel besser umsetzen.

Kühn: Guter Punkt! Außerdem müssen wir die Schüler auch digital fit machen. Denkt doch nur an das Stichwort «Fake-News»: Es geht heute in erster Linie um kritisches Denken und einen souveränen Umgang mit den digitalen Angeboten, nicht um Anhäufung von Wissen.

Wagner: Ich sehe meine Aufgabe nicht darin, irgendwelchen technischen Schnickschnack einzusetzen, sondern die Schüler in meinem Fach fit zu machen. So können sie danach erfolgreich an der Hochschule starten. Solange es aber keine klaren Belege dafür gibt, dass man mit Computern besser unterrichtet, und solange sinnvolle pädagogische Konzepte fehlen, bleibe ich skeptisch. Den Versprechungen der Hard- und Softwareindustrie mit ihren Bildern von glücklichen und lachenden Schülern, die voller Enthusiasmus mit einem Laptop lernen, traue ich jedenfalls nicht.

Soweit ein kleiner Einblick in das, was den Lehrkörper eines typischen Gymnasiums zum Stichwort «Digitalisierung» gegenwärtig umtreibt. Die folgenden Ausführungen beleuchten einige der hier gemachten Äußerungen aus Sicht der Lehr- und Lernforschung und legen dar, welche Rolle die digitalen Medien im Unterricht spielen können.

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295 стр. 59 иллюстраций
ISBN:
9783035514889
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