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Bernd Koldewey

Jakobusspuren im Sauerland

Pilgern – Wandern – Entdecken – Genießen

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Vorwort

Kapitel 1: Arnsberg – die Perle des Sauerlandes

Kapitel 2: Breckerfeld, das Tor zum Sauerland

Kapitel 3: Über den Rothaarsteig zur Heidenstraße

Kapitel 4: Die Heidenstraße (1)

Kapitel 5: Marsberg und das Heiligtum der Sachsen

Kapitel 6: Meschede und die Jakobuskirche in Remblinghausen

Kapitel 7: Bergstadt Rüthen und Kallenhardt

Kapitel 8: Die Heidenstraße (2)

Kapitel 9: Jakobskult in Europa

Kapitel 10: Jakobusgeschichte

Kapitel 11: Autorenportrait

Kapitel 12: Publikationen

Impressum neobooks

Vorwort

Liebe Leserinnen, liebe Leser!

Seit einiger Zeit habe ich mich auf Spurensuche begeben, um diese fantastische Region des Sauerlandes zu erkunden und zu erforschen. Dabei liegt mein Augenmerkmal auf dem Erforschen der Altstraßen und ihrer Nebenrouten. Wo gibt es Hinweise auf Jakobus und seine Pilgerschaft? Welche Route nutzten eventuell Jakobspilger im Mittelalter? Wie war die Beschaffenheit der Wege? Folgten sie den sicheren Hauptrouten wie z.B. alten Handelsstraßen und Heerwegen oder nutzten sie auch Nebenrouten (Verbindungswege)? All diese Fragen einer Pilgerschaft durch das Sauerland versuche ich zu beschreiben und auch in Bildern festzuhalten. Die Geschichte des Mittelalters spielt für mich persönlich eine große Rolle, denn ich möchte nicht nur die heutigen touristischen Sehenswürdigkeiten vorstellen, sondern immer auch die mittelalterlichen Aspekte mit einbeziehen.

Mit Rucksack, Pilgerstock und Zelt im Gepäck genoss ich bei meinen Recherchen die Freiheit des Pilgerns. Immer den innerlichen Blick auf das mystische und geheimnisvolle Pilgern im Mittelalter. Kann man eine gefühlsmäßige Ahnung bekommen, wenn man durch die sauerländischen Wälder streift oder auf den Höhen in die Ferne blickt? Ich versuchte mir vorzustellen, wie ein mittelalterlicher Pilger seine Wallfahrt nach Santiago de Compostela erlebt haben könnte. Die Unabhängigkeit und die Stille in Gottes freier Natur zu zelten und auf einsamen Pfaden zu pilgern, ermöglichte mir den Blick des einfachen Lebens und des unbeschwerten Unterwegsseins.

Kann ich diese inneren Impulse- und Wahrnehmungen in Bildern einfangen? Auf den Altstraßen, Heerstraßen und den alten Handelswegen, wie zum Beispiel die Heidenstraße, die über Medebach durch das Sauerland führt, hatte ich gute Chancen. Hier konnte ich die Zeit zurückdrehen und durch alte Hohlwege pilgern, die einen an das Mittelalter erinnerten. Aber auch die alten Ortschaften, Kirchspiele und kleinen Weiler mit ihren Urpfarreien, die bis heute an vielen Orten im Sauerland erhalten geblieben sind, vermitteln einem den Eindruck, als sei die Zeit stehen geblieben. Auf Jakobusspuren zu pilgern ist ein echtes Abenteuer und eine Zeitreise in einer längst vergessenen Welt, auch im Sauerland.


Das Sauerland ist eine bergreiche Region im Süden von Nordrhein-Westfalen und mit seinen vielen Bergen, Wäldern, Flüssen, Bächen und Seen (Stauseen) ein beliebtes Ferien- und Ausflugsziel. Die Nähe zum Bergischen Land, Ruhrgebiet, Ostwestfalen, Hessen und Siegerland ist ideal für diejenigen, die schnell in eine der schönsten und naturreichsten Regionen von NRW wollen. Pilger, die sich auf Jakobus` Spuren begeben, finden nicht nur eine atemberaubende Landschaft vor, sondern auch schöne kleine Ortschaften und Dörfer mit Kirchen und Kapellen, die unter anderem auch dem Heiligen Apostel Jakobus geweiht sind.

Das Sauerland, das „Land der tausend Berge“, wie man die einzigartige Region gerne bezeichnet, erstreckt sich zwischen den Flüssen Volme, Möhne, Ruhr, Diemel, Lenne und Bigge. Sie sind nur einige der Flüsse, die das Land mit ihren Nebenflüssen geprägt haben. Auch die vielen großen Stauseen wie der Möhnesee, Biggesee, Sorpesee und Hennesee, um nur einige zu nennen, bereichern die Landschaften des Sauerlandes. Sie dienen seit Beginn des 20. Jahrhunderts als Wasserreservoir für Trinkwasser und für die Stromversorgung größerer Städte, auch für das Ruhrgebiet. Ganz wichtig war die Gefahr bei Hochwasser, hier standen früher durch starken Regen und die Schneeschmelze im Frühjahr ganze Landstriche unter Wasser. Erst durch das Aufstauen der Flüsse konnte man die Pegelstände regulieren und das Hochwasser abwenden.

Heute bieten diese traumhaften sauerländischen Seenlandschaften mit kristallklarem Wasser, umgeben von Wäldern, Wiesen, Feldern sowie den vielen Badestränden für Wassersportler und andere Freizeitaktivisten viel Spaß und Freude. Campen, Baden, Angeln, Tretbootfahren, Surfen und Segeln sind nur einige Aktivitäten. Auch mit Ausflugsschiffen kann man die vielen naturnahen Stauseen genießen.


Das Sauerland oder auch Süderbergland, wie man die Region auch nannte, ist eine der größten und schönsten Waldregionen in Deutschland. Mit seinen vier großen Naturparks, Rothaargebirge, Ebbegebirge, Homert und dem Arnsberger Wald, ein Wanderparadies für Jung und Alt. Insbesondere die fantastische Bergwelt mit Höhen von über 800m bieten zu allen Jahreszeiten viele Urlaubs- und Freizeitangebote. Im Frühling und Sommer genießt man die Düfte der Wälder, Wiesen und Felder, im Herbst das Farbenspiel der Natur und auf den luftigen Höhen eine bizarre Heidelandschaft. Und schließlich der Winter, der im Hochsauerland einen ganz besonders hohen Stellenwert hat; von Nah und Fern reisen viele Wintersportler an. Besonders bekannt sind die Ortschaft Winterberg sowie der Kahle Asten (842m) und der Langenberg (843m), die höchsten Erhebungen des Sauerlandes, hier kann man die weiße Pracht genießen.

Das Sauerland hat eine interessante und über 1000-jährige Geschichte hinter sich. In der Mittelgebirgsregion des Sauerlandes, im nordöstlichen Teil des Rheinischen Schiefergebirges, siedelten sich aber schon weitaus früher Menschen an. Grabfunde, die man in den sauerländischen Höhlen und Wäldern gefunden hatte, belegen, dass sich schon in der Jungsteinzeit (Neolithikum), in einer Zeit wo sich das Klima stark veränderte, Menschen ansiedelten. Später kamen die Kelten, sie bauten kleine Siedlungen und lebten innerhalb ihrer Wallburgen (Ringburgen) zusammen. Aus dieser Zeit stammen die Reste der Wallburg von Bruchhausen, drei bizarre Felsen (Bruchhauser Steine, Olsberg) ragen noch heute von Weitem sichtbar über die bewaldeten Höhen. Im 7./8. Jahrhundert kamen die Sachsen ins Sauerland, sie rodeten die Wälder und machten das Land urbar. Sie waren vermutlich die ersten, die Ackerbau und Viehzucht betrieben und ihre Felder bestellten. Siedlungen und Dörfer wurden gebaut und man lebte friedlich in einer germanischen Gemeinschaft. Dann kamen die Franken, unter dem König und christlichen Heeresführer Karl dem Großen wurden die Sachsen, die noch an ihre germanischen Gottheiten glaubten, zum Christentum bekehrt.

In den folgenden Jahrhunderten gab es immer wieder Gebietsstreitigkeiten, auch das Sauerland war betroffen. Grafschaften und Herzogtümer entstanden, das Land wurde von den jeweiligen Regenten geteilt, im westlichen Teil des Sauerlandes lag die Grafschaft Mark, das märkische Sauerland und im östlichen Teil das Herzogtum Westfalen, das kurkölnische Sauerland. Aus dieser Zeit stammen viele Burgen, die die territoriale Macht der jeweiligen Landesherren zeigten

Ich wünsche Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, viel Freude und Abwechslung beim Lesen meiner Artikel über die Pilgerschaft im Sauerland. Die vielen Fotos sollen die eindrucksvollen Erlebnisse meiner Spurensuche widerspiegeln. Auch das Historische, Traditionen und das Geschichtliche der Region des Sauerlandes, sowie dessen Städte und Ortschaften mit ihren schönen Kirchen und Kapellen, die am Jakobsweg liegen, sollen hier nicht zu kurz kommen.

Weitere E-Book-Artikel werden folgen und noch ergänzt …

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Kapitel 1: Arnsberg – die Perle des Sauerlandes

Von Arnsberg bis nach Sundern


Das Sauerland ist im Herbst besonders schön, vor allem für Pilger und Wanderer. Entdecken kann man nicht nur die einzigartige Natur in den Bergen und Wäldern des Sauerlandes, auch seine historische Geschichte ist faszinierend. Noch einmal ging ich auf Spurensuche und besuchte die Stadt Arnsberg. Die idyllische Stadt, gelegen in und an einer Ruhrschleife, ist eine von fünf Regierungsbezirken in NRW und war einst die Hauptstadt des Herzogtums Westfalen.

Grafen, Kurfürsten, Hessen und Preußen prägten einst die Stadt und ihre Umgebung. Ziel meines Tagesausflugs war, den Stadtteil Alt-Arnsberg mit seiner umfangreichen Geschichte zu besichtigen, anschließend eine schöne Waldroute zu finden, die mich weiter nach Sundern führt. Bei herbstlicher Stimmung und mittelalterlichen Impressionen, eine besonders schöne Tagestour. Der Ehmsenweg (X8), benannt nach einem Gründer des Sauerländischen Gebirgsvereins (SGV), schien mir der geeignete Wanderweg zu sein.

Die Anreise mit der Bahn von Herne aus und über Dortmund, ging zügig, in nur zwei Stunden Fahrzeit erreicht man mit dem Sauerland-Express (RE 57) die Stadt Arnsberg. Der als Bürgerzentrum umgestaltete schöne Bahnhof von Arnsberg ist sehr vorbildhaft umgebaut worden, anders wie so manche triste Bahnhöfe, die kurz vor dem Verfall stehen. Nach kurzem Fußweg entlang der Clemens-August-Straße erreicht man in wenigen Minuten über die Ruhrbrücke die Altstadt. Der alte historische Stadtteil „Alt-Arnsberg“ ist eingebettet in einer idyllischen Flussschleife der Ruhr. Östlich und auf der anderen Seite der Ruhr befindet sich die Neustadt mit der Bezirksregierung.

Die Stadt Arnsberg, bekannt als Regierungsbezirk und ehemalige Hauptstadt des Herzogtums Westfalen, blickt auf eine lange Geschichte zurück. Hier wurde nicht nur Geschichte erlebt, sondern auch als eine von fünf Regierungsstädten in Nordrhein-Westfalen entscheidend geprägt und mitentwickelt.


Als ich den Alten Markt mit Glockenturm und Maximilianbrunnen erreicht hatte, war ich plötzlich mittendrin, hier befindet sich das historische Herz von Arnsberg. Auf Schritt und Tritt kann man als Besucher den alten Ortskern „Alt-Arnsberg“ und seine Geschichte nachvollziehen und erkunden. Am Alten Markt befinden sich einige gut erhaltene Patrizier- und Fachwerkhäuser, hier an zentraler Stelle pulsierte einst das Leben der Stadt. Auch heute noch kann man in den Cafés am Markt das geschichtsträchtige Ambiente genießen.

Das Alte Rathaus (1710) erinnert an die Zeit, als hier noch der Landtag des Herzogtums Westfalen tagte. Mehrfach wurde das Gebäude durch verheerende Stadtbrände wie die große Feuerbrunst im Jahre 1600 und 1709 vollkommen zerstört und wieder aufgebaut. Die Stadtmadonna um 1500, die sich in einer Nische an der Außenfassade befindet, hat diese Brände überlebt. Auch ein altes Wappen des Kurfürstentums Köln befindet sich am alten Rathaus, es symbolisiert die lange Kölner Herrschaft von 1369 bis 1802.

Weitere Sehenswürdigkeiten am Alten Markt: Der Maximilianbrunnen mit Brunnensäule ist ein Geschenk vom Kurfürsten Maximilian Friedrich (1761-1784), er befindet sich an gleicher Stelle einer alten Brunnenanlage, die die Bürger mit Wasser aus der Ruhr versorgte. Gegenüber befindet sich das Haus „Zur Krim“, lange Zeit wohnte hier der Hexenrichter Dr. Schultheiß (gest. 1646). Er war berüchtigt für seine erbarmungslosen Hexenverfolgungen, die um 1630 stattfanden.

Der Glockenturm, das Wahrzeichen der Stadt, steht genau an der Grenze zur Oberstadt, die zum Schlossberg hinauf führt. Der frühgotische 44,2m hohe Glockenturm (Wehrturm), der einst zur Stadtbefestigung gehörte, stammt aus dem 12./13. Jahrhundert und gehört zu den ältesten Bauwerken in Arnsberg. Seine Funktion als Glockenturm zu dienen, entstand, da die Filialkirche St. Georg (Stadtkapelle), gleich nebenan, keinen eigenen Kirchturm besaß. Seine bauchig-barocke Doppelzwiebelhaube bekam der Turm nach einem Stadtbrand im 18. Jahrhundert. 1945 ist er erneut abgebrannt und drei Jahre später wieder aufgebaut worden. Durch den Glockenturm (Stadttorturm) hindurch gelangt man in die Oberstadt, hier befindet sich die katholische Stadtkapelle St. Georg, lange Zeit diente sie als Filialkirche, jedoch ohne eigene Pfarrrechte. Die frühgotische Hallenkirche wurde 1323 erbaut und unterstand dem Kloster Wedinghausen.

Im Anschluss der Besichtigung geht es nun auf den ehemaligen Adlerberg, den heutigen Schlossberg (256m), hier befindet sich die Burgruine bzw. Schlossruine der Grafen von Arnsberg und Kurfürsten zu Köln. Durch ein altes Burgtor und am Rittersaal vorbei geht es hinauf auf das Burgplateau. Hier oben hat man eine grandiose Aussicht auf das alte und neue Arnsberg und seine Umgebung. Man kann sich gut vorstellen, wie sich einst die Grafen und Kurfürsten gefühlt haben, die hier lange Zeit regiert und residiert haben. Der Dichter und Pfarrer August Disselhoff, der einige Jahre in Arnsberg lebte, dichtete hier auf dem Schlossberg das bekannte Volkslied „Nun ade, du mein lieb Heimatland“.


Die fast 800-jährige Geschichte Arnsbergs ist so umfangreich, dass sie hier nur kurz wiedergegeben werden kann. Die erste schriftliche Erwähnung Arnsbergs, aus den Urbaren des Klosters Werden, stammt aus dem späten 8. Jahrhundert. Im 11. Jahrhundert beginnt mit Graf Bernhard II. von Werl (1010-1070), der die erste Burg, die sogenannte „Alte Burg“ (Rüdenburg) um 1060 auf den Rüdenberg baute, die Herrschaft der Grafen in Arnsberg. Es folgte Graf Konrad von Werl-Arnsberg (1040 -1092), er baute um 1077 auf dem gegenüberliegenden Adlerberg (Aarberg) die zweite Burg. Sein Sohn Graf Friedrich (1072–1124), genannt Friedrich der Streitbare, setzte die Wehrhaftigkeit der Burg fort. 9 Generationen und 3 Jahrhunderte lang regierten hier die Arnsberger Grafen, bis die kurkölnische Zeit hereinbrach. Der letzte Arnsberger Graf, Graf Gottfried der IV, hatte keine Nachkommen und vermachte seine Grafschaft und Vermögen im Jahre 1368 dem Kölner Erzstift. Als einziger weltlicher Fürst bekam er im Kölner Dom eine Grabstätte. Von nun an war Arnsberg die Hauptstadt des kurkölnischen Herzogtums Westfalen, seine Regenten waren Kölner Kurfürsten und Erzbischöfe.

Die Burg und das Schloss Arnsberg hatten viele Bauphasen erlebt, darunter die von den Erzbischöfen und Kurfürsten Salentin von Isenburg, Maximilian Heinrich von Bayern und Clemens August von Bayern. Das prächtige Arnsberger Jagd- und Residenzschloss erlebte eine prunkvolle Zeit des Barock, Glanz und Gloria. Doch zum Ende des Siebenjährigen Krieges (1756–1763) wurde das Schloss Arnsberg von preußischen Truppen völlig zerstört und nicht mehr aufgebaut. Auch die Stadt Arnsberg wurde von den Kanonen schwer getroffen und Feuer und Flammen ließen die Stadt brennen. Die alte Kurfürstenresidenz fiel 1803 an Hessen-Darmstadt und im Jahre 1816 fing die Preußische Zeit an. Ab 1817 wird Arnsberg Kreisstadt und Regierungsbezirk in der preußischen Provinz Westfalen. Noch heute lassen sich Spuren dieser doch einzigartigen großen Geschichte, für eine Kleinstadt doch eher selten, an vielen Punkten und Sehenswürdigkeiten nachvollziehen.

Nachdem ich bei meinem Rundgang auf dem Schlossplateau die herrliche Aussicht genossen hatte, setzte ich meine Arnsberger Besichtigungstour fort. Unterhalb der Ringmauer und Festungsmauer führt ein kleiner Weg zum historischen Weinberg, der sich an der Schlossstraße befindet. Geht man diesen Weg weiter, kommt man hinunter zu einer alten Zollstation, hier verlief damals ein alter Handelsweg, der nach Soest führte. Eine kleine Wegkapelle, das „Tollpöstken“ (Zollpöstchen), befindet sich an gleicher Stelle.

Am Westhang des Schlossberges geht es zurück zum Marktplatz. Durch ein kleines Gässchen, ein paar Meter hinab und etwas unscheinbar in einem Baumgarten in einer Mulde gelegen, erreichte ich den Oberfreistuhl, das ehemalige Femegericht von Arnsberg. Ein mittelalterlicher Richtplatz mit einer rekonstruierten kreisförmigen Sitzgruppe aus Sandsteinblöcken. Hier am originalen Schauplatz wurde im frühen 15. Jahrhundert unter freiem Himmel Recht gesprochen und sogleich auch verurteilt. Der Eigentümer des Gerichts war der Stuhlherr (Gerichtsherr), ein Vertreter des Königs. Die Freigrafen (Richter) waren die Vorsitzenden, sie wurden vom Stuhlherrn gewählt. Weiter waren anwesend 7 Freischöffen und ein Femehelfer, sie waren alle Mitglieder des westfälischen Femegerichts. Die Verurteilten kamen aus allen Schichten der mittelalterlichen Gesellschaft. Darunter befanden sich Mörder, Diebe, Kirchenschänder, Straßenräuber und Brandstifter, um nur einige zu nennen.

Oft verliefen die Prozesse im Geheimen, alle anwesenden Freischöffen erkannten sich untereinander durch verschiedene geheime Grußformen, wie z.B. das Notwort „Reinir dor Feweri"(Reiner durch Feuer). Oder die Losungsformel lautete: Strick, Stein, Gras und Grein (S:S:G:G).

Das Ritual der Anfangsbegrüßung lief folgendermaßen ab, der ankommende Schöffe legt seine rechte Hand auf die linke Schulter des zuerst da Gewesenen und spricht die Worte: Eck grüt ju, lewe man; Wat fange ji hi an? – daraufhin legt der zuerst gekommene Schöffe seine rechte Hand auf die linke Schulter des anderen und erwidert mit folgenden Worten: Allet Glucke kehre in, Wo de Frienscheppen sin! Auch der Schwur der Verschwiegenheit verlief nach strengen Regeln, die auserwählten Mitglieder legten ihre linke Hand auf zwei gekreuzte Schwerter, die auf einem steinernen Tisch lagen, legten sich jeweils den Strick des Freigrafen um den Hals und beendeten den Schwur mit den Worten: ich schwöre „vor Weib und Kind, Sand und Wind“. Der Freigraf spricht am Ende des Prozesses das Urteil, war es eine Verfemung, folgte unmittelbar die Hinrichtung. Weitere Informationen zur Stadtgeschichte unter http://www.arnsberg-info.de.

So war das wohl damals, mir wird’s etwas schaurig und ich verlasse den Ort, der mir nicht so behagt. Es geht weiter durch eine geschichtsträchtige Ortschaft, die ihres gleichen sucht. Auf Schritt und Tritt stößt man auf historische Ereignisse, die sich hier zugetragen haben. Ich bin überwältigt von der Hülle und Fülle der Arnsberger Geschichte. Sie, liebe Leser, könnten sich nun fragen, was hat das alles mit dem hl. Jakobus zu tun? Berechtigte Frage, ich versuche sie mal zu beantworten. Als Jakobspilger, der sich wie ich auf Spurensuche begibt, der stößt immer wieder auf geschichtliche Hintergründe, und ich muss zugeben, mir persönlich gefällt das. Für mich bedeutet das Pilgern, nicht nur durch eine fantastische Natur zu laufen, um sich möglichst selbst zu finden, auch die Geschichte der Ortschaften, die man durchquert und besichtigt, ist für mich interessant. Auch wie die Menschen im Mittelalter gelebt haben, ist für mich wichtig. Es ist ein Stück Heimatkunde und Forschung zugleich, wie passend ist doch da das Mittelalter mit seinem Fundus an Informationen und Wissen. Es sind so einfache Fragen, wie z.B. wann wurde die Kirche erbaut? oder wie heißt der Kirchenpatron? - gibt es einen Hinweis auf eine Jakobusverehrung? - und welche Wege nutzten die Pilger?


Nachdem ich den Grünen Turm und den Limps- oder Mäuseturm, Reste der mittelalterlichen Stadtbefestigung, passiert habe, ging es durch die Gassen noch einmal zum Marktplatz zurück. Hier beginnt auch der Ehmsenweg, einer von vielen Wanderwegen, die durch Arnsberg führen. Ich habe mir bewusst diesen Weg ausgesucht, da er nach Sundern führt und zum anderen, weil er zu Ehren des Gründers des Sauerländischen Gebirgsvereins (SGV), ausgeschildert wurde. So konnte ich etwas mehr über den Forstmeister Ernst Ehmsen und seinen Mitstreiter Karl Féaux de Lacroix erfahren, beide waren ausgezeichnete Kenner und Heimatforscher des Sauerlandes, sie gründeten 1891 den Verein.

Mittlerweile sind zwei Stunden vergangen und meine Besichtigungstour in Arnsberg ist noch nicht beendet. Der Ehmsenweg (X8), ist ein Hauptwanderweg des Sauerländischen Gebirgsvereins, er führt auf seinen 74 km von Arnsberg bis nach Olpe. Ich folgte dem Ehmsenweg hinunter zum neuen Markt. Vorbei am ehemaligen Landsberger Hof, heute befindet sich in den alten Gebäuden das Sauerlandmuseum. Damals zur Zeit des Kurfürsten Ernst von Bayern (1605), der das Stadtpalais für seine Mätresse Gertrud von Plettenberg bauen ließ, soll es hier einen geheimen Verbindungsgang gegeben haben, der das Stadtpalais mit dem Schloss Arnsberg verband. Lange diente es auch den Kölner Erzbischöfen als Residenz. Das Sauerlandmuseum zeigt neben den Sonderausstellungen die umfangreiche Geschichte des kurkölnischen Sauerlandes. Weitere Informationen unter http://www.sauerland-museum.de.

Nach wenigen Metern erreichte ich das ehemalige preußische Regierungsviertel am Neumarkt, es wird auch Klassizismusviertel genannt. Mit seinen schönen schlichten Gebäuden, erbaut 1817 unter Aufsicht des Berliner Baumeisters Karl Friedrich Schinkel, ein Glanzstück preußischer Kultur. Hier befinden sich die evangelische Auferstehungskirche, die ehemaligen Gebäuden der Post, das Casino und das Hotel „ Zum König von Preußen“.

Ganz in der Nähe steht die Propsteikirche St. Laurentius, die ehemalige Klosterkirche des Klosters Wedinghausen. Die Kirche, die im Inneren wahre Kunstschätze verbirgt, zeigt mit dem Hauptaltar aus Alabaster das ursprüngliche Grabmal des Caspar von Fürstenberg. Auch andere Angehörige aus dem Hause Fürstenberg wurden hier beigesetzt. 1124 wurde Graf Friedrich der Streitbare von Arnsberg hier bestattet. Sehenswert die Glasmalereien der Kirchenfenster im Chorbereich, sie stammen aus der Mitte des 13. Jahrhundert.

Der mit Holzreliefs verzierte Marienaltar, ein Geschenk des Kölner Domkapitels, erinnert daran, dass in den Wirren der napoleonischen Zeiten die heiligen Reliquien des Dreikönigsschreins hier im Kloster aufbewahrt wurden. Stiftsgründer des Klosters war der in Ungnade gefallene Graf Heinrich I. von Arnsberg (1128-1200), der als Brudermörder in die Arnsberger Geschichte einging. Er ließ seinen gleichnamigen Bruder, der Erbansprüche stellte, 1165 einkerkern. Im Jahre 1170 gründete er zur Sühne das Kloster Wedinghausen. Das von den Prämonstratenser-Chorherren (Norbertiner) geführte Kloster lebt nach der Ordenslehre des hl. Norbert von Xanten. Er selbst ging im hohen Alter als Laienbruder in sein gestiftetes Kloster und verstarb dort am 4. Juni 1200. Weitere Informationen über die umfangreiche Geschichte des Klosters finden Sie unter http://www.kloster-wedinghausen.de.


Nach der Besichtigung der Propsteikirche und des Klosters ging es weiter zum Ehmsen-Denkmal, das auch als „Flüsterhäuschen“ bekannt ist. Dieser schöne pavillonähnliche Kuppelbau, erbaut 1897 zu Ehren des Gründers Ernst Ehmsen (1833-1893), der zusammen mit Karl Féaux de Lacroix, den Sauerländischen Gebirgsverein gründete, befindet sich im angrenzenden „Eichholz“, ehemals Wedinghauser-Klosterwald. Auf einem Felsvorsprung des „Witten Stein“ gelegen bietet das offene Flüsterhäuschen eine fantastische Sicht auf Alt-Arnsberg und das idyllische Ruhrtal.

Hier mache ich ein wenig Rast, lauschte ein wenig dem Rauschen des Waldes und genoss die Aussicht. Weiter geht’s durch den Hochwald Richtung Nackenkopf, Buchen- und Eichenbestände säumen die Waldpfade. Der Hauptwanderweg X8 markiert den Ehmsenweg. Viele Altstraßen verliefen im Sauerland über Höhen und Berge, denn witterungsbedingt waren sie gegenüber den Flussläufen, die damals noch sumpfig und morastig waren, sicherer. Die dichten Wälder in den Tälern waren lange Zeit, auch im Mittelalter, nicht begehbar, nur über gewisse Furten wurden damals Flüsse passiert. Die alten Straßen und Wege über die Höhen (Höhenwege) nannte man auch „Hohe Straßen“. Aus dem Lateinischen „Strata Alta“ bedeutet das schlicht übersetzt: Altstraße.

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