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Im Todeshaus

Oberregierungsrat Paul Vacano

Leiter der Strafanstalt Berlin – Plötzensee

1928 –1943/44

Ein dokumentarischer Bericht

Von seinem Enkel

Dr. Joseph Dolezal

epubli GmbH Berlin

Impressum Im Todeshaus Autor: Dr. Joseph Dolezal Copyright: © 2013 Dr. Joseph Dolezal Druck und Verlag: epubli GmbH, Berlin www.epubli.de ISBN 978-3-8442-6545-3

Titelbild und Layout: Frank Beutel

Copyright: © 2013 Frank Beutel

www.fb55.de

Dr. Joseph Dolezal

Dr. phil. Joseph Paul (zweiter Vorname nach dem Großvater) Dolezal (geb. 1948) studierte Geschichte und Politik in Bonn. In seiner Dissertation „Aristoteles und die Demokratie“ (Akademische Verlagsgesellschaft Frankfurt a.M. 1974) untersuchte er die geistesgeschichtlichen und historischen Grundlagen des aristotelischen Demokratiebegriffs. Er arbeitete über drei Jahrzehnte im Öffentlichen Dienst, zuletzt im Bundesministerium des Innern. Auf seiner Homepage www.dolezal-reisebuch.de berichtet er fortlaufend über zahlreiche Reisen in alle Welt.

Er ist verheiratet und lebt in Zeuthen bei Berlin.

Frank Beutel

studierte in Berlin an der Kunsthochschule Berlin - Weißensee, sowie am Institut für Baugebundene Kunst Berlin und ist seit 1986 als freischaffender Maler und Grafiker in Berlin und Umgebung tätig. Er lebt in Zeuthen bei Berlin.

„Von allem Leid, das diesen Bau erfüllt,

Ist unter Mauerwerk und Eisengittern

Ein Hauch lebendig, ein geheimes Zittern,

Das andrer Seelen tiefe Not enthüllt“.

Albrecht Haushofer: Moabiter Sonnette I: In Fesseln

Prolog: Warum und warum so spät?

Die Frage, warum der Enkel diese Geschichte über seinen Großvater, der 1946 starb und den er gar nicht gekannt hat, Jahrzehnte später rekonstruiert und aufschreibt, ist sicher berechtigt. Es geht wie bei so vielen in den Nachkriegsjahren Geborenen um Spurensuche: wie haben die Eltern und Großeltern im NS-Staat und im II. Weltkrieg gelebt? Was haben sie getan?

Es geht nicht um Rechenschaft, Entlastung oder Verurteilung des Verhaltens von nahestehenden Menschen in den schlimmen 30er und 40er Jahren des 20. Jahrhunderts. Wer wie der Autor mehr als 30 Jahre im öffentlichen Dienst der Bundesrepublik Deutschland, einem demokratischen Rechtsstaat, gearbeitet hat, kann gar nicht ermessen, unter welchen Zwängen ein Richter oder – wie im vorliegenden Fall – ein Justizvollzugsbeamter, damals stand. Einem Unrechtsstaat zu dienen, ist immer zwiespältig. Solange noch ein geringes Maß an Freiheit besteht, es nicht zu tun und einen „zivilen“ Beruf zu wählen, ist dies sicher eine Alternative.

Wer aber, wie z.B. mein Großvater, nach allen Schilderungen und Zeugnissen, die ich habe, von einem ganz starken Mitgefühl für die Menschen beseelt war, die ihm in gewisser Weise „anvertraut“ waren, der wollte ihnen ihr schreckliches Los erleichtern und versuchte - nicht im Sinne der üblichen wohlfeilen Entschuldigung vieler NS-Täter - Schlimmeres zu verhindern. Und ein solcher Mensch der blieb eben und machte sich womöglich mitschuldig.

Dass ich die Spur so spät aufgenommen habe, ist einem Zufall geschuldet, denn auch in meiner Familie wurde wenig über die damalige Zeit gesprochen und ich war schon fast 40 Jahre alt, als ich auf die Geschichte meines Großvaters stieß.

Joseph Dolezal

Berlin 2013

Einführung: Wie es dazu kam

1985 wurde viel gesprochen und publiziert über den 40. Jahrestag des Kriegsendes und der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft. Unvergessen ist die Rede von Bundespräsident Richard von Weizsäcker am 8. Mai 1985 im Deutschen Bundestag mit der damals noch mutigen Aussage, dass der 8. Mai 1945, der Tag der bedingungslosen Kapitulation, ein „Tag der Befreiung“ war.

Unzählige Publikationen, Filme, Dokumentationen und Beiträge erschienen in diesem Gedenkjahr, sogar die sog. Publikumszeitschriften nahmen sich der Themen Krieg und NS-Staat an. Und so kam es, dass die BUNTE Illustrierte am 15. Mai 1985 einen reißerischen Beitrag mit der Überschrift brachte:

„Die Nacht, als die Henker kamen...Neue Hintergründe zur Ermordung des Pianisten Karlrobert Kreiten“.

Ich blätterte an diesem Tag das Heft durch, denn als Pressesprecher in einem Bundesministerium in Bonn hatte ich darauf zu achten, was im Blätterwald zur Politik im allgemeinen und zu meinem Ministerium im besonderen zu lesen stand.

Ich stieß auf den Satz: „Wütend hatte..Minister Thierack am 7. September 1943 dem Anstaltsleiter, Oberregierungsrat Vacano, befohlen: alle zum Tode Verurteilten sind unverzüglich hinzurichten!“. Das war mein Großvater, Leiter des Gefängnisses Berlin - Plötzensee in den dreißiger und vierziger Jahren, dem Ort tausender Hinrichtungen. So viel wusste ich, aber vom Leben meines Großvaters hatte ich nur eine vage Vorstellung.

Ich rief meine Mutter an und die war entsetzt. Da brachen alte, nie verheilte Wunden auf und einige Zeit später schrieb sie mir einen langen Brief über die damaligen Geschehnisse.

Im Artikel der BUNTEN ging es im übrigen gar nicht um meinen Großvater, sondern um den bekannten Journalisten Werner Höfer, der die Hinrichtung des jungen begabten Pianisten Kreiten im Jahre 1943 irgendwo bejubelt hatte und letztlich über diese Enthüllung stürzte. Der Autor der BUNTEN, den ich anrief, trug auch gar nicht den Namen, der unter dem Artikel stand, mein Großvater interessierte ihn gar nicht, die kurze ihn betreffende Passage hatte er sich irgendwo angelesen.

Es dauerte bis 2011, als ich längst im Ruhestand war, bis ich mir die Personalakte meines Großvaters im Bundesarchiv besorgte und so entstand die folgende Schilderung.

Jurist sucht seinen Weg

Die Ursprünge der Vacano’s liegen im 15. Jahrhundert in der Lombardei. Etwa ab der zehnten Generation, d.h. im 18. Jahrhundert finden sich zahlreiche Spuren im Hunsrück (Kirn, Kirchberg, Simmern), Trier und St. Wendel (Saar). Die Familie war weitverzweigt und zum Teil adelig. Paul Vacano entstammte der 15. Generation.

Er wurde am 15. März 1881 in Köln als Sohn eines Postsekretärs geboren. Köln gehörte damals (bis 1918) zur „preußische Rheinprovinz“. Der „Postsekretär“ war in der Deutschen Reichspost ein eher niedrig angesiedelter Dienstposten. In der nach 1870 zentralisierten Reichpost gab es unter dem „General-Postmeister“ mit der Amtsbezeichnung Staatssekretär noch viele andere geheimnisvolle Ränge, wie z.B.: Ober-Postsekretär, Geheimer Postrat, Postdirektor, Postmeister. Aber immerhin: der Postsekretär war Beamter, wenn auch ein kleiner.

Es verwundert daher nicht, wenn in Paul Vacano’s Personalbogen von 1915 steht: „Ohne Vermögen“ (siehe Dok. 4). Wie meine Mutter in ihrem Brief vom 18. Mai 1985 schreibt, „war er mit 18 Jahren Vollwaise, sein älterer Bruder, Bürgermeister in Ehrenbreitstein/Koblenz und dessen Frau haben sein Studium finanziert, das hat er zurückgezahlt, denn das Ehepaar hatte selbst Kinder“. Später, im Justizdienst „legte er sein Gehalt in die Schreibtischschublade, meine Mutter und er entnahmen, was gebraucht wurde, dann legte meine Mutter dazu – wenn nötig“.

Ein Jura-Studium in Bonn mit erster und zweiter Staatsprüfung zu bestehen, bedeutete für Paul Vacano einen beachtlichen gesellschaftlichen Aufstieg. Und durch die Ehe mit Margarete Lehmann, Tochter eines Polizeikommissars a.D. (siehe Dok. 5), kam er zu einem gewissen Wohlstand. Denn dieser Johannes Meinhard Lehmann, so schreibt meine Mutter in ihrem Brief vom 18. Mai 1985, „erfand das Steckbriefregister. Er und meine Oma arbeiteten das in mühevoller Arbeit aus und ließen das in Guben drucken. Für die Erfindung und Arbeit erhielt mein Opa eine große Summe, nach seinem Tod 1930 erhielt meine Oma auf ihre Lebenszeit jährlich eine Zahlung. Von der ersten großen Summe kauften meine Großeltern...mehrere Kinos...Kurz vor Hitler verkaufte meine Oma diese...und kaufte zwei Gutshöfe“.

Johannes Lehmann, „Polizeikommissar a. D.“ findet sich im „Einwohner-Buch von Bielefeld mit Vororten“ von 1927 in der dortigen Paulusstraße 19.

Über sein Steckbriefregister ist in der Fachliteratur wenig zu finden. Wahrscheinlich handelte es sich (darauf deutet der auch von meiner Mutter erwähnte Erscheinungsort Guben hin) um das sog. „Königs Zentralsteckbriefregister“, das von 1914 bis 1928 neben den offiziellen Fahndungsregistern „vermutlich als Privatinitiative erschien, ein Zentral-Steckbriefregister, das eine Zusammenstellung aus deutschen, österreichischen und ungarischen Fahndungsblättern enthielt. Bearbeiter waren Andreas Renkel und Polizeileutnant Richter aus Bremen, Erscheinungsort war Guben“. (Jens Dobler: Zwischen Duldungspolitik und Verbrechensbekämpfung). Mit Sicherheit lässt sich das aber nicht sagen.

Paul Vacano durchlief nach seinem Studium (Note in der ersten Prüfung: gut, in der Großen Staatsprüfung: nur ausreichend) mehrere Stationen bei Gerichten und Staatsanwaltschaften, heiratete 1919 nach dem Wehrdienst im I. Weltkrieg und ging dann ab 1921 in den Strafvollzugsdienst. Das war eine fatale Entscheidung, denn aus dieser Laufbahn kam er nie mehr raus. Meine Mutter schreibt:

„Die Sackgasse. Zu dieser Zeit wurden im Zuge des humanen Strafvollzugs (Weimarer Republik) sogenannte Strafvollzugsämter eingerichtet. Sein vorgesetzter Oberstaatsanwalt erhielt den Auftrag, ein solches in Berlin aufzubauen und überredete meinen Vater, die Leitung eines solchen Amtes anzustreben...Man sagte ihm, dafür müsse er aber...erst mal in die Praxis gehen, d.h. an eine Vollzugsanstalt, also Gefängnis. Er kam also nach Wittlich, dann nach Rheinbach, dann hieß es: nun der Sprung nach Berlin - Plötzensee, das war 1928. Da mein Vater in keiner Partei war, bekam aber leider die Leitung des Strafvollzugsamtes in Berlin ein Zentrums-Mann, mein Vater saß fortan fest in einer Situation, die nur als Übergang und Sprungbrett gedacht war“.

Die Strafvollzugsreformen der Weimarer Republik, die nur eine Episode waren, wurden von Gustav Radbruch (1878 - 1949), der von 1921 bis 1922 und kurz 1923 Reichsjustizminister war, ausgearbeitet. Die neuen „Grundsätze für den Vollzug von Freiheitsstrafen“ gingen in die sog. „Reichsratsgrundsätze vom 7. Juni 1923“ ein und galten im ganzen Reich. Ihr Grundgedanke war die Erziehung und Resozialisierung von Straftätern im Strafvollzug.

Dass Paul Vacano dieser Reform gegenüber aufgeschlossen, also nicht einer der vielen Beamten war, die die Weimarer Republik innerlich ablehnten, ergibt sich aus einer Bemerkung zu seiner positiven Einstellung zum „neuzeitlichen Erziehungsstrafvollzug“ in der Beurteilung von Anfang 1931 (siehe Dok. 10.)

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80 стр. 69 иллюстраций
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9783844265453
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