Читать книгу: «Schokomayopompadour 6 Vive le roi!»

Шрифт:

Carine Cohen

Schokomayopompadour 6 Vive le roi!

Mit Bildern von Sonja Shenouda

Dieses eBook wurde erstellt bei


Inhaltsverzeichnis

Titel

Vive le Roi!

Impressum

Vive le Roi!

Der Nächste, bitte! Mit einem leisen Zischen saust die blanke Klinge auf den bloßen Nacken der Comtesse nieder. Zack, und schon rollt das weiß gepuderte Köpfchen in den blutgetränkten Schlamm! Das Volk jubelt. Nieder mit dem Adel! Die Guillotine gibt ihr Bestes und trennt dem nächsten Blaublut das bleiche Haupt vom Leib. Endlich ist’s vorbei mit Versailles!

Kein Land hat der Noblesse so gründlich den Garaus gemacht wie Frankreich und doch hält sich adeliger Lebensstil nirgendwo so hartnäckig wie dort. Da kann der Franzose noch so inbrünstig die Marseillaise schmettern, am Abend schlüpft er unter seine königsblaue Decke und träumt von goldenen Zeiten. Schizophren? Vielleicht! Aber wer sehnt sich nicht nach Jungfrau und Hure zugleich?

Karl Lagerfeld spricht dem französischen Volk jedenfalls aus der Seele, wenn er in seinen Modenschauen dem grausamen Schicksal des Adels ein Ende bereitet. Seine Vorliebe für adelige Models und Klasse plus Masse machten ihn zum Kaiser der Couturiers. Karl zückt mit dem Fächer et voilà! Pompadour und Compagnie auf dem Laufsteg! Saint Laurent lässt goldbestickte Veloursschühchen auf dem Catwalk trippeln und Dior schickt Schleifchen und Jabots hinterher. Selbst das lange verpönte Korsett feiert seine Wiederauferstehung. Man schnürt und zurrt und pudert das Dekolleté.

Da muss man durch, denn Adel ist in! Wenn Bernard Arnault, Monsieur LVMH persönlich, seine Tochter in adlige Hände gibt und Marie de Villepin, die Tochter eines Premierministers, stolz ihr Partikelchen über den Laufsteg trägt, strebt auch Mireille nach Höherem. Von und zu sind zurück! Ein dreifaches de lebe hoch! Der König ist tot. Es lebe der König!

Und das im Land der Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit? Die Marseillaise in den Ohren, endlose Streiks vor Augen, rümpfen Sie die Nase und zweifeln an meiner Verstandeskraft. Und dennoch: Frankreich liebt diesen Widerspruch. Nehmen wir zum Beispiel meinen Freund Antoine, einen launigen, wechselhaften Junggesellen, der sich gegen allen spießigen Ballast standhaft zur Wehr setzt. Seine Liebhaber wechselt er wie seine Hemden, seine Hemden kauft er im Marais. Er selbst schneidert feinstes Tuch für königliche Sprösslinge, Krankenschwestern und bisexuelle Buchhalter, die auf den Spuren Louis wandeln und sich mit einem süßen Pagen oder einer frivolen Marquise vergnügen möchten. Japanische Milliardäre sichern ihm seinen Lebensunterhalt und das eine oder andere königliche Plaisir. Wer lässt sich nicht gerne auf einer Yacht durch den Pazifik schippern und mit dem Privatjet zum Opernball nach Wien einfliegen. Im tiefsten Innern verachtet Antoine jedoch diesen neureichen Firlefanz.

Seine wahren, spirituellen Bedürfnisse befriedigt er mit seiner Leidenschaft für Sonnenschirmchen aus dem 18. Jahrhundert, einer Zeit, als sich die Damen noch nicht am Strand von Saint Tropez grillen ließen, sondern ihren Porzellanteint vor aggressiven Strahlen mit spitzenbesetzten Ombrelles schützten. Wie vulgär unsere Epoche dagegen anmutet! Antoine versteckt sich da schon lieber hinter verstaubten Ahnenregistern, in denen er verzweifelt nach vermeintlichen adligen Ursprüngen fahndet, seit ihm jemand den Floh der Noblesse ins Ohr gesetzt hat. Wenn er sich dann wieder ein Stückchen den Stammbaum hinuntergeangelt und dem Ziel ein bisschen näher gekämpft hat, überkommt ihn ein Hochgefühl, das unbedingt sofort in einer durchtanzten Nacht in einem angesagten Club ausgelebt werden muss. Fegt er mit seinem asthmatischen, epileptischen Hündchen über die Pisten, bedeutet das jedoch noch lange nicht die Verschmelzung mit der proletarischen Massenkultur. Denn eines ist sicher: Monsieur de Givenchy und Prinzessin Elena stehen morgen ganz bestimmt vor seiner Tür!

Antoine ist durchaus kein Ausnahmefall. Gestandene Manager und zackige Unternehmensberater zeigen mit Vorliebe ihren blitzenden Siegelring zur Schau. Ob dieser auf echtem, gekauftem oder eingebildetem Adel beruht, spielt dabei keine Rolle. Ein Hauch Noblesse kann dem Business keineswegs schaden. Wenn Monsieur Duchemin sich noch zu Recht eines blaublütigen Cousins aus dem 16. Jahrhundert rühmen kann, so wird es für Monsieur Patoche schon schwieriger. Ein Siegelring liegt jedoch in jeder Vitrine griffbereit und wer wagt es schon, bei einer so beeindruckenden Fingerzierde nach den wahren Wurzeln zu fragen. Diskretion, bitte! Das versteht sich doch von selbst.

Was zählt sind schließlich Zahlen! Und Adel verkauft sich nun mal gut. Jede noch so unscheinbare Online-Company schmückt sich mit einer adligen Kundenbetreuerin oder geadelten Hotline. Adel schafft Zuversicht und Vertrauen! Wer sonst vermag das in unserer schnelllebigen, wechselhaften Zeit zu garantieren? Adel ist resistent. Er übersteht die Wechselfälle der Geschichte. Immer wieder ist es ihm gelungen, den Kopf aus der Schlinge beziehungsweise der Guillotine zu ziehen. Wer zuletzt lacht, lacht am besten!

Бесплатный фрагмент закончился.

94,80 ₽
Возрастное ограничение:
0+
Объем:
17 стр. 1 иллюстрация
ISBN:
9783847627265
Издатель:
Правообладатель:
Bookwire
Формат скачивания:
epub, fb2, fb3, ios.epub, mobi, pdf, txt, zip

С этой книгой читают