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Protokoll gegen Franziskus
und die gewollte
Ohnmacht der Frauen

Georges Hentschel

Impressum

Texte: © Copyright by Georges Hentschel

Cover: © Copyright by Georges Hentschel

Verlag: Georges Hentschel

Altstetterstrasse 293

8048 Zürich

published by: epubli GmbH, Berlin

www.epubli.de

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Prololog

… Der eigene Tod entzieht sich unserem Willen - ausser, wir führen ihn mutwillig herbei. Bei den Griechen zogen sich die alten Männer zurück, um in würdiger Verfassung aus dem Leben zu treten. Ebenso bei den Eskimos, einigen nordamerikanischen Indianern und anderen Naturvölkern. Aber uns wird die Autonomie zur Selbsttötung verboten. Die Ausbeutung unserer Existenz dürfen wir nicht verhindern, indem wir dieses Spiel durch den eigenen Tod mutwillig beenden.

Ärgerlicherweise können wir nach gelungener Tat nicht mehr bestraft werden. Dafür bekommen Angehörige moralischen Druck zu spüren. Das Gemeinwesen entzieht uns überall dort die Macht über uns selbst, wo wir der Nützlichkeit entgehen könnten. Künstler und Behinderte haben in unserer Gesellschaft die grössten Freiheiten. Aber meistens geniessen sie keine Achtung und bekommen schnell den Druck zu spüren, Parasiten zu sein. Dabei sitzen die wirklichen Parasiten in ihren Palästen. Und für all diejenigen, die dazwischen existieren gilt es, Verbote zu lernen. Verboten zu sterben wie man will, verboten zu lieben wie man will, verboten zu leben wie man will, verboten, verboten.

… Moral ist immer so beschaffen, dass sie den Zielen der Mächtigen dient. Und die Mächtigen bedienen sich der Furcht vor den Göttern. So leben die Mächtigen von der Angst der Ohnmächtigen und die Reichen von den Armen und die Armen wiederum von der Arbeit. Was nützt uns der Glaube an Götter, die nur denen nutzen, die von uns leben? Die uns die Heiligkeit eines Gottbildes aufzwingen, um ihre Gewalt davon abzuleiten - die sich nicht schämen, Kinderseelen in Abhängigkeiten zu schlagen, um von lebenslanger Demut zu profitieren? Gleichgültig, mit welchen Seelenqualen Millionen von Existenzen hinterlassen sind, wenn ihnen im Todesfieber nichts anderes bleibt, als das eingepflanzte Bild vom Fegefeuer.

Offensichtlich verlangen unsere Todesängste nach Gottbefohlenheit, um so der Herrschaft eines panischen Egoismus zu entkommen. Aber welches Gottesbild würde eine wirklich humane Gesellschaft hervorbringen?

Voltaire schrieb ‚Gott schuf den Menschen nach seinem Ebenbild, aber der Mensch hat es ihm heimgezahlt.’

Werden wir je einen Gott kreieren, der mehr sein wird als das, was wir an Macht begehren?

Mit unserer Manipulationskultur bekommt auch die Macht ein anderes Gesicht. Sie fusst nicht mehr auf zentral abgeleiteter Autorität, sondern auf Strömungen breit wirkender Suggestionen. Wir leben in diesen Strömungen mit immer schneller wechselnden Aktualitäten. Medien zerren Missstände an die Oberfläche, dramatisieren sie kurz und heftig, um sich sofort wieder dem nächsten Skandal zu widmen. Das geschieht so schnell und rastlos, als wären es Schimären und nicht furchtbare Wirklichkeiten. Gräuel verblassen schnell und werden von neuem Gräuel überdeckt. Gigantische Misswirtschaft wird von noch grösserer übertrumpft. Nicht eingehaltene Versprechen entziehen sich mühelos jeder Konsequenz. Wie wird sich unser Zusammenleben entwickeln mit diesem fortdauernden Verlust von Wahrhaftigkeit? …

… Hoffnung ist für die Hoffnungslosen. Mäuse kommen aus ihren Verstecken, inspizieren jeden Zentimeter auf der rastlosen Suche nach Chancen, merken nicht den hungrigen Blick des Habichts, erkennen nicht den Mechanismus der Falle und mit einem Schlag hat alle Suche ein Ende. Ihre Vorratskammern bleiben ungenutzt, und ihre noch blinden Jungen verhungern.

Nimmt unsere Rastlosigkeit ein plötzliches Ende, gibt es für die Angehörigen soziale Sicherungen. Die Rastlosigkeit der Menschheit hingegen wird Generationen in der Hoffnungslosigkeit hinterlassen. Wie können wir Kinder in eine solche Perspektive hineingebären? Welch einen Inhalt hat in unserer Kultur der Begriff Verantwortung? Wollen wir uns auf die Konsequenzen unseres Treibens überhaupt Antworten geben?

Ethik-Dialog

„Franziskus! Franziskus!“

„Wer ruft mich?“

„Ich GIWEG 37“

„Wer bist du mein Sohn?“

„Ich bin der Siebenunddreissigste Gross-Inquisitor des Welt-Ethik-Gewissens.“

„Gross-Inquisitor? Das ist lange vorbei.“

„Nichts ist wirklich vorbei, solange der Kosmos besteht.“

„Du sprichst von der Ewigkeit? Mein Sohn?“

„Ihr nennt es Ewigkeit, weil ihr an etwas glauben müsst, solange ihr es nicht versteht.“

„Komm etwas mehr ins Licht, ich kann dich nicht erkennen, mein Sohn.“

„Du brauchst kein Licht, Franziskus, je weiter unser Gespräch fortschreitet, desto besser wirst du mich erkennen.“

„Und wenn ich dieses Gespräch nicht will?“

„Du kannst es nicht beenden.“

„Und wenn ich einfach schweige?“

„Du kannst nicht schweigen, weil ich mit deinem Gewissen spreche, Franziskus, und dein Gewissen wird mir immer antworten.“

„Dann scheinst du sehr mächtig zu sein – wie war noch dein Name?“

„GIWEG 37, der Siebenunddreissigste Gross-Inquisitor des Welt-Ethik-Gewissens, aber nenne mich einfach GI.“

„Dann bin ich also gezwungen dir zu antworten?“

„Oh, ich sehe, du hast Mühe es zu verstehen, Franziskus, dein Gewissen hat nach mir verlangt, ich bin hier, weil es nach mir gerufen hat.“

„Und warum weiss ich nichts davon?“

„Das geht den meisten Menschen so, sie haben ihr Leben lang scheinbar wichtigeres zu tun, und hören ihr Gewissen nicht.“

„Ich versuche mein Gewissen sehr häufig zu erforschen, also müsste ich doch davon wissen.“

„Deine Nöte sendeten Botschaften aus, die mich erreichten.“

„Von welchen Nöten sprichst du?“

„Wenn die Strassen gesäumt sind mit hoffnungsvollen Menschen, die dir zujubeln und sich die eigene Ohnmacht über dein Gemüt senkt. Wenn dir bewusst ist, dass dir die Ausgebeuteten zuwinken in der Hoffnung auf etwas göttliche Gerechtigkeit, und du genau weisst, wie ein weltweiter kommerzieller Zynismus jede Chance darauf verunmöglicht.“

„Ich bete inständig um Verbesserung!“

„Das tun Millionen Menschen – und, siehst du irgendwo eine Verbesserung?“

„Es gab viele Heilige, die erstaunliches bewirkten!“

„Du willst mir weiss machen, dass du an die von der Kirche kultivierten Mythen glaubst? Die Heiligen dienen doch nur dazu die Ehrfurcht vor der Kirche zu vertiefen. Du bist viel zu klug, um dich ernsthaft darauf abzustützen.“

„Meine Ziele sind redlich und ich verfolge sie mit heiligem Ernst.“

„Verzeihung, in unserem Diskurs geht es nicht um dein privates, persönliches Leben; es geht nicht um deine integere Haltung; es geht um dein Amt. In der Welt-Ethik-Dynamik fungierst du als moralischer Konkursverwalter der Römisch-Katholischen Kirche. Auch das Spannungsfeld zwischen deinem persönlichen Anstand und deinem Amt hat mich gerufen.“

„Du sprichst also von meinen Sorgen.“

„Du kannst es weiter fassen, wir werden über alles sprechen, was deiner Ethik zuwider läuft.“

„Also eine ethische Inquisition?“

„Jetzt beginnst du zu verstehen. Es ist noch wichtig zu begreifen, dass alles, was je passiert ist, auch fortan noch eine Wirkung haben wird. Ich erwähne das, weil bei euch Menschen der Selbstbetrug kursiert, dass die Zeit alle Wunden heile.“

„Wieso nennst du mich Konkursverwalter?“

„Moralischer Konkursverwalter, Franziskus. Ich weiss, du machst dir Illusionen, du glaubst noch etwas retten zu können, deshalb bin ich hier.“

„Um zu helfen oder um zu verurteilen?“

„Verurteilen, das hat eure Inquisition gemacht – nein, weder verurteile ich, noch werde ich helfen. Ich bin das Element der ethischen Klarheit.“

„Und was wird mir diese Klarheit bringen?“

„Das liegt ganz bei dir, wer Klarheit zulässt, kann Zweifel überwinden und folgerichtiger handeln.“

„Also gut, lass uns schauen, was mir deine Klarheit bringen wird.“

„Gehen wir zu den Anfängen.“

„Welche Anfänge?“

„Die Anfänge der Jüdischen Religion, die Anfänge der römisch-katholischen Kirche, denn eure Kirche baut ja auf dem jüdischen Glauben auf, so wie ihr das Neue Testament als untrennbar mit dem Alten Testament verbunden habt.“

„Aber das ist doch Schnee von gestern – was haben unsere heutigen Probleme mit diesen Anfängen zu tun?“

„Sehr viel. Fast alles was heute schief liegt, hat mit den Anfängen zu tun.“

„Und was verstehst Du genau unter den ‚Anfängen‘?“

„Der Gott Abrahams, der Gott Moses, der Gott der Kirche mit Heiligem Geist und Gottes Sohn. Ihr sagt, dass das was ihr mit Gott bezeichnet, der einzig wahre Gott, der allumfassende Schöpfer sei. Was macht euch mit all den über 2000 Religionen auf diesem Planeten und ihren Gottheiten so sicher, den einzig wahren zu vertreten?“

„Er ist die einzige Wahrheit!“

„Ist es nicht eure selbsterfundene Wahrheit, Franziskus? Ihr habt euren Christengott vom Judentum übernommen und als Grundlage für eure Autorität einverleibt, ist es nicht so?“

„Die Menschen brauchen einen Glauben. Sie benötigen eine moralische Ordnung und halten sich nur daran, wenn man die Autorität der Gesetze heiligt.“

„Du weichst aus, geht es wirklich um die Menschen, oder um die Macht eurer Glaubens-Institution über die Menschen?“

„Es geht um die Liebe zu den Menschen und zu allen Kreaturen Gottes!“

„Soll ich dir wirklich alle die Millionen Beispiele aufzählen, in denen eure Kirche diese ständig proklamierte Nächstenliebe mit Füssen getreten hat?“

„Nein, es ist mir bewusst, dass auch wir fehlbar sind.“

„Fehlbar hört sich sehr harmlos an – zutiefst verwerflich wäre zutreffender. Es berechtigt zur Frage, wie der von euch gedeutete Gott dazu steht.“

„Es ist ein verzeihender Gott.“

„Sprichst du jetzt von Gottvater, Gottes Sohn oder dem Heiligen Geist?“

„Gottvater ist der verzeihende allmächtige Schöpfer.“

„Der alttestamentarische Gott der Juden.“

„Ja, darauf baut unser Glaube auf, dabei steht sein fleischgewordener Sohn Jesus Christus im Zentrum unseres Glaubens.“

„Dann ist Jesus von Nazareth ebenso eine Gottheit?“

„Er ist der Sohn des allumfassenden Gott Abrahams.“

„Dann glaubt ihr also an zwei Götter?“

„Nein, Vater und Sohn bilden eine Einheit.“

„Dann ist der zu Gott gewordene Jesus von Nazareth also eine Ergänzung zu eurem bereits allumfassenden Gottvater?“

„Willst du mich in meinem Glauben verunsichern?“

„Ich will dich mit euren Ungereimtheiten konfrontieren, mit einer von Menschen erfundenen Gottesvorstellung, die ihr so mit Widersprüchen vollgestopft habt, wie es skurriler kaum sein kann. Dabei haben wir den heiligen Geist bisher noch nicht einmal miteinbezogen.“

„Du lästerst Gott und nennst dich Grossinquisitor des Welt-Ethik-Gewissens?“

„Ich stelle die Legitimität eurer Glaubensstruktur in Frage. Dass die euch von eurem Gott gegeben wurde, ist eine der üblichen Rückkoppelungen, die in fast jedem Glauben zu finden sind. Mit ‚Gottes Wille‘ und ‚von Gott gesandt‘ werden wir uns ewig im Kreis drehen. Das ist lediglich brauchbar um die Gläubigen mundtod zu machen. Unser Gespräch sollte konstruktiv bleiben.

Also, komm wieder runter, Franziskus, du tust so, als sei dein Gottesbild für den Rest der Menschheit verbindlich. Dabei wissen wir doch genau, dass jeder von den Milliarden eurer Spezies den Gott für sich kreiert, den er als nötig und praktisch empfindet. Einer eurer Denker schrieb ‚Gott schuf den Menschen nach seinem Ebenbild, aber der Mensch hat es ihm heimgezahlt.’ Werdet ihr Menschen je einen Gott kreieren, der mehr sein wird als das, was ihr an Macht begehrt?“

„Ach ja, Voltaire, der alte Ketzer. In vielem war er tatsächlich auf der rechten Spur.“

„Um an der Unkalkulierbarkeit des Lebens nicht irre zu werden, braucht ihr Menschen etwas Zuverlässiges, Vertrauen spendendes. Da dies in der irdischen Wirklichkeit nicht existiert, schafft ihr euch einen spirituellen Raum, einen Ort der Zuflucht und gebt ihm durch Rituale die Illusion einer verlässlichen Wirklichkeit.

Ich respektiere das, aber nicht den Machtmissbrauch, den Glaubensinstitutionen davon ableiten.“

„Welchen Machtmissbrauch wirfst du mir vor?“

„Ich werfe dir keinen persönlichen Machtmissbrauch vor, du bist ein anständiger Mensch. Aber du bist das designierte Oberhaupt der Organisation römisch-katholische Kirche, und hier gibt es etliches anzuschauen, das schief liegt.“

„Ich bin das gewählte Oberhaupt, aber nicht allmächtig.“

„Aber ihr als Institution habt es fertiggebracht, dass dich die Gläubigen für unfehlbar halten. Auch wenn es anders gemeint ist, empfinden dich die meisten als unfehlbaren Übervater.

Und wie ich sehe, gilt dieser Unfehlbarkeitsanspruch auch für die Bischöfe. Ist das nach eurer religiösen Auffassung nicht eine göttliche Anmassung?“

„Es ist keine universelle Unfehlbarkeit, sie betrifft nur die Glaubensregeln.“

„Ja, ich weiss, du hast lediglich das letzte Wort. Aber ist der Ausdruck ‚Unfehlbarkeit‘ nicht etwas zu hoch gegriffen? Beinhaltet es für den einfachen Gläubigen nicht auch Macht, oder sogar Allmacht? Und denkst du, dass die Wortwahl zufällig oder bewusst geschah, um kirchliche Macht zu implizieren?“

„Ist das jetzt nicht Wortklauberei? Ich tue alles mir nur mögliche, um mich den Gläubigen als Mensch zu zeigen. Ergibt sich daraus etwas, was man mir vorwerfen kann?“

„Du nimmst es wieder persönlich, Franziskus. Es geht im Moment nicht um dich – noch nicht. Es geht um die Institution Kirche. Und diese Institution tut alles um ihre auseinanderbrechende Macht zu retten, und sei es auf Kosten der Menschlichkeit.“

„Ich tue alles in meiner Macht stehende um solche Missstände zu ändern.“

„Ich weiss! – sagtest du nicht, dass im Vatikan Reformen durchzuführen so sei, als wenn man die ägyptische Sphinx mit einer Zahnbürste reinigen würde? Dein unbeirrter Einsatz ist bewundernswert, trotzdem hat sich bis jetzt nichts Wesentliches verändert.“

„Wenn du so allwissend bist, dann zeige mir Beispiele frevelhaften Verhaltens, ich werde sie auf meine Liste setzen.“

„Was nützt eine immer länger werdende Liste, wenn nichts Wesentliches geschieht? Ich werde dir später viele Fenster öffnen. Du wirst mehr Beispiele sehen, als du ertragen kannst. Aber zuerst sollten wir für unser Gespräch eine klare Basis schaffen. Deshalb zurück zur Historie, zu dem Gott Abrahams, dessen Leben und Taten so dargestellt werden, dass die Existenz des Volkes Israel als Gottes Wille und mit Gottes Segen ausser Frage steht. Damit wird eine ‚heilige‘ unlösbare Verbindung suggeriert.“

„Das ist doch alles bestens bekannt, was hat das mit den gegenwärtigen Problemen unserer Kirche zu tun?“

„Das wirst du sehr bald erkennen Franziskus.

Dieser Teil des Alten Testaments ist eine gezielt dramatisierte Legende, die am Ende darauf zielt, die spätere Landnahme zu legalisieren. Der sogenannte Exodus war die Folge einer Auseinandersetzung ägyptischer Herrscher, – aber ich bin nicht berufen eure Geschichtsschreibung zu korrigieren.

Die Menschen, die Ägypten verliessen, hatten unterschiedliche Sippenkulturen. Der Anführer, ihr nennt ihn Moses, musste mit dieser Heterogenität kämpfen. Er verordnete die Anbetung eines Gottes, von dem er, genauso wie du, als sein persönlicher Stellvertreter auftrat. Siehst du Franziskus, Hier haben wir den Ursprung! Der Monotheismus gibt den Obersten einer Gesellschaft das Maximum an Macht.“

„Du sagst, dass es keine Befreiung aus der ägyptischen Sklaverei war?“

„Es hatte mit der Sklaverei nichts zu tun. Menschen, Land und Gebäude waren stets persönlicher Besitz aller ägyptischen Herrscher. Sklave war ein weit gefasster Begriff und Sklaverei wurde im alten Judentum, auch zu Zeiten Jesu betrieben. Es geht in diesen Legenden nicht um einen wahrhaftigen Notstand, sondern nur darum, ein unethisches Geschehen identitätsstiftend zu legitimieren. In eurer Kirche ist ein solches Verhalten doch bestens bekannt.“

„Du kannst dir diese Seitenhiebe ersparen. Ja, wir predigen Wahrhaftigkeit, aber es ist kein Leichtes dahin zurückzufinden.“

„Wir sollten zu unserem Thema zurückfinden. Die Durchsetzung des Monotheismus dauerte einige Jahrhunderte. Wie du sicher weisst standen die Tempel von Astarte und Jahwe für lange Zeit nebeneinander. Wesentlich länger dauerte die Integration der Stämme Israels zu einer homogenen Nation. In diesen Prozess wird der Jesus von Nazareth hineingeboren. Auch hier reissen die Legenden nicht ab. Die christlichen Lektoren haben neben freier Dichtung viel darangesetzt historisches Geschehen aus anderen Zeiten auf die Heilsgeschichte zu münzen; immer darauf bedacht, dass Gottes Hand schützend über dem Jesusknaben wacht.“

„Das menschliche Bewusstsein lebt in Geschichten, Geschichten mit einer dringenden Botschaft sind notwendig, dass sie sich ins Gedächtnis einprägen. Dabei ist eine ‚dramatische Überhöhung‘, wie du es nennst, absolut legitim.“

„Natürlich, solange sie einer aufrichtigen Sache dienen. Jesus von Nazareth diente ohne jeden Zweifel einer aufrichtigen Sache. Aber er bewegte sich keineswegs in der von euch interpretierten Glorie.

Zu seiner Zeit galt er für die meisten Menschen als gescheiterter Wanderprediger. Einer von Hunderten, wenn nicht von Tausenden, wie Johannes der Täufer, der für die Obrigkeit zu aufrührerisch war und deshalb eliminiert wurde. Ganz im Gegensatz zu Jesus von Nazareth. Der bemühte sich um die Einsicht der Menschen, ohne aufrührerisch zu sein. Ihm waren seine Worte sehr wichtig, wichtiger als die sogenannten Wundertaten, wovon die meisten zugunsten der Glorie als Gottessohn erfunden wurden. Aber weder das eine noch das andere zeigte eine nachhaltige Wirkung.

Vergessen wir all das, was Jahrhunderte später zu einem Christusbild zusammengewoben wurde um die Metamorphose zum Sohn Gottes herzustellen – bevor du dich wieder empörst, Franziskus, ich erwähne das nur, um es abgehandelt zu haben, denn es spielt bei unserer weiteren Klärung keine entscheidende Rolle. Alle Religionen und Glaubensgemeinschaften sorgen sich um eine beeindruckende Historie, die ihre Götter als die einzig wahrhaftigen vermittelt.

Wie erwähnt, benötigen Menschen einen Glauben, eine mystische Welt, in die sie sich mit ihren Nöten flüchten können. Dabei ist es unerheblich woran sie glauben, weil Glaube an sich keinen Schaden anrichtet. Erst wenn er in Selbstgerechtigkeit, Dominanzgelüsten und Machtstreben dazu missbraucht wird die Spiritualität anderer zu manipulieren, entsteht das Gift, mit dem ihr ganze Kulturen infiziert habt.“

„Das ist ein schwerwiegender und undifferenzierter Vorwurf.“

„Ja, er ist schwerwiegend, und wird es wohl auch bleiben. Unser Gespräch dient dazu, ihn zu differenzieren.

Und nur der Vollständigkeit halber, Jesus von Nazareth hat niemals den Auftrag erteilt, so etwas wie eure Kirche zu gründen.“

„Er hat Simon Petrus diesen Auftrag erteilt, mit den Worten ‚Ich aber sage dir: Du bist Petrus und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen und die Mächte der Unterwelt werden sie nicht überwältigen‘.“

„Ja, ja, ich weiss, du zitierst eure biblische Legendensammlung. Der mit Petrus bezeichnete Mann war ursprünglich ein Anhänger von Johannes dem Täufer, so wie sein Bruder Andreas. Als der Prediger verhaftet wurde, sind die beiden mit dem Schrecken davon gekommen. Jesus kannte sie von seinem Kurzaufenthalt beim Täufer. Sie wurden dann seine einzigen einigermassen brauchbaren Jünger.

Eine Person, so wie Simon Petrus in euren Schriften geschildert ist, gab es nicht, was auch zu Recht von vielen eurer Religionswissenschaftlern bestritten wird.“

„Das ist eine unbewiesene Vermutung.“

„So wie eure Behauptungen?“

„Es sind von Gott vermittelte Wahrheiten.“

„Von dem Gott, an dessen Bild ihr über Jahrhunderte geschnitzt habt? Ach, ich bitte dich Franziskus, nicht schon wieder und nicht zwischen uns beiden.

Euer Jesus war Jude und sprach ausschliesslich zu Juden. Heiden und Andersgläubige interessierten ihn nicht. Eine über das Judentum hinaus gehende Bewegung lag ihm fern. Eine Kirche, so wie die, der du vorstehst war nie in seinem Sinn. Er wäre Amok gelaufen, wenn man ihm eine solche Organisation zu Lebzeiten unterschoben hätte. Das alles ist, wie bereits erwähnt, für unser Gespräch nur als Verständnisgrundlage entscheidend, aber inhaltlich ohne Belang.

Wichtig ist, dass er die verzeihende Liebe predigte. Warum er das tat, hatte völlig andere Gründe, aber auch das können wir bei Seite lassen.

Eure Legendensammlung unterstellt aber viel mehr als das, sie fordert die Selbstaufgabe, die Bereitschaft sich zu opfern. Wie beispielsweise in eurem Markus 8,34‘ ‚wer mein Jünger sein will, der verleugne sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach. Denn wer sein Leben retten will, wird es verlieren; wer aber sein Leben um meinetwillen und um des Evangeliums willen verliert, wird es retten‘.

Das ist ein ungeheurer Machtanspruch, der nicht in die Gesinnung eines Jesus von Nazareth passt, aber sehr wohl in die Vereinnahmungsstrategie eurer Kirche.“

„Das irdische Leben zählt nichts im Vergleich zum ewigen Seelenheil!“

„Ein Seelenheil, das ihr suggeriert und nach Gutdünken verwaltet.“

„Die Menschen brauchen eine Projektion der Erfüllung; wie du selbst sagst, einen imaginären Raum, der ihnen die Ängste nimmt.“

„Und du bist davon überzeugt, dass dies nur möglich ist wenn man sich mit seiner irdischen Existenz aufgibt? Warum verdammt ihr dann die Selbstmörder? Tun die nicht genau das? Und hat euer Christus seine Hinrichtung nur deshalb vorhersehen können, weil er sie so forciert hat, dass es einem Selbstmord gleich kommt?“

„Wer bist du wirklich, bist du der Satan, der mich versuchen will?“

„Das ist seit jeher eure Standardlösung, wenn es eng wird, ist der Satan im Spiel. Du enttäuscht mich, Franziskus. Ich hätte nicht gedacht, dass du so früh den Notausgang wählst. Dabei stehen wir erst am Anfang unseres Gesprächs. Ich versuche lediglich zusammen mit dir die Historie von der Dichtung zu trennen.

Also nochmal: Jesus von Nazareth hatte keine weltweite Mission im Sinn. Wie du weisst, wurde erst bei dem Apostelkonzil um das Jahr 50, vor allem auf Bestreben von Paulus, die Heidenmission beschlossen. Aber das ist noch nicht alles, der als wankelmütig beschriebene Petrus hat Rom niemals gesehen und damit ist eure Herleitung mit dem Stuhl Petri ein einziger Schwindel.“

„Das ist nicht bewiesen. Und wenn, dann kann ich nichts Schlechtes oder Frevelhaftes daran finden.“

„Ausser, dass ihr auf dieser erschwindelten Historie eure Machthierarchie begründet habt.“

„Auch Macht an sich ist nichts Schlechtes. Die Menschen brauchen Hierarchien, es ist für sie eine soziale Notwendigkeit.“

„Ja Franziskus. Aber es kommt darauf an, was man mit dieser Macht anstellt, ob sie integrativ oder ausbeutend ist. Sieh mal den Zusammenhang. Die imperiale Macht der Römer war ausbeutend, das Bestreben der Juden integrativ. Wie schon erwähnt hatten die, von der mythischen Figur eines Moses angesiedelten Nomaden Mühe, sich zu einer Gesellschaft zu integrieren. Jeder Stamm Israels hatte seine eigene Glaubenshistorie. Es gab untereinander Abgrenzungen und Aversionen. Jesus von Nazareth aus dem Hause David war integrativ tätig. Offensichtlich hatte er sich etwas vorgenommen, was ihn überforderte. Er stand vor der Wahl aufzugeben oder grössere Risiken einzugehen.

Zurzeit Jesu mussten sich die Römer ständig mit innerjüdischen Aufständen herumschlagen, angeführt von selbsternannten Propheten, die damals wie Pilze aus dem Boden schossen. Jesus zählte zu den zurückhaltenden und somit unbedeutenden – nicht einmal Philo von Alexandria erwähnt ihn; und der jüdische Geschichtsschreiber Flavius Josephus, der erst acht Jahre nach Jesu Tod geboren wurde erwähnt Jesus Tod mit ein paar wenigen Worten. Euer Jesus war bedeutungslos. Er predigte höchstens zwei Jahre, und das im Umkreis weniger Kilometer. Um genau zu sein in dem Gebiet am See Genezareth zwischen Kapernaum, Bethsaida und Chorazim. Du kannst seine Wirkungsstätte in wenigen Stunden zu Fuss umrunden.

Auch du wirst es für mehr als unwahrscheinlich halten, dass aus einer solchen Wirklichkeit eine historische Figur werden konnte. Um aus dieser Bedeutungslosigkeit herauszutreten macht er die Randale im Allerheiligsten. Er wusste wie sehr all die Propheten und Sektenführer den Tempelherren ein Dorn im Auge waren. Er wusste auch, wie konsequent die Römer alle Aufmärsche blutig niederschlugen. Er wählte für seine Aktion einen der wichtigsten jüdischen Feiertage, das Passah Fest. Damit war klar, dass er da nicht heil herauskommen würde.

Er war zu seinen Lebzeiten unbedeutend, Franziskus. Niemand aus Jerusalem hatte vor seiner Verurteilung jemals was von ihm gehört. Und es gab nichts, was man als seine Gemeinde, geschweige denn als Sekte hätte bezeichnen können.

Schau Franziskus, ich öffne dir ein Zeitfenster:“

(Fenster 1)

„Was sind das für Menschen, sie sehen aus wie Vagabunden. Und was macht die gutgekleidete Frau bei ihnen?“

„Das ist eine vornehme verheiratete Dame, die ihnen was zu essen bringt. Sie ist verliebt in den Hochaufgeschossenen mit dem ebenmässigen Gesicht das ist Jesus von Nazareth, und die Vagabunden, wie du sie nennst sind seine Jünger allesamt Analphabeten.

Alles weitere, wie ihre heilige Erhabenheit habt ihr ihnen angedichtet, sie mit Prophezeiungen, Askese und Geist angefüllt und das ganze drum herum ausgeschmückt, bis hin zu all dem Goldflitter mit dem ihr euch heute noch umgebt.“

„Im letzten Punkt gebe ich dir Recht, auch ich empfinde manches als zu pompös in unserer Selbstdarstellung. Aber es ist nun mal da und kann nicht einfach abgeschafft werden.“

„Das gleiche Desaster wie mit euren Dogmen. Mit Wichtigtuerei und Herrschsucht habt ihr euch damit über Jahrhunderte selbst eingemauert.“

„Die Dogmen sind Lichter auf dem Glaubensweg. Sie erleuchten und sichern ihn.“

„Du meinst, sie fesseln die Gläubigen fester an die Kirche und vernebeln ihre Sicht auf die Wirklichkeit! Aber lass uns nicht vorgreifen, kommen wir zurück zu Jesus von Nazareth.

Dieser, von euch vereinnahmte Jesus hat also seinen Suizid inszeniert.“

„Wie kannst du so etwas Schändliches behaupten!“

„Oh, habe ich da etwa einen wunden Punkt getroffen? Wie würdest du es denn bezeichnen?“

„Es war ein Opfertod! Unser Heiland hat sich für das Seelenheil der Menschheit geopfert!“

„Ach ja, und wie erklärst du, dass er laut eurer Bibelfassung kurz zuvor seine Jünger aufgefordert haben soll das Gleiche zu tun, ihm also in den Tod zu folgen? Hat er damit nicht auch gleichzeitig zugegeben seinen Tod geplant zu haben?“

„Es war eine von Gott gesandte Vorahnung. Die Jünger hat er aufgefordert für ihren Glauben einzutreten und dabei den Tod nicht zu fürchten. Für den Glauben an Gott zu sterben ist der direkte Weg zur Seligkeit.“

„Ja, das suggeriert der Christus in eurem Johannes Evangelium – ein durchaus beeindruckendes Werk kirchlichen Glaubensfundaments. Aber leider kein Augenzeugenbericht sondern, wie das meiste in eurem Neuen Testament, eine Mythensammlung.

Schau Franziskus, ich mache dir ein weiteres Fenster auf:

(Fenster 2)

Siehst du die zwei Männer, die miteinander sprechen? Erkennst du Jesus von Nazareth? Der andere ist Judas Iskariot. Jesus gibt ihm den Auftrag die Söldner zu ihm zu führen, und zwar bei Nacht, damit niemand unnötig zu Schaden kommt.“

„Du behautest, dass Judas damit einen Auftrag seines Meisters erfüllt habe?“

„Ja, so ist es gewesen. Aber auch das spielt für unser Gespräch keine besondere Rolle. Unabhängig davon, ob Jesus durch den von euch gestalteten Gott mit einer Vorahnung versehen wurde oder nicht, gibt die Kirchenlehre also diesem von dir so bezeichneten Opfertod eine andere Qualität als einem Freitod.

In einem wesentlichen Punkt stimmt es tatsächlich. Der Freitod befreit den Menschen von der Last seines Lebens; vom Opfertod hingegen soll eine Wirkung ausgehen. Man opfert etwas oder sich selbst um entweder eine überirdische Macht gnädig zu stimmen, oder dem Vaterland, der Familie einer Glaubensinstitution oder einer wichtigen Entwicklung zu dienen, von der man sich entsprechend viel verspricht.

Aber wem hat Jesus von Nazareth mit seinem, wie ihr es nennt, ‚Opfertod‘ gedient? Doch höchstens der Durchsetzung seiner eigenen Ideen. Es war ihm klar, dass er mit den Menschen, die sich um ihn scharten nirgendwo hinkam. Wenn er so effektvoll gewesen wäre, wie einige andere Prediger seiner Zeit, wäre er wie diese umgehend eliminiert worden; und mit ihm etliche aus seinem Gefolge. Aber die Gefolgschaft war für Jesus die einzige Chance, dass seine Ideen weitergetragen würden. So hat er offensichtlich alles getan um sie zu verschonen. Also für was hat er sich nun deiner Meinung nach geopfert?“

„Für die Erlösung der Menschen!“

„Von was sollten sie denn erlöst werden?“

„Jesus Christus ist am Kreuz für unsere Sünden gestorben und auferstanden, so dass wir ins Himmelreich eingehen können.“

„Ein Himmelreich, das euren klerikalen Ansprüchen gerecht wird, und Sünden, die ihr als unerfüllbare Barriere ausgestaltet habt, damit die kirchliche Kontrolle über die Gläubigen absolut bleibt.

Und um sicher zu sein, dass euch dabei keine Seele durch die Maschen fällt, habt ihr die ‚Erbsünde‘ dazu erfunden. Damit suggeriert ihr, dass per se jede Seele verloren ist, wenn sie nicht durch das Vergebungsmonopol eurer Kirche von dieser Kollektivschuld erlöst wird. Das ist seelisch gebundene Leibeigenschaft, Franziskus. Wunderst du dich nicht manchmal selbst, dass eure Schäflein das alles schlucken?“

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