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Die ersten Menschen*
Als die Erde aus der Hand des Schöpfers hervorging, war sie unvergleichlich schön. Es gab hohe Berge, sanfte Hügel und fruchtbare Ebenen mit Flüssen und Seen. Üppige Vegetation in vollendeter Schönheit weit und breit! Die Atmosphäre war rein und gesund. Nichts, was der Mensch später geschaffen hat, kann mit der ursprünglichen Schönheit der Schöpfung Gottes konkurrieren.
Nachdem die Erde mit ihrem Reichtum an Pflanzen und Tieren ins Leben gerufen war, schuf Gott als Krönung seines Schöpfungswerkes den Menschen. Im ersten Kapitel der Bibel heißt es: „Dann sprach Gott:, Nun wollen wir Menschen machen, ein Abbild von uns, das uns ähnlich ist!‘ … So schuf Gott die Menschen nach seinem Bild … und schuf sie als Mann und als Frau.“1 So beginnt der biblische Bericht über den Ursprung der Menschheit.
Es gibt keine Grundlage zu der Ansicht, der Mensch habe sich Schritt für Schritt und von Stufe zu Stufe aus niederen Formen tierischen Lebens entwickelt. Die Abstammung des Menschen, wie sie uns die Heilige Schrift vermittelt, geht nicht zurück auf eine Evolution von einer Urzelle bis hin zum Menschen, sondern auf einen Schöpfungsakt Gottes. Adam, der erste Mensch, war ein Geschöpf Gottes, das aus irdischen Materialien erschaffen wurde.2 Deshalb heißt es auch im Lukasevangelium: „Adam stammte von Gott.“3
Alles, was auf der Erde lebt, ist aus Gottes Schöpferhand hervorgegangen, aber nur der Mensch hat die Fähigkeit bekommen, Gott zu erkennen und in einer persönlichen Beziehung zu ihm zu leben. Deshalb betont der Psalmdichter: „Du hast ihm den Auftrag gegeben, über deine Geschöpfe zu herrschen. Alles hast du ihm zu Füßen gelegt.“4
Christus allein ist das „Ebenbild“ Gottes,5 der Mensch aber wurde immerhin nach dem Bild Gottes geschaffen. Vom Wesen her war er in Übereinstimmung mit dem Willen Gottes und konnte göttliche Gedanken erfassen. Seine Empfindungen waren rein und seine Beweggründe und Neigungen wurden von der Vernunft beherrscht. Als Abbild Gottes war der Mensch vollkommen und glücklich und lebte ganz selbstverständlich in Harmonie mit Gottes Geboten.
Als Gott das erste Menschenpaar schuf, war es von vollendeter Schönheit, ohne jeden Makel und bekleidet mit einem Lichtgewand, wie es auch die Engel tragen. Adam und Eva waren viel größer als heutige Menschen und voller Lebensfreude.
„Dann legte Gott, der Herr, einen Garten im Osten an, in der Landschaft Eden, und brachte den Menschen, den er geformt hatte, dorthin.“6 Mit diesem Garten schuf Gott einen Lebensraum, in dem sich die Menschen wohlfühlen konnten. Die Fülle an Bäumen, Sträuchern und Früchten sorgte dafür, dass es ihnen an nichts fehlte. In der Mitte des Gartens wuchs der „Baum des Lebens“,7 der alle anderen Bäume an Pracht übertraf. Das Besondere an ihm war, dass seine Früchte die Kraft hatten, ewiges Leben zu spenden.8
„Der Baum der Erkenntnis“ – ein Zeichen des freien Willens und eine Prüfung des Gehorsams
Zwar waren unsere Ureltern unschuldig und untadelig geschaffen worden, aber dennoch bestand die Möglichkeit, dass sie sich falsch verhielten. Gott schuf sie als eigenverantwortliche Wesen, die sich frei entscheiden konnten, ob sie Gottes Willen tun wollten oder nicht. Gott hatte sie zu einem unvergänglichen Leben bestimmt, aber ehe er ihnen ewiges Leben verleihen konnte, musste ihre Treue auf die Probe gestellt werden, wie das zuvor bei den Engeln geschehen war.
Gleich zu Beginn der Menschheitsgeschichte stellte Gott der Selbstsucht, jener unheilvollen Eigenschaft, die Satan zu Fall gebracht hatte, ein Hindernis in den Weg. Der „Baum der Erkenntnis“ sollte für unsere Ureltern ein Prüfstein ihres Vertrauens, ihrer Liebe und ihres Gehorsams sein. Deshalb war es ihnen strikt verboten, von den Früchten dieses einen Baumes zu essen. Würden sie sich nicht an Gottes Weisung halten, hätte das den Tod zur Folge, weil Sünde naturgemäß von Gott trennt.9 Damit setzte Gott die Menschen zwar der Verführung durch Satan aus, schuf aber zugleich die Voraussetzung dafür, dass sie dem Versucher für immer entzogen werden würden, wenn sie ihm widerstünden.
Indem Gott den ersten Menschen seinen Willen kundtat, verpflichtete er sie auf sein Gesetz. Auch als „Bild Gottes“ sollten sie ihrem Schöpfer untertan sein. Gott hätte die Menschen so schaffen können, dass sie unfähig gewesen wären, seine Gebote zu übertreten – praktisch ohne einen freien Willen. Er hätte auch ihre Hände von der verbotenen Frucht zurückhalten können. Aber dann wären sie keine freien, sittlich handelnden Wesen mehr gewesen, sondern nicht viel mehr als Roboter mit Gefühlen.
Ohne die Freiheit der Entscheidung wäre der Gehorsam der Menschen erzwungen und die Entwicklung eines eigenen Charakters unmöglich gewesen. Das aber hätte Gottes Wesen widersprochen und wäre auch ihnen als vernunftbegabten Geschöpfen unwürdig gewesen. Darüber hinaus hätte dies Satans Vorwurf unterstützt, Gott führe eine Willkürherrschaft.
Gott erschuf Adam und Eva aufrichtig und ohne eine Neigung zum Bösen. Er gab ihnen die stärksten Motive, ihm treu zu bleiben: Liebe und Vertrauen zu ihm. Gehorsam war und ist die Bedingung für ein ewiges Leben in Glück und Frieden. Unter dieser Voraussetzung sollten die ersten Menschen Zugang zum „Baum des Lebens“ haben.
Die ersten Menschen waren nicht nur liebevoll umsorgte Kinder ihres himmlischen Vaters, sondern auch ständig Lernende. Sie hatten Umgang mit den Engeln und das Vorrecht, von Angesicht zu Angesicht mit Gottes Sohn zu sprechen. Ihr Schöpfer selbst erklärte ihnen die Naturgesetze und lehrte sie den Umgang mit den anderen Lebewesen. Adam war mit allen Tieren vertraut, kannte ihre Eigenschaften und hatte ihnen dementsprechende Namen gegeben. Solange die Menschen die von Gott gesetzten Ordnungen und Gebote beachteten, würden sie sich fortlaufend neue Kenntnisse aneignen, weitere Quellen des Glücks entdecken und immer klarere Vorstellungen von der unerschöpflichen, unwandelbaren Liebe Gottes gewinnen.
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Versuchung und Sündenfall*
Satan konnte zwar ein Drittel der Engel auf seine Seite ziehen, aber nicht die Regierung Gottes stürzen. Daher suchte er nach einem neuen Betätigungsfeld für seine gottfeindlichen Ziele. Von Neid getrieben beschloss er, die Menschen in Sünde und deren Folgen zu verstricken. Ihre Liebe zum Schöpfer wollte er in Misstrauen und ihren Lobpreis in Kritik verwandeln. Wenn es ihm gelänge, die Menschen in das Elend der Sünde zu stoßen, so kalkulierte er, würde er damit auch Gott treffen und ihm Kummer verursachen.
Engel hatten Adam und Eva von Satans Aufruhr berichtet und sie auf seine verführerischen Absichten vorbereitet. Sie bekamen Einblick in Gottes gerechtes Handeln und seine Herrschaft über das Universum, die der Fürst des Bösen hatte an sich reißen wollen. Sie wussten, dass Gottes Gebote eine Offenbarung seines Willens, ein Ausdruck seines Wesens und ein Zeichen göttlicher Weisheit und Liebe sind.
Die Harmonie und der Bestand der Schöpfung hängen von der Übereinstimmung mit den Gesetzmäßigkeiten ab, die der Schöpfer festgelegt hat und von denen alle Vorgänge in der Natur bestimmt werden. Die Menschen sind darüber hinaus dem Moralgesetz verpflichtet. Ihnen ist die Fähigkeit verliehen worden zu verstehen, dass Gottes Ordnungen und Gebote sinnvoll und gerecht sind. Deshalb verlangt Gott von ihnen intelligentes und konsequentes Befolgen seiner Prinzipien.
So wie die Engel im Himmel wurden auch die Menschen im Garten Eden auf die Probe gestellt. Sie konnten Gott vertrauen, ihm gehorchen und ewig leben oder ihm misstrauen, ungehorsam sein und damit das Verderben wählen. Gott, der die abtrünnigen Engel nicht verschonen wird, konnte auch ihnen das Unheil nicht ersparen, falls sie sich gegen ihn entscheiden würden. Die Engel mahnten sie deshalb dringend, vor Satans Verführungskünsten auf der Hut zu sein.
Solange sie Gott gehorsam blieben, konnte der Versucher ihnen nichts anhaben. Sollten sie aber der Versuchung nur einmal nachgeben, würde sich ihr Wesen so verändern, dass sie hinfort Satan aus eigener Kraft nicht mehr widerstehen konnten und dem Bösen zuneigten.
Um den Menschen die Gelegenheit zu geben, ihr Vertrauen und ihre Liebe zu zeigen, setzte Gott den „Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen“ in den Garten.1 Satan durfte den Menschen damals noch nicht mit ständigen Versuchungen nachstellen. Nur am verbotenen Baum hatte er Zugang zu ihnen. Dort würde sich zeigen, ob Adam und Eva Gott treu bleiben oder sich auf Satans Seite ziehen lassen würden.
Um sein Ziel zu erreichen, bediente sich Satan einer Schlange als Werkzeug. Sie war damals eines der schönsten und klügsten Geschöpfe. Aus dem verbotenen Baum heraus sollte sie die Aufmerksamkeit auf sich lenken und dessen Früchte essen. So verschleierte Satan, dass er im Garten Eden auf seine Beute lauerte.
Im Blick auf diese Gegebenheiten hatten die Engel Eva davor gewarnt, sich von ihrem Mann zu trennen. Beide gemeinsam stünden weniger in der Gefahr, von Satan verführt zu werden. Aber irgendwann war sie so in ihre Arbeit vertieft, dass sie sich ungewollt von Adam entfernt hatte. Plötzlich stand sie vor dem Baum der Erkenntnis. Sie betrachtete ihn mit einem Gemisch aus Neugier und Staunen. Seine Früchte sahen verlockend aus, und Eva fragte sich, weshalb Gott sie ihnen wohl vorenthielt.
Das war die Gelegenheit für den Versucher. „Hat Gott wirklich gesagt: Ihr dürft die Früchte von den Bäumen im Garten nicht essen?“2 Eva war überrascht und erschrocken, als sie das Echo ihrer eigenen Gedanken vernahm. Aber die Schlange gewann Evas Vertrauen, indem sie deren außergewöhnlichen Liebreiz lobte. Das hörte Eva nicht ungern. Statt von diesem Ort zu fliehen, zögerte sie. Sie vermutete nicht, dass die sprechende Schlange ein Werkzeug Satans sein könnte. Deshalb erwiderte sie: „Natürlich dürfen wir sie essen, nur nicht die Früchte von dem Baum in der Mitte des Gartens. Gott hat gesagt:, Esst nicht davon, berührt sie nicht, sonst müsst ihr sterben!‘“ „Nein, nein“, erklärte die Schlange, „ihr werdet bestimmt nicht sterben! Aber Gott weiß: Sobald ihr davon esst, werden euch die Augen aufgehen; ihr werdet wie Gott sein und wissen, was gut und was schlecht ist.“3
Die Raffinesse der satanischen Verführung
Die Schlange stellte Eva also in Aussicht, dass die Menschen durch den Genuss der Frucht eine höhere Daseinsform erreichen könnten, als sie Gott ihnen bisher zugebilligt hatte. Sie selbst habe ebenfalls von den Früchten gegessen und dadurch ungeahnte Fähigkeiten erlangt. Deshalb könne sie auch sprechen. Die Schlange ließ durchblicken, dass der Herr ihnen die Frucht absichtlich vorenthalte, um sie daran zu hindern, ihm gleich zu werden. Gerade wegen ihrer wunderbaren Eigenschaft, Weisheit und Stärke zu verleihen, habe Gott ihnen verboten, von ihr zu kosten oder sie auch nur anzurühren. Gottes Warnung ziele nur darauf ab, sie einzuschüchtern. Wie wäre es auch möglich, dass sie sterben könnten? Hatten sie nicht vom Baum des Lebens gegessen? Gott habe nur nach einem Vorwand gesucht, sie davon abzuhalten, sich weiterzuentwickeln und größere Glückseligkeit zu erlangen.
So hat es Satan seither immer gehalten und damit oft genug Erfolg gehabt. Er verleitet die Menschen dazu, an Gottes Redlichkeit, Weisheit und Liebe zu zweifeln. In ihrem Bemühen, das zu erproben, was Gott verboten hat, übersehen viele die Wahrheiten, die Gott offenbart hat und die für ihre Errettung notwendig sind. Mit der Vorspiegelung, sie gewännen ungeahnte neue Erfahrungen und Einsichten, reizt Satan die Menschen auch heute noch zum Ungehorsam. Aber das ist eine schamlose Täuschung, denn dieser Weg führt nicht zum Aufstieg, sondern zur Entwürdigung.
Der Verführer spiegelte den ersten Menschen vor, sie könnten nur gewinnen, wenn sie sich nicht an Gottes Gebot halten. Heutzutage hört man ähnliche Argumente. Viele reden verächtlich über diejenigen, die Gottes Gebote noch ernst nehmen, und verweisen auf ihre persönlichen Freiheiten, die sie gerade deshalb hätten, weil sie sich nicht durch göttliche Verbote einengen ließen. Klingt das nicht wie ein Echo der Stimme in Eden: Sobald ihr Gottes Gebot übertretet, werdet ihr wie Gott sein? Satan verheimlichte, dass er gerade deshalb ein Verstoßener geworden war, weil er Gottes Willen missachtet hatte, damit er die Menschen mit in sein eigenes Elend hineinziehen konnte. So versuchen er und alle, die sich ihm angeschlossen haben, bis heute, ihr wahres Wesen zu verheimlichen. Sie stehen auf der Seite des Bösen, treten das Gesetz Gottes mit Füßen und sind ständig darauf aus, andere mit ins Verderben zu reißen.
Eva begann, der klaren Aussage Gottes zu misstrauen, sie würde sterben, wenn sie die Frucht aß,4 und kam dadurch zu Fall. Im Gericht Gottes werden Menschen einst nicht deshalb verdammt werden, weil sie eine Lüge für glaubwürdig hielten, sondern weil sie die Wahrheit abgelehnt oder die Gelegenheiten versäumt haben, sie kennenzulernen. Deshalb müssen wir uns bemühen, die Wahrheit Gottes zu erkennen, denn alles, was der Bibel widerspricht, kommt vom Widersacher.
Die Schlange pflückte nun eine Frucht vom verbotenen Baum und legte sie der zögernden Frau in die Hand. Dann erinnerte sie Eva an ihre eigenen Worte, dass Gott verboten hätte, die Frucht auch nur zu berühren, wenn sie nicht sterben wollte. Als Eva merkte, dass das Anrühren der Frucht keine schlimmen Folgen hatte, wurde sie kühner. Sie meinte, „dass von dem Baum gut zu essen wäre und dass er eine Lust für die Augen wäre und verlockend, weil er klug machte. Und sie nahm von der Frucht und aß.“5
Es erschien ihr so, als hätte sie tatsächlich eine höhere Stufe der Erkenntnis erreicht. In Wirklichkeit war sie aber zum Werkzeug Satans geworden, der sie benutzte, um auch ihren Mann ins Verderben zu reißen. In einer seltsamen Erregung, die Hände voll verbotener Früchte, suchte sie ihren Mann und erzählte ihm, was sie gerade erlebt hatte.
Adam war bestürzt und entgegnete ihr, dass hier der Widersacher Gottes die Hand im Spiel haben müsse, vor dem sie so eindringlich gewarnt worden waren. Eva müsse ihren Ungehorsam nun mit dem Leben bezahlen. Als Antwort drängte sie ihn, ebenfalls von der Frucht zu essen, und wiederholte die Worte der Schlange, dass sie keineswegs sterben müssten. Schließlich spüre sie nichts von Gottes Missfallen, sondern vielmehr eine köstliche, belebende Wirkung, die ungeahnte Kräfte wecke.
Adam begriff, dass Eva das Verbot Gottes missachtet hatte und die schlimmen Folgen tragen musste. Das löste in seinem Herzen einen furchtbaren Kampf aus. Er klagte sich an, dass er nicht an Evas Seite gewesen war, als sie dem Versucher begegnete. Aber nun war das Unglück geschehen und nicht mehr zu ändern. Er würde seine schöne Frau, die sein ganzes Glück und seine Freude war, verlieren. Zwar blieb ihm die Gemeinschaft mit Gott und den heiligen Engeln und das Bewusstsein der hohen Bestimmung, die dem Menschengeschlecht zugedacht war, wenn sie Gott treu blieben.
Adam dachte nicht daran, dass Gott ihm schon einmal eine Partnerin geschenkt hatte. Aus Angst, das eine Geschenk einzubüßen, das für ihn alle anderen an Wert übertraf, verlor er alle Segnungen Gottes aus den Augen. Liebe, Dankbarkeit und Treue gegenüber dem Schöpfer wurden durch die Liebe zu seiner Frau verdrängt. Sie war ein Teil von ihm, deshalb war ihm der Gedanke an eine Trennung unerträglich. Wenn sie sterben musste, wollte er ihr Schicksal teilen.
Aber konnten nicht auch die Worte der Schlange wahr sein? Zumindest ließ sich an Eva kein einziges Zeichen des Todes entdecken. Innerlich hin- und hergerissen beschloss Adam, ebenfalls von den verbotenen Früchten zu essen und die Folgen auf sich zu nehmen.
Zuerst lebte auch Adam in der Vorstellung, eine höhere Daseinsstufe erreicht zu haben. Aber nur zu bald erfüllte ihn der Gedanke an seine Sünde mit Entsetzen. Liebe zu Gott, Freude und Friede waren dahin. Stattdessen ahnten nun beide, was Sünde wirklich ist, fürchteten sich vor der Zukunft und fühlten sich schutzlos. Das Lichtgewand, das sie umgeben hatte, war verschwunden. Um es zu ersetzen, behalfen sie sich notdürftig mit einem Lendenschurz aus Blättern,6 denn sie spürten, dass sie Gott und den Engeln nicht unbekleidet unter die Augen treten konnten.
Sie begannen nun, die Tragweite ihrer Sünde zu erkennen. Adam machte seiner Gefährtin Vorwürfe, dass sie sich von ihm entfernt und auf die Schlange gehört hatte. Beide aber gaben sich der falschen Hoffnung hin, dass Gott, von dem sie so viel Liebe und Fürsorge erfahren hatten, ihnen diese eine Übertretung verzeihen oder wenigstens keine so schreckliche Strafe auferlegen würde, wie sie zunächst befürchtet hatten.
Satan dagegen war höchst zufrieden und frohlockte über seinen Erfolg. Er hatte Eva dazu verleiten können, Gottes Liebe zu misstrauen, seine Weisheit anzuzweifeln und sein ausdrückliches Verbot zu übertreten. Und durch sie war auch ihr Mann in den Strudel der Sünde hineingeraten.
Die vielfältigen Folgen der ersten Sünde
Gott wollte Adam und Eva die Folgen ihres Ungehorsams deutlich machen. Bisher hatten beide sein Kommen stets freudig begrüßt, aber jetzt fürchteten sie sich vor der Begegnung mit ihm und versteckten sich. „Aber Gott rief nach dem Menschen:, Wo bist du?‘ Der antwortete:, Ich hörte dich kommen und bekam Angst, weil ich nackt bin. Da habe ich mich versteckt!‘, Wer hat dir gesagt, dass du nackt bist?‘, fragte Gott. , Hast du etwa von den verbotenen Früchten gegessen?‘“7
Adam versuchte, die Schuld auf seine Frau und damit auf Gott selbst abzuwälzen: „Die Frau, die du mir an die Seite gestellt hast, gab mir davon; da habe ich gegessen.“8 Freiwillig, aus Liebe zu Eva, hatte er Gottes Wohlgefallen und ein ewiges Leben aufgeben wollen. Nun machte er seine Gefährtin und sogar den Schöpfer für seine Übertretung verantwortlich!
Als der Herr Eva fragte: „Warum hast du das getan?“, antwortete sie: „Die Schlange hat mich dazu verführt!“9 Auch das klingt nach Schuldverschiebung: Warum hast du die Schlange geschaffen? Warum hast du ihr erlaubt, den Garten Eden zu betreten? Selbstrechtfertigung schien damals das Schlagwort zu sein, nicht Sündenbekenntnis. So ist es bis heute geblieben.
Der Herr fällte dann das Urteil über die Schlange: „Verflucht sollst du sein wegen dieser Tat! Auf dem Bauch wirst du kriechen und Staub fressen dein Leben lang.“10 Aus dem bewundernswerten Geschöpf sollte eine verabscheute und gefürchtete Kreatur werden.
Die weiteren Worte an die Schlange bezogen sich auf Satan und kündigten seine zukünftige Niederlage und Vernichtung an: „Von nun an werden du und die Frau Feinde sein, auch zwischen deinem und ihrem Nachwuchs soll Feindschaft herrschen. Er wird dir den Kopf zertreten, und du wirst ihn in die Ferse beißen!“11
Eva hörte die Ankündigung, dass Schmerzen und Leid hinfort ihr Leben prägen würden: „Du wirst viel Mühe haben in der Schwangerschaft. Unter Schmerzen wirst du deine Kinder zur Welt bringen. Du wirst dich nach deinem Mann sehnen, aber er wird dein Herr sein!“12 Eine weitere Folge der Sünde war also, dass ihre Partnerschaft in Mitleidenschaft gezogen wurde und Eintracht oft nur um den Preis der Unterordnung zu erreichen war.
Zu Adam sagte Gott: „Weil du auf deine Frau gehört und mein Verbot übertreten hast, gilt von nun an: Deinetwegen ist der Acker verflucht. Mit Mühsal wirst du dich davon ernähren dein Leben lang. Dornen und Disteln werden dort wachsen, und du wirst die Pflanzen des Feldes essen. Viel Schweiß musst du vergießen, um dein tägliches Brot zu bekommen, bis du zurückkehrst zur Erde, von der du genommen bist.“13
Großzügig hatte Gott den Menschen Gutes gewährt und sie vor dem Bösen bewahrt. Aber sie hatten von den verbotenen Früchten gegessen und würden nun ihr Leben lang die Erkenntnis und Erfahrung des Bösen nicht mehr loswerden. Statt Freude an der Arbeit zu haben, wie es Gott gewollt hatte, würden Sorge und Mühsal, Enttäuschung, Kummer, Schmerz und schließlich der Tod ihr Los sein.
Dass das Leben der Menschen fortan von Sorge und Mühe überschattet sein würde, war aber nicht nur Strafe, sondern zugleich ein Zeichen der Liebe Gottes. Um das wahre Wesen der Sünde zu begreifen, brauchten sie diese „Schule des Lebens“. Sie sollten lernen, ihre Wünsche und Begierden zu zügeln und sich selbst zu beherrschen. Gott hatte die Menschen nicht unwiderruflich verstoßen, sondern wollte sie aus der Erniedrigung und dem Verderben wieder herausführen.
Die Warnung Gottes, „Sobald du davon isst, musst du sterben!“,14 bedeutete nicht, dass sie am selben Tag sterben würden. Aber für den Fall des Ungehorsams war von vornherein klar, dass letztlich der Tod ihr Schicksal sein würde.
Um ewig leben zu können, hätte der Mensch auch weiterhin vom „Baum des Lebens“ essen müssen. Entzog man ihm die Lebensfrucht, nahm seine Lebenskraft allmählich ab, bis sie erlosch. Deshalb war es Satans Hoffnung, dass Adam und Eva weiterhin vom Baum des Lebens essen und dadurch ihr Dasein in Sünde und Elend verewigen würden. Doch Gott verhinderte das, indem er den Zugang zum „Baum des Lebens“ durch Engel versperren und bewachen ließ.15 Es war schon schlimm genug, dass der Mensch zum Sünder geworden war; unsterbliche Sünder sollte es nicht auch noch geben.
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