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Leyla Martin

Glamorous Love - vollkommenes Glück

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Prolog

1. Kapitel

2. Kapitel

3. Kapitel

4. Kapitel

5. Kapitel

6. Kapitel

7. Kapitel

8. Kapitel

9. Kapitel

10. Kapitel

11. Kapitel

12. Kapitel

13. Kapitel

14. Kapitel

15. Kapitel

16. Kapitel

Impressum neobooks

Prolog

Unzufrieden fegte ich die halb geschriebenen Songtexte vom Notenständer und beobachtete, wie sie auf den Boden segelten. Was war nur los mit mir? Schon seit Wochen hatte ich keinen brauchbaren Einfall mehr. Die Texte der vorangegangenen Alben entstammten fast alle meiner Feder. Bisher war es für mich ein Kinderspiel, da mir die Ideen und Texte oft zufielen. Mir, Charly William, geboren am 16. März 1988 in Bristol in England, als Sohn eines Bankers und einer Musiklehrerin. Meine zwei jüngeren Brüder und ich wuchsen wohlbehütet und liebevoll auf. Meine Mutter hatte immer versucht, uns die Musik nahe zu bringen. Als ich als Teenager dann endlich zur Gitarre griff und ab und zu am Piano spielte, war sie wahnsinnig erleichtert. Schnell fand ich heraus, dass ich Rhythmus im Blut hatte und obendrein eine einigermaßen gute Stimme besaß. Damit konnte man bei den Mädchen ganz gut punkten und ich genoss die Aufmerksamkeit, die ich damals dadurch erhielt. Drei meiner Schulkameraden und ich gründeten eine Band. Wir hatten viel Spaß, spielten auf privaten Partys und kleineren Events. Ihr damaliger Name war „The Bottles“. Grausam, dachte ich und grinste, als ich den Namen leise aussprach. Nebenbei machten wir vier das Abitur und entschlossen uns zu studieren. Ich entschied mich trotz meiner Liebe zur Musik für ein Studium der Geschichte, das ich anfangs auch voller Wissbegierde absolvierte. Mit der Zeit wurden wir für immer mehr Auftritte gebucht und vernachlässigten allesamt unser Studium. Mein Vater versuchte mir und auch den Jungs immer wieder klar zu machen, wie wichtig unser Abschluss für unser weiteres Leben sei. Doch wir sahen das anders. Inzwischen spielten wir schon auf ziemlich großen Festivals, bis wir dort auf Craig Baker stießen. Nicht irgendein Craig Baker, nein, es war DER Craig Baker! Und zwar der, der einst das bekannte Plattenlabel F.I.L. Records gegründet hatte und dadurch nicht nur reich, sondern auch sehr berühmt geworden war. Inzwischen gibt es Niederlassungen von F.I.L. in fast jeder großen Metropole.

Damals war ich zwanzig Jahre alt und konnte mein Glück kaum fassen, dass ausgerechnet wir bei F.I.L. Records unter Vertrag genommen wurden. Craig Baker war von unserer Show begeistert und wollte uns sofort promoten – allerdings nur, wenn wir den Namen „The Bottles“ ablegen würden. Die Jungs und ich hingen nicht daran, denn der Name war uns nach einer durchzechten Nacht eingefallen, als wir morgens zwischen allerlei leeren Bierflaschen aufwachten. Wir waren alle einverstanden und so wurde aus uns die Band „Luminous“. Sehr passend, denn immer wenn wir auftraten, war die Welt nicht mehr finster, sondern leuchtete in den buntesten Farben.

Inzwischen bin ich 25 Jahre alt und die Luminous haben es geschafft. Ich würde sagen, wir befinden uns mit dem neuesten Album „Speed of Lightning“ auf dem Zenit unseres Erfolges. Außer dem Grammy Award wurden uns der Echo „Gruppe International“, der MTV Europe Music Award in der Kategorie „Best Song“ und einige andere Auszeichnungen verliehen. All diese Schätzchen stehen nun in unserem Probenraum in London und spornen uns zu Höchstleistungen an. Dieser wahnsinnige Erfolg ist unglaublich aufregend und macht manchmal glücklich. Er veränderte mein Leben und auch mein gesamtes Umfeld komplett. Mit dem großen Durchbruch kam die große Liebe. Meine erste große Liebe. Sie heißt Cressida Prowman und sprach mich nach einem Konzert an. Bis heute führen wir eine perfekte Beziehung. Sie ist eine erfolgreiche Schauspielerin, darum auch oft auf dem roten Teppich zu sehen. Allerdings begleite ich sie selten, denn dort fühle ich mich nicht wohl. Trotzdem ist es interessant, all diese Promis zu beobachten. Eine neue Welt aus Geld, Macht und Glamour hatte sich mir eröffnet.

Im Grunde meines Herzens bin ich aber immer noch der alte Charly, der gerne Jeans mit Löchern trägt und ab und zu mit einem Ball auf den Fußballplatz geht. Ich weiß nur nicht mehr, wann ich dort das letzte Mal war. Außerdem wüsste ich gerade gar nicht, mit wem ich gehen sollte. Selbst meine Brüder haben sich durch meinen Einfluss zu kleinen Berühmtheiten entwickelt und sind ständig unterwegs. Wie kann das nur sein? Kenne ich niemanden „Normalen“ mehr? Ich möchte einfach ab und zu in meine alte Welt eintauchen. Fühlen, was ich früher fühlen durfte und darüber Lieder schreiben. Ich hatte den dringenden Wunsch mit jemandem darüber zu reden. Es fiel mir nur Craig Baker ein, der inzwischen zu einem Freund und einer Vertrauensperson geworden war. Kurzerhand fuhr ich zu F.I.L. Records in London und besuchte ihn.

„Hey Charly mein Freund, schön dich zu sehen. Was führt dich so unverhofft zu mir?“ Wir drückten uns und Craig klopfte mir auf die Schulter.

„Ich habe eine Blockade, mir fällt nichts mehr ein!“

Craig lachte „Wie, dir fällt nichts mehr ein? Komm, setz dich.“ Wir nahmen auf der teuren schwarzen Ledercouch Platz und Craigs Sekretärin brachte uns Kaffee.

„So, jetzt mal ganz von vorn, Charly. Was für ein Problem hast du?“ Ich strich mir mit dem Arm über meine schwitzende Stirn. „Keine Ahnung, was ich habe. Vielleicht einen Blackout! Ich kann schon seit Tagen keinen Text mehr schreiben. Ich brauche einfach wieder mal neue Eindrücke.“

„Aha!“ meinte Craig und kratzte sich grübelnd am Bart. „Kannst du das vielleicht näher erläutern?“

„Na ja, ich glaube ich brauche mehr Inspiration. Neue Eindrücke und Erlebnisse. Momentan trete ich auf der Stelle, was die Entwicklung neuer Songs angeht. Verstehst du, was ich meine?“ „Hhhmm, ich versuche es. Reicht es dir nicht aus, was du die letzten Jahre erlebt hast?“, fragte er. „Doch. Für die letzten beiden Alben war es genug. Jetzt machen wir die Welttournee und dann brauchen wir wieder neue Songs für das nächste Album.“

„Stimmt, Charly, du hast völlig recht. Ich weiß aber immer noch nicht, was du von mir möchtest.“ „In mein altes Leben eintauchen!“ Craig riss seine Augen weit auf, als würde die Welt in Flammen stehen. „Du willst doch nicht etwa eine Auszeit? Jetzt vor der Tour?“

Ich lachte „Natürlich nicht! Ich brauche einfach mal andere Menschen um mich. Keine Promis. Niemanden mit Einfluss und Geld, aber auch keine Groupies! Sondern ganz normale Leute.“ Wahrscheinlich hielt mich der Plattenboss jetzt für übergeschnappt. Er stand auf und schaute durch die große Panoramascheibe über die Stadt. Nach einiger Zeit drehte er sich um. „Ich glaube, ich verstehe, was du meinst. Es lief bisher alles zu glatt. Ich will es mal so ausdrücken: Keine Probleme, keine Themen. Keine Themen, keine Inspiration. Dein Umfeld und dein Lebenswandel fangen an dich unbewusst zu langweilen. Du brauchst anderen Umgang, die Möglichkeit, den Alltag aus einer anderen Perspektive zu betrachten. Dich in eine Person abseits deines aktuellen Lebens zu versetzen und das möglichst authentisch.“ „Ach, wirklich? Schön, dass du das genauso siehst. Nur habe ich keine Ahnung, wie ich es anstellen könnte, auf so jemanden zu treffen.“

Craig grinste „Mir fällt da was ein. Diese Idee hatte ich früher schon mal. Ich konnte es damals nur nicht umsetzen. Jetzt kann ich es! Lass dich überraschen, mein Junge … Später werde ich dich aufklären.“

1. Kapitel

- Junos Sicht –

Berlin: Beginn einer unglaublichen Überraschung

Aufgeregt drückte ich die Taste der gespeicherten Nummer meiner besten Freundin Tess auf dem Handy. Mein Puls raste, meine Hände zitterten und mein Magen rebellierte. Wie so oft, wenn ich Vorfreude oder Aufregung verspürte. „Hallo Juno, was gibt´s?“ „Tess, halt dich fest! Du wirst es nicht glauben. Ich soll die Gewinnerin sein! Ich! Ist doch nicht zu fassen, oder?“ Stille am anderen Ende. Tess wusste offenbar nicht gleich, wovon ich spreche. Obwohl sie es war, die mich ermutigt hatte, an dem Preisausschreiben teilzunehmen. „Stell dir vor, heute lag ein Brief von F.I.L. Records im Briefkasten. Da steht es schwarz auf weiß. Soll ich vorlesen?“

„Ja, unbedingt!“ stimmte sie zu.

F.I.L. Records, Berlin

Stralauer Allee 1

10245 Berlin

Liebe Juno,

wir freuen uns, Ihnen mitteilen zu können, dass der Hauptgewinn unseres großen Preisausschreibens auf Sie gefallen ist.

Sie sind die glückliche Gewinnerin einer Reise nach London.

Herzlichen Glückwunsch!

Sie residieren von Freitag, dem 21. Juni bis Sonntag, dem 23. Juni im 5-Sterne-Hotel HeaveNly, Luxus & Spa Resort. Genießen Sie dort alle Annehmlichkeiten des Hauses. Außerdem besuchen Sie am Samstagabend das Konzert der Band Luminous in der o2 World. Wir haben für Sie exklusive Bühnenplätze reserviert und Sie dürfen eine Begleitperson Ihrer Wahl mitnehmen.

Wir wünschen Ihnen ein unvergessliches Wochenende in London!

Bitte füllen Sie den beigefügten Anhang umgehend aus und senden ihn per E-Mail an: hauptgewinn@fil-records.com zurück.

Mit freundlichen Grüßen,

Craig Baker CEO – F.I.L. Records

„Und, Tess, was sagst du jetzt?“ „Das ist ja nicht zu glauben!“, schrie sie in den Hörer, so laut, dass mein Ohr fast taub wurde. „Wenn ich es mir recht überlege, sollte ich sofort vorbeikommen. Nicht dass ich noch mehr von diesem Abenteuer verpasse! Schließlich sieht es sonst ziemlich mau mit Abenteuern bei dir aus“, setzte sie kichernd hinzu. „Haha, sehr witzig! Bis gleich.“

Nach dem Telefonat blieb ich am Küchentisch sitzen. Ich schaute aus den bodentiefen Fenstern der Wohnküche und hörte gedankenverloren Musik meiner Lieblingsband Luminous. So ein Glück! Jetzt durfte ich sie zum Auftakt der neuen Tournee live in London spielen sehen. Der bloße Gedanke daran verursachte mir Herzrasen. Jedes Lied der neuen CD konnte ich fehlerfrei mitsingen. Allerdings nur, wenn ich alleine war, denn mein eigener Gesang war grauenhaft! Die ruhige Stimme des Frontsängers Charly William erklang zu einem langsamen Stück, das von Piano und Trommeln begleitet wurde. Plötzlich ertönte unsere schrille Klingel und riss mich unsanft aus meinem Tagtraum. Schnell sprang ich auf und drückte den Summer.

Mit ihren langen Beinen nahm Tess immer zwei Stufen auf einmal und war im Nu oben im dritten Stockwerk angekommen. Endlich sah ich ihr breites Lächeln. Ihre zerzausten blonden Haare verdeckten zum Teil ihr bildhübsches Gesicht. „Hallo, meine Liebe!“, begrüßte ich sie. Wir drückten uns und ungeduldig schob sie mich in die Wohnung hinein. Ich hatte unsere Wohnung für mich allein, meine Eltern waren auf Weltreise gegangen – ein Traum, den sie sich seit Jahren erfüllen wollten. Jetzt hatten sie Zeit, Geld und das nötige Vertrauen in mich. Das einzige Versprechen, das ich ihnen gegenüber machen musste, war, dass ich gut durch die anstehenden Klausuren fürs Abi kommen würde. Ich hätte alles versprochen, um sturmfrei zu haben!

Aufgeregt wippte meine Freundin auf ihrem Stuhl hin und her. „So, jetzt gib mir endlich den Brief zu lesen, ich platze sonst vor Neugier!“ Nervös reichte ich ihn ihr rüber. Sie las ihn, einmal, zweimal und sogar ein drittes Mal. Dann schüttelte sie ihren Kopf. „Du hast echt Schwein! So ein unverschämtes Glück kannst auch nur du haben!“, meinte sie, bevor ihr strahlendes Lächeln einsetzte. „Weißt du schon, wen du mitnehmen wirst?“ Mir war klar, dass wir uns ab jetzt gemeinsam freuen konnten! Ich hatte es ihr nur noch nicht gesagt. Ich tat so, als müsste ich tatsächlich überlegen.

„Ich dachte an Luisa“, zog ich Tess mit dieser furchtbaren Streberin auf. „Haha, du bist wirklich witzig!“, bekam ich mit verdrehten Augen zu hören.

„Natürlich kommst du mit. Wer denn sonst? Schließlich hast du mich überredet, dran teilzunehmen“, und zeigte mit dem Finger auf den Briefbogen. Tess und ich waren unzertrennlich. Wir kannten uns bereits seit der Grundschule und gingen gemeinsam durch dick und dünn. Sie wusste genau, wie ich tickte, und ich kannte sie umgekehrt genauso gut. Sie ging zu ihrer Tasche, um ihren Kalender herauszuholen. Mit dem Finger streifte sie über die einzelnen Tage und stoppte an einem Freitag im Juni, am einundzwanzigsten. „Guck mal, da geht es los!“ Sie klatschte meine Hand ab. Das ist noch eine Woche, mal schauen, wie wir sie sinnvoll rumbekommen“, fügte ich hinzu. Als Erstes mussten wir die Fragen ausfüllen und umgehend an F.I.L. Records mailen, bevor wir wieder etwas hören würden. Bevor wir uns das Schriftstück zu Gemüte führten, kochte ich uns noch einen Milchkaffee. Tess trank ihn pur, ich mit zwei gehäuften Esslöffeln Zucker. Stück für Stück arbeiteten wir uns durch die rund zwölf Fragen und beantworteten Sie gewissenhaft. Nebenher ertönte zum wiederholten Mal gedämpft meine CD. Tess stand auf den Gitarristen Gary, ich eher auf den Leadsänger und Frontmann Charly. Wir beantworteten noch die letzte Frage, bevor wir das Schriftstück einscannten und abschickten. Jetzt hieß es einfach nur Geduld haben. Übermüdet fielen wir beide in mein Bett. Es war breit genug, dass darin gemütlich zwei Personen liegen konnten.

Die Nacht war kurz, mein Handy weckte uns pünktlich um 6.30 Uhr. Der Unterricht sollte heute um 8 Uhr mit einer Doppelstunde Englisch beginnen. Englisch – eins meiner Lieblings- und Leistungsfächer. Aus diesem Grund kam es nicht in Frage, erst nach der großen Pause zum Unterricht zu erscheinen. „Hallo aufwachen, wir müssen zur Schule“, flüsterte ich meiner Freundin ins Ohr und strich ihr sanft über ihre Stirn. Meine Versuche, sie mit Worten zu wecken, schlugen fehl. Ich musste, so leid es mir tat, zu anderen Maßnahmen greifen. Ich zog an ihren Ohren. Erst ganz sanft, dann aber kräftiger. „Hey, was ist denn los? Geht das nicht ein wenig liebevoller?“, knurrte sie und schaute recht sauertöpfisch. Wortlos schüttelte ich den Kopf und lächelte. „Du, Tess, wie auch immer wir die restlichen Tage rumkriegen. Ich finde, wir sollten das mit dem Gewinn für uns behalten.“ „Aha, und wieso?“ „Man weiß ja nie! Vielleicht ist der gesamte Gewinn bloß ein Reinfall und die Blöße würde ich mir nicht geben wollen.“

„Okay, verstehe. Wenn es dir so lieber ist, du weißt, ich kann schweigen wie ein Grab!“ Uns war klar, dass die restlichen Tage bis zum Antritt der Reise die Hölle werden würden. Mit niemanden darüber zu reden, war schon eine sehr große Herausforderung für zwei Quasseltanten wie uns. Wir schwangen uns auf die Räder und fuhren zur Schule. Genau genommen besuchten wir das Berggrün-Gymnasium in unserem Kiez. Im Grunde genommen war die restliche Zeit nur noch ein Absitzen. Die Klausuren waren alle geschrieben und die mündlichen Prüfungen absolviert. Am Abend gönnte ich mir ein heißes Bad. So heiß, dass der große Spiegel nach wenigen Minuten beschlagen war. Aus dem Schrank nahm ich eine wohlriechende Kugel, deren Zusätze aus Vanille-Aroma, Öl, Honig und Seife bestanden. Vorsichtig ließ ich sie ins Wasser gleiten. Im Hintergrund lief leise meine CD, die wie eine Droge auf mich wirkte. Mit jedem Mal Hören wurde sie mir vertrauter und half mir dabei, mit den Gedanken abzuschweifen …

Am nächsten Tag in der Schule traf ich Tess wieder. Wir begrüßten uns und mischten uns in eine Gruppe von Mädchen, mit denen wir auch in der Freizeit unterwegs waren. Wir redeten über Jungs, Sex, Partys und natürlich über Schuhe! Alicia erzählte, was ihr und ihrem Freund gestern Abend passiert war. „… Das könnt ihr euch nicht vorstellen, gerade als es anfing, spannend zu werden, platzte dieses verdammte Gummi!“ Entsetzen war in unseren Augen zu sehen. Ein aufgeregtes „Auweia!“ ging durch die Runde. Einige hielten sich die Hand vor den Mund. Alicia sah sich kurz um, bevor sie fortfuhr. „Wir hatten beide die totale Panik! Max meinte, ich müsse sofort ins Krankenhaus und die 'Pille danach' schlucken!“ Tess war geschockt und schaukelte mit ihrem Stuhl ständig vor und zurück. „Nee, wie jetzt, seid ihr wirklich ins Krankenhaus gefahren und habt die Story erzählt?“ An der Röte ihres Gesichtes konnte man ahnen, dass es Alicia langsam peinlich wurde. „Natürlich, was blieb uns denn anderes übrig? Meinst du, ich wollte jetzt schon Mutter werden?“ Tess begriff sofort. „Oh sorry, wollte dir nicht zu nahe treten.“ Wir verfolgten das Thema nicht weiter und verteilten uns auf unsere Plätze, da der Unterricht begann.

Nach acht Stunden war die Schule beendet. Tess und ich beschlossen, einen Snack zu uns zu nehmen. Die Auswahl des Lokals fiel ohne Einwände auf Mc Donald`s. Kalorien zählten wir heute allerdings nicht!

Zufrieden gingen wir über den Kudamm, der bekanntesten Einkaufsmeile Berlins, mit vielen kleinen Boutiquen und süßen Geschäften, die mit viel Liebe und Mühe betrieben wurden. Namhafte Kaufhäuser, edle Klamottenläden, aber auch einfachere Geschäfte luden zum Bummeln ein. Am bekanntesten war das KaDeWe, das Kaufhaus des Westens. Jeder Berliner und auch fast jeder Nichtberliner kannte es. Das Haus ähnelte der Größe nach eher einer Fabrik. So wurde es als eines der größten Kaufhäuser Europas beschrieben. Angefangen von Kleidung der bekanntesten Firmen und Designer über Schmuck im oberen Preissegment bis hin zu Köstlichkeiten aus aller Welt führte es so ziemlich alles. Dort zog es uns hin. Nach ein paar Minuten Wühlen zog ich eine Röhrenjeans aus dem Regal und probierte sie gleich an.

„Du schau mal, Tess, sitzt die gut?“ Ich drehte mich hin und her und betrachtete mich dabei im Spiegel.

„Du hast echt einen sexy Po in dieser Hose!“, betonte sie, bevor sie ausholte und mit der flachen Hand draufklatschte. „Aua! Mensch, lass das!“, stöhnte ich und rieb mit der Hand auf der leicht brennenden Stelle. „Ach, sei nicht so eine Mimose, du siehst klasse aus!“, bestätigte sie nochmal.

Ich war mit meiner um 60 Prozent reduzierten Ausbeute zufrieden. Mir war wichtig, nicht durch knallige Farben oder wirre Muster aufzufallen! Mein Stil war eher sportlich leger, bei entsprechendem Anlass auch mal elegant, aber immer möglichst schlicht. Darauf legte ich eine Menge Wert, denn schließlich kam ich aus einem mittelständischen Haushalt, wo beide Eltern arbeiteten. Wir waren nicht reich, kamen aber gut über die Runden. Meine Mama arbeitete in der diagnostischen Abteilung des Stadtteilklinikums Westend und mein Vater war Sachbearbeiter bei einer Krankenkasse.

Tess tickte völlig anders als ich, total entgegengesetzt! Sie liebte knallige Farben und extreme Muster. Es passte zu ihr und es wäre befremdlich, sie in schlichter Kleidung zu sehen. Vielleicht orientierte sie sich diesbezüglich an ihrer Mutter. Die Eltern führten ein gut gehendes Beratungsunternehmen und waren finanziell bestens ausgestattet. Dies bedeutete für Tess auch ein entsprechend hohes Budget für ihren Klamottenkauf. Es fiel Tess nicht schwer, mehrere Hundert Euro auf einmal auszugeben. Mich störte das überhaupt nicht, denn Tess und ihre Eltern sind trotz ihres Erfolges liebenswerte Personen geblieben und hielten sich nie für etwas Besseres.

Mittlerweile war es spät geworden. Die ersten Geschäfte schlossen die Türen und ließen die schweren Metallrollläden runter. Das Zeichen für uns, den Heimweg anzutreten.

Als wir uns am nächsten Morgen zur allgemeinen Gesprächsrunde trafen, meinte Alicia: „Wie sieht es denn heute mit Weggehen aus? Hätte Bock auf eine Bar oder einen Club.“

„Ich klinke mich jetzt schon aus“, sagte ich. „Ich bin völlig im Arsch! Vielleicht gehe ich morgen mit.“

„Ah super, morgen wäre ich auch dabei“, schloss sich Tess an, die man kaum verstand, da sie an einem Schokoriegel kaute. „Na, dann treffen wir uns eben morgen im Club“, entgegnete Alicia enttäuscht darüber, dass nicht heute schon etwas ging. Mit einigen Mitschülern, die ebenfalls 18 Jahre alt waren, verabredeten wir uns für Samstagabend gegen Mitternacht im Fritz-Club, der nach dem gleichnamigen Radiosender hieß. Für uns war Mitternacht die passende Zeit, weil ab da die Stimmung richtig gut abging. Was den Club empfehlenswert machte, waren die gut gemischte Musik und das ansprechende Interieur. Es wurden oft unbekannte Gruppen gespielt, die ihren großen Durchbruch erst noch vor sich hatten. Außerdem besuchten viele Gleichgesinnte und einigermaßen intelligente Leute diesen Club, was die Unterhaltung mit fremden Personen zumindest möglich machte.

Den Freitagabend verbrachten Tess und ich gemeinsam bei mir zu Hause. Wir hatten nichts weiter zu tun, außer zu plaudern, fernzusehen und zu faulenzen. Zwischendurch klingelte das Telefon. „Hallo Papa.“ „Hallo Liebes, was machst du so? Steht die Wohnung noch?“, fragte er mit seiner charmanten Art.

„Es geht mir prima, danke! Und – ja! – sie steht noch. Wie geht es Mama? Vermisst sie mich schon?“ „Na, machst du Scherze? Du kennst doch deine Mutter, sie ist froh, dass sie hier ihre Ruhe hat!“ Auf die Antwort hin mussten wir beide lachen. „Wo steckt ihr denn gerade?“

„Wir sind auf Bintan vor der Ostküste Sumatras, eine Insel ungefähr 45 Minuten von Singapur entfernt. Ein Traum, Juno, ein Traum!“

„Oh, Papa, hör auf, jetzt bin ich doch ein bisschen neidisch. Ist das Wasser wirklich so azur-blau, wie auf den vielen Werbebildern?“ Ich hörte, wie er lachte. „Dieses Blau ist einfach unbeschreiblich! Mama und ich gehen gleich an den Strand.“ Nach ein wenig Plauderei beendeten wir das Gespräch. Tess und ich spielten noch einige Runden Schiffe versenken, bis wir schließlich zu Bett gingen.

Am Samstagabend gegen 21.30 Uhr wurde es Zeit, sich für den Club hübsch zu machen. Die Handgriffe für das Make-up saßen. Heute trug Tess eine enge rote Röhrenjeans und kombinierte ein bunt geblümtes, eng anliegendes Oberteil dazu. Es gab nur wenige Jungs, die ihrem Anblick widerstehen konnten. Tess war es gewohnt, von mehreren Verehrern an einem Abend angesprochen zu werden. Manche waren ziemlich penetrant, aber die ließ Tess ohnehin gleich wieder abblitzen. Einfache Gemüter waren auch nichts für sie. Tess war immer auf der Suche nach dem Besonderen. Ich hatte mein braunes, schulterlanges Haar zu großzügig fallenden Locken frisiert und trug eine enge blaue Jeans. Dazu zog ich ein schwarzes Oberteil an, das einer Korsage ähnelte. „So, Süße, ich denke, das Werk ist vollbracht. Ich bin zufrieden und wie sieht es mit dir aus?“ Zustimmend nickte ich. „Ja, das passt! Von mir aus können wir los.“ Die Party war schon in Gange, als wir ankamen. Einige unserer Mitschüler trieben sich auf der Tanzfläche herum. Tessy stürzte sich sofort in das Getümmel, um ihr Tanzbein zu schwingen. Ich zog es dagegen vor, an der Theke mit ein paar Leuten zu plaudern. Nebenbei trank ich ein Blut-Orange Alko-Pop. Zu fortgeschrittener Stunde war die Stimmung auf dem Höhepunkt. Die Musik schallte im Ohr und die vielen bunten Laser blitzten wirr vor meinen Augen. Mittlerweile tanzte ich ausgelassen mit meinen Freunden. Um 4 Uhr waren nur noch wenige da, die vom Tanzen nicht genug bekommen konnten. Als der DJ seinen Rausschmeißer einlegte und darum bat, die Tanzfläche zu räumen, beschlossen wir, den Heimweg anzutreten.

Zwei nette Jungs namens Paul und Finn, die wir im Club kennen gelernt hatten, begleiteten uns zur U-Bahn. Die zwei im Alter von neunzehn und zwanzig waren charmant und aufmerksam. Paul war der Ältere von beiden, Tess war völlig begeistert von ihm! „Wie, du bist naturblond? Ich dachte, du bist gefärbt!“, neckte er meine Freundin, die sofort darauf ansprang. Sie kniff Paul in die Seite. „Du bist ganz schön frech, da stehe ich gar nicht drauf!“ Er guckte irritiert. Tess ließ ihn noch ein paar Sekunden zappeln, grinste breit und streckte ihm dann die Zunge aus.

Am Umsteigebahnhof angekommen, tauschten Tess und Paul Telefonnummern aus. In dem Moment fuhr unser Zug ein. Wir stiegen ein und suchten uns einen Platz.

Nach wenigen Stationen trennten sich unsere Wege. „Mach's gut, meine Süße. Ich werde heute wohl noch mit Paul telefonieren.“

„Viel Spaß und schlaf gut. Wir können ja morgen sprechen.“

Als ich am nächsten Tag gegen Mittag aufstand, hatte ich von Tess noch nichts gehört. Wahrscheinlich hatte sie lange mit Paul telefoniert und lag noch im Tiefschlaf. Ich raffte mich auf, schlüpfte in meinen Jogginganzug und lief meine gewohnte Strecke durch den Ruhwaldpark. Zwischendurch machte ich immer wieder ein paar Dehnübungen. Inzwischen war ich wieder zu Hause und der Nachmittag ging dahin. Seltsam, dachte ich, als ich nach einiger Zeit bemerkte, dass es draußen langsam dunkel wurde. Tess müsste längst ausgeschlafen haben. Kaum hatte ich diesen Satz fertig gedacht, bimmelte mein Handy.

„Mensch, Tess, endlich rufst du an! Und, wie war dein Gespräch mit Paul?“ Sie kicherte ins Telefon. „Das ist ein ganz Toller, wir haben heute Nacht noch über zwei Stunden telefoniert und du wirst es nicht glauben, er hat mir aus der Cocktailbar am Schönen Platz einen Frozen Margarita bringen lassen!“ Erstaunt kratzte ich mich am Kinn. „Das nenne ich mal einfallsreich! Toll! Könnte was werden mit Paul, oder?“

Wir telefonierten noch lange, schweiften von einem Thema zum nächsten und sprachen auch über den anstehenden gemeinsamen Urlaub. Fünf Tage Schule mussten wir noch absitzen, dann hatten wir es vorerst geschafft, bis es für mich ab Oktober mit meinem Fremdsprachenstudium an der Freien Universität Berlin weiterging. Tessy war ein Mathe-Ass, darum hatte sie sich an der Humboldt-Universität für Betriebswirtschaftslehre eingeschrieben.

Wir beide fuhren nun schon das fünfte Jahr in Folge für jeweils zehn Tage ins Sommercamp an die französische Atlantikküste, nach Bordeaux. Dort lernte ich auch Marc, meinen Ex-Freund, kennen. Er war zu der Zeit Jugendbetreuer und verdiente sich während der Ferien das Geld, um nach den Semesterferien sein Studium fortzusetzen. Als ich Marc das erste Mal sah, war ich sofort von seinem blonden Engelshaar gebannt. Ich liebte sein nordisches Aussehen. Er war groß und schlank, ja sogar ein bisschen schlaksig. Mich störte das überhaupt nicht. Im Gegenteil, ich fand ihn total toll! Und das beruhte offensichtlich auf Gegenseitigkeit!!! Marc war 22 Jahre alt und ich empfand das als angenehm, denn er war schon recht erfahren, wovon ich profitieren konnte. Unsere Beziehung ging trotzdem auseinander, da er wegen des Studiums in eine weit entfernte Stadt ziehen musste. Auf Dauer konnte man eine Fernbeziehung, meiner Meinung nach, nicht aufrechterhalten. Wir gingen im Guten auseinander und hatten ab und zu noch via Internet oder Telefon Kontakt.

Tess und ich freuten uns schon auf das Camp, um alte Erinnerungen aufleben zu lassen und mit anderen Jugendlichen neue Freundschaften zu schließen. Gut, dass es noch andere Ziele gab. So fiel es mir zumindest zeitweise leicht, meine Gedanken von London nach Frankreich abschweifen zu lassen.

Ich wollte den nächsten Morgen mit einem Frühstück und einer Tasse Kaffee begrüßen. Damit ich vor Langeweile nicht umkam, schaltete ich das Frühstücksfernsehen ein. Genau zum richtigen Zeitpunkt. Denn es folgten nun die V.I.P.-News. Neuigkeiten über die Schönen und Reichen waren meistens sehr unterhaltsam. Der überwiegende Teil dieser Berühmtheiten war mit Skandalen behaftet. Über sie gab es immer was zu berichten. Und ich fand es jeden Tag aufs Neue interessant. Ob man ein Promileben als beneidenswert ansehen wollte, lag im Ermessen jedes Einzelnen selbst. Ich persönlich würde es hassen, wenn sich auf Schritt und Tritt irgendwelche Groupies oder Reporter an meine Fersen hängen würden. Kein Wunder, dass etliche Sternchen vom Promihimmel fielen.

Heute gab es noch einen Bericht über den Frontsänger von Luminous. Über ihn hörte man wenig, leider! Er hatte es geschafft, sein Privatleben weitgehend von der Öffentlichkeit fernzuhalten. Meist nur im Zusammenhang mit seiner Partnerin Cressida Prowman hörte oder las man etwas über ihn. Sie war eine angesagte Schauspielerin, die gerne in der Öffentlichkeit stand und häufig interviewt wurde. Zum x-ten Mal sollte es in der Beziehung von Charly William und ihr kriseln.

„Immerhin sind die beiden schon seit fünf Jahren ein Paar“, säuselte

ich mir in den nicht vorhandenen Bart und stützte mein Kinn mit Hilfe meines Armes auf die Tischplatte. Seine Lebensgefährtin wurde in einem Londoner Pub angeblich mit einem anderen Mann gesichtet.

„Uuhuhhh, wie schlimm!“, machte ich mich kopfschüttelnd lustig. Gerüchte über Gerüchte. Nur zwei Menschen sollten die Wahrheit kennen. Vielleicht auch drei.

287,83 ₽
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320 стр. 1 иллюстрация
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9783847677970
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