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Philipp Hartung

Mosaik

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Inhaltsverzeichnis

Titel

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Prolog

Kapitel 1

Kapitel 3

Kapitel 4

Impressum neobooks

Titel

Mosaik

 Wort im Bild -

Prolog

Prolog

Das folgende Gedicht bezeugt meine eigene Scham nicht voll und ganz für mich eingestanden zu sein. Im Schein unserer maschinellen Welt lasse ich auch meine Bilder mit künstlichem Licht beleuchten; weshalb, weiß ich selbst nicht so recht - ich wollte es loswerden, da ich sonst nur für mich selbst es lese. Selbst auf Gefahr hin vom künstlichen Zwielicht verzerrt zu werden, entlasse ich mein Innres nun in die Welt. Denn wieviel schöner mögen sich Worte in Phantasmen und Träume bilden, sind sie von anderen Augen erfasst. Meine Angst missverstanden zu werden, muss ich mutig ablegen; und wie ich so tue, entblößt sie sich als jener Spuk, der zu lang mich schon umgeisterte und alle jene Worte mit trüben Staub belegte, die Farben der Bilder langsam ermattete. Wie könntest Du auch die Welt in meinem Blicke sehen und weshalb sollte ich das verlangen? Zwar teilen wir uns die gleiche Sicht, ein gleiches unendliches Bewusstsein, doch ist der Winkel aus dem Wir schauen und fühlen stets ein anderer, stets einzigartig in seiner Gestalt. Dies gerade ist Grund zum Zelebrieren. Das ureigene Selbst zu entdecken und auszuleben ist immer ein revolutionärer Akt. Lasst es uns im gleichgeschaltenen Wir nicht vergessen.

- Wort und Bild –

Ist doch Handschrift heilig:

dauert, bis geschrieben;

ist nicht von Tasten eilig

ins Papier getrieben.

Anders ist sie immerzu.

Doch erkennt drin wieder,

der da las in Ruh,

des Schreibers tätig Glieder

wie des Vogels bunt Gefieder.

Sie zeigt in ihrem Schönen

frei die Höh‘n wie Tief‘

und der Gefühle wildes Strömen

durch welch‘ der Fasser lief.

Den starren Drucke ehret nicht

und das digitale Wort

als unser höchstes Licht -

als wär‘ nur Wahrheit dort.

Mit ihrem harten Bilde:

Schrift in fester Reife,

leicht verliert sich die süße Milde,

des Sinns, den sie begreife.

Lieblich sollt‘ sie deuten

wie warme Leibgebärden:

mit Trauer und mit Freuden,

dass wir sind und werden.

Nur durch Anderssein

finden wir uns gleich;

wir alle sind ein Hain:

natürlich, bunt und reich.

Kapitel 1

Im Schatten

Gerade wenn das eigene Selbst zu oft, fast dauerhaft, Schaubild und Probierstein der kritischen Gedanken wird, stapelt sich ein skeptischer Turm um nichts, der gewiss fallen wird. Erfahren wir uns doch vor allem in den Augen anderer! Dann, wenn wir sie berühren mit unsren Taten, sie mit unsrer Nähe umgeben. Versuchet man allein sich gänzlichst zu fassen und den Dunst des Ichs im Geiste zu erschließen durch rationale Kraft und logische Konsequenzen - so bleibt nichts als haltloses Scheitern.

Innige Freundschaft ist der Akt bei dem das vielzugroße, vielzukleine Selbst von anderen im Vollen geliebt, gebraucht und nötig sei. So genieße sie und ihre Gabe! Erhalte sie im Herze und wachse natürlich damit, statt eigen und schulmeisterlich dein Wesen zu ergründen und im Nachdenken zu verstümmeln.

.

- Nach-gedacht -

Tu es kurz und scharf,

dem Gedanke nach zu denken

und gib dich hin der Tat -

Leib und Wille werden‘s lenken:

Nur der gewinnt, wer wagt.

*

- Die Schuld -

Zaghaft rufe ich es wieder

mir in meinen Sinn:

dass etwas zu begleichen wäre,

dies Etwas, das ich bin.

Ja, ich bin erzogen

als Jemand ohne Not;

doch ist mir dieses oftens

ungenüßlichst Brot.

Wenn Trübsal, Dauer, Langeweil

mich Himmelskind befallen,

wenn leer ich schau und denke:

nun, irgendwas doch muss gefallen! -

Dann vertief‘ ich meine Schuld

durch ungetanes Handeln,

obwohl allein dies Tun

den Unmut würd in Lust verwandeln.

Denn solchereins nunmal

ist das Wesen des Lebendigen:

Bewegung ist nicht optional,

es gehört zu dem Notwendigen...

Nun bäumt sich in mir alles auf,

was ist so arg verdrückt;

doch das Blinde meiner Freiheit

macht mich fast verrückt.

Und,

so allein mit mir

im schwerelosen Streben,

starr ich orientierungslos

in mein kaum gelebtes Leben...

Obschon ich bin und gehe,

den Tag bewältige und sehe

das ein neuer werde -

ja, dass ich in diesem stehe, jetzt, hier, zu dieser Erde - find ich mich in Reue, spüre nicht mein Rechte Part zu sein im natürlichen Geflechte.

Da mein Will' zum Überdauern

nicht in meinen Händen liegt,

sondern sich am Busen

des gemeinen Menschtums schmiegt.

Ja,

schon ehe ich geboren war

war‘s mir bestimmt als Amme.

Ich liebt' es, sonderbar,

gar wohl mit tiefer Wonne. -

Jetzo frag ich allerdings

mit meinem Stimmchen zart

in all die Fülle rings,

die in sich Leere offenbart.

Denn sprech ich dir direkt,

verweilst du ewig stumm;

doch ist selbst Mutters Wort und Tat

seit je von dir befleckt.

Gar alle reden deinen Namen

als wär er so vertraut;

schmückst die reichen Damen

in feinem, edlen Zwirn

und hast so manchen Geist erbaut

zum kargen, schieren Denkerhirn.

Riesig stehst du hinter jedem,

führst achtsam,

begleitest wach auf allen Wegen:

dass letztlich jeder zu dir komme.

Dort erhält er jenen Segen

für all sein Leid und Sorgen:

den Hunger und den Schmerz genommen -

hier, mein Kind: dein Morgen.

Und so, einjeder ward frei von sich.

Mittig in dem Schein

von deinem großen Bilde,

steh ich klitzeklein

und hoff‘ nicht deiner Milde.

Fort mit dir! Du übler Geist!

Überlass mich meiner Qual; - Was hältst du mich gar dreist! Hab ich noch eine Wahl...? Alle Augen spiegeln dich und selbst die ganze Welt, wirkt verdammt und jämmerlich mit deiner Logik, all dem Geld.

Schwer ist‘s Mich darin zu finden, atme ich noch deinen leichten Sinn; doch im Leiden lerne ich begreifen: dies Etwas, das ich bin.

*

Heutiges Leben, dass in seiner schieren Freiheit von lebendiger Notwendigkeit des Sich-Selbst-Erhaltens beinah gänzlichst entledigt ist, siehet sich andern Schrecken gegenüber. Die Ferne des Todes, der nicht ist, so lang Einer fester Kraft und Willens des Überlebens sich hingibt, wird spürbar nah - wird Angst, die die frei umhergehenden Gedanken mit abstrakter Furcht nähret. Die Notdurft heut'ger Lebensinhalte hat kaum Substanz und Umfang genug, die Schwere von Langeweil hinfort zu halten; eher ist's unsereiner Aufgabe geworden, eben diese zu vertreiben - mit erneut müßigen Gedanken. Dem Selbst und dem Sicherstellen eines Morgens für dieses, sollte wieder näher unserm baren Leibe gebracht sein; dessen Schmerz und Erfahrung gibt uns Gewissheit von Leben, belebet und hebet uns warm den Busen hernach und nimmt die Furcht des Todes, der erst ist, sind wir nicht mehr.

- Freiheit und Tod -

Müßig dacht' der Knab':

Wie tief ist wohl ein Grab?

Und beim Vorstelln heimlich stiehlte

sein Blick auch in den Sarg.

Ihm war's, als irgendwas befiehlte

zu sehn, was sich darin verbarg.

O! Was schreckt' es ihm die Kehle

beim trauten Anblick dieser alten Seele.

*

- Zu später Zeit -

Was hockst du da zu später Zeit,

schaust im Kerzlicht rege Schatten,

wenn von Drauß‘, im silberglatten

Mondlicht, jemand deinen Namen schreit?

Doch hier drin verstehst du nicht:

im Geräusch der viel zu engen Dinge,

was die Stimme zu dir spricht

oder gar wie ihre Weite klinge.

Und als zischelnd durch den Fensterspalt

ein eis‘ger Hauch die Flamme stickt:

des Mondes weiße Urgewalt

deinen Blick zum Himmel schrickt.

Sowie das bleiche Licht ein Schweigen

schleierhaft um klare Formen legt,

und Schemen, die der Nacht sind eigen,

zum Leben darin regt:

erbäumt in dir der Reigen

der zur fernen Stimme Melodei bewegt.

Hinaus, die Flucht, ins Gewölb der Nacht, -

sie ist so fein mit Bläss geschmückt,

und sofort die Weite deines Blickes zückt.

Mittig bist du in der Erdenpracht,

die dir die Seele hörig macht

für die Stimm‘, so grell, beinah verrückt!

Und wie du schwach zu Boden brichst,

merkst du, dass du selber sprichst:

im Flüsterton erhebt es sich:

groß, ganz weit: gehauchtes - Ich –

*

Abends zuweilen, wenn die Sonn' und der Tag sich neigen, Schatten länger werden und Dingen ihre Gestalt ist weit verzerret, die Grenzen zwischen jenen zu verschwimmen und verschwinden scheinen - dann beginnet das Spiel der Emotionen. In den Schemen ward denn allerlei gesehen, vielerlei erfühlet und melancholisch schwelget ein gar einsames Gemüt. Die Ganzheit der Welt scheint zu senken sich auf das Wenige dieses Selbst. Das Herze wird schwerer ob der gefühlten Last eines Lebens, aller gelebten Tage zugleich und siehet den kommenden Morgens als gar übergroße Bürde. Doch: ward auch nur ein wenig Licht gesehen in derart trüben Stunden, wie hell und loh es da erstrahlet! .

- Dämmerung -

All die reichlich Güter

dieser weiten Welt

strahlen mir kaum wieder,

wenig sind beseelt.

.

Mit meinem Blick allein,

meiner Hände Taten,

schau und greif ich in sie ein -

ach!, was wirkt sie klein! -

jämmerlich, missraten...

Ohn' ein ander Sicht,

mit Winkel, der ganz eigen fällt,

wird mein eigen Licht

schwerlich nur und matt erhellt.

Trüb wird mir die Güte

nur von mir zu mir gereichet;

erwürget mich die Liebe,

die kein ander Herz erweichet.

Mich dahin zu geben

für Dein mir so schönes Leben,

wird daselbst mich lebend machen,

den Will' mir neu erwachen

alle Angeln zu entheben -

und wieder sehn die Welt als groß,

kann ich geborgen legen

das müde Köpflein in dein' Schoß.

*

- Der Jüngling ohne Jugend -

Da das große Weltgeschehen

sich kaum einst interessierte

was im Kleinen so passierte

viel‘ Geschichten schon verwehn

obschon am Anfang sie noch stehn.

Ein Jüngling, krummgewachsen wie einjeder,

sah auch seine Worte sterben,

und das warme Bild darin verderben.

Die klare Schrift der allgemeinen Feder

war nun eben ernster, strenger und konkreter.

Denn das, was er wollte sagen,

längst schon war notiert,

fein gelagert und nie erneut probiert;

seine Sprache: unerhörtes Klagen

und sein Leben: nie gewagtes Wagen.

Gelangweilt, fast verzweifelt, sah er lugend

in üblichst‘ Taten und Gebärden

und dort Tiefen fand, in welchen er wollt‘ werden

was hohe Löhne goldner Tugend

stets beschnitten in der kurzen Jugend.

So viel er dabei sah,

lernt‘ er das Verhasste:

zu denken rational -

dass ja vorne, hinten, alles passte

was gedanklich er so fasste.

So fugte er die Welt

mit Urteil, das von fern gefällt.

Zwar er kostete vom Schönen

was der Zufall ihm so bot;

doch mit Angst sich zu gewöhnen,

da ein billig‘ Schicksal droht‘

floh er, seither, unentwegt

hinfort in Geistesferne,

die sein Gemüt ließ beinah unbewegt. -

Das Herze, was im Leibe blieb,

nächst ihm aber schrie

darob was ihm bös‘, was ihm lieb -

Gehör jedoch, bekam es nie.

Tags nahm in der Drang

dieser kranken Weise

in sein unerbittlich‘ Zwang,

zog beengend‘ Kreise

mit Verstande, messerscharf,

sodass alles andre Schatten warf:

Das Rosendickicht, sein Gefühl,

war nur dorniges Gewühl;

und statt der Blüten,

statt der Düfte,

hielt er sich hüten,

atmete nur laue Lüfte.

Nachts gelang ihm kein Zerstreuen:

nur unerfassbar‘ Reuen,

da trotz allzuklarem Wissen

blutig ihn die Dornen rissen. -

Durch aberviele Himmel heimlich ging

die Hoffnung dieses jungen Burschen

wie zartgeblasnes Wolkenhuschen

Jahr um Jahr dahin.

Sie konnt‘ nichts fassen

und nichts greifen,

fand kein Platz zum Reifen -

Sein Leben bald war leidlich‘ Hassen.

Nun ist er jetzt ein junger Mann

mit einem Herz, schon fast entleert,

das, je mehr Leere, doch nur schwert,

da er häuft‘ darin Gedanken an

mit denen es gerade eben schlagen kann. -

Die einsamen, vernarrten

Augen hielten sich im Dunkeln

bis sie einst erstarrten

in eines Blickes starkem Funkeln.

Durchs Herz ein heftig Klopfen rüttelte:

hinaus es die Gedanken schüttelte.

Er griff, ohne Zögern, auf der Stelle,

hinein in jene blendend‘ Helle,

wo seine Hände Hände fassten

und Berührung fanden,

die fraglos war verstanden.

Entgegen Schritt er, ohne Hast,

ihre Herzen, sie berührten fast;

er sprach: ich spürte

nie ein solches, was mich hierher führte!

Und mit niegeglaubter Kraft und Milde

legte er ihr Köpfchen

wie ein kühles Wassertröpfchen

an sein brennendheißes Brustgebilde.

Das Kleine in seiner Hände Schoß

fühlt‘ sich unendlich an und riesengroß.

Wie lang wohl war sein Kopf versunken

in Schultern mit vertrauten Wunden -

von Wegen, die auch ihn geschunden?

Er hob den Blick, sinnestrunken,

und kein gebreitet Engelsflügel

versperrte Sicht auf all die Hügel,

all die Täler, still und klein,

die dort hinter ihnen lagen

und die beide nun als Schein

am Leibe mit sich tragen.

Sag mir bitte, sei so lieb:

die Höh‘ von der ich seh‘

ist die, auf der ich steh?

An seinem Halse sachte rieb

ihr Nicken sich hinein und blieb.

Ihre Antwort, seine Frage

eichten ihre Lebenswaage

und ihr je Erlebtes war Gewicht

auf beider Seite Trage.

In seinem Dunkel war nun Licht,

erstmals wirklich sah er sich,

sagte warm: Ich liebe dich.

*

- Des Menschen Denken -

Simpel ist des Menschen Denken letztlich, wenig außerordentlich. Gleicht es mehr dem Spiel, das im Tun und Machen lernet, zu handhaben die natürlichen Güter um ihn selbst. Aufmerksam ist er, gewiss, mag tief sich hineinversetzen in Gestalten und ihrer Bewegung - nicht einmal lebendig haben sie dafür zu sein. Es ist beinah, als könne er lösen sich selbst in Gegebenheiten und Gelegenheiten die ihn umgeben, als könne durch sie hindurch er schauen, ihre Wesenheiten im Antlitze erblicken.

Dann, hat er reichlich genug beobachtet, die Welt um sich her erlebt und erfahren, sie im Schatze seiner Erinnrung verfestigt, mag einen Stein er nehmen, um zu setzen ihn auf den nächsten und wiedernächsten. So denn formet er sein Umgebendes zum Mäuerchen, all den Wesenheiten folgend, die er spüret; füget nach seinem Sinne Maß.

Wahrlich, schön und kunstreich mag er dadurch handeln: nahe der Natur, seines Naturells.

Heuer aber, in der Enge längst erschaffner Dinge, die ihm nurmehr kümmerliche Scheinnatur sind, ward Denken kränklich nun und schwach. Sein ihn Umgebendes ist kaum mehr ein natürlich krummer Stein, der im Probieren seine beste Lage verrät. Es sind idealisierte Geräte und Werte, die zu bedienen und zu folgen er nur brauchet, da in ihnen tausendaltes Wissen der Generationen ist gespeichert und verselbstständigt. Es kummulierte sich das Gewusste zum Alltäglichen, ward mehr und mehr getrichtert und gestopft in Neuankömmlinge dieses Lebens. Satt der Lehren waren sie bereits, eh ihre Augen selbst sich klug und neugierig wollten öffnen; waren fertig mit sich, ehe selbst mutig begonnen. Bis fern und ferner das Gelehrte ging, erhob und enthob ihn der Notdurft eines Lebens: andere vor ihm hatten es bedacht.

In schierer Freiheit nun, wo alles möglich scheinet, die Grenzen der Natur nur Stüfchen sind, die mit technischer, fast göttlicher Gewalt er überschreitet, wird der Stein ihm lächerlich - wird Natur ihm lächerlich. Ja, so komplex ist die seine moderne Welt: hoch und schnell und weit! Doch: ward sie ihm dereinst genommen, stehet nackend er, bedürftig wieder vor dem Steine, merket er Übergroßes dort im Einfachsten, unfähig es zu händeln; merket, dass lächerlich nur er geworden.

- Die schlimmste Tat -

Einst, da lag ich rücklings, abseits dieser Welt - fort in den Gedanken. Die Wärme und Anstrengungen des Tages trieben mich her zu dieser Rast im Kühlen des Häuschens. Mein Leibe, noch immer so erregt, arbeitend gegen das Drückende der hitzigen Luft - versucht Ruhe zu finden. Im Dunkel meiner geschlossnen Lider fand ich den Strom der Phantasmen - ich folgte dem Traume des Denkens. Durch seine Lande, die niemalsgleichen, trieb ich dahin, sah - dachte - so manch Merkwürdigkeit: Absonderheiten sondersgleichen. Bis es mich vollends erschöpfte, eine zeitlose Leere meine Sinne bis zum nahen Schlafe sänftigte. Doch hinein in die Stille meines Gemüts pulsiert unaufhörlich mein kräftiger Aderschlag, Herzenswehen; Leben klopft um meine Schläfen. Das unbändige Tun meines Leibes, sein unaufhörlich Notwendiges, geht fort zu funktionieren - in mir niebegreiflichen Maße! - während ich, der Bewusste zur Ruhe geht, ja verschwindet und die sein geglaubten Bilder lediglich erträgt - die Schauer meines lebendigen Leibes. Seit ich seine Leiden und Freuden als meine Seele ernannte, das Ineins zertrennte, missverstand ich ihn mehr und mehr, degradierte ihn zum Sklaven! Wollte diese Bilder mein nennen. Doch schenkt er sie mir, produziert sie mir im Nebenher. - Was nur erzähl' ich? Glaube ich noch so bewusst zu sein, ist er es, mein Leibe, der überhaupt mir es ermöglicht. Ich bin Räuber deiner Kraft, nutze deine Bewegung eigensinnig, rational und logisch - und schade dir. Schade mir. Meine Ferne, dem ich den leidlich' Namen Ich gab, machte dich aus Eigenliebe zum Krummgewachsnen, Schlaffen, Angstverzehrten - machte dich zum schiefen Denkerwesen. Vergib, die meine schlimmste Tat, zu der ich uns hab verdammt.

*

- Ein Gebet -

Merkst du nicht wies weht?

Wie‘s mühvoll deinen Herzschritt schwerte?

Seit der Gesellschaftswind mit aller Härte

die, am Ende eines Niemands, Werte

ins mehr und mehr gekniffne Auge prägt

und an bunten, doch genormten Formen wägt

was wichtig ist, und: dass man dieses trägt -

anstelle: Wer? und: Wie er wohl besteht?

Unterschriebst du jemals den Vertrag?

Dass des eignen Leibes Scheinen,

der Duft, das Haar - sogar das Weinen? -

ein Etwas sei: zum Verlauten und Verneinen?

Seit der Gesellschaftswind so scharf

entschieden, was ein jeder tun soll und auch darf

sterben unbenützte Stimmen jung und brav.

Nun wohnt in Gottes Himmeln nur ein Schaf.

Doch: wer klaget hier denn an?

Du und Ich, wir haben doch entschieden,

immer wieder, im Gespann,

wie wichtig es sei, das Wir zu lieben -

damit uns Reichtum wachsen kann.

- Ich hab doch alles, ich kann leben

und ich gebe, was ich kann geben -

sprichst du mit eisern‘m Herz vor Ehre

und fügst, mit Lachen statt der Angst,

haps hinzu: was sonst wohl wäre! -

Jedoch allein, wenn in Nacht du bangst

kommt‘s daher als Frage, so schwere.

- Ich hab doch getan wie wir alle leben

Ich musste doch! Oder wie sollt‘ ich sonst streben? -

fragst du hinein ins Spiegelbild,

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