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Indira Jackson
Rayan - Im Auge des Sturms
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Inhaltsverzeichnis
Titel
Vorwort
02.02.2015 - München - Showdown
02.02.2015 - München - Schnell weg vom Tatort
2005 - In der Wüste weit vor Alessia - Ein Verfolger
02.02.2015 - München: Englischer Garten - Fehlende Sprachkenntnisse?
02.02.2015 - München - Eilige Abreise
2005 - In der Wüste weit vor Alessia - Ein gebrochenes Wort
02.02.2015 - München: Polizeirevier - Das Verhör
2005 - In der Wüste weit vor Alessia - Ein unhöflicher Gast
02.02.2015 - München: Polizeirevier - Die Wahrheit
2005 - In der Wüste weit vor Alessia - Auf dem Weg zurück
02.02.2015 - München: Weg zum Flughafen - Die Wiedergutmachung
2005 - Zurück in Alessia - Späte Erkenntnis
02.02.2015 - München: Flughafenhotel - Eine weitere Einladung
2005 - Alessia - Versuch der Wiedergutmachung
02.02.2015 - München: Flughafenhotel - Keine schwere Entscheidung
November 2005 - Alessia - Ein völlig neues Leben
02.02.2015 - München: Flughafenhotel - Reizvolle Überbrückung
November 2005 - Alessia - Sackgasse
02.02.2015 - München: Flughafenhotel - Der Abschied
05.02.2015 - Hummers Haus in Alessia - Terminplanungen
November 2005 - Alessia - Unendliche Sturheit
Anfang März 2015 - Hummers Haus in Alessia - Stolz und Unnahbarkeit
November 2005 - Alessia - Nachdrückliche Überzeugung
Anfang März 2015 - Hummers Haus in Alessia - Keine gute Voraussetzung
April 2006 - Harvard - Mitten im Studium
Anfang März 2015 - Hummers Haus in Alessia - Vergeben und Vergessen?
August 2006 - Harvard - Befriedigung der Neugier
Anfang März 2015 - Hummers Haus in Alessia - Über Zwänge und Riten
August 2006 - Charlotte - Der Beginn einer Freundschaft
Anfang März 2015 - Alessia: Flughafen Privatmaschinen - Drei-Tage-Trip?
13.03.2015 - Irgendwo in der Wüste - Einsames Erwachen
13.03.2015 - Einige Kilometer entfernt - Unangenehmes Erwachen
13. März 2015 - Charlotte - Eine schlechte Nachricht
13.03.2015 - Irgendwo in der Wüste - Vorbereitungen zum Überleben
13.03.2015 - Einige Kilometer entfernt - Eine schwache Hoffnung
14.03.2015 - Irgendwo in der Wüste - Eine doch nicht so abwegige Idee
13.-14.03.2015 - Einige Kilometer entfernt - Immer in Richtung Westen
15.03.2015 - Irgendwo in der Wüste - Freund oder Feind
16.03.2015 - Einige Kilometer entfernt - Im letzten Moment
18. März 2015 - Mitten in der Wüste - Es geht langsam aufwärts
19. März 2015 - Oase des fremden Fürsten - Versuchter Diebstahl?
19.-22. März 2015 - Mitten in der Wüste - Nur eine kurze Freude
19. März 2015 - Oase des fremden Fürsten - Kennenlernen unter widrigen Umständen
März 2015 - Im Lager von Miskah Khalid - Gefangen!
19. März 2015 - Oase des fremden Fürsten - Durchschaut
März 2015 - Im Lager von Miskah Khalid - Ein sadistischer Aufpasser
März 2015 - Im Lager von Miskah Khalid - Die Audienz
März 2015 - Im Lager von Miskah Khalid - Eine Erinnerung aus der fernen Vergangenheit
25. März 2015 - Außerhalb von Washington - Ein vier Jahre altes Rätsel
März 2015 - Im Lager von Miskah Khalid - Vorbereitung für die Zukunft
25. März 2015 - Außerhalb von Washington - Ein Verdacht wird Gewissheit
Ende März 2015 - Im Lager von Miskah Khalid - Entschluss für die Zukunft
25. März 2015 - Außerhalb von Washington - Eine spontane Reise
Ende März 2015 - Im Lager von Miskah Khalid - Fremde Besucher
28.03.2015 - Hummers Haus in Alessia - Weitere Nachforschungen:
Ende März 2015 - Im Lager von Miskah Khalid - Befragung am Abend
29.03.2015 - Am Flugzeugwrack - Zurück in die Vergangenheit
Ende März 2015 - Im Lager von Miskah Khalid - Freund oder Spion?
29.03.2015 - Am Flugzeugwrack - Bestätigung einer Vermutung
Ende März 2015 - Im Lager von Miskah Khalid - Fluchtgedanken
03. April 2015 - Oase von Fürst Harun Said - Eine schlechte Nachricht
Anfang April 2015 - Im Lager von Miskah Khalid - Hilfreiche Verstärkung
04. April 2015 - Oase von Fürst Said - Eine ungewisse Zukunft
02. April 2015 - Im Lager von Miskah Khalid - Es wird ernst
03. April 2015 - Im Lager von Miskah Khalid - Ein neuer Plan
07.04.2015 - In Hummers Haus in Alessia - Mäusejagd
03./04. April 2015 - Im Lager von Miskah Khalid - Die Flucht
08.04.2015 - Alessia - Zusammensetzen des Puzzles erfordert Geduld
04. April 2015 - Im Lager von Miskah Khalid - Blinde Wut
08.04.2015 - Alessia - Überraschender Besuch
04. April 2015 - Im Lager von Miskah Khalid - Alarmzustand
08.04.2015 - Alessia - Schützt Naivität vor Strafe?
04. April 2015 - Die offene Wüste - Davongekommen
06.04.2015 - Zarifa - Die Nachfolgeregelung
08.04.2015 - Alessia - Quid pro Quo
Anfang April 2015 - Die offene Wüste - Kampf ums Überleben
07.04.2015 - Zarifa - Lange vergangen, aber nicht vergessen
Mitte April 2015 - Oase von Farah - Scheideweg
08.04.2015 - Tal von Zarifa - Scheich Hanif
Anfang April - Tal von Zarifa - Unter neuer Herrschaft
Ende April 2015 - Oase von Farah - Erneut auf der Flucht
Anfang Mai - Tal von Zarifa - Aller Anfang ist schwer
Ende April 2015 - Irgendwo in der Wüste - Rückkehr nach Zarifa
Ende Mai 2015 - Bergwelt von Zarifa - Unverhofftes Wiedersehen
Einige Tage vorher: 17.05.2015 - Tal von Zarifa - Ein Ereignis kündigt sich an
Ende Mai 2015 - Bergwelt von Zarifa - Vertauschte Rollen
Einige Tage vorher: 17.05.2015 - Tal von Zarifa - Endspurt
Ende Mai 2015 - Bergwelt von Zarifa - Erste Schritte zurück ins Leben
Einige Tage vorher: 18.05.2015 - Tal von Zarifa - Sheila
Ende Mai 2015 - Bergwelt von Zarifa - Pläne zur Rückkehr
Ende Mai 2015 - Tal von Zarifa - Auf heimlichen Pfaden
Ende Mai 2015 - Tal von Zarifa - Gibt es eine Medizin?
Ende Mai 2015 - Tal von Zarifa - Zu Hause sein ist die beste Medizin
Ende Mai 2015 - Tal von Zarifa - Ein neues Leben und andere Neuigkeiten
Ende Mai 2015 - Tal von Zarifa - Verlobt und auch verliebt?
Ende Mai 2015 - Tal von Zarifa - Ein ernstes Gespräch
Anfang Juni 2015 - In der Wüste vor Zarifa - Kein Höflichkeitsbesuch
Zwei Tage zuvor - Zarifa - Eine Einladung: Rayan
Anfang Juni 2015 - Auf dem Weg zu Khalid - Bedingungen der Kapitulation
Zwei Tage zuvor - Zarifa - Eine Einladung: Carina
Anfang Juni 2015 - Vor Khalids Lager - Die Unterwerfung
Zwei Tage zuvor - Zarifa - Naturschönheiten
Anfang Juni 2015 - in Miskah Khalids Lager - Die Befreiung
Zwei Tage zuvor - Zarifa - Die erste Annäherung
Anfang Juni 2015 - In Miskah Khalids Lager - Die Vergeltung
Zwei Tage zuvor - Zarifa - Der erste Schritt zur Versöhnung
Anfang Juni 2015 - In Miskah Khalids Lager - Die Bestrafung
Anfang Juni 2015 - Einige Kilometer vor Khalids Lager - Die Verhandlung
Zwei Tage zuvor - Zarifa - Vor der Versöhnung kommt …?
Anfang Juni 2015 - Einige Kilometer vor Khalids Lager - Die Auswahl
Zwei Tage zuvor - Zarifa - Die Aussprache
Anfang Juni 2015 - Einige Kilometer vor Khalids Lager - Der Zweikampf
Anfang Juni 2015 - Einige Kilometer vor Khalids Lager - Zahltag
Anfang Juni 2015 - In Miskah Khalids Lager - Die Warnung
Anfang Juni 2015 - In der Oase von Farah - Zurück zur Normalität
Anfang Juni 2015 - In der Oase von Farah - Ein unmoralisches Angebot
Prolog für Teil Vier „Rayan - Der Stich des Skorpions“
Namensverzeichnis:
Weitere Bücher der Rayan – Reihe
Impressum neobooks
Vorwort
Irrtum vorbehalten. Alle Rechte bleiben bei der Autorin.
Die Namen, Personen und auch die meisten Orte sind frei erfunden. Ähnlichkeiten zu realen Personen oder Ereignissen sind rein zufällig und keinesfalls beabsichtigt.
An meine treuen Fans,
als ich „Rayan – Sohn der Wüste“ geschrieben habe, sollte es eigentlich ein einzelnes Buch werden.
Dann kam mir auf einmal die Idee für den zweiten Teil und es stand fest: Es muss eine Trilogie werden. Und siehe da? Beim Schreiben des dritten Teiles passte auf einmal nicht mehr alles hinein und mir kamen schon wieder neue Einfälle!
Also: ich verspreche Euch, mich zukünftig mit Aussagen über die Anzahl meiner Bücher im Vorfeld zurückzuhalten - denn offenbar kann man nie vorhersehen, wohin einen die Geschichte noch führt.
Diesmal möchte ich mich vor allem bei „Venanzio“ für die tollen Covers bedanken.
Zudem noch bei meinem Mann, Oli + Eva und Frank. Viel Spaß beim (erneuten) Eintauchen in Rayans Welt!
Eure Indira
PS: Denkt wie bei den letzten Büchern an ein genaues Lesen der Kapitelüberschriften, damit ihr wisst an welchem Tag, in welchem Jahr oder an welchem Ort ihr euch gerade befindet!
02.02.2015 - München - Showdown
In diesem Moment gab Rayan alle Hoffnungen für sich auf. Die Zeit war einfach zu knapp.
Stattdessen überlegte er, was er tun könnte, um zumindest das Überleben von Tahsin und Carina sicherzustellen, aber auch dazu fiel ihm nichts ein.
Die Männer hatten sich taktisch geschickt platziert: Einer hielt seinen Sohn fest, eine Pistole an dessen Schläfe, der Zweite hielt Carina in der gleichen Weise umschlungen. Der dritte Mann, welcher der Anführer zu sein schien, mit dem er telefoniert hatte, stand ein Stück entfernt, ebenfalls eine Waffe in der Hand.
Fast überrascht fragte sich Rayan, ob es diese Pistole sein würde, die ihn tötete?
Reumütig dachte er an seine Wüste – er hatte immer gehofft, einmal dort zu sterben und begraben zu werden, nicht hier im kalten und grauen München.
Nebenbei registrierte er die Kälte des Bodens und die Feuchtigkeit des nassen Grases, die durch seine Hosenbeine drang. Wie gerne hätte er jetzt stattdessen heißen Sand unter seinen Knien gespürt.
Dann hatte der Mann seine finale Position erreicht. Er stand nun etwas mehr als zwei Schritte seitlich von Rayan. Selbst wenn dieser sich auf ihn hätte werfen wollen, aus der knienden Position hätte er keine Chance gehabt, rechtzeitig hochzukommen.
Dann hob der Anführer den Arm mit der Waffe. Er zielte genau auf Rayans Kopf und sein Gesicht verriet, dass die Zeit der Spielchen abgelaufen war, jetzt war er wie eine Maschine, die nur eines kannte: die finale Kugel abzufeuern.
In Sekundenbruchteilen würde sie den Lauf verlassen, mit einer Geschwindigkeit von 450 Metern in der Sekunde in Rayans Gehirn eindringen und ihn sofort töten.
Er würde nicht einmal mehr merken, dass sein Oberkörper auf den Boden sackte.
„Schöne Grüße von Senator Johnston B. Deering“, flüsterte der Killer heiser, dann krümmte sich sein Finger um den Abzug.
Rayan erwartete fast ein wenig neugierig den Einschlag. Würde er einen Schmerz spüren? Oder würde die Welt einfach in Dunkelheit versinken?
Doch statt des „Plopp“, das Rayan aus eigener Erfahrung von schallgedämpften Waffen her kannte, vernahm er ein undefinierbares Geräusch. Die anderen hatten es auch gehört und alle fünf sahen gemeinsam auf den Anführer der Attentäter.
Sekundenbruchteile lang konnte Rayans Gehirn nicht verarbeiten, was er da sah. Zu sehr hatte er sich auf seine eigenen letzten Sekunden, seinen Tod, konzentriert.
Der Blick des Mannes hatte einen überraschten Ausdruck angenommen. An seiner linken Schläfe schien etwas Rotes zu hängen.
Dann vernahmen sie nochmals das eigenartige Geräusch.
Aufgrund seines jahrelangen Trainings war Rayan der Erste, der die Situation erfasste. Er erkannte, dass das Rote Blut war – das Blut des Mörders selbst.
Und just in dem Moment, als dieser begann, langsam zu Boden zu sinken, war auch an seinem Hals ein roter Fleck zu erkennen, wo ihn die zweite Kugel getroffen hatte.
Dass es nur einen Schützen in der Nähe geben konnte, der mit solch einer Präzision sein Ziel traf, war Rayan klar: Hanif.
Alles musste nun schnell gehen – er hatte keine Zeit, Erleichterung zu empfinden, denn noch war die Gefahr nicht gebannt. Blitzartig flog er mit einer Art Hechtsprung förmlich auf den Mann zu. Er war der Einzige, der gewusst hatte, dass Jassim und Hanif auf dem Weg hierher waren, wohingegen die anderen Täter der Meinung waren, alleine zu sein. Was für Rayan die Erkenntnis, was da gerade vor sich ging, natürlich erleichterte. Er machte sich nicht die Mühe, dem sterbenden Mann die Waffe zu entreißen, sondern legte seine Hände über die des Anderen. Er suchte sein Ziel und traf den Mann, der Tahsin bedrohte, mitten ins Gesicht, noch bevor dieser begriffen hatte, dass sich die Situation gedreht hatte und nicht mehr sie die Angreifer waren.
Hanif streckte mit einem weiteren gezielten Schuss aus seinem M40A3 Scharfschützengewehr den Mann nieder, der Carina bedrohte.
Rayan prüfte, ob der Anführer wirklich tot war, indem er den Puls an dessen Halsschlagader fühlte: Nichts. Erst dann eilte er hinüber zu den anderen beiden Männern.
Um kein Risiko einzugehen, schoss er beiden kurzerhand nochmals in den Kopf, dann wischte er von der Waffe sorgfältig seine Fingerabdrücke ab und warf sie in den See.
Vermutlich würde die Polizei sie ohnehin finden, doch das war dann nicht mehr sein Problem. Ärgerlicher war der Verlust seiner eigenen Waffe, die der Angreifer vorher ebenfalls ins Wasser befördert hatte. So schnell würde er die nicht wiedersehen, denn als Beweismittel würden die Kriminalbeamten sie zunächst einmal sicherstellen. Wenn sie sie überhaupt fänden.
Er sah, dass Tahsin zitterte und nahm ihn beruhigend in den Arm. Er hielt ihn eine ganze Zeit lang fest und murmelte beruhigende Worte ins Ohr des Jungen. Der weinte und stammelte immer wieder: „Es tut mir leid. Das wollte ich nicht.“ Rayan versicherte ihm, dass jetzt alles gut sei, niemand außer den Angreifern sei zu Schaden gekommen. Und dies seien die einzigen Schuldigen, die nun ihre Strafe bekommen hatten. Erst nach einigen Minuten ließ das Zittern nach.
Hanif und Jassim waren inzwischen auch herangekommen und aus den Augenwinkeln sah er, dass Hanif sich um Carina kümmerte.
Pragmatisch wie immer erinnerte Jassim trocken: „Wir müssen uns beeilen. Ich habe gesehen, dass eine Frau alles beobachtet und telefoniert hat. Sie hat mit Sicherheit die Polizei gerufen.
Doch erst als Tahsin versicherte, dass er in Ordnung sei, ließ Rayan ihn los. Er wechselte schlagartig in einen Status der höchsten Konzentration. An was mussten sie jetzt denken?
Innerhalb von Sekunden entwickelte er einen Plan.
Er holte aus dem Koffer von Hanifs Gewehr einige Beutel, Papier und ein Stempelkissen sowie eine kleine Schere hervor. Tahsin hatte inzwischen beschützend Carina in den Arm genommen. Beide beobachteten erstaunt, wie Rayan von einem Toten zum anderen ging, Proben von Haaren abschnitt, sowie die Fingerabdrücke der Leichen nahm.
Danach zog er das Gewehrreinigungsset hervor und rieb sich damit die Finger ab – er wollte die Schmauchspuren entfernen. Sicher war sicher und je weniger die Polizei wusste, umso besser.
Er schickte Jassim, um ihm sein Sakko zu holen, in dem sich noch immer sein Handy befand.
Sie konnten in der Ferne bereits Sirenen hören, da packte Rayan die kleinen Tütchen mit den Proben in den Koffer.
„Hört zu: Ihr müsst hier ganz schnell verschwinden, denn euch werden sie verhaften. Mir kann aufgrund meiner Immunität nichts passieren. Euch dagegen schon. Wenn ihr erst einmal in den Händen der Polizei wärt, müssten wir uns auf langwierige Prozesse gefasst machen. Dazu habe ich weder Lust, noch haben wir die Zeit dafür.“ Er hielt kurz inne und sah einen nach dem anderen mit festem Blick an, bis auf Carina, die er weiterhin ignorierte. Es fiel ihm schwer, doch war sein Stolz größer als seine Sorge. Und Tahsin kümmerte sich rührend um sie.
„Ihr werdet also mit dem Jet fliegen. Ich werde sie so lange wie ich kann beschäftigen und von euch ablenken, bis ihr abgeflogen seid.“
Er schrieb eine Nummer auf einen Zettel. „Sobald ihr euch im Flugzeug befindet, die Startfreigabe habt und zur Startbahn rollt – und keine Sekunde früher! – rufst du Hanif“, er schaute Hanif eindringlich an, „diese Telefonnummer an. Das ist ein wichtiger Kontakt im Innenministerium, der innerhalb kürzester Zeit für meine Freilassung sorgen wird.“
Dann wandte er sich Jassim zu. Er drückte ihm sein Handy sowie seine komplette Brieftasche inklusive Papiere in die Hand. „Du, Jassim, wirst zusammen mit Tahsin am Flughafen für mich einen Flug buchen, heute Abend geht ein Linienflug nach Dubai. Und reserviert mir ein Zimmer im Hotel am Flughafen, damit ich mich vorher etwas ausruhen und frischmachen kann. An der Rezeption hinterlegt ihr auch meine sämtlichen Papiere, Geldbörse und das Handy. Ich rufe euch dann an, sobald ich alles erhalten habe.“
Alle vier schauten ihn zweifelnd an, doch Rayan ließ sich nicht beirren.
„In Alessia angekommen, werdet ihr die Muster in den Beuteln im Koffer, sowie die Fingerabdrücke im Krankenhaus bei Doktor Murat Ibn Abdul Aziz abgeben. Der wird sie analysieren. Die Ergebnisse, sobald er welche vorliegen hat, gebt ihr Cho, der weiß, was damit zu tun ist.“
Keiner rührte sich, doch die Sirenen kamen unaufhaltsam näher. Rayan zog den Autoschlüssel aus der Hosentasche und drückte ihn Jassim in die Hand. „Fahrt schon! Beeilt euch!“ Sein Tonfall ließ keinen Widerspruch zu.
Hanif und Jassim tauschten einen Blick, zuckten mit den Schultern und wandten sich zum Gehen. Dabei fiel sein Blick auf Carina und er ergänzte: „Und die Frau nehmt ihr mit nach Alessia. Auch hinter ihr sind die Attentäter her, wenn sie hier alleine bleibt, ist sie so gut wie tot.“
02.02.2015 - München - Schnell weg vom Tatort
Carina öffnete den Mund, um zu protestieren, seit wann war sie „die Frau?“ Doch sie wusste, dass das wieder nur eine von Rayans kleinen Gemeinheiten war und versuchte sich nicht aufzuregen. Auch sie hatte keine große Lust auf intensiveren Kontakt zur Kriminalpolizei, die in einem mehrfachen Mord ermitteln würde und so ging sie ohne Kommentar freiwillig mit.
Sie hatten keinerlei Probleme auf dem leeren Parkplatz beim Seehaus den Passat zu finden, genau, wie Rayan es beschrieben hatte und fuhren ungehindert auf die Hauptstraße. Nur wenige Sekunden später sahen sie im Rückspiegel mehrere Polizeiwagen heranfahren.
„Das war knapp, wir hätten keine zehn Sekunden später dran sein dürfen“, seufzte Tahsin erleichtert. Er wirkte nun keineswegs mehr geschockt, sondern eher ein wenig fasziniert über dieses „Abenteuer“.
Carina schüttelte den Kopf. Sie hätte auf diese Aufregung gerne verzichten können. „Jungs, hört zu! Ihr könnt sagen, was ihr wollt, aber ich komme nur mit, wenn wir kurz bei meiner Wohnung vorbeifahren. Ich möchte einige persönliche Dinge mitnehmen und sichergehen, dass alles in Ordnung ist.“
Natürlich war keiner der Männer damit einverstanden, aber Carina wäre nicht sie selbst, wenn es ihr nicht mit ihrer Beharrlichkeit gelungen wäre, sie umzustimmen. Von Drohungen, dass sie am Flughafen einen Aufstand machen würde, bis hin zu tatsächlich vernünftigen Argumenten, dass sie keinerlei Geld oder Papiere mithatte, spielte sie alle Register.
Schließlich bekam sie ihren Willen.
Jassim, der seit ihrer Rückkehr von dem Wochenende in Spanien ohnehin nicht gut auf sie zu sprechen war, murmelte fluchend vor sich hin. Es klang, als verwünsche er die Frauen im Allgemeinen und Carina im Besonderen.
Hanif dagegen tröstete sich damit, dass es ihnen ja auch nicht anders erging als ihrem Herrn, der auch schon vergeblich versucht hatte, diese Frau von ihrem Starrsinn abzubringen. Was nach seinem Wissen meistens nicht gelungen war. Warum sollte es ihnen dann besser ergehen?