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DIGITALE WELT

Handelsblatt

published by: epubli GmbH, Berlin, www.epubli.de

Copyright: © 2013 Handelsblatt

ISBN: 978-3-8442-7240-6

DIGITALE WELT

Der Mähdrescher, der weiß, wann das Gewitter kommt und das Getreide schnell vom Acker holt; das Abendkleid, das aus dem Drucker entsteht; die Mitarbeiter, die über den ganzen Globus verstreut sind und nur noch virtuell ein Team bilden – die Digitalisierung verändert die Welt wie kaum eine Entwicklung zuvor.

Welches sind die Geschäftsmodelle von morgen, wer sind die Macher und wer die Investoren? Wie werden wir morgen einkaufen, womit kommunizieren und wie bezahlen wir? Von den Goldgräbern im Silicon Valley bis zur Gründerszene in Berlin und Tel Aviv.

Texte: Catrin Bialek, Joachim Hofer, Hans-Jürgen Jakobs, Kirsten Ludowig, Metzger, Laura de la Motte, S., Axel Postinett, Miriam Schröder, Sigmund, T , Katrin Terpitz, Martin Wocher

Inhalt

Einleitung - Willkommen im Neuland

Goldene Jahre - Motor für neue Jobs

Wie das Internet die Wirtschaft verändert - Weizen an Bauer: Zeit zum Ernten

Wie das Internet Geschäftsmodelle verändert – Sieg oder Sibirien

Wie das Internet den Einkauf verändert – Der lange Schatten von Amazon

Wie das Internet die Produktion verändert – Wie es Euch gefällt

Wie das Internet unseren Alltag verändert – Reden bis der Akku leer ist

Wer im Internet investiert – Alt trifft neu

Wie das Internet die Kundenkommunikation verändert – 1000 Punkte und ein Lovestorm

Wie das Internet den Umgang mit Daten verändert – Die Nadel im virtuellen Heuhaufen

Wie das Internets das Management verändert – Kollegen ohne Kaffeeküche

Wie das Internet die Finanzwelt verändert – Die Banken der Zukunft

Willkommen im Neuland

Das Internet ist Schlagader und Nervenbahn des Lebens. Es versorgt die Welt mit Geschichten, es hat die Globalisierung ermöglicht und es versetzt die Wirtschaft in den Zustand des permanenten Wandels. Aber ist der Mensch weit genug, die Technik, die er entfesselt hat, auch wirklich zu beherrschen? Eine Spurensuche.

Ein Mann, irgendwo in Hongkong. Ein amerikanischer Journalist im Auftrag einer britischen Zeitung und eine australische Fotografin, denen er unglaubliche Geschichten erzählt. Von all dem, was er in kurzer Zeit mitbekam an Schnüffeldiensten des amerikanischen Geheimdienstes.

Wie National Security Agency (NSA) und Central Intelligence Agency (CIA) Zugriff auf Millionen von Daten, E-Mails, Fotos, Videos hatten und alles sammelten. Wie die USA, das Heimatland des Plaudernden von Hongkong, über eigene Hacker die Universität just dieser Stadt ausspähten. Wie all die oft beschriebenen, zuweilen glorifizierten Imperien der neuen Wirtschaftszeit, von Apple über Facebook bis Google, mitgemacht haben bei der Ausforschung von Ausländern, die in Iran und Pakistan sitzen, aber auch in Deutschland - was die Online-Giganten in Erklärungsnöte brachte. "What would Google do?" - diese Frage des Google-Bewunderers und Buchschreibers Jeff Jarvis hatte auf einmal einen merkwürdigen Klang.

Überall in der Welt werden die Erzählungen des Computerspezialisten über das Geheimprogramm "Prisma" gelesen. Ein Interview-Video mit dem "Whistleblower" zirkuliert, von Tokio bis Kapstadt. Die Menschen tauschen sich in Tweets und Blogs aus. Der Mann erhält seinen Wikipedia-Eintrag. Und Deutschland diskutiert, ob der US-Geheimdienst NSA die neue Stasi sei; was aus den liberalen Vereinigten Staaten von Amerika geworden ist.

Das alles wegen der Storys eines jungen Mannes, der im Mai 2013 noch unbekannt war. Ein Nerd aus Hawaii. Ein Mann und seine Geschichte, wie sie nur jene Wundermaschine hervorbringen konnte, die sich da seit dem ausgehenden 20. Jahrhunderts erst in unsere Forschungslabore, dann in unsere Wirtschaft und schließlich in unser Leben gefressen hat - das Internet.

Es hat Edward Snowden (29) in kürzester Zeit prominent gemacht. Es machte einen Staatsfeind aus ihm oder einen Helden, je nach Sichtweise. Es hat Angela Merkel, Bundeskanzlerin mit eigenem Video-Blog, fabulieren lassen: "Das Internet ist für uns alle Neuland."

Willkommen im Neuland: Das Internet ist Schlagader und Nervenbahn der modernen Informationsgesellschaft. Es hat die Globalisierung erst richtig ermöglicht: Die Globalisierung von Geschichten wie die über Snowden und die NSA, aber auch die Globalisierung von Kommunikation, Geldkreisläufen, Warenströmen - und am Ende auch von Ideen, Befindlichkeiten und Trends. Das Internet lässt die Menschheit erstmals global ähnlich ticken: Sie erfreuen sich an den gleichen Musikdiensten wie iTunes oder Spotify, sie lernen über die gleichen Quellen wie Wikipedia, sie kaufen beim gleichen Einzelhändler wie Zalando oder Amazon.

Das Internet ist eine riesige Beschleunigungsmaschine, eine Datenschleuder, die Computer und Menschen in aller Welt verbindet. Diese Erfindung der US-Militärs aus Zeiten des Kalten Kriegs hat die Verhältnisse in der Wirtschaft innerhalb von zwei Dekaden radikal verändert; sie greift alte Geschäftsmodelle an und lässt neue entstehen.

Unberührt lässt dieses Netz fast keinen. Man kann das Neuland hassen oder lieben, man kann zum Verweigerer werden oder zum Junkie - ein Entkommen gibt es nicht. Das Netz der Netze ist wie der Sauerstoff in der Luft. Manchmal riecht es sogar merkwürdig.

Durch das Internet sind Dinge und Handlungen möglich geworden, die es 1993 nicht gab - damals, als die Technik des World Wide Web (WWW) das einstige Netz der Militärs für viele Menschen erst nutzbar machte. Vorher haben diese Menschen an Kontaktorten wie Café Keese oder Tanzdielen auf neue Partner gewartet, heute finden sie Gefährten bei Parship. Früher musste man rare Bücher in Buchhandlungen bestellen, heute genügen ein paar Klicks bei Amazon, das Druckwerk wird geliefert; oder man liest es gleich als E-Book auf Amazons Lesegerät Kindle. Wenn jemand in vergangenen Zeiten etwas partout wissen wollte, holte er den Brockhaus aus dem Regal oder informierte sich in der öffentlichen Bibliothek - heute führt Google, der neue Lebensbegleiter, direkt zu Wikipedia und anderen Stationen des Wissens oder Halbwissens.

Und wer Erlebnisse oder banalste Alltagsbeobachtungen mit anderen teilen wollte, musste schon zu Bier und Brot nach Hause einladen. In der neuen Normalität tauscht man sich über Facebook aus, und wer dabei Blödsinn macht, löscht besser sein Profil. Wer Rat braucht in dieser neuen Zeit, schaut, was Gleichgesinnte im Netz so meinen. Sozial ist, was "Social Media" schafft.

Irgendwo lockt immer die nächste, bessere Information - und damit der nächste, bessere Markt.

Diese große Rotation der Texte und Bilder läuft immer weniger über den Personal Computer (PC), der fest an seinem Platz steht, sondern über jene Mini-Computer, die Hunderte Millionen in der Welt mit sich herumtragen, über Smartphones oder Tablets. Und sogar das Auto ist nicht einfach mehr eine Blechkarosse, bestückt mit Motor, Tank und Vergaser, sondern ein elektronisch aufgerüstetes "Smart-Car", ein rollendes Internet.

"Ich bin ein Architekt aus der Provinz", sagt der französische Architekt Rudy Ricciotti. "Ich fühle mich wie ein Koch, der den Salat und das Gemüse aus dem Garten nebenan holt." Was aussieht wie dekorativer Schalenbau, ist vom Leben unter Wasser inspiriert. Für die Fassade des MuCems in Marseille stellte sich der gebürtige Algerier vor, den steinigen Meeresboden horizontal aufzuschneiden und dann vertikal wie ein Korallenriff aufzustellen. So entstand der netzartige Sonnenschutz für den mit Glas ummantelten Kernbau.

Dieses Netz der Netze bildet die Welt, wie wir sie kannten, auch einfach nach, den Flohmarkt (Ebay) genauso wie das Reisebüro (HMS). Es ermöglicht, "Guardian" oder "New York Times" in den entferntesten Winkeln zu lesen, vorausgesetzt, die Infrastruktur ist gelegt, mit Datenbahnen, Netzwerkpunkten und Routern. Und vorausgesetzt, ein Land stört den Datenverkehr nicht. In diesem dichter geknüpften Weltnetz entstehen jeden Tag unvorstellbare Mengen an Daten. Jeder Nutzer lässt ein Profil zurück.

Eine Traumkonstellation für Strafverfolger von tatsächlichen, mutmaßlichen oder angeblichen Verbrechern, Steuersündern oder Terroristen. Oder für Marketingspezialisten, die 25- bis 30-jährige Karrierefrauen in Städten über 50 000 Einwohner ansprechen wollen, weil sie unbedingt eine neue Gesichtsmaske brauchen oder High Heels mit roter Sohle. Die Werbung schießt ihre Ladung nicht mehr mit der Schrotflinte ab. Sie will den Präzisionsschuss, das "Targeting", und freut sich über das Ende des "Streuverlusts": So hieß das, wenn die Schrotflinten der Werbung auch junge Mütter erreichten, die gerade Hipp-Gläschen brauchen und keine erhöhten Sandalen. Man glaubt nicht mehr Marktforschern. Man glaubt Algorithmen.

Die Welt des Netzes hätte sogar Aldous Huxley und George Orwell erstaunt, die schreibenden Visionäre der "analogen" Zeit. Diese andere Welt wird möglich durch die permanente Revolution namens "Big Data". Es ist die fortgesetzte Produktion, Kombination und Wiederaufbereitung von Daten, dem Gold (manchmal dem Katzengold) des 21. Jahrhunderts.

In diesem Kosmos wird die Server-Farm zur Zentrale, um die sich alles dreht, diese Monsterfabriken irgendwo in den USA, in Wäldern oder auf Feldern gebaut. Eines der Monster von Google sitzt in The Dalles in Oregon. Den Autor Andrew Blum ("Tubes") erinnert der Ort an Kathmandu, als er sich auf die Reise zum Mittelpunkt des Internets machte, zu den wenigen wichtigen Knotenpunkten, die das Weltnetz intakt halten und an die der US-Geheimdienst offenbar andockt.

Ein Daten-Center wie das in The Dalles ist für Blum das "Lager der digitalen Seele". Die Google-Verantwortlichen dort speisten ihn mit Asia Food und Trivialitäten ab. Er erfuhr nichts Genaues über die fensterlosen, fußballfeldgroßen Lagerhäuser auf einem 120-Quadratkilometer-Areal. Googles Server schlucken 260 000 000 Watt, so viel Strom braucht eine 200 000-Einwohner-Stadt. Aber es gab ja auch 2012 1,2 Billionen Suchanfragen global bei Google.

Diese neuen Rechensystem-Giganten offerieren - wie andere auch - nebenbei die Verwaltung von Daten für andere zu erledigen ("Cloud-Computing"), wodurch sich Firmen eigene IT-Systeme sparen könnten. Dank der neuen Hegemonie der Daten können sogar Produkte aus dem 3-D-Drucker kommen, Kleider genauso wie Waffen. Alles ist formbar in der Ära des Internets. Die letzte Grenze zieht nur die Zeit, die aus 24 Stunden einen Tag oder aus 80 Jahren ein Leben macht.

Selbst das Gehirn, in Millionen Jahren Menschheitsgeschichte entstanden, ist unter dem Regime von Big Data nicht mehr als ein unzuverlässiger Datenspeicher - dem etwa Google-Mitgründer Larry Page denn auch gleich abhelfen will. Er möchte das Menschengehirn aufrüsten mit dem geordneten Wissen der Welt, mit "künstlicher Intelligenz". Ray Kurzweil, Kultautor der Internetszene, sagt voraus, die künstliche Intelligenz werde ab "Mitte der 2040er-Jahre die biologische Intelligenz weit übertreffen". Von der "Google Glass", die den Wissbegierigen all die Weisheiten des Netzes im Brillenglas sehen lässt, bis zu dem im Schädel implantierten Chip ist es dann nicht mehr weit. Zu beseitigen ist die Gedächtnisschwäche. Die Gesellschaft arbeitet daran, den Zweifel auszulöschen.

Dieses Internet hat das Leben der Menschen und damit auch der Unternehmer und Manager, der Mittelständler und Angestellten mehr verändert, als ihnen bewusst und lieb ist. Es ist dabei, es noch mehr zu verändern.

Zum Beispiel Martin Blessing, Vorstandschef der Commerzbank. Wenn er durch seine Filialen reist und von neuen Herausforderungen redet, beginnt er die Mitarbeiter-Meetings stets mit ein paar Fragen. "Wer bestellt Bücher über Amazon?" Viele Hände gehen hoch. "Wer kauft mal ein Buch in der Buchhandlung und ordert mal bei Amazon?" Einige Hände gehen hoch. "Wer kauft Bücher ausschließlich im Laden?" Eine Hand, vielleicht zwei, bestenfalls drei sind zu sehen. Sehen Sie, sagt Blessing dann, so ist das auch mit unseren Dienstleistungen in der Bank. Das, sagt er, werde sofort verstanden.

Will heißen: Nur noch ganz wenige Bankkunden gehen in die Schalterhalle, füllen Überweisungsformulare aus und überreichen sie der netten Frau am Schreibtisch. Die meisten erledigen so etwas per Online-Banking. Nur bei einem größeren Problem wollen sie in die Filiale. Und so wird der Chef der Commerzbank seine Außenstellen auflösen, zusammenlegen oder umbauen, zu Vollautomatenstraßen des Geldverkehrs oder zu Kompetenz-Centern mit fachlicher persönlicher Beratung.

76,5 Prozent der Deutschen nutzen inzwischen das Internet. 2,4 Milliarden Menschen weltweit sind online. Die meisten sind E-Mail-Nutzer: 2012 haben sie 144 Milliarden Mails pro Tag verschickt. Die Völker hängen am Netz.

In den Schwellenländern, von Türkei bis Russland, sind schon 800 Millionen online. Und weltweit werden im Jahr 2016, so die Schätzungen, rund drei Milliarden Menschen das Internet frequentieren; die Wirtschaftskraft wird bei 3,2 Billionen US-Dollar liegen. Das verkünden ein Senior Partner der Boston Consulting Group und eine Dame von Google in einer Studie. "Every business will be digital business", lautet ihre (nicht ganz uneigennützige) Prognose, jedes Geschäft wird digital sein - null oder eins also, ganz nach dem digitalen Urprinzip, Sein oder Nicht-Sein, Wachsen oder Sterben.

Internet-basierte Firmen würden neunmal schneller wachsen als andere, sagt die Google-Frau. Sie weiß, dass Menschen in den entwickelten Ländern den Wert des Internets für sich selbst mit 5 000 US-Dollar beziffern; in Schwellenländern seien es 400 Dollar.

Das Verwirrende am Internet ist, dass es nie die eine Wahrheit gibt. Die These ist hier so richtig wie die Antithese.

Einerseits hat das Netz der Netze eine gewaltige Ballung an Macht hervorgebracht. Es machte aus amerikanischen Start-ups Oligopolisten mit Kontrollwahn. Da gibt es einen Onlinehändler wie Amazon, der Waren in riesigen Hallen lagert und im Saisongeschäft Brigaden von Leiharbeitern anheuert. Eine Technikfreak-Heimstätte wie den Google-Konzern mit seinem Googleplex, dessen Suchmaschine in Deutschland 95 Prozent Marktanteil hat und der global die Hälfte des Online-Werbemarkts beherrscht. Ein soziales Netzwerk wie Facebook, auf dem der Nachwuchs Freunde sammelt, um in der Anerkennungshierarchie oben zu landen und doch den Betreibern Marketingfutter frei Haus liefert. Oder ein Strippenzieher wie Cisco, der mit seiner Infrastruktur und Routern das Ganze technisch am Laufen hält und vom "Drei-Billiarden-Dollar-Internet" philosophiert. Neuland ist amerikanisch.

Andererseits aber sind die Hürden für viele Geschäfte denkbar niedrig. Jeder kann online rasch einen Laden aufmachen; die Strategie heißt "Trial and Error". Der Kunde wiederum kann auf die Schnelle Preise und Konditionen vergleichen. Das Internet ähnelt da dem "vollkommenen Markt", dem Ideal der neoklassischen Wirtschaftstheorie. Die Informationskosten: enorm reduziert. Transaktionskosten: ebenfalls stark gesunken. Das macht Geschäfte in kleinsten Nischen möglich, weit weg von den Massenmärkten, die große Einheiten und Spareffekte ("Kostendegression") brauchen. Hier wirkt der "long tail", der lange Schwanz der Konsummärkte, von dem US-Autor Chris Anderson fabuliert hat. Der Ex-Chefredakteur des Magazins "Wired" setzt alle paar Jahre der Gemeinde eine Generalthese vor: Die seltsamste lautete, alles habe erst mal im Netz kostenlos zu sein, "free". Kassiert werde später.

Einerseits hat die digitale Wirtschaft im Jahr 2010 schon zehn Billionen Dollar umgesetzt. Andererseits haben wegen des Internets manche Firmen aufgegeben; mit den Umsätzen schwanden die Jobs. Den Oligopolgewinnen à la Google und Amazon stehen die kleinen Renditen vieler kleiner Internetbuden gegenüber, die Nischen erobern. Und noch immer macht jener Investor am ehesten Profit, der Anteile von Internetfirmen rechtzeitig verkauft, an andere Investoren oder via Börse. Der "Exit" ist die Nummer sicher.

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