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Читать книгу: «Post für Dich aus Amora!»

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B. und B. Cremer

POST FÜR DICH AUS AMORA!

Die einmalige Welt von Nick und Nora

Engelsdorfer Verlag

Leipzig

2014

Birgit Cremer:

Geboren 1965 in Nürnberg, nach dem Abitur Ausbildung zur Notarfachangestellten in München. Absolvierung eines Theologie-Studiums bei „Theologie im Fernkurs“ der Katholischen Akademie Domschule Würzburg. Dort lernt sie Bruno Cremer kennen, den sie im Jahr 2003 heiratet.

Zurzeit arbeitet sie in einem Nürnberger Notariat.

Birgit Cremer hat drei erwachsene Kinder aus erster Ehe.

Bruno Cremer:

Jahrgang 1956, geboren in Witten an der Ruhr, Kindheit und Jugendjahre in Düsseldorf und Stuttgart. Lehramtsstudium in Französisch und Geographie an der Universität Heidelberg. Nach dem 1. Staatsexamen Mitarbeit als freier Journalist für verschiedene Verlage in Süddeutschland. Anschließend Werbetexter im Versandhandel sowie Verlagsredakteur in Karlsruhe und Nürnberg. Berufsbegleitendes Studium der Theologie im Fernkurs.

Momentan ausschließlich als Schriftsteller tätig.

Bruno Cremer hat eine erwachsene Tochter aus erster Ehe.

Das Ehepaar lebt in der Nähe von Nürnberg.

Bibliografische Information durch die Deutsche Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie;

detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.

Copyright (2014) Engelsdorfer Verlag Leipzig

Alle Rechte beim Autor

Titelfoto © CHW - Fotolia.com

Hergestellt in Leipzig, Germany (EU)

www.engelsdorfer-verlag.de

Inhaltsverzeichnis

Cover

Titel

Über die Autoren

Impressum

Ein (Alp?)Traum wird wahr – in der Cocktailbar!

Amora, den 17.11.2010

Amora, den 19.11.2010

Amora, den 22.11.2010

Amora, den 24.11.2010

Amora, den 26.11.2010

Amora, den 29./30.11.2010

Amora, den 07.12.2010

Amora, den 09.12.2010

Amora, den 15.12.2010

Amora, den 19.12.2010

Amora, den 21.12.2010

Amora, den 28.12.2010

Amora, den 03.01.2011

Amora, den 10.01.2011

Amora, den 24.01.2011

Amora, den 14.02.2011

Amora, den 01.03.2011

Amora, den 11.03.2011

Amora, den 21.03.2011

Amora, den 28.03.2011

Amora, den 08.04.2011

Amora, den 20.04.2011

Amora, den 28.04.2011

Amora, den 13.05.2011

Amora, den 23.05.2011

Amora, den 03.06.2011

Ein glückliches Paar – in der Cocktailbar!

Ein (Alp?)Traum wird wahr – in der Cocktailbar!

Schon als Zwölfjähriger keimte in mir heimlich der Wunsch auf, später mal eine Ehefrau an meiner Seite zu haben wie Nora. Keimzelle und Auslöser des Wunsches, den ich natürlich für völlig irreal hielt und deshalb schnell wieder aus meinem Bewusstsein verbannte, war ein amerikanischer Krimi im Fernsehen, der mein Leben grundlegend prägen sollte.

Nur gut, dass es auch noch ein Unterbewusstsein gibt!

Ich saß also damals alleine im eigentlich nur der Familiendreifaltigkeit, Vater-Mutter-Kind, vorbehaltenen Fernsehzimmer, vor dem »Allerheiligsten«, dem TV-Gerät, das man, wie einen Tabernakel, noch mit zwei Flügeltüren abschließen konnte, und war begeistert – besonders von Nora!

Nora, das ist die charmante Frau des nicht minder charmanten Privatdetektivs Nick Charles in der Kriminalkomödie »Mordsache ‚dünner Mann’« von 1934.

Dieser frivol-spritzig inszenierte Film mit Gags ohne Ende, den ich Ende der 60er-Jahre zum ersten Mal sah – und es sollten bis zum heutigen Tage noch einige zig Male folgen, Videos und DVDs inbegriffen – muss so etwas wie eine »Erleuchtung« in mir ausgelöst haben!

Ein Erleuchtungserlebnis bei einem Zwölfjährigen – ja das gibt’s auch in Deutschland, nicht nur in Judäa! Meine Erleuchtung hat allerdings nur zu meinem Wohl und Lebensglück, allenfalls noch zu dem meiner Frau und unserer beiden Kinder geführt – ich hoffe, meine Restfamilie macht jetzt nicht von ihrem Widerspruchsrecht Gebrauch!

Was wohl ein indischer Guru zu dieser Art von Erleuchtung sagen würde? Möglicherweise ganz gelassen und »kuhl«: »Mu!«

Doch darOM geht’s jetzt nicht, noch nicht.

Was mich in erster Linie an dieser »Dünner Mann«- Serie (Es gab ja noch fünf Fortsetzungen, Gott sei Dank!) faszinierte und seltsamerweise auch heute noch fasziniert, war weniger die jeweilige Krimistory an sich, nein, es war vielmehr die überraschend neue und unkonventionelle Art, wie die Eheleute Nick und Nora miteinander umgingen.

Diese originelle Paar-Beziehung im Jahr 1934 war so völlig verschieden von der meiner Eltern Ende der 60er-Jahre, ja geradezu der krasse Gegenentwurf: voller Esprit, voller Witz, voll knisternder Erotik, aber auch voller Mitgefühl, voller Vertrauen und Verständnis – kurzum voller Liebe. Im vollen Sinne des Wortes!

Zugegeben, auch voller Alkohol, und das traf auf beide Ehepartner zu, was mich seinerzeit ebenfalls faszinierte, ich gestehe es voller Nüchternheit. Na dann: »Cheers«!

Nein, ich bin momentan nicht volltrunken, eventuell ansatzweise geistreich, ganz sicher albern!

Fragen Sie meine Frau Nora.

Okay – das Filmleben von Nick und Nora Charles war aufregend und abwechslungsreich, schillernd und bunt, und wenn, dann nur vom Alkohol und nicht vom Alltagsgrau umnebelt.

Die biographischen Voraussetzungen der beiden waren ja auch wie gemalt: Sie, eine millionenschwere, intelligente Frau aus vornehmen Industriellenkreisen, Er, ein berühmter, sich eigentlich im Ruhestand befindender Privatdetektiv, den bzw. der Gott und die Welt kennt, und der »hauptberuflich« nur darauf bedacht ist, das Vermögen seiner Frau zu verwalten und das eigene Trinkvermögen zu bewahren.

Mit einem Wort: Nick und Nora Charles waren in jeder Hinsicht unabhängig, sorry – in fast jeder Hinsicht, außer vom »Allohohl«!

Tja, und nun – wir schreiben den 10.10.2010 – sitze ich, Nick Marchant, zusammen mit meiner Frau Nora sonntagabends in einer Cocktailbar in München und … Nein, wir trinken nicht drauflos und auch nicht um die Wette, nein, wir sind auch keine Alkoholiker und ich bin kein Privatdetektiv und meine Frau ist nicht steinreich, leider, nein das nicht. Aber dennoch machte sich in uns nach einigen Drinks, zunächst bei Nora, dann, drei Cocktails später, aber auch bei mir, der Gedanke breit, einen Roman zu schreiben.

Originelle Idee, ich weiß!

Sollte nun der Traum vom schriftstellernden Ehepaar wahr werden? Schon des Öfteren hatte Nora mich in launiger Urlaubsstimmung bei Wein und Kerzenschein und in totaler Überschätzung meiner Kreativität und schriftstellerischen Rudimentärfähigkeiten – für ein paar Nonsensgedichte reicht’s geradeso – aufgefordert, ein Buch zu schreiben. Irgendwann kam mir dann mal der geniale oder eher unheilschwangere Einfall, ihr zu entgegnen, dass ich allein kein Buch schreiben werde – höchstens, wenn wir uns zusammen als Autoren-Paar versuchen würden!

Diese übereilte, ohne mögliche Konsequenzen bedenkende Antwort erblickte nun an der Bar, mittels einiger Drinks als Geburtshelfer, erneut das Licht der Welt.

»Warum schreiben wir nicht einfach über Nick und Nora?«, kam es urplötzlich über die proseccofeuchten Lippen meiner Frau. »Einfach« war in ihrer Fragestellung nun wirklich am allerwenigsten zutreffend!

Kleine Zwischenbemerkung: Heute würde ich mich lieber, ich geb’s offen zu, von der Buch-Idee verabschieden oder, um es mit meinem Lieblingsfilm auszudrücken: »dünne machen«!

Immerhin ist so ein Buchprojekt eine »Mords-Sache«. Da ist es vom Traum zum Alptraum nur ein kleiner Schritt und dann eine große Herausforderung für den behandelnden Psychiater.

Zurück zur Cocktailbar: Blitzartig war nun also eine Idee geboren, die Idee, ein Buch in die Welt zu setzen – der Schock der zukünftigen »Eltern« sollte erst später, als der Alkohol sich verflüchtigt hatte, eintreten!

Wir wollten also – wollten wir wirklich? – über Nick und Nora schreiben. Jetzt standen jedoch nicht mehr Nick und Nora Charles im Rampenlicht, sondern der Fokus richtete sich unbarmherzig auf uns beide, höchstpersönlich. Ganz schön heiß unter dem Brennglas! »Bitte noch einen ‚Manhattan’!«

Na gut, auch wir sind als »verrückt« im positiven Sinne zu charakterisieren und nicht unbedingt als »normales« Ehepaar, zumindest wenn man als Vergleichsbasis die Paare unserer Altersgruppe nimmt, von Ende vierzig aufwärts.

Auch wir sind, wie unser Filmpaar, zwei Seelenverwandte, oder besser: Seelenhälften, die sich auf geradezu wunderbare Weise (wieder)gefunden haben.

Kein Wunder daher, dass die »Dünner Mann«-Filme auch meine Frau schon als Teenager begeisterten und sie nachts von Nick und Nora träumte, wahrscheinlich, im Gegensatz zu mir, zuerst von den Tanzszenen – ich bevorzugte die Trinkszenen.

Scherz beiseite: Tatsächlich scheinen Nora und ich auf der gleichen Wellenlänge zu liegen und im selben Rhythmus zu ticken wie unsere leuchtenden Vorbilder – im »Swingrhythm«.

Dazu noch dieselben Vornamen wie sie – unseren Eltern sei Dank! –, gewiss kein Zufall, wohl eher Schicksal.

Allerdings haben wir nur einen ganz normalen Arbeitsalltag zu bewältigen, mit jeder Menge Grautönen – und nicht ganz so vielen Drinks! Wenn das Grau zu grausam wird, ziehen wir uns zurück wie zwei Verliebte – eigentlich sind wir das nach nun 25 Ehejahren noch immer! Nur dass unser Rückzugsgebiet keine einsame Insel, sondern die Liebe selbst ist, die uns vorm Grauen der Monotonie bewahrt. Mag banal klingen, aber die Wahrheit ist banal. Alles nur eine Frage des wahren Schauens, nicht wahr? Ich glaube jedenfalls, dass Nora und ich eine Reinkarnation von Nick und Nora Charles sind – oder doch eher nur ein »dünner« Aufguss? Keinesfalls eine Kopie.

Doch nun genug der Vorrede – darf ich vorstellen:

Nora und Nick Marchant, die sich allen Ernstes, oder besser: voller Humor und Ironie, vorgenommen haben, sich in ihrer Festung »Amora«, so haben sie ihr Wolkenkuckucksheim in Schwabing getauft, gegenseitig Hauspost zu schreiben, um ihre ungewöhnliche Liebesgeschichte zu offenbaren. Start des hausinternen Briefverkehrs soll der Buß- und Bettag sein! Passt doch! Dann heißt es »Vorhang auf« für die einmalige Welt von Nick und Nora. Und wozu diese Offenbarung?

Der Dalai Lama würde wahrscheinlich nur mit einem Lächeln antworten. Na denn: »Prost«!

Amora, den 17.11.2010

Geliebter Nick,

das ist ja der Hammer! Nach einer halben Ewigkeit in »Amora« mit dir (die Zeit verfliegt wirklich wie im Düsenjet) und ausgerechnet an so einem tristen Tag wie »Buß- und Bettag«, also eigentlich müssten wir heute auf den Knien durch die Wohnung rutschen und all unsere Sünden bereuen, wird der geheimste meiner Träume nun endlich Wirklichkeit. Wir verfassen ein gemeinsames Buch über unsere einmalige Liebe, und als Grundlage dafür schreiben wir einander Briefe, wie am Anfang unserer leidenschaftlichen Beziehung.

Nick – du gibst mir den Kick! Unsere Liebesbriefe damals waren so heiß, dass ich beim Schreiben regelmäßig Brandblasen an den Fingern hatte. Wenn ich dann mit zitternden Händen Post von dir aus dem Briefkasten fischte, war ich jedes Mal halb wahnsinnig vor Glück und Aufregung. Allein schon der Duft nach deinem atemberaubenden Rasierwasser! Ich hing mit meiner Nase an dem Papier wie ein Spürhund der Drogenfahndung am Rauschgift. Nach dem Lesen deiner Zeilen und Inhalieren deines Duftes war ich dann ganz wahnsinnig, wie in Trance. Dieser Gefühlszustand wiederholte sich mit jedem deiner Briefe, und zwar so lange, bis wir endlich unser erstes gemeinsames Liebesnest, »Amora« im Mini-Format, in einem schrecklichen Münchner Hochhausviertel beziehen konnten. Von da an schwebten wir zusammen auf »Wolke 7« durchs Leben.

Aber erst mal »back to the roots«, also alles auf Anfang.

Schon als 18-Jährige war ich ständig damit beschäftigt, den berühmten Mann fürs Leben zu finden. Als Vorbild meines persönlichen Supermanns schwirrte mir der charmante, witzige, schlagfertige und äußerst gutaussehende Nick Charles, der Held meiner Lieblings-Krimi-Reihe »Der dünne Mann«, aus längst vergangener Zeit im Kopf rum.

Auf meiner Suche nach einem Nick der Neuzeit habe ich alle Discos, Kneipen und auch manch zwielichtige Bar im Umkreis von fünfzehn Kilometern systematisch abgeklappert. Ich bin auf jede noch so öde Party von Leuten, die ich gar nicht leiden konnte und nur um fünf Ecken herum kannte.

Ich habe mich in meiner Verzweiflung sogar bei einer Tanzschule angemeldet und im Dreivierteltakt durch einen A- und F-Kurs gequält. Alles leider ohne jeglichen Erfolg. Der Märchenprinz war nicht in Sicht, und mit den »Fröschen« wollte ich mich nicht wirklich abgeben.

Nach einigen Jahren zwischen Hoffnung und Frust bahnte sich 1983 die Wende an. Ich hatte die absolute Lebenskrise, die ich nur mittels viel Alkohol, schmachtender Liebeslieder und einem »Nick Charles-Tag« in der Woche – meine Buchausgabe von »Der dünne Mann« sah schon dementsprechend zerfleddert aus! – einigermaßen ertrug.

Mein Jurastudium in München wurde immer unerträglicher. Die Vorlesungen bei den verknöcherten Paragraphenreitern gingen mir unheimlich auf die Nerven. Warum hatte ich mich nicht für ein spannenderes Studienfach entschieden?

Mein Privatleben war so aufregend wie eine Briefmarkensammlung. Unter der Woche Smalltalk mit Freundinnen und gelegentliche Museums- und Kinobesuche, am Wochenende der obligatorische Pflichtbesuch bei meinen Eltern in Ingolstadt. Dort durfte ich mir, zwischen Schweinebraten und Cremetorte, regelmäßig anhören, warum ich eigentlich in dieser winzigen Kammer des Studentenwohnheims in München leben musste. Daheim bei ihnen hätte ich es doch »viiiel« schöner. Na klar, wenn man auf fromme Bibelsprüche, fettes Essen und Zimmerkontrolle steht, ist das alles wunderbar. Ich erzählte ihnen dann immer die Story von den langen Vorlesungen, manchmal auch bis in den späten Abend hinein, und der so arg schlechten Zugverbindung, wohl wissend, dass sie den Zugfahrplan nie überprüfen würden. In Wahrheit war ich heilfroh, wenigstens unter der Woche nicht das Kind meiner Eltern sein zu müssen, und Ingolstadt kannte ich nach 22 Jahren auch schon in- und auswendig.

Ein Glück nur, dass meine heißgeliebte Oma Josephine mein Leben in München sponserte. Dennoch brauchte ich jetzt dringend eine neue Perspektive, wenn ich nicht als Dauerpatientin bei einem Psychiater enden wollte.

Dann endlich, ausgerechnet am Faschingswochenende, schlug bei mir der Blitz ein, der Geistesblitz. In der Kirchenzeitung, schlechthin die Lieblingslektüre meiner streng katholischen Eltern, fiel mir folgende vielversprechende Anzeige eines Klosters ins Auge:

»Ora et labora – eine Woche der Sinnfindung«.

Ich wusste sofort, das ist meine Rettung. Eine Woche in völliger Abgeschiedenheit zwischen Beten und Küchendienst, da musste einem doch die Erleuchtung kommen bzw. der Wegweiser zu einem glücklichen Leben aufleuchten.

Im März war es dann soweit: An einem fürchterlich stürmischen eisigen Sonntagabend kam ich, nach einer dreistündigen Bahnfahrt, voller Hoffnung (notfalls konnte ich ja für immer ins Kloster gehen) und Erwartung (ich hatte mir schon einen dicken Schmöker, Gruselkrimi vom Feinsten, für einsame Abende eingepackt) im Kloster Marienfelde an. Eine Stunde später waren wir schon mittendrin in der berühmtberüchtigten Vorstellungsrunde: »Ich heiße Nora und komme aus Ingolstadt, ratet mal, warum ich hier bin.« Wir waren eine bunt gemischte Gruppe – na gut, die meisten hatten sich für ein fröhliches Schwarz entschieden – von zwölf Leuten, Männlein und Weiblein jeden Alters, alle mit ziemlich frustriertem Gesichtsausdruck, also ganz genau meine Wellenlänge. Ich dagegen hatte mich vorher klamottenmäßig noch in Unkosten gestürzt und für diese Woche extra neu eingekleidet, und zwar in freundlichen Farben. Neben Rot machte mich vor allem Weiß ganz heiß, getreu der Devise: »Manche mögen’s weiß«!

Ja – und dann sah ich dich! Du warst sozusagen der Lichtblick des dunklen Raumes, was nicht nur an deiner auffallend hellen Kleidung lag. Du hast mich angelächelt, um nicht zu sagen über beide Backen gegrinst, und bist dann, wie vom Blitz getroffen, vom Stuhl gekippt. Mein Herz überschlug sich sofort wie in einer Achterbahn. Meine Knie wurden wackeliger als Omas Wackelpudding, und ich wusste schlagartig: Das ist er, der Traummann deiner schlaflosen Nächte, dein Nick Charles.

Ich hatte zum ersten Mal in meinem Leben eine Erscheinung, was an solch heiligen Stätten sicher nicht außergewöhnlich ist, nur eben etwas anderer Art. Als du dich dann wieder vom Boden aufgerappelt und als »Nick« vorgestellt hast, da hörte ich alle Glöcklein klingen und die Englein singen.

Ich wusste, ich war angekommen am Ziel meiner langen Reise und Suche nach dem Lebensglück.

Nora hatte endlich ihren Nick gefunden.

Gott sei Dank hatten wir mit Pater Anselm einen sehr verständnisvollen Kursleiter, der ja auch mal jung gewesen und vielleicht sogar verliebt war. Er hat immer ein Auge zugedrückt, wenn wir uns bei einer an sich ernsten Meditation schmachtend oder albern kichernd ansahen, während die anderen Kursteilnehmer voll innerer Verzückung schon einen Meter über dem Boden schwebten. Sogar das Kartoffelschälen und Gemüseputzen in der dampfenden Klosterküche wurde für uns zu einem unvergesslichen Ereignis. Wir klebten aneinander wie siamesische Zwillinge und machten uns über die anderen griesgrämigen Gesichter lustig. Die Abende verbrachten wir bis spät in die Nacht im Klosterkeller bei einem schönen Gläschen Spätburgunder und unendlich langen, wunderbaren Gesprächen. Dagegen quälten sich unsere vertrockneten Mitbrüder und -schwestern mit hochgeistigen Themen, wie z.B.: »Welche Lieder sollen beim morgigen Gottesdienst gesungen werden?«, oder: »Soll der Blumenschmuck auf dem Altar bleiben oder nicht?«

Die »Armen« konnten einem wirklich leidtun, sie hatten keinerlei Lebensfreude und keinen Blick für das Wesentliche, und daran hat wohl auch diese Exerzitienwoche nichts geändert. Für sie war die Kleiderordnung bei der Erstkommunion, das Essen beim Pfarrfest und die Liedauswahl bei der Christmette (ohne »Stille Nacht« geht überhaupt nichts) immer noch das Wichtigste im Leben.

Am Ende des Seminars waren wir uns einig, dass wir jedes Jahr wieder nach Marienfelde zurückkehren würden, aus ewiger Dankbarkeit und wundervoller Erinnerung, und dass unser netter Pater Anselm irgendwann unsere Trauung halten sollte. Dieser Gedanke und ein Gedicht von dir, das du mir beim letzten Kuss ans Herz bzw. in die Hände gedrückt hast, haben den Abschiedsschmerz geringfügig betäubt.

Wieder zuhause, in meinem Zimmerchen im Studentenwohnheim, bekam ich erst mal so eine Art Kulturschock.

Wie sollte ich einen Tag ohne dich und deine charmant witzige Art überstehen? Wie sollte es jetzt überhaupt zum »Happy End« mit uns kommen? Zuerst habe ich mit Genuss und ohne Reue mein Jurastudium abgebrochen.

Ich brauchte jetzt dringend einen gut bezahlten Job, und so schrieb ich Tag und Nacht Bewerbungen, bis meine Finger wund waren, und telefonierte, bis mir die Ohren klingelten.

Schließlich landete ich bei einer Münchener Immobilienfirma mit einer Zweigstelle in Ingolstadt. Dies war zwar nicht gerade mein Traumjob, und über die Bezahlung konnte man nur müde lächeln, aber es war besser als gar nichts. Außerdem hatte ich die Option, nach der Einarbeitungszeit zum Hauptsitz nach München zu wechseln – was für eine Chance!

Doch leider musste ich zunächst meine »kleine Freiheit« im Studentenwohnheim aufgeben, nach Ingolstadt zurückkehren und zähneknirschend wieder in mein altes Kinderzimmer im elterlichen Hause einziehen.

Nun gut, die kurze Zeit würde ich, hoffentlich ohne größere seelische Schäden, überstehen. Sowohl deine unzähligen Liebesbriefe als auch die Aussicht auf eine gemeinsame Zukunft mit dir haben mich am Leben gehalten.

München, die Weltstadt mit Herz, schien uns beiden ein guter Ort zum Leben und Lieben. Doch zunächst hatte ich meine liebe Not, dort für uns eine geeignete Bleibe zu finden. Das ist beileibe nicht einfach, wenn man nicht gerade einen »Kaiser« als Vater hat und eventuell eine nette kleine Villa in Grünwald geschenkt bekommt.

Aber die Liebe verleiht Flügel, und so hatten wir schon relativ bald unser erstes Liebesnest entdeckt. Wir haben es dann »Amora« getauft, nach dem gleichlautenden Gedicht, das du für mich bzw. uns in Marienfelde geschrieben hattest.

Endlich konnte die gemeinsame Liebes- und Lebensgeschichte von Nick und Nora beginnen. Doch jetzt beginne ich erstmal mit den Vorbereitungen fürs Abendessen.

Ich freue mich schon auf Hauspost von dir, geliebter Nick!

Bussi und Ciao,

deine Nora

399
516,31 ₽
Возрастное ограничение:
0+
Дата выхода на Литрес:
22 декабря 2023
Объем:
200 стр. 1 иллюстрация
ISBN:
9783957442079
Издатель:
Правообладатель:
Автор
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